OGH 9ObA41/06d

OGH9ObA41/06d9.5.2007

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Peter Zeitler und Mag. Markus Szelinger als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Mag. Maria L*****, Lehrerin, *****, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Republik Österreich (Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur), vertreten durch die Finanzprokuratur, wegen EUR 919,75 brutto sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 27. Jänner 2006, GZ 10 Ra 130/05v-22, womit das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts Wien vom 29. März 2005, GZ 9 Cga 67/04-16, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben. Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, dass die Entscheidungen der Vorinstanzen wie folgt zu lauten haben:

„Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei den Betrag von EUR 919,57 brutto samt 4 % Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag seit 16. Dezember 2001 binnen 14 Tagen zu zahlen. Die beklagte Partei ist weiters schuldig, dem Österreichischen Gewerkschaftsbund, Gewerkschaft öffentlicher Dienst, Teinfaltstraße 7, 1010 Wien, den mit EUR 190 bestimmten Aufwandersatz des Verfahrens erster Instanz und den mit EUR 340 bestimmten Aufwandersatz für das Berufungsverfahren binnen 14 Tagen zu ersetzen."

Die beklagte Partei ist weiters schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 266,68 (darin EUR 44,44 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen. Das Zinsenmehrbegehren, nämlich Zinsen aus dem Klagsbetrag für 15. Dezember 2001 sowie weitere 4,75 % Zinsen aus dem Klagsbetrag seit 16. Dezember 2001, wird abgewiesen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin war vom 5. 9. 1983 bis 13. 1. 2002 als Vertragslehrerin für die beklagte Partei tätig. Mit 1. 2. 2002 wurde sie in ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis übernommen. Für die Berechnung des Vorrückungsstichtags als Vertragsbedienstete im Jahr 1983 wurden die in unterhälftigen Beschäftigungsausmaßen von 18. 2. 1983 bis 5. 4. 1983 verbrachten Zeiten als kirchlich bestellte Religionslehrerin nur zur Hälfte angerechnet. Am 13. 10. 2003 stellte die Klägerin bei der Beklagten den Antrag auf Vollanrechnung der unterhälftigen Beschäftigungszeiten für die Zeit ihres privatrechtlichen Dienstverhältnisses zur Beklagten. Bei einer Vollanrechnung und dementsprechend früherem Erreichen einer höheren Einstufung (Entlohnungsstufe 11) beträgt die Entgeltsdifferenz für den Zeitraum 1. 7. 2001 bis 31. 12. 2001 EUR 919,75 brutto. Die Klägerin brachte im Wesentlichen vor, dass schon seit 1. 1. 1994 die im § 26 Abs 1 Z 2 VBG vorgesehene Anrechnungsregel, wonach Zeiten mit weniger als der Hälfte des vorgeschriebenen Ausmaßes für Vollbeschäftigte nur zur Hälfte für die Ermittlung des Vorrückungsstichtages dienen sollten, gemeinschaftsrechtswidrig gewesen sei. Auch der Versuch einer Korrektur durch die Dienstrechtsnovelle 2002, BGBl I Nr 87/2002, widerspreche hinsichtlich der Bestimmung des § 82 Abs 9 bis 11 VBG immer noch dem Gemeinschaftsrecht. Gemäß § 82 Abs 9 VBG könne zwar ein gemeinschaftswidrig ermittelter Vorrückungsstichtag nach § 26 VBG „nachgebessert" werden, doch sehe § 82 Abs 11 VBG eine solche „Nachbesserung" nur dann für rechtswirksam an, wenn bis 31. Juli 2003 ein entsprechender Antrag gestellt werde. Diese Bestimmung sei, wenn auch rückwirkend auf den 1. 1. 1994, erst mit 28. 5. 2002 Gesetz geworden. Diese Fristsetzung stelle eine gemeinschaftsrechtswidrige Diskriminierung dar. Die Bestimmung sei weder notwendig noch angemessen, um das Gemeinschaftsrecht innerstaatlich umzusetzen. Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Wohl seien die von der Klägerin in einem Ausmaß unterhalb der Hälfte der Vollbeschäftigung zurückgelegten Zeiten auch soweit anrechenbar, als sie vor dem 1. 1. 1994 angefallen seien, doch habe es die Klägerin verabsäumt, einen entsprechenden Antrag bis 31. 7. 2003 zu stellen. Bei den neu eingeführten Bestimmungen der Abs 9, 9a und 11 des § 82 VBG 1948 handle es sich um gemeinschaftsrechtskonforme Regelungen, zumal Übergangsfristen bei der Beseitigung eines EU-rechtswidrigen Zustands anerkannt seien. Nichts anderes sei mit diesen Bestimmungen erreicht worden. Die Klägerin habe es selbst zu verantworten, wenn sie es versäumt habe, innerhalb ausreichender Frist einen Antrag auf gemeinschaftsrechtskonforme Anrechnung ihrer Vordienstzeiten zu stellen.

Die Beklagte stellte den Kapitalsbetrag der Höhe nach außer Streit, bestritt jedoch aus den angeführten Gründen das Klagebegehren dem Grunde nach. Zinsen könnten überdies frühestens ab 2. 1. 2004 zu laufen beginnen, da die Klägerin in der Vorkorrespondenz auf den 1. 1. 2004 als Fälligkeitszeitpunkt Bezug genommen habe. Die Klägerin könne auch nicht den erhöhten Zinssatz nach § 49a erster Satz ASGG begehren, weil eine allfällige Zahlungsverzögerung auf vertretbarer Rechtsansicht der Beklagten beruhe (§ 49a zweiter Satz ASGG). Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es vertrat die Rechtsauffassung, dass mit der Dienstrechtsnovelle 2002 eine Anpassung des VBG an die Vorgaben des Gemeinschaftsrechts erfolgt sei. Damit sei eine effektive Abhilfe auch gegen Diskriminierungen geschaffen worden. Die Setzung einer Frist zur Antragstellung widerspreche dem Gemeinschaftsrecht nicht.

Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichts. Soweit das Gemeinschaftsrecht nicht eine bestimmte Form des Rechtsschutzes vorgebe, die dann allenfalls bei der mitgliedstaatlichen Umsetzung ebenfalls zu berücksichtigen sei, falle die Einrichtung von Rechtschutzmechanismen in den mittelbaren Vollzug und sei daher die Wahl von Form und Mitteln dem Mitgliedstaat überlassen. Dabei sei der Mitgliedstaat an die allgemeinen Vorgaben des Gemeinschaftsrechts, insbesonderen den Effektivitätsgrundsatz, den Äquivalentsgrundsatz und den Grundsatz des Vertrauensschutzes gebunden. In Konkretisierung dieser Grundsätze habe der europäische Gerichtshof ausgesprochen, dass es den Mitgliedstaaten grundsätzlich auch bei der Umsetzung gemeinschaftsrechtlicher Ansprüche freistehe, Ausschlussfristen vorzusehen. Solche Ausschlussfristen dürften nicht weniger günstig sein als bei gleichartigen innerstaatlichen Anträgen und sie dürften nicht so ausgestaltet sein, dass sie die Ausübung der Rechte, die die Gemeinschaftsrechtsordnung einräume, praktisch unmöglich machten. Die konkrete Regelung des § 82 Abs 9, 9a, 11 VBG entspreche diesen Grundsätzen. Wenngleich zu berücksichtigen sei, dass das entsprechende Bundesgesetzblatt erst am 28. 5. 2002 herausgegeben worden sei, habe die Klägerin wie jeder andere Betroffene bis 31. 7. 2003 eine 14 Monate dauernde, somit ausreichende Frist zur Verfügung gehabt, um durch ihren Antrag ihre gemeinschaftsrechtskonforme Behandlung herbeizuführen. Diese Regelung sei angemessen. Das Berufungsgericht sprach aus, dass die Revision zulässig sei, weil der Beurteilung der fristgebundenen Antragsregelung des § 82 VBG 1948 eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung hinsichtlich der Gemeinschaftsrechtskonformität zukomme.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen diese Entscheidung gerichtete Revision der Klägerin ist aus den vom Berufungsgericht genannten Gründen zulässig, sie ist auch berechtigt.

§ 19 Abs 2 VBG 1948 bestimmte in seiner bis 16. 6. 1998 geltenden Fassung, dass bei der Berechnung des zweijährigen Zeitraumes für die Vorrückung die in Teilbeschäftigung verbrachten Dienstzeiten bei einer Dienstleistung von mindestens der Hälfte der Dienstleistung eines entsprechenden vollbeschäftigten Vertragsbediensteten voll, sonst zur Hälfte in Anschlag zu bringen sind. § 26 Abs 1 Z 2 VBG 1948 bestimmte in seiner bis zum 16. 6. 1998 gültigen Fassung, dass die im Abs 2 Z 1 lit a und b und Z 4 lit e und f angeführten Zeiten, wenn sie mit weniger als der Hälfte des für Vollbeschäftigte vorgeschriebenen Ausmaßes zurückgelegt worden sind, zur Hälfte anzurechnen sind. Im Hinblick auf das Gemeinschaftsrecht, insbesondere das Urteil des EuGH vom 17. 6. 1998, C-243/95 Hill/Stapleton, erkannte der Verfassungsgerichtshof bereits mit seinem Erkenntnis vom 5. 3. 1999, B-373/96, eine vergleichbare Bestimmung des für Apotheker geltenden Gehaltskassengesetzes für gemeinschaftsrechtswidrig, sodass diese Bestimmung wegen Verstoßes gegen Art 119 EGV unanwendbar sei.

Darauf reagierte der Gesetzgeber mit einer Änderung des § 26 bzw des § 82 VBG 1948 (welcher bis 1. 1. 1999 die Bezeichnung „72b" führte), durch die Dienstrechts-Novelle 1999, BGBl I 127/1999. Die Neufassung des § 82 Abs 9 VBG lautete demzufolge: „Abs 9 Bei Dienstverhältnissen, die nach dem 16. Juni 1998 begonnen haben, ist der Vorrückungsstichtag unter Zugrundelegung des § 26 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 127/1999 erneut zu ermitteln, wenn der Vertragsbedienstete Vordienstzeiten gemäß § 26 Abs 2 Z 1 oder Z 4 lit d, e oder f in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 127/1999 aufweist, die er in einem Beschäftigungsausmaß von weniger als der Hälfte des für Vollbeschäftigung vorgeschriebenen Beschäftigungsausmaßes zurückgelegt hat. Ist der auf diese Weise ermittelte Vorrückungsstichtag für den Vertragsbediensteten günstiger als der bisher für ihn geltende Vorrückungsstichtag, tritt der günstigere Vorrückungsstichtag rückwirkend mit Beginn dieses Dienstverhältnisses an die Stelle des bisherigen Vorrückungsstichtages". Nach § 100 Abs 24 Z 1 VBG wurde diese Änderung rückwirkend mit 17. Juni 1998 in Kraft gesetzt. In der Entscheidung 9 ObA 175/01b hatte sich der Oberste Gerichtshof mit dem Fall eines Vertragsbediensteten auseinanderzusetzen, der am 23. 11. 1994 als Vertragslehrer aufgenommen worden war und in der Folge mit einem Ausmaß von weniger als der Hälfte der Vollbeschäftigung beschäftigt wurde. Unter Bezugnahme auf die Grundsätze des Urteils des EuGH vom 17. 6. 1998 (Hill/Stepelton) erkannte der Oberste Gerichtshof auch die mit BGBl I 127/1999 geschaffene Neuregelung des § 82 Abs 9 VBG für gemeinschaftsrechtswidrig. Insbesondere heißt es dort: „Dass die Auslegungsurteile des EuGH in Vorabentscheidungsverfahren grundsätzlich rückwirkende Kraft haben, soferne nicht ausnahmsweise der EuGH selbst bei Vorliegen eines Vertrauenstatbestandes und der Gefahr unerwarteter oder erheblicher finanzieller Auswirkungen im Urteil eine Beschränkung seiner zeitlichen Wirkung anordnet (Lenz EG-Vertrag Kommentar² Rz 56, 57 mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung des EuGH) wird in der Revision nicht mehr bestritten. Die hier interessierende Entscheidung des EuGH, die eine derartige Beschränkung der zeitlichen Urteilswirkung nicht enthält, bestimmt daher verbindlich den Inhalt des betroffenen Gemeinschaftsrechts mit Wirkung vom Zeitpunkt seines Inkrafttretens ... Damit ist aber davon auszugehen, dass die die Anrechenbarkeit seiner (Anm: = des Klägers) Vordienstzeiten beschränkenden Bestimmungen schon zum Zeitpunkt der Neuermittlung des Vorrückungsstichtags des Klägers gemeinschaftsrechtswidrig und daher aufgrund des Anwendungsvorrangs des Gemeinschaftsrechts ... nicht anzuwenden waren. Damit ist auch die in der Dienstrechts-Novelle 1999 geschaffene Übergangsregelung, die die weitere Anwendung der bisherigen (gemeinschaftsrechtswidrigen) Regelung auf vor dem 17. 6. 1998 eingetretene Vertragsbedienstete bewirken soll, selbst gemeinschaftsrechtswidrig und unanwendbar, sodass sie dem geltend gemachten Anspruch des Klägers nicht entgegensteht ..." In offenbarer Reaktion auf diese höchstgerichtliche Judikatur (siehe die Materialien RV ErlBem 1066 Blg 21. GP zu § 113 Abs 9, 9a, 11 und 13 bis 15 GehaltsG sowie § 82 Abs 9, 9a, 11 und 13 bis 15 VBG) unternahm es der Gesetzgeber mit der Dienstrechts-Novelle 2002, BGBl I 87/2002, insbesondere durch Änderung des § 82 VBG eine gemeinschaftsrechtskonforme Anrechnungsbestimmung für unterhälftige Beschäftigungszeiten herbeizuführen. An die Stelle des bisherigen § 82 Abs 9 VBG traten daher folgende Bestimmungen: „Abs 9: Weist ein Vertragsbediensteter Vordienstzeiten gemäß § 26 Abs 2 Z 1 oder 4 lit d, e oder f in der Fassung des BGBl I Nr 127/1999 auf, die er in einem Beschäftigungsausmaß von weniger als der Hälfte des für Vollbeschäftigung vorgeschriebenen Beschäftigungsausmaßes zurückgelegt hat und die noch nicht zur Gänze für die Ermittlung des Vorrückungsstichtages berücksichtigt worden sind, ist auf seinen Antrag der Vorrückungsstichtag unter Zugrundelegung des § 26 in der geltenden Fassung entsprechend zu verbessern. Antragsberechtigt sind bei Zutreffen der Voraussetzungen auch ehemalige Vertragsbedienstete; zuständig ist in diesem Fall jene Personalstelle, die zuletzt für sie zuständig war. Antragsberechtigt sind auch Personen, denen als Hinterbliebene ein Pensionsanspruch aus der allgemeinen Sozialversicherung nach einem vom ersten oder zweiten Satz erfassten ehemaligen Vertragsbediensteten zusteht.

Abs 9a: Eine Verbesserung des Vorrückungsstichtages nach Abs 9 wird rückwirkend mit Beginn des Dienstverhältnisses, frühestens jedoch mit 1. Jänner 1994 wirksam."

§ 82 Abs 11 VBG lautete in der Neufassung: „Rechtswirksam sind Anträge 1. gemäß Abs 9, wenn sie vor Ablauf des 31. Juli 2003 ... gestellt werden."

Dem § 100 VBG wurde als Inkrafttretensbestimmung folgender Abs 32 angefügt: „In der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 87/2002 treten in Kraft: 1. § 82 Abs 9, 9a, 11 und 13 bis 15 mit 1. Jänner 1994

...".

Wie sich aus den zu 9 ObA 175/01b dargelegten Erwägungen ergibt, waren die Bestimmungen der § 26 Abs 1 Z 2 bzw § 19 Abs 2 VBG 1948 schon mit 1. 1. 1994 als gemeinschaftsrechtswidrig zu beurteilen und daher unter Zugrundelegung des Art 141 EG auch nicht mehr anzuwenden. Dies bedeutet aber für den konkreten Fall, dass die Klägerin bereits lange vor Inkrafttreten der Dienstrechtsnovelle 2002, ohne dass es einer Umsetzungsbestimmung bedurft hätte, einen direkt aus dem Gemeinschaftsrecht abzuleitenden Anspruch auf Nichtanwendung der Halbzeitregelung, das heißt damit auf Vollzeitenanrechnung für die Ermittlung des Vorrückungsstichtags erworben hatte. Wenngleich sich die durch die Dienstrechtsnovelle 2002 geänderten Bestimmungen (§ 82 Abs 9, 9a, 11) mit der auf den 1. 1. 1994 festgelegten Rückwirkung scheinbar als Übergangsbestimmung zur Herstellung der Konformität mit Gemeinschaftsrecht darstellen, greifen sie in Wirklichkeit in ein bereits entstandenes, im Gemeinschaftsrecht fußendes Individualrecht der Klägerin ein, weil der bereits entstandene Anspruch auf Verbesserung der Anrechnung von Vordienstzeiten nunmehr dadurch erlöschen würde, wenn die Klägerin nicht den nunmehr vorgesehenen Antrag auf Nachbesserung fristgerecht einbringen würde. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts handelt es sich daher auch nicht um erst im Zuge der Umsetzung des Gemeinschaftsrechts - grundsätzlich zulässig - geschaffene Verjährungs- oder Ausschlussfristen, sondern einen dem Grundsatz des Vertrauensschutzes widersprechenden Eingriff. Darüber hinaus ist diese Fristenregelung aber auch unter dem Aspekt des Diskriminierungsverbots bedenklich: Während nämlich ein Vertragsbediensteter - im Falle der Bestreitung durch den Dienstgeber - jederzeit auch im Klagewege die Feststellung begehren kann, dass ihm ein günstigerer Vorrückungsstichtag zusteht als der vom Dienstgeber ermittelte und dafür - abgesehen von der Verjährung einzelner Leistungen iSd § 18a VBG - keine Frist besteht (Ziehensack VBG Praxiskommentar I § 26 Rz 5), wären (vornehmlich weibliche, von einer Halbzeitregelung betroffene) Vertragsbedienstete, welche sich nur auf die Nichtanwendung gemeinschaftswidriger Normen berufen, demgegenüber an eine Frist gebunden.

Zusammenfassend kann sich daher die Beklagte auf die Fristversäumnis der Klägerin nicht berufen, vielmehr ist dieser durch Nichtanwendbarkeit der Halbzeitanrechnungsbestimmungen bereits ein Recht erwachsen. Durch die Klagseinbringung vom 26. 2. 2004 wurde die dreijährige Verjährungsfrist (§ 18a VBG) hinsichtlich der für Juli bis Dezember 2001 begehrten Differenzleistungen, die sich bei gemeinschaftsrechtskonformer Ermittlung des Vorrückungsstichtags ergeben, unterbrochen.

Zum Zinsenbegehren:

Zur Höhe: Gemäß § 49a ASGG gebührt der dort genannte höhere Zinssatz dann nicht, wenn die Verzögerung der Zahlung auf einer vertretbaren Rechtsansicht des Schuldners beruht. Betrachtet man die vorliegende, komplexe Materie und nicht zuletzt den Umstand, dass auch die Vorinstanzen anderer Rechtsauffassung als der Oberste Gerichtshof waren, kann eine unvertretbare Rechtsauffassung der Beklagten nicht angenommen werden. Die Klägerin hat daher grundsätzlich nur Anspruch auf die gesetzlichen Zinsen von 4 %.

Zum Zinsenlauf: § 18 VBG 1948 sieht als gesetzlichen Fälligkeitstermin für das Monatsentgelt den 15. eines jeden Monats vor. Entgegen der Auffassung der Beklagten ergibt sich auch aus dem mit der Klägerin geführten Schriftverkehr keine Fälligkeitsverschiebung, sondern wurden darin jeweils nur Nachfristen gesetzt bzw verlängert. Da die Klägerin selbst von einer Fälligkeit (sämtlicher, auch vorher angefallener Monatsentgeltsdifferenzen) per 15. 12. 2001 ausgeht (AS 26), ist auch hinsichtlich der vor Dezember 2001 fällig gewordenen Entgelte darüber nicht hinauszugehen. Die gesetzlichen, von einem Verschulden unabhängigen Verzugszinsen gebühren nach bürgerlichem Recht ab dem Zeitpunkt des dem Verzugseintritt folgenden Tages (Schubert in Rummel ABGB I³ § 999 Rz 3; Binder in Schwimann ABGB IV³ § 1000 Rz 21). Ist somit der Fälligkeitstag für die von der Klägerin begehrten Leistungen mit 15. 12. 2001 anzusetzen, folgt daraus ein Beginn des Zinsenlaufes mit 16. 12. 2001.

Der Zuspruch des pauschalierten Aufwandersatzes für das Verfahren erster und zweiter Instanz gründet sich auf § 58a ASGG iVm §§ 41, 50 ZPO. Der Kostenzuspruch für das Revisionsverfahren gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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