OGH 2Ob270/06d

OGH2Ob270/06d24.5.2007

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Baumann als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Veith, Dr. Grohmann und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Stefan Z*****, vertreten durch Dr. Franz Wielander, Rechtsanwalt in Gmünd, der Nebenintervenientin auf Seiten der klagenden Partei Dr. Marion K*****, gegen die beklagte Partei Bernhard R*****, vertreten durch Dr. Gerhard Krammer, Rechtsanwalt in Horn, wegen EUR 10.340,01 und Feststellung, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 27. Juni 2006, GZ 16 R 96/06i-19, womit das Urteil des Landesgerichtes Krems an der Donau vom 9. März 2006, GZ 6 Cg 217/04b-15, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 686,88 (darin enthalten EUR 114,48 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Begründung

Der Kläger wurde als Beifahrer bei einem Unfall am 16. 5. 1999 in dem vom Beklagten gelenkten PKW dadurch verletzt, dass der PKW infolge Unachtsamkeit des Beklagten bzw überhöhter Geschwindigkeit von der Fahrbahn abkam und gegen einen Baum stieß. Im Zuge der Ermittlungen wurde zunächst davon ausgegangen, der Kläger sei selbst der Lenker des Unfallswagens gewesen.

Der Kläger begehrte mit der am 15. 9. 2004 eingebrachten Klage die Bezahlung von Schadenersatz sowie die Feststellung der Haftung des Beklagten für künftig auftretende Unfallfolgen, zuletzt jeweils nur mehr im Ausmaß von zwei Dritteln.

Der Beklagte wandte Verjährung ein.

Das Erstgericht hat unter anderem Folgendes festgestellt:

In der Verkehrsunfallsanzeige wird beschrieben, der Kläger sei am 8. 6. 1999 beim Gendarmerieposten K***** erschienen und habe angegeben, bei einem Gespräch am 6. 6. 1999 bei seinem Onkel seien ihm erstmals Gesichtsverletzungen des Beklagten, die dieser sich am 16. 5. 1999 zugezogen habe, zur Kenntnis gebracht worden, woraufhin er eine genauere Untersuchung des Unfallautos vorgenommen habe. Dabei habe er auf der Innenseite des PKW oberhalb der Windschutzscheibe auf der Kunststoffverkleidung schwarze Haare und massive Blutspuren entdeckt. Auf der zerbrochenen Stelle an der Windschutzscheibe oberhalb des Lenkrades seien blonde Haare sowie Blutstropfen auf dem Überzug des Fahrersitzes gewesen. Wegen dieser Tatsachen nehme er an, dass möglicherweise der Beklagte das Fahrzeug gelenkt habe. Der Kläger hat in einer am 10. 6. 1999 erhobenen Vorstellung gegen einen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft ausgeführt, er habe erfahren, dass auch der Beklagte am 16. 5. 1999 verletzt nach Hause gekommen sei. Der Kläger habe bei einer Nachschau im Unfallfahrzeug dunkle Haare und Blut auf der Beifahrerseite und blonde blutverklebte Haare auf der Lenkerseite sichergestellt. Diese Umstände seien auch dem Gendarmerieposten K***** mitgeteilt worden. Der Kläger erstattete weiters eine Vorstellungsergänzung am 13. 6. 1999 mit der Begründung, es habe sich herausgestellt, dass nicht er, sondern ein Bekannter das Fahrzeug gelenkt habe.

Der Kläger selbst war sich zu einem Zeitpunkt Ende Juni 1999 bereits sicher, dass nicht er, sondern der Beklagte das Unfallfahrzeug am 16. 5. 1999 gelenkt hat.

Mit Schreiben vom 30. 12. 1999 erstattete der Kläger eine Sachverhaltsbekanntgabe an die Staatsanwaltschaft beim Landesgericht Krems. Diese ist im Wesentlichen inhaltsgleich mit der Darstellung, die er auch gegenüber dem Gendarmerieposten K***** abgegeben hat. Zusätzlich wurde auf eine Untersuchung der Fasern und der von den Streitteilen angeblich zum Unfallzeitpunkt getragenen Kleidung Bezug genommen, die ergeben habe, dass die Fasern der Kleidung des Klägers den auf dem Beifahrersitz befindlichen entsprochen hätten. Die Fasern der Kleidung des Beklagten hätten mit jenen auf der Fahrerseite nicht übereingestimmt.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren wegen Verjährung ab. Die Berufung des Klägers blieb erfolglos.

Die Revision des Klägers ist unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO).

Eine entscheidungsrelevante Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).

Rechtlich folgt zur allein strittigen Frage der Verjährung: Die Kenntnis des Sachverhaltes, der den Grund des Entschädigungsanspruches darstellt, beginnt erst, wenn dem Beschädigten der Sachverhalt soweit bekannt wurde, dass er eine Klage mit Aussicht auf Erfolg anstellen hätte können (RIS-Justiz RS0034524). Der Geschädigte muss über die Beweislage freilich keine Kenntnis haben. Er kann also nicht solange warten, bis er alle Beweismittel gesammelt hat, die sein Prozessrisiko auf ein Minimum reduzieren. Bloße Mutmaßungen über die angeführten Umstände genügen aber nicht (RIS-Justiz RS0034524 [T6, 7]). Ein jedem anzustrengenden Prozess anhaftendes Risiko kann nicht bewirken, dass der Beginn der Verjährungsfrist hinausgeschoben wird (RIS-Justiz RS0034374 [T33]). Die Kenntnis von der Person des Ersatzpflichtigen muss soweit reichen, dass der Beschädigte auf Grund des ihm bekannt gewordenen Materiales eine Klage gegen die Person des Schädigers mit Erfolg zu begründen in der Lage ist (RIS-Justiz RS0034686).

Wann eine Klage mit Aussicht auf Erfolg erhoben werden kann, ist jedenfalls nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilen (RIS-Justiz RS0034524 [T10, 23, 32 und 41]).

Die Frage, wann im Einzelfall die schadenersatzrechtliche Verjährungsfrist gemäß § 1489 ABGB beginnt, hat daher regelmäßig keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung. Eine solche Frage wäre vom Obersten Gerichtshof nur dann aufzugreifen, wenn den Vorinstanzen eine krasse Fehlbeurteilung unterlaufen wäre. Die Vorinstanzen sind unter Anwendung dieser Grundsätze bei der hier anzuwendenden dreijährigen Verjährungsfrist gemäß § 1489 ABGB zusammenfassend zur Auffassung gelangt, die Kenntnis von den erst später eingeholten Gutachten (DNA-Analyse) habe zwar die Beweissituation des Klägers verbessert, die den Beginn der Verjährungsfrist auslösende Kenntnis (des Schädigers) sei aber schon vorher vorhanden gewesen. Im Zeitpunkt der Klagseinbringung sei die Verjährungsfrist daher bereits abgelaufen.

Angesichts der referierten Feststellungen liegt darin jedenfalls keine auffallende Fehlbeurteilung, die vom Obersten Gerichtshof aufzugreifen wäre.

Da somit eine erhebliche Rechtsfrage gemäß § 502 Abs 1 ZPO nicht vorliegt, war die Revision zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO. Der Beklagte hat in der Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen. Der Streitgenossenzuschlag steht jedoch nicht zu, da sich die Nebenintervenientin auf Klagsseite am Revisionsverfahren nicht beteiligt hat (RIS-Justiz RS0036223; vgl auch 8 Ob 125/04x).

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte