OGH 10Ob57/07s

OGH10Ob57/07s5.6.2007

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Hon. Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Georg P*****, Rechtsanwalt, *****, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des Pero T*****, zuletzt *****, gegen die beklagte Partei Silvia S*****, vertreten durch Dr. Herbert Pflanzl, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen EUR 47.684,26 sA (Revisionsinteresse: EUR 36.340 sA), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 6. Februar 2007, GZ 3 R 213/06y-21, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 22. Juni 2006, GZ 14 Cg 41/05z-15, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei zu Handen des Beklagtenvertreters die mit EUR 1.754,82 (darin enthalten EUR 292,47 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO).

1. Die Frage, ob ein Tatbestand mit typisch formelhaftem Geschehensablauf vorliegt, der eine Verschiebung des Beweisthemas von der tatbestandsmäßig geforderten Tatsache auf eine leichter erweisliche - mit ihr in einem typischen Erfahrungszusammenhang stehende - Tatsache zulässt, ob also der Anscheinsbeweis zulässig ist, ist zwar eine Rechtsfrage und damit grundsätzlich revisibel (Rechberger in Rechberger, ZPO3 Vor § 266 Rz 22 mwN; RIS-Justiz RS0022624). Der Anscheinsbeweis darf nicht dazu dienen, Lücken der Beweisführung durch bloße Vermutungen aufzufüllen (RIS-Justiz RS0040287). Der Lösung der Frage, ob unter bestimmten konkreten Umständen der Anscheinsbeweis geführt werden kann, kommt aber im Allgemeinen keine erhebliche Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO zu, weil es nicht Aufgabe des Obersten Gerichtshofes sein kann, in jedem Fall, in dem behauptet wird, es bestünde ein bestimmter allgemein bekannter Erfahrungssatz, dazu in der Sache Stellung zu nehmen (2 Ob 173/98z = RIS-Justiz RS0022624 T4, T5 und T8 mwN). Die Ansicht des Berufungsgerichtes, der Anscheinsbeweis sei im vorliegenden Fall nicht zulässig, weil kein Erfahrungssatz bestehe, wonach der Überbringer bzw Einzahler von Geldbeträgen auch gleichzeitig deren Eigentümer sei, hält sich im Rahmen der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu den Grundsätzen des Anscheinsbeweises. Durch die vom Zahlungsempfänger ausgestellte Empfangsbestätigung iSd § 1426 ABGB wurde bloß die Empfangnahme des vom Gemeinschuldner eingezahlten Geldbetrages bestätigt. Dieser Umstand lässt jedoch noch keine verlässlichen Schlüsse über die Herkunft des eingezahlten Geldbetrages vom Zahler (Gemeinschuldner) oder vom Schuldner (Beklagte) zu.

2. Das Vorliegen einer Gesamtforderung hinsichtlich des Depotguthabens wurde vom Kläger gar nicht behauptet, zumal er in seinem eigenen Prozessvorbringen von der - im Beweisverfahren allerdings nicht erwiesenen - Behauptung ausgeht, das Depotguthaben sei zur Gänze aus dem Vermögen des Gemeinschuldners geleistet worden. Im Übrigen regelt § 895 ABGB den Regress unter Gesamtgläubigern durch Verweisung auf die besonderen rechtlichen Verhältnisse zwischen den Mitgläubigern. Ob und inwieweit der Gesamtgläubiger, der Zahlung erhalten hat, den übrigen Gesamtgläubigern ausgleichspflichtig ist, muss daher nach § 895 ABGB aus den besonderen rechtlichen Verhältnissen zwischen ihnen bestimmt werden; besteht kein solches Verhältnis, so entfällt - anders als bei Zahlung durch einen Gesamtschuldner (§ 896 ABGB) - die Ausgleichspflicht jenes Mitgläubigers, der die Zahlung erhalten hat. Es ist daher bei dieser Rechtslage Sache der übrigen Gesamtgläubiger, jene Tatsachen zu behaupten und unter Beweis zu stellen, aus welchen die Pflicht des Gesamtgläubigers, der die Zahlung empfangen hat, zum Ausgleich und deren Umfang abzuleiten ist (SZ 67/129 mwN). Ein solches für den Regressanspruch unter Gesamtgläubigern notwendiges Tatsachenvorbringen wurde vom Kläger ebenfalls nicht erstattet. Auch aus dem vom Kläger vorgelegten Leasingvertrag (Beilage ./A) ließe sich ein solcher Regressanspruch, wie die Revisionsbeantwortung zutreffend aufzeigt, nicht ableiten, da der Gemeinschuldner unbestritten (vgl das Vorbringen des Klägers auf S 3 in ON 9) nur als Mitantragsteller fungierte und allfällige Guthaben nach den Bestimmungen des Leasingvertrages mit schuldbefreiender Wirkung vereinbarungsgemäß ausschließlich an die Erstantragstellerin (Beklagte) überwiesen werden. Eine vom Berufungsgericht im Rahmen seines Zulässigkeitsausspruches allenfalls in Betracht gezogene analoge Anwendung des § 895 ABGB auf den vorliegenden Sachverhalt scheidet daher im gegenständlichen Fall schon im Hinblick auf das Fehlen eines entsprechenden Tatsachenvorbringens des Klägers aus. Da der Kläger somit insgesamt keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen vermag, musste das Rechtsmittel - ungeachtet des den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulässigkeitsausspruches des Berufungsgerichtes - als unzulässig zurückgewiesen werden. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Die Beklagte hat in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

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