OGH 2Ob224/06i

OGH2Ob224/06i8.3.2007

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Baumann als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Veith, Dr. Grohmann, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ä*****, vertreten durch Dr. Karl Krückl, Dr. Kurt Lichtl, Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagte Partei „A*****" ***** GmbH, *****, vertreten durch Hermann & Kraft & Dallago, Rechtsanwälte in Kufstein, wegen EUR 34.084,33 sA, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 20. Juni 2006, GZ 3 R 84/06h-48, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Gemäß § 502 Abs 1 ZPO ist die Revision nur zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abweicht oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist.

2. Gemäß § 33 Abs 1 erster Satz MRG (in der bis 30. 9. 2006 geltenden Fassung) können Mietverträge nur gerichtlich gekündigt werden. Dies gilt nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs sowie der herrschenden Lehre auch für Kündigungen durch den Mieter (RIS-Justiz RS0069117 [T4], RS0070274; Würth in Rummel3, § 33 MRG Rz 2). Die von manchen Autoren geforderte teleologische Reduktion ist nicht geboten (RIS-Justiz RS0070274).

3. Die Revisionswerberin argumentiert im Sinne der Zulässigkeit der Revision, dass zur Frage, ob auch bei einem als Handelsgeschäft zwischen Vollkaufleuten abgeschlossenen Mietvertrag, in welchem ein ganz bestimmter Kündigungsmodus einvernehmlich vertraglich festgesetzt worden ist, trotz Einhalten dieses Modus eine außergerichtlich erfolgte Kündigung unwirksam sein solle, eine eindeutige oberstgerichtliche Rechtsprechung fehle. Im Übrigen gebe es zur Frage der Auslegung des § 33 MRG unter dem Blickwinkel der Wohnrechtsnovelle 2006 noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung. Dies rechtfertigt jedoch nicht die Zulässigkeit der Revision. Hat das Berufungsgericht im Sinne einer einheitlichen und von der Lehre anerkannten Rechtsprechung entschieden, dann kann die Zulässigkeit der Revision nur mit neuen bedeutsamen Argumenten begründet werden (RIS-Justiz RS0042405). Solche wurden allerdings nicht vorgebracht.

4. Auch in dem der Entscheidung 1 Ob 651/92 = SZ 65/154 zugrunde liegenden Fall, in welcher der Oberste Gerichtshof an der Ansicht festhielt, dass auch der Mieter wirksam nur gerichtlich kündigen könne, waren beide Streitteile Kaufleute, worauf bereits das Berufungsgericht zutreffend hingewiesen hat.

Infolge der klaren Gesetzeslage kommt ein „Umdeuten" der im relevanten Zeitpunkt geltenden Rechtslage durch die Rechtsprechung - auch bei Kaufleuten - nicht in Betracht (vgl Würth in wobl 2006, 136 f).

5. Die außergerichtliche Aufkündigung wird nach herrschender Auffassung als Angebot zu einvernehmlicher Vertragsauflösung verstanden (MietSlg 31.451 mwN; RIS-Justiz RS0069117 [T1]). Die schlüssige Annahme eines solchen Angebots setzt allerdings voraus, dass der Vermieter ein Verhalten an den Tag gelegt hat, das bei Berücksichtigung aller Umstände keinen Grund, daran zu zweifeln, übrig lässt. Im vorliegenden Fall jedoch schließt der ausdrückliche Widerspruch der Klägerin das Zustandekommen einer einvernehmlichen Auflösung des Bestandverhältnisses aus.

6. Der Umstand, dass aufgrund der Wohnrechtsnovelle 2006 für Kündigungserklärungen, die nach dem 30. September 2006 abgegeben wurden bzw. werden (§ 49e Abs 8 MRG) nunmehr gilt, dass diese seitens des Mieters gerichtlich oder schriftlich erfolgen können (§ 33 Abs 1 MRG idF der Wohnrechtsnovelle 2006), hat auf den vor Inkrafttreten dieser Novelle verwirklichten Sachverhalt keinen Einfluss. Die Berücksichtigung eines erst künftig in Kraft tretenden Gesetzes bei der Auslegung der für einen bestimmten Sachverhalt geltenden Rechtslage käme einer Rückwirkung entgegen dem Gesetz (§ 5 ABGB) gleich (vgl RIS-Justiz RS0008716).

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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