OGH 13Os33/07p

OGH13Os33/07p20.6.2007

Der Oberste Gerichtshof hat am 20. Juni 2007 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Kirchbacher und Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Mag. Hetlinger und den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Mag. Lendl in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Frizberg als Schriftführerin in der Strafsache gegen Manfred B***** wegen des Verbrechens der versuchten Brandstiftung nach §§ 15, 169 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Ried im Innkreis als Schöffengericht vom 11. Jänner 2007, GZ 7 Hv 138/06s-30, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen in Rechtskraft erwachsenen Freispruch enthält, wurde Manfred B***** des Verbrechens der versuchten Brandstiftung nach §§ 15, 169 Abs 1 StGB (I.1.), des Vergehens der schweren Sachbeschädigung nach §§ 125, 126 Abs 1 Z 7 StGB (I.2.) sowie der Vergehen nach § 27 Abs 1 erster, zweiter und sechster Fall SMG (II.) schuldig erkannt.

Danach hat er - soweit für die Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung -

I. am 6. November 2005 in R*****

1. „versucht, an einer fremden Sache, nämlich am Wohnhaus E*****erstraße Nr *****(,) ohne Einwilligung des Eigentümers eine Feuersbrunst zu verursachen, indem er im Erdgeschoß des Hauses in der Küche, im Wohnzimmer und im Vorraum Feuer legte, wodurch das Wohnzimmer völlig ausgebrannt ist,

2. eine fremde Sache, nämlich den PKW Audi A3, Kennzeichen *****, zugelassen auf Franz B*****, dadurch zerstört, dass er es in Brand steckte, wodurch es zur Gänze zerstört (wurde) und ein 3.000 Euro übersteigender Schade entstanden ist."

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf Z 4, 5, 5a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten; sie verfehlt ihr Ziel.

Der Antrag, ein kriminalpsychologisches Gutachten zum Beweis dafür einzuholen, dass „nach Art und Weise der Brandlegung am Haus und am PKW die Absicht des Brandlegers nicht auf die Vernichtung von Dokumenten gerichtet war, sondern mehr auf eine aus anderen persönlichen Motiven veranlasste Tat hinweist" (S 194 f/II), wurde von den Tatrichtern zu Recht abgewiesen, ist darin doch offen geblieben, wie der unter Beweis gestellte Umstand die Lösung der Schuldfrage hätte beeinflusen sollen. Ein Motiv festzustellen haben sich die Tatrichter im Übrigen außer Stande gesehen (Z 4). Das ergänzende Vorbringen im Rechtsmittel, durch das Gutachten könne abgeklärt werden, ob der Vorsatz des Täters auf die Herbeiführung einer Feuersbrunst oder (bloß) auf die Beschädigung einer Sache gerichtet war, ist verspätet, weil die Berechtigung eines Antrages stets nur auf den Antragszeitpunkt bezogen zu prüfen ist (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 325).

Ohne Verkürzung von Verteidigungsrechten wurde auch der Antrag abgewiesen, ein ergänzendes Gutachten aus dem Bereich der Gerichtsmedizin zum Beweis dafür einzuholen, dass „aus dem Vorhandensein einer Einzel-DNA-Spur auf dem (sichergestellten) Hammer nicht zwingend geschlossen werden kann, dass dieses Werkzeug, nämlich ohne Spuren zu hinterlassen, als Tatwerkzeug nicht von einem anderen verwendet worden sein konnte" (S 194/II). Denn für allgemein zugängliche Erfahrungstatsachen bedarf es nicht der Hilfeststellung durch einen Sachverständigen.

Die Mängelrüge kritisiert, die Tatrichter hätten die Aussage des Gerhard B*****, er könne ausschließen bei einem Telefonat am 6. November 2005 mit seinem Bruder (dem Angeklagten) über die Stiefsöhne des Franz B***** gesprochen zu haben, übergangen (Z 5 zweiter Fall). Diese Depositionen waren aber im Hinblick darauf, dass sich der Zeuge an das - objektivierte (S 497/I) - Gespräch gar nicht mehr erinnern konnte (S 53, 141/II), nicht gesondert erörterungsbedürftig. Soweit die Beschwerde die Überlegungen der Tatrichter zu vermuteten Hautabriebspuren des verstorbenen Franz B***** auf dem Hammer sowie deren Einschätzung der Verantwortung des Angeklagten als „Schutzbehauptung" kritisiert, bekämpft sie lediglich die Beweiswürdigung des Erstgerichtes, ohne einen Begründungsmangel bei der Feststellung entscheidender Tatsachen aufzeigen zu können. Aktenwidrigkeit liegt vor, wenn das Urteil den eine entscheidende Tatsache betreffenden Inhalt einer Aussage oder Urkunde in seinen wesentlichen Teilen unrichtig oder unvollständig wiedergibt (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 467). Mit der beweiswürdigenden Erwägung, das Fenster des PKW sei aller Wahrscheinlichkeit nach mit dem sichergestellten Hammer eingeschlagen worden, wird der Inhalt der kriminaltechnischen Begutachtung (S 577 ff/I) im Urteil nicht falsch referiert, sondern als Grundlage für eigene Schlüsse der Tatrichter verwendet. Die Abschiedsbriefe des Angeklagten, die auch als Begründung für das - keine entscheidende Tatsache bildende - mögliche Motiv herangezogen wurden, wurden in den Entscheidungsgründen gar nicht, somit auch nicht unrichtig zitiert. Auch die Aussage des Zeugen Norbert S*****, er habe das Lokal „so gegen 19 Uhr +/- eine Viertelstunde" verlassen (S 186/II), wurde nicht falsch wiedergegeben. Die Angaben des Zeugen wurden dem Gebot zu gedrängter Darstellung der Entscheidungsgründe folgend (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO), auch erörtert (Z 5 zweiter Fall). Dass das Erstgericht aus diesen Beweismitteln - mängelfrei - andere, für den Angeklagten ungünstigere Schlüsse gezogen hat, kann mit dem geltend gemachten Nichtigkeitsgrund nicht releviert werden.

Die Tatsachenrüge (Z 5a) versucht unter eigenständiger Bewertung der Beweisergebnisse, die Möglichkeit in Zweifel zu ziehen, innerhalb einer bestimmten Zeit vom letzten Aufenthaltsort des Angeklagten an den Tatort zu gelangen, vermag damit aber keine erheblichen Bedenken des Obersten Gerichtshofes gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachen zu wecken, zumal es sich bei den zeitlichen Depositionen des Zeugen S*****, die die Beschwerde anführt, lediglich um ungefähre Angaben handelte. Soweit die Rüge eine lebensnahe Beurteilung der möglichen Gründe des Angeklagten für die Herbeiführung einer Feuersbrunst einfordert, ist sie darauf zu verweisen, dass im Urteil das mögliche Motiv des Angeklagten - mangels Subsumtionsrelevanz unter dem Aspekt der Nichtigkeitsgründe nicht zu beanstanden - ausdrücklich offen gelassen wird.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) vermisst Feststellungen zur subjektiven Tatseite, übergeht dabei aber die expliziten Urteilsannahmen, wonach der Angeklagte am Wohnhaus seines verstorbenen Onkels eine Feuersbrunst herbeiführen wollte (US 4 letzter Absatz). Wenn schließlich beantragt wird, „nach § 288a StPO die Hauptverhandlung zu vernichten", und damit der Sache nach der Nichtigkeitsgrund des § 281a StPO geltend gemacht wird, fehlt es schon an den formellen Voraussetzungen, weil nach der Aktenlage ein Gerichtshof zweiter Instanz die Versetzung in den Anklagestand nicht ausgesprochen hat.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Kompetenz des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufungen (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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