OGH 12Os48/07m

OGH12Os48/07m31.5.2007

Der Oberste Gerichtshof hat am 31. Mai 2007 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Schroll, Dr. Schwab, Dr. Lässig und Dr. T. Solé als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Kurz als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Werner Z***** wegen des Verbrechens nach § 28 Abs 2 zweiter, dritter und vierter Fall und Abs 3 erster Fall SMG sowie weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 30. Jänner 2007, GZ 28 Hv 223/06x-66, sowie über seine Beschwerde gegen den unter einem gefassten Beschluss auf Widerruf einer bedingten Entlassung nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde und aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil sowie demzufolge auch der unter einem gefasste Beschluss auf Widerruf einer bedingten Entlassung aufgehoben und die Strafsache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Innsbruck zurückverwiesen.

Mit seiner Berufung und seiner Beschwerde wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte (richtig:) der Verbrechen (RIS-Justiz RS0118871) nach § 28 Abs 2 zweiter, dritter und vierter Fall und Abs 3 erster Fall SMG (A) sowie der Vergehen nach § 27 Abs 1 (zu ergänzen:) erster und zweiter Fall SMG (B) und des Betruges nach § 146 StGB (C) schuldig erkannt.

Danach hat er

(A) in der Zeit von Anfang April 2006 bis zum 31. Mai 2006 gewerbsmäßig jeweils eine nicht mehr feststellbare, jedenfalls aber große (§ 28 Abs 6 SMG) Menge Kokain

1) teils alleine, teils im einverständlichen Zusammenwirken mit dem abgesondert verfolgten Roland H***** im Verlaufe von zumindest vier Fahrten aus den Niederlanden aus- und über Deutschland nach Österreich eingeführt sowie

2) an Roland H***** übergeben,

(B) vor dem 24. August 2006 nicht mehr feststellbare Mengen Cannabisprodukte sowie Kokain für den Eigenbedarf erworben und besessen sowie

(C) in der Zeit von Juni 2006 bis August 2006 mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz Verfügungsberechtigte des AMS Imst durch die wahrheitswidrige Behauptung, beschäftigungs- und einkommenslos zu sein, zur Auszahlung von 1.698,50 Euro an Arbeitslosenunterstützung verleitet.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 5, 5a und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist im Recht. Wie die Mängelrüge (Z 5) im Ergebnis zutreffend aufzeigt, enthält die angefochtene Entscheidung keine Begründung für die Annahme, bei den vom Schuldspruch A umfassten Suchtmitteln habe es sich um Kokain gehandelt. Das Erstgericht legt zwar dar, aufgrund welcher Überlegungen es vom Suchtgifthandel an sich ausgegangen ist (US 8 bis 12), lässt aber nicht erkennen, aus welchem Grund es die bezeichnete Droge als tatverfangen angesehen hat.

Hinzu kommt, dass der angefochtenen Entscheidung - insoweit ungerügt - der Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 10 StPO anhaftet, weil sie keine Feststellungen zur Qualität des im Schuldspruch genannten Suchtgifts enthält. Die bloße Konstatierung einer „großen Menge" ohne Feststellungen über die Beschaffenheit des Suchtmittels erlaubt nämlich keine verlässliche Beurteilung, ob sich die Tathandlungen tatsächlich auf eine iSd § 28 Abs 6 SMG qualifizierte Suchtgiftquantität bezogen haben (RIS-Justiz RS0111350). Da die aufgezeigten Mängel im Verfahren vor dem Obersten Gerichtshof nicht zu beheben sind, war - in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde und gemäß § 290 Abs 1 StPO aus deren Anlass - die angefochtene Entscheidung im Schuldspruch A schon bei nichtöffentlicher Beratung aufzuheben und eine neue Hauptverhandlung anzuordnen (§ 285e StPO).

In Hinblick darauf waren gemäß § 289 StPO auch die Schuldsprüche B und C zu kassieren, um für den zweiten Rechtsgang die Möglichkeit einer - allenfalls sogar gesetzlich gebotenen (§§ 35 Abs 1, 37 SMG) - diversionellen Erledigung zu eröffnen (RIS-Justiz RS0119278). Demgemäß erübrigt sich das Eingehen auf das weitere Beschwerdevorbringen.

Im zweiten Rechtsgang werden im Fall eines Schuldspruchs nach § 28 SMG Feststellungen über die Art, die Menge sowie den Reinheitsgehalt der gegenständlichen Suchtmittel zu treffen und den Grundsätzen logischen Denkens entsprechend zu begründen sein.

Sollte kein Schuldspruch nach § 28 SMG erfolgen, werden im Hinblick auf die inkriminierte Suchtmitteldelinquenz die Bestimmungen des § 35 Abs 1 und Abs 2 SMG (iVm § 37 SMG), in Bezug auf den Betrugsvorwurf (C) jene des Hauptstücks IXa der StPO, allenfalls die des § 35 Abs 2 SMG (iVm § 37 SMG) zu beachten sein.

Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf die kassatorische Entscheidung zu verweisen.

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