OGH 14Os33/07w

OGH14Os33/07w10.7.2007

Der Oberste Gerichtshof hat am 10. Juli 2007 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Holzweber als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Philipp, Hon. Prof. Dr. Schroll, Hon. Prof. Dr. Kirchbacher und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Mag. Hetlinger in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Egger als Schriftführerin in der Strafsache gegen Friedrich T***** wegen des Verbrechens der betrügerischen Krida nach §§ 156 Abs 1 und Abs 2, 161 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes St. Pölten als Schöffengericht vom 31. August 2006, GZ 14 Hv 1120/01b-175, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem im zweiten Rechtsgang ergangenen angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte Friedrich T***** unter Einbeziehung des im ersten Rechtsgang in Rechtskraft erwachsenen Teilschuldspruches neuerlich des Verbrechens der betrügerischen Krida nach §§ 156 Abs 1 und Abs 2, 161 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er vom 1. Jänner 1998 bis zum 9. April 1998 in S***** als Geschäftsführer der Friedrich T***** GmbH, die Schuldnerin mehrerer Gläubiger war, das Vermögen dieser Gesellschaft durch Rückzahlung von Gesellschafterdarlehen an sich und seine Gattin Christine T***** im Betrag von insgesamt „EUR 121.885,12 (= ATS 1.677.505)" - gemeint:

1.677.505 S (121.909,04 Euro) - verringert und dadurch die Befriedigung ihrer Gläubiger in einem 50.000 Euro übersteigenden Maß geschmälert.

Der Schuldspruch betrifft Rückzahlungen Eigenkapital ersetzender Gesellschafterdarlehen in der wirtschaftlichen Krise der Gesellschaft.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen das Urteil vom Angeklagten aus den Gründen der Z 3, 4, 5, 5a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde kommt Berechtigung zu:

Zwar ist die Rechtsrüge (Z 9 lit a) mit dem Einwand, der festgestellte Sachverhalt reiche keinesfalls für die Beurteilung der subjektiven Tatseite in der Hinsicht aus, „dass der Rückzahlung der Gesellschafterdarlehen ein ausschließlich von der Rechtsprechung entwickeltes Rückzahlungsverbot entgegensteht", nicht an den getroffenen Feststellungen orientiert:

Das Schöffengericht ging davon aus, dass es sich um Eigenkapital ersetzende Darlehen handelte, die als solche im wirtschaftlichen Krisenfall einem Rückzahlungsverbot unterliegen, und dass es der Angeklagte - iSd Rechtsprechung zum Verbrechen der betrügerischen Krida nach § 156 StGB bei verbotswidriger Rückzahlung (RIS-Justiz RS0116825) - zumindest ernstlich für möglich hielt und sich damit abfand, durch die Rückzahlung des Gesellschafterdarlehens keinen Gläubiger zu befriedigen, sondern eine dem Rückzahlungsverbot widersprechende Leistung zu erbringen und damit den Vermögensstatus der Gesellschaft zum Nachteil der Gläubiger zu verändern (US 10). Der Sache nach zu Recht macht der Angeklagte aber - wenn auch im Rahmen der Rechtsrüge (9 lit a), wobei ihm die irrige Bezeichnung des Nichtigkeitsgrundes nicht schadet - ein Begründungsdefizit geltend (Z 5 vierter Fall):

Zur genannten Feststellung führten die Tatrichter in der Beweiswürdigung aus, der Angeklagte sei zwar nicht geständig und habe ausgesagt, sich auf seinen Steuerberater verlassen und keinerlei weitere rechtliche Beratung eingeholt zu haben (US 10, 16); jedoch ergebe sich aus dem Gutachten ON 15 (über die Zahlungsunfähigkeit der T***** GmbH) „auch, dass auf Grund der Vorgangsweise des Angeklagten kein Anlass zu zweifeln daran bestand, dass es die Absicht des Angeklagten war, die T***** GmbH auszuhöhlen und das Vermögen auf die ‚private Seite' zu schaffen". „Insbesondere aus der Vorgangsweise und letztlich auch aus der Verantwortung des Angeklagten" habe sich auch ergeben, dass dieser bei Beauftragung seines Steuerberaters keinerlei zusätzliche rechtliche Abklärung der Frage der Zulässigkeit der Rückzahlung der Eigenkapital ersetzenden Gesellschafterdarlehen eingeholt, sondern lediglich dem Steuerberater, „der ja keinerlei rechtliche oder insolvenzrechtliche Beratung vornahm, den gegenständlichen Auftrag erteilte". Damit erachteten die Tatrichter „die heute vom Angeklagten gewählte Verantwortung, er habe sich rechtlich beim Steuerberater erkundigt und beraten lassen, als widerlegt". Weiters wurde in den Entscheidungsgründen mit Bezug auf die genannten Konstatierungen noch angeführt, dass die Feststellungen zur subjektiven Tatseite „aus der Vorgangsweise und den Angaben des Angeklagten selbst abgeleitet werden konnten" (US 14). Diese Argumentation der Tatrichter erweist sich zur Begründung der Urteilsannahmen zur inneren Tatseite als offenbar unzureichend im Sinn des § 281 Abs 1 Z 5 vierter Fall StPO:

Weder aus dem Gutachten ON 15 noch aus der im Urteil herangezogenen „Vorgangsweise" des Angeklagten oder seiner Verantwortung lässt sich mängelfrei ableiten, dass er - wie festgestellt - das Vorliegen des wahren sozialen Bedeutungsgehalts des Geschehens, der im hier interessierenden Kern in einer Darlehensrückzahlung entgegen einem Rückzahlungsverbot bestand, ernstlich für möglich hielt und sich damit abfand.

Dazu kommt, dass zur Tatzeit (1. Jänner 1998 bis 9. April 1999) die an bestimmte Kriterien gebundene Einstufung von Gesellschafterdarlehen als Eigenkapital ersetzend und damit in der wirtschaftlichen Krise der Gesellschaft einem Rückzahlungsverbot unterliegend in Österreich noch auf einigen erst kurz zuvor ergangenen Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes beruhte (s zur Judikaturentwicklung insb RIS-Justiz RS0054372); die zur inneren Tatseite getroffenen Feststellungen hätten demnach einer besonders eingehenden Begründung bedurft, aus der sich nachvollziehbar (vgl Z 5 vierter Fall) ergibt, dass der Angeklagte das Bestehen eines solchen Rückzahlungsverbots auch nur ernstlich für möglich hielt. Der vom Angeklagten zutreffend aufgezeigte Begründungsmangel erforderte in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur die Urteilsaufhebung und die Anordnung neuer Verhandlung und Entscheidung (§§ 285d, 288 Abs 2 Z 1 StPO), weshalb es einer Erörterung der übrigen Beschwerdeeinwände nicht bedurfte. Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf die aufhebende Entscheidung zu verweisen.

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