OGH 7Ob43/07k

OGH7Ob43/07k28.3.2007

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in den zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen

Rechtssachen

I. der klagenden Partei Victor V*****, vertreten durch Dr. Manfred Müllauer, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Marianne V*****, vertreten durch Dr. Michael Stögerer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung; Streitwert EUR 6.900,-- (8 C 1420/03w Bezirksgericht Josefstadt) und II. der klagenden Partei Marianne V*****, vertreten durch Dr. Michael Stögerer, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien 1.) Victor V*****,2.) Jean Paul V*****, und 3.) minderjähriger Louis Benjamin V*****, letzterer vertreten durch die Mutter und gesetzliche Vertreterin Dr. Verena K*****, alle *****, alle vertreten durch Dr. Manfred Müllauer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung und Abgabe einer Willenserklärung; Streitwert EUR 7.000,-- (8 C 1603/03g Bezirksgericht Josefstadt),

über die Revision der zu 8 C 1420/03w des Bezirksgerichtes Josefstadt klagenden Partei und der zu 8 C 1603/03g des Bezirksgerichtes Josefstadt beklagten Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 23. November 2006, GZ 36 R 429/06i-25, mit dem das Urteil des Bezirksgerichtes Josefstadt vom 17. August 2006, GZ 8 C 1420/03w (8 C 1603/03g)-21, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Revisionswerber Victor, Jean Paul und Louis Benjamin V***** sind zur ungeteilten Hand schuldig, der Revisionsgegnerin Marianne V***** EUR 470,94 (darin enthalten EUR 78,49 USt) an Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen. Der Revisionswerber Victor V***** ist ferner schuldig, der Revisionsgegnerin Marianne V***** weitere EUR 464,40 (darin enthalten EUR 77,24 USt) an Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die im Verfahren 8 C 1420/03w BG Josefstadt beklagte und im damit verbundenen Verfahren 8 C 1603/03g BG Josefstadt klagende Partei Marianne V***** ist die Witwe des am 30. 6. 2003 verstorbenen Ing. Johann V*****. Victor, Jean Paul und Louis Benjamin V***** sind dessen Söhne aus erster Ehe. Ihnen wurde die Verlassenschaft nach ihrem Vater (Erblasser) rechtskräftig zu je einem Drittel eingeantwortet, nachdem sie der Erblasser in seinem Testament vom 6. 3. 2000 zu seinen Erben bestimmt hatte. Victor ist im Verfahren 8 C 1420/03w des Bezirksgerichtes Josefstadt der Kläger und im damit verbundenen Verfahren gemeinsam mit seinen beiden Brüdern Beklagter. Da Jean Paul und Louis Benjamin also in keinem Verfahren Kläger sind, wird die Diktion des Berufungsgerichtes, sie als Kläger und Marianne V***** als Beklagte zu bezeichnen, nicht beibehalten, sondern im Folgenden Marianne V***** als Klägerin und die drei Söhne als Beklagte bezeichnet. Die Klägerin hat in einem am 13. 3. 2000 mit Notariatsakt geschlossenen Vertrag für sich und ihre Nachkommen auf das ihr gegen ihren Ehemann zustehende Erb- und Pflichtteilsrecht verzichtet. Der Erblasser hat ihr im Testament vom 6. 3. 2000 ein lebenslanges Fruchtgenussrecht an einer in seinem Eigentum stehenden Liegenschaft eingeräumt und ihr das sich in der betreffenden Wohnung befindliche Inventar (mit Ausnahme der von seinen Eltern stammenden Einrichtungsgegenständen) vermacht.

Die Beklagten behaupten, dass die Klägerin nach den §§ 540 und 542 ABGB erbunwürdig sei, weil sie nach dem Tod des Erblassers eine Geldbetrag von etwa EUR 40.000,-- unterschlagen und sechs Sparbücher des Erblassers an sich genommen und diese sowie diverse weitere Gegenstände der Verlassenschaft entzogen habe. Im Verlassenschaftsverfahren wurde der Antrag der Klägerin auf Einverleibung des erwähnten Fruchtgenussrechtes deshalb abgewiesen und die Klägerin mit ihrem Legatsanspruch auf den ordentlichen Rechtsweg verwiesen. Strafrechtliche Vorerhebungen gegen sie wegen der von den Beklagten erhobenen Vorwürfe wurden im August 2005 gemäß § 90 Abs 1 StPO eingestellt.

Der Erstbeklagte begehrte im Verfahren 8 C 1420/03w BG Josefstadt (als dortiger Kläger) die Feststellung der Erbunwürdigkeit der Klägerin. Diese begehrte im Gegenzug im Verfahren 8 C 1603/03g die Feststellung, dass das ihr im Testament vermachte Legat rechtswirksam sei und die Beklagten in die grundbücherliche Einverleibung des ihr vom Erblasser letztwillig vermachten Fruchtgenussrechtes einzuwilligen hätten. Sämtliche Sparbücher und Gegenstände hätten sich schon vor dem Tod des Erblassers in ihrem Besitz und Eigentum befunden und seien daher nicht nachlasszugehörig gewesen. Das Erstgericht wies das Klagebegehren auf Feststellung der Erbunwürdigkeit der Klägerin ab und gab deren Klagebegehren statt. Die von den Beklagten behaupteten Handlungen der Klägerin, nämlich die Aneignung von Sparbüchern, die Entfernung von Nachlassgegenständen sowie die Zueignung eines Betrages von EUR 40.000,--, könnten den Tatbestand des § 540 ABGB keinesfalls erfüllen. Selbst wenn man die Richtigkeit des Vorbringens der Beklagten unterstelle, liege auch eine Erbunwürdigkeit nach § 542 ABGB nicht vor, weil von der Klägerin lediglich ein Vermögenswert von insgesamt ca EUR 110.000,-- der Verlassenschaft entzogen worden wäre, was in Anbetracht der Gesamtaktiven von rund EUR 651.000,-- keine derart gravierende Störung der vom Erblasser gewollten Erbfolgeordnung darstellte, dass dies die Annahme der Erbunwürdigkeit rechtfertigen könnte.

Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidungen der ersten Instanz. Nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes müsse sich die strafbare Handlung nach § 540 ABGB gegen den Erblasser selbst richten und könne nur zu dessen Lebzeiten begangen werden. Auch eine auf § 542 ABGB gestützte Erbunwürdigkeit scheide aus. Dieser Regelung liege der Gedanke zugrunde, dass derjenige, der sich schwerer Verfehlungen gegen die Person oder den Willen des Erblassers schuldig gemacht habe, aus dem Nachlass nichts erhalten solle. Die Aufzählung der Erbunwürdigkeitsgründe des § 542 ABGB sei nicht taxativ; sanktioniert sei jede Handlung oder Unterlassung, die in der Absicht geschehe, den Willen des Erblassers zu vereiteln, wobei aber stets vorsätzliches Handeln erforderlich sei. Die Beklagten hätten dazu lediglich vorgebracht, die Klägerin habe nach dem Tod des Erblassers verschiedene, in den Nachlass fallende Gegenstände bzw Geldbeträge und Sparbücher an sich gebracht. Dadurch hätten sie den Tatbestand dieser Bestimmung nicht dargelegt. Hiefür wäre ein Vorbringen erforderlich gewesen, dass die Klägerin tatsächlich zumindest versucht habe, eine Beeinflussung des letzten Willens des Erblassers herbeizuführen. Der testamentarische Wille des Erblassers sei aber erfüllt worden. Sollten die Beklagten der Ansicht sein, dass sich die Klägerin zu Unrecht weitere Nachlassgegenstände angeeignet habe, stehe ihnen zur Verfolgung ihrer Ansprüche die Eigentumsklage offen. Die strittige Frage, ob bestimmte Vermögenswerte nachlasszugehörig seien, sei im dafür vorgesehenen Prozessweg zu klären. Eine Erbunwürdigkeit sei aus dem Umstand, dass die Klägerin die Nachlasszugehörigkeit dieser Vermögenswerte bestreite, nicht abzuleiten. Da sich bereits nach dem Vorbringen der Parteien ergebe, dass die Beklagte nicht erbunwürdig sei, seien weitere Feststellungen nicht erforderlich gewesen.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes EUR 4.000,--, nicht aber EUR 20.000,-- übersteige; weiters, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil eine „aktuelle" Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage fehle, ob eine Erbunwürdigkeit im Sinne des § 540 ABGB nur bei Begehung strafbarer Handlungen gegen den Erblasser selbst oder auch gegen dessen Rechtssphäre, allenfalls auch nach seinem Tod, gegeben sei und ob eine Erbunwürdigkeit im Sinne des § 542 ABGB auch aus der Entziehung von nachlasszugehörigen Vermögenswerten resultieren könne. Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der Beklagten mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, dass der im Verfahren 8 C 1420/03w BG Josefstadt erhobenen Klage stattgegeben und das Klagebegehren zu 8 C 1603/03g BG Josefstadt abgewiesen werden möge. Da der Zweit- und der Drittbeklagte nicht Parteien des ersteren Verfahrens sind, sind sie nur hinsichtlich des letzteren Verfahrens Revisionswerber; der Einfachheit halber werden sie aber im Folgenden gemeinsam mit dem Erstbeklagten als Revisionswerber bezeichnet.

Die Klägerin beantragt in der Revisionsbeantwortung, das Rechtsmittel ihrer Prozessgegner nicht zuzulassen oder ihm keine Folge zu geben. Die Revision ist zulässig, weil eine Stellungnahme des Obersten Gerichtshofes zur Frage der Erbunwürdigkeit nach den §§ 540 und 542 ABGB angezeigt ist; sie ist aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Frage einer Erbunwürdigkeit der Klägerin entscheidet die beiden verbundenen Verfahren gleichermaßen. Die Beklagten halten auch in der Revision daran fest, dass die Klägerin sowohl nach § 540 ABGB als auch unter dem Blickwinkel des § 542 ABGB erbunwürdig sei. Die bisherige Rechtsprechung zu § 540 ABGB, wonach sich die strafbare Handlung gegen den Erblasser selbst richten müsse, sei zu restriktiv. Vom Schrifttum, insbesondere zuletzt von Jud in NZ 2006/13, werde ein Angriff gegen die Rechtssphäre der Pflichtteilsberechtigten als ausreichend (tatbestandsmäßig) angesehen. Da § 540 ABGB versuche, dem vermutlichen Willen des Erblassers zu entsprechen, sei davon auszugehen, dass die der Klägerin vorgeworfenen Handlungen (Unterschlagung eines Verkaufserlöses und von Sparbüchern) im Sinne des vermuteten Willens des Erblassers als Erbunwürdigkeitsgrund anzusehen seien. Nach § 542 ABGB komme es auf die Vereitelung des Willens des Erblassers an, wobei die Aufzählung der Tatbestände demonstrativ sei. Erbunwürdig nach dieser Bestimmung sei jeder, der eine dem wahren Willen des Erblassers widersprechende Ordnung der Erbfolge herbeizuführen suche. Bereits die Vereitelung eines Teiles des Willens des Erblassers genüge, weshalb im vorliegenden Fall die „Unterdrückung" von sechs Sparbüchern (im Werte von ca EUR 70.000,-- bis EUR 80.000,--) und eines Bargeldbetrages von ca EUR 40.000,-- ausreiche, um eine Vereitelung des Erblasserwillens zu bejahen. Die Nachlassaktiva seien vom Erstgericht aktenwidrig zu hoch angenommen worden. Die von der Klägerin entzogenen Werte stellten nicht, wie das Erstgericht angenommen habe, nur ein Sechstel, sondern mehr als ein Drittel des reinen Nachlassvermögens dar. Jede vorsätzliche Handlung, die sich gegen einen erheblichen Teil der Verlassenschaft beziehe, müsse nach § 542 ABGB zur Erbunwürdigkeit führen. Es wären daher Beweise über die behaupteten Handlungen der Klägerin aufzunehmen gewesen. Das Berufungsgericht vermisse zu Unrecht für die Anwendbarkeit des § 542 ABGB erforderliches Vorbringen. Von den Beklagten sei deutlich der Vorwurf einer absichtlichen Entziehung insbesondere der Sparbücher im Verlassenschaftsverfahren zum Ausdruck gebracht worden („Veruntreuung der Sparbücher").

Der Senat hat dazu erwogen:

Vorauszuschicken ist, dass nach ganz herrschender Meinung die Grundsätze des § 540 ABGB auch für die Legatsunwürdigkeit gelten (EvBl 1959, 378/217; EvBl 1968, 572/355 = JBl 1970, 205; RIS-Justiz RS0012264; Weiß in Klang2, III 93; Welser in Rummel3 § 540 Rz 1 ua). Nach § 540 ABGB Fall 1 (Fall 2 kommt hier nicht in Betracht) ist erbunwürdig, wer gegen den Erblasser eine gerichtlich strafbare Handlung begangen hat, die nur vorsätzlich begangen werden kann und mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedroht ist, sofern sich nicht aus den Umständen entnehmen lässt, dass ihm der Erblasser vergeben habe. Gestützt auf diesen Wortlaut und insbesondere auch auf die Materialien zur dritten Teilnovelle zum ABGB (zur Entstehungsgeschichte der geltenden Gesetzesfassung und der daran anknüpfenden historischen Interpretation vgl insbes Weiß aaO, 99 Anm

28) hat der Oberste Gerichtshof wiederholt ausgesprochen, dass nur eine strafbare Handlung gegen den Erblasser selbst zur Erbunwürdigkeit führe (SZ 24/21 = EvBl 1951/54; JBl 1954, 174; EvBl 1959/217; zust Weiß aaO, III 99). Es trifft zu, dass dagegen von der Lehre überwiegend die Auffassung vertreten wird, dass auch eine (entsprechend sanktionierte) strafbare Handlung gegen Dritte, die die „Familienrechtssphäre" oder die „Gefühlssphäre" des Erblassers schwer verletzt, zur Erbunwürdigkeit nach § 540 ABGB führen müsse (Ehrenzweig, System des österreichischen allgemeinen Privatrechtes2 II/2, 372; Steinwenter, Erbrechtliche Miszellen, JBl 1955, 157 [159]; Gschnitzer/Faistenberger, Erbrecht2, 54; Ehrenzweig/Kralik, Erbrecht3 36; Welser aaO § 540 Rz 7; Eccher in Schwimann, ABGB3 § 540 Rz 9). Dies näher zu erörtern erübrigt sich hier aber, weil auch die Vertreter dieser die betreffende Judikatur kritisierenden Rechtsansicht gleichermaßen wie der Oberste Gerichtshof die Meinung vertreten, dass die strafbare Handlung nur bei Lebzeiten des Erblassers begangen werden kann (Welser aaO Rz 5; Eccher in Schwimann, ABGB3 III § 540 Rz 9; JBl 1954, 174).

Daran ist festzuhalten. Der - soweit überblickbar: einzigen - Gegenmeinung von Jud (§ 540 ABGB - Erbunwürdigkeit und Tod des Erblassers, NZ 2006/13) kann schon aus Gründen der Rechtssicherheit nicht beigepflichtet werden. Birgt doch, wie die Genannte an sich selbst erkennt, ihre Ansicht, dass grundsätzlich auch eine (bis zu 40 Jahre) nach dem Tod des Erblassers begangene strafbare Handlung zur Erbunwürdigkeit nach § 540 ABGB führe, die Gefahr uferloser Auswirkungen in sich (vgl schon Unger, Erbrecht4, 24 Anm 12). Da die der Klägerin von den Beklagten vorgeworfenen Handlungen alle nach dem Tod des Erblassers gesetzt worden sein sollen, ist § 540 ABGB - wie von den Vorinstanzen demnach zutreffend erkannt wurde - hier unanwendbar.

Zu prüfen bleibt, ob Erbunwürdigkeit im Sinne des § 542 ABGB anzunehmen ist, welche Bestimmung (nur) dort Anwendung findet, wo § 540 ABGB unanwendbar ist (Weiß aaO III 104). Danach ist vom Erbrechte ausgeschlossen, wer den Erblasser zur Erklärung des letzten Willens gezwungen, oder betrüglicherweise verleitet, an der Erklärung, oder Abänderung des letzten Willens gehindert, oder einen von ihm bereits errichteten letzten Willen unterdrückt hat.

Nach ständiger Rechtsprechung wird durch § 542 ABGB jede Handlung oder Unterlassung sanktioniert, die in der Absicht geschieht, den Willen des Erblassers - auch im Bezug auf ausgesetzte Legate - zu vereiteln (1 Ob 175/99p mwN). Ob das Verhalten der Person, die eine letztwillige Verfügung unterdrückt, zu dem von ihr gewünschten Erfolg geführt hat, ist unerheblich (RIS-Justiz RS0112469). Der Regelung des § 542 ABGB liegt der Gedanke und die Wertung zugrunde, dass derjenige, der sich schwerer Verfehlungen gegen den Willen des Erblassers schuldig gemacht hat, aus dem Nachlass nichts erhalten soll (NZ 1985, 13; SZ 57/147; RIS-Justiz RS0012273). Nach herrschender Meinung ist die Aufzählung der Erbunwürdigkeitsgründe in § 542 ABGB nicht erschöpfend (JBl 1954, 174; NZ 1985, 13; SZ 57/147; RIS-Justiz RS0012271; Welser aaO § 542 Rz 4 ua). Zwar kann eine Unterdrückung (Vereitelung) des Willens des Erblassers schon zu dessen Lebzeiten vorkommen; es liegt aber, wie schon Weiß, aaO 109, hingewiesen hat, in der Natur der Sache, dass sie „in erster Reihe nach dem Tode des Erblassers stattfindet". Anders als § 540 ABGB kann eine Erbunwürdigkeit nach § 542 ABGB nach herrschender Ansicht also auch erst nach dem Tod des Erblassers verwirklicht werden (Eccher aaO § 542 ABGB Rz 5 mwN ua). Jedenfalls muss aber ein Sachverhalt vorliegen, der den in § 542 aufgezählten Gründen gleichkommt (JBl 1954, 174; Dittrich/Tades, ABGB (MTK)22, 272; es muss also eine „Gefährdung der gewillkürten Erbfolgeordnung" (Ehrenzweig/Kralik, Erbrecht3 38) beabsichtigt sein.

Dies ist mit den Vorinstanzen im vorliegenden Fall zu verneinen: Die Parteien streiten darüber, ob bestimmte Vermögenswerte (ein Geldbetrag, Sparbücher, diverse Gegenstände) zum Zeitpunkt des Erbfalles dem Erblasser gehörten oder, wie die Klägerin behauptet, in deren Eigentum standen und daher nicht nachlasszugehörig waren. Hingegen wurde und wird die Alleinerbeneigenschaft der Beklagten von der Klägerin in keiner Weise in Frage gestellt oder in Zweifel gezogen.

Entscheidend ist dabei nicht die Höhe der betreffenden strittigen Vermögenswerte, sondern ob der Klägerin eine „Unterdrückung des bereits errichteten letzten Willens" (vgl Weiß aaO 108 f) vorzuwerfen ist. Da nach den festgestellten Umständen der Klägerin eine solche Absicht nicht unterstellt werden und ihr daher ein solcher Vorwurf nicht gemacht werden kann, liegt ein Tatbestand im Sinne des § 542 ABGB nicht vor.

Die Revision muss daher erfolglos bleiben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO. Die der Klägerin von den Beklagten zu ersetzenden Kosten der Revisionsbeantwortung waren, wie verzeichnet, auf der Basis des addierten Gesamtstreitwertes (EUR 6.900,-- + EUR 7.000,-- = EUR 13.900,--) zu ermitteln (vgl Obermaier, Das Kosenhandbuch Rz 253 mwN). Da der Zweit- und der Drittbeklagte nur an einem der beiden miteinander verbundenen Verfahren beteiligt sind, haben sie entsprechend dem Streitwert dieses Verfahrens (EUR 7.000,--) der Klägerin zur ungeteilten Hand mit dem Erstbeklagten 50,4 % der Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen. Der Ersatz der restlichen 49,6 % der Kosten der Revisionsbeantwortung war dem Erstbeklagten allein aufzutragen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte