OGH 8ObA23/07a

OGH8ObA23/07a27.6.2007

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und Dr. Glawischnig und die fachkundigen Laienrichter Univ. Prof. DI Hans Lechner und Eva Maria Florianschütz als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Franz H*****, vertreten durch Freimüller/Noll/Obereder/Pilz und Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei B***** AG *****, vertreten durch Dr. Hans Böck, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 19.431,72 brutto sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 22. Dezember 2006, GZ 9 Ra 51/06w-32, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Bei der beklagten Partei existiert eine generelle Anweisung abgelaufene Fleischwaren durch Deponieren im sogenannten „Tierkörperverwertungskübel" zu entsorgen. Dem Kläger als Leiter der Fleischabteilung einer Filiale der beklagten Partei wurde diese Weisung im Mai 2003 in schriftlicher Form zur Kenntnis gebracht, ihm allerdings keine Ausfertigung ausgehändigt. Infolge hochgradigen Zeitdrucks deponierte der Kläger häufig abgelaufene Fleischwaren vorübergehend in einer gesonderten Kiste, aus der sich die Filialleiterin öfter abgelaufene Fleischwaren zu ihrer privaten Verwendung nach Hause nahm. Den Rayonsleitern war diese Vorgangsweise bekannt; weder sprachen sie dem Kläger gegenüber je eine Ermahnung aus noch hielten sie ihn dazu an, das Verhalten der Filialleiterin zu unterbinden.

Das Berufungsgericht erachtete weder den Entlassungsgrund der Vertrauensunwürdigkeit nach § 27 Z 1 noch jenen der beharrlichen Pflichtenverweigerung nach § 27 Z 4 AngG verwirklicht. Die Ausführungen der Rechtsmittelwerberin sind nicht geeignet eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung aufzuzeigen. Soweit sie sich in ihrer Argumentation überhaupt auf den vom Berufungsgericht nach umfassender Beweiswiederholung festgestellten Sachverhalt stützt, ist sie darauf zu verweisen, dass der Entlassungsgrund der Vertrauensunwürdigkeit nur nach den konkreten Umständen des Einzelfalles beurteilt werden kann; dies stellt regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO dar, soweit nicht ein grober Auslegungsfehler aus dem Grund der Rechtssicherheit zu korrigieren ist (8 ObA 67/06w). Von einem solchen groben Auslegungsfehler kann hier keinesfalls gesprochen werden. Das Berufungsgericht hat vielmehr ohne Rechtsirrtum das Verhalten des Klägers lediglich als Ordnungsverstoß gewertet. Für die Beurteilung des für die Zumutbarkeit der Weiterbeschäftigung entscheidenden Schuldgehalts einer Verfehlung ist auch darauf abzustellen, inwieweit der Arbeitgeber die Einhaltung solcher Ordnungsvorschriften im Betrieb durchsetzt und verfolgt (8 ObA 60/04p). Nach den Feststellungen nahm die dem Kläger unmittelbar vorgesetzte Filialleiterin abgelaufene Fleischwaren zum Privatgebrauch an sich und war diese Vorgangsweise auch den vorgesetzten Rayonsleitern bekannt, ohne dass eine Ermahnung des Klägers erfolgte. Damit ist aber auch die rechtliche Beurteilung, dass es an der für den Entlassungsgrund des § 27 Z 4 zweiter Tatbestand erforderlichen Beharrlichkeit fehlt, jedenfalls vertretbar.

Auch in der rechtlichen Beurteilung des Berufungsgerichts, dass es sich bei dem „Fahrtkostenersatz", der dem Kläger als Vergütung für die Fahrten von seinem Wohnort zum ständigen Arbeitsort gewährt wurde, tatsächlich nicht um Aufwandersatz, sondern vielmehr um Entgelt handelt, kann eine (erhebliche) das korrigierende Eingreifen des Obersten Gerichtshofes erforderliche Fehlbeurteilung nicht erblickt werden.

Die außerordentliche Revision ist daher zurückzuweisen.

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