OGH 11Os43/07v

OGH11Os43/07v19.6.2007

Der Oberste Gerichtshof hat am 19. Juni 2007 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Danek, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Egger als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Ing. Ingo T***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB sowie weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Ing. Ingo T***** sowie die Berufung des Angeklagten Johann H***** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 10. Oktober 2006, GZ 4 Hv 93/06w-129, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten Ing. Ingo T***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auch rechtskräftige (Teil-)Freisprüche sowie Schuldsprüche eines anderen Angeklagten enthaltenden Urteil wurde Ing. Ingo T***** des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB (I) sowie des als leitender Angestellter iSd § 161 Abs 1 StGB begangenen Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 und Abs 2 StGB (II) schuldig erkannt.

Danach hat er

(I A) die ihm durch Gesellschaftsvertrag eingeräumte Befugnis zur selbständigen Vertretung der A***** GmbH sowie der (mit dieser eine wirtschaftliche Einheit bildenden) Al***** GmbH wissentlich missbraucht und dadurch der Unternehmensgruppe einen 50.000 Euro übersteigenden Vermögensschaden zugefügt, indem er

1) am 7. Dezember 1998 1,266.654 S (ds 92.051,34 Euro) entnahm und für außerbetriebliche Zwecke verwendete sowie

2) am 12. Februar 2001 Anlagevermögen in einem jedenfalls 3.000 Euro übersteigenden Wert den Unternehmen entzog und

(II A) als handelsrechtlicher Geschäftsführer der unter I A genannten Unternehmen durch die dort beschriebenen Taten Bestandteile des Gesellschaftsvermögens beiseite geschafft und dadurch die Befriedigung wenigstens eines Gläubigers geschmälert, wobei durch die Taten ein 50.000 Euro übersteigender Schaden herbeigeführt worden ist.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 4, 5, 5a, 9 lit a, 10 und 10a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Ing. Ingo T***** geht fehl.

Entgegen der Verfahrensrüge (Z 4) wies das Erstgericht die Anträge auf zeugenschaftliche Vernehmung des Anton As***** „zum Thema Arbeitsteilung zwischen dem Erst- und Zweitangeklagten im Unternehmen der A***** zum Beweise dafür, dass der Erstangeklagte 1998 nicht am Computer gearbeitet hat und damit nicht umgehen konnte" (S 305/XI) und der Erika W***** zum Nachweis dafür, „wie lange sie für die A***** tätig war, dass in der A***** Eingangsrechnungen nur unter Einbeziehung und nach Prüfung des Zweitangeklagten bezahlt wurden und zum Beweise für die Arbeitsteilung zwischen dem Erst- und Zweitangeklagten" (S 305/XI) sowie auf „Beiziehung eines graphologischen Sachverständigen zum Beweise dafür, dass der handschriftliche Vermerk bzw die handschriftliche Fertigung am Sparbucheröffnungsantrag, auf dem in weiterer Folge die 1,296.654 S überwiesen wurden, nicht vom Erstangeklagten stammt" (S 305/XI), ohne Verletzung von Verteidigungsrechten ab (S 309 f/XI), weil sich diese Beweisanträge nicht auf schuld- oder subsumtionsrelevante Umstände bezogen. Hinsichtlich der angestrebten Zeugenbeweise kommt hinzu, dass die Anträge nicht erkennen ließen, warum die begehrte Beweisaufnahme das behauptete Ergebnis erwarten lasse, und solcherart auf eine im Erkenntnisverfahren unzulässige Erkundungsbeweisführung abzielten (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 330).

Die ergänzenden Beschwerdeausführungen haben im Hinblick auf das im Nichtigkeitsverfahren geltende Neuerungsverbot auf sich zu beruhen (vgl SSt 41/71, zuletzt 11 Os 12/07k).

Soweit die Mängelrüge (Z 5) den tatrichterlichen Erwägungen die Überlegung entgegensetzt, der Umstand, dass das Erstgericht Teile der Verantwortung des Mitangeklagten Johann H***** als widerlegt erachtet hat (US 31), spreche hinsichtlich des Schuldspruchs I A 1 gegen die Täterschaft des Beschwerdeführers, wendet sie sich nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung in unzulässiger Weise gegen die richterliche Beweiswürdigung. Die von der Beschwerde vermisste Begründung für die Ablehnung der Verantwortung des Nichtigkeitswerbers zum Schuldspruch I A 1 findet sich auf den US 27 bis 32.

Mit der Behauptung, das Erstgericht begründe die Feststellung einer Gläubigermehrheit (II) nicht, unterlässt das Rechtsmittel die gebotene Gesamtbetrachtung der Entscheidungsgründe (jüngst 11 Os 122/06k; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 394), in deren Rahmen das angefochtene Urteil hinsichtlich der wirtschaftlichen Lage der A***** GmbH und der Al***** GmbH wiederholt auf das Gutachten der Sachverständigen Mag. Claudia P***** (S 311 bis 323/XI iVm ON 104) Bezug nimmt (US 10 bis 17).

Der - auch aus Z 5a vorgebrachte - Einwand, aus diesem Gutachten sei die Gläubigereigenschaft des Finanzamtes Graz-Stadt und der Steirischen Gebietskrankenkasse nicht ersichtlich, entfernt sich von der Aktenlage (s insb S 335 bis 343/X). Hinzu kommt, dass die Gläubigerposition der Abgabenbehörde und des Sozialversicherungsträgers schon aus der - im Gutachten ebenfalls detailliert dargelegten - Geschäftstätigkeit der betroffenen Unternehmen folgt.

Die Behauptung der Rechtsrüge (Z 9 lit a), die angefochtene Entscheidung enthalte hinsichtlich der Entnahme von rund 92.000 Euro (II A iVm I A 1) keine Feststellungen zum Befriedigungsausfall wenigstens eines Unternehmensgläubigers, ignoriert die diesbezüglichen Urteilskonstatierungen (US 20).

Indem die Subsumtionsrüge (Z 10) die Frage releviert, ob der Wert des entzogenen Anlagevermögens (I A 2) den Betrag von 3.000 Euro übersteige, übergeht sie, dass die - mit diesem Vorbringen wohl angesprochenen - Wertgrenzen (§§ 153 Abs 2 zweiter Fall, 156 Abs 2 StGB) schon durch die vom Schuldspruch I A 1 umfasste Tat überschritten sind. Mit der Behauptung, das Anlagevermögen (I A 2) habe gar keinen Wert verkörpert (der Sache nach Z 9 lit a), entfernt sich die Beschwerde einmal mehr von den (gegenteiligen) Urteilsfeststellungen (US 21).

Soweit dieses Vorbringen als auf einen Begründungsmangel gerichtet zu verstehen ist (der Sache nach Z 5), sei auf die - (auch) insoweit logisch und empirisch einwandfreien - beweiswürdigenden Erwägungen verwiesen (US 34).

Die Diversionsrüge (Z 10a) basiert auf der unzutreffenden Prämisse eines Freispruchs von den auf die Entnahme von rund 92.000 Euro gegründeten Vorwürfen (I A 1 [iVm II A]) und kann demgemäß auf sich beruhen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen. Die Entscheidung über die Berufungen kommt somit dem Gerichtshof zweiter Instanz zu (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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