OGH 13Os8/07m

OGH13Os8/07m7.3.2007

Der Oberste Gerichtshof hat am 7. März 2007 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Philipp und Dr. T. Solé, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Mag. Hetlinger und den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Mag. Lendl, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Hinterleitner als Schriftführer, in der Strafsache gegen Anto B***** und einen weiteren Angeklagten wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Anto B***** und Hasaldin Bu***** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Jugendschöffengericht vom 20. November 2006, GZ 141 Hv 120/06k-31, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Den Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Anto B***** und Hasaldin Bu***** des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB (A.I.) sowie der Vergehen der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs 3 StGB (A.II.) und der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (A.III.), Hasaldin Bu***** überdies des Vergehens der versuchten Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB (B.) schuldig erkannt. Danach haben Anto B***** und Hasaldin Bu***** in Wien

A. am 11. März 2006 in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit zwei noch auszuforschenden Unbekannten

I. mit Gewalt gegen eine Person und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) Nachgenannten fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, weggenommen, indem sie Andreas Sch***** Schläge gegen Gesicht und Körper und Martin R***** einen Faustschlag ins Gesicht versetzten und sie durch die sinngemäße Äußerung: „Fang ma an, ihr gebts uns jetzt Geldbörsl und Handy und alles was habts, oder wir stechen euch ab", zur Übergabe ihrer Wertsachen aufforderten, während sie sie umringten, und zwar

1.) Martin R***** eine Geldbörse, Bargeld in Höhe von 2 Euro und ein Handy Sony Ericsson W800I in unbekanntem Wert;

2.) Andreas Sch***** eine Geldbörse, Bargeld in Höhe von 0,30 Euro und ein Handy der Marke Nokia 3310 in unbekanntem Wert;

II. durch die zu Punkt A.I. des Urteilssatzes beschriebenen Tathandlungen ein unbares Zahlungsmittel, über das sie nicht verfügen durften, mit dem Vorsatz, dessen Verwendung im Rechtsverkehr zu verhindern, unterdrückt, und zwar die Bankomatkarte der Bank Austria Creditanstalt AG des Andreas Sch*****;

III. durch die zu Punkt A.I. beschriebenen Tathandlungen eine Urkunde, über die sie nicht verfügen durften, mit dem Vorsatz unterdrückt, zu verhindern, dass diese im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werde, und zwar die E-Card des Andreas Sch*****;

B. Hasaldin Bu***** allein am 12. März 2006 dadurch versucht, einen anderen durch gefährliche Drohung zur Unterlassung der Erstattung einer Anzeige zu nötigen, dass er unter Anspielung auf die zu Faktum A.I. des Urteilssatzes genannte Tathandlung Sabrina S***** gegenüber äußerte, wenn sie zur Polizei gingen (um Anzeige zu erstatten), werde sie umgebracht werden.

Rechtliche Beurteilung

Die von den Angeklagten dagegen gemeinsam ausgeführte, auf die Gründe der Z 5, 5a, 9 lit a und b des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde geht fehl.

Mit einer eigenständigen Bewertung von Beweisergebnissen unter Hervorhebung der - von den Tatrichtern aber abgelehnten - Verantwortung der Angeklagten wird eine offenbar unzureichende Begründung der Feststellungen zu ihrer Tatbeteiligung als Mittäter nicht aufgezeigt (Z 5 vierter Fall), sondern die - ohne Verstoß gegen Denkgesetze und grundlegende Erfahrungssätze auf die für glaubwürdig befundenen Aussagen der Zeugen Andreas Sch*****, Martin R***** und Sabrina S***** gestützte - Beweiswürdigung des Schöffengerichtes (US 14 bis 19) nach Art einer gegen kollegialgerichtliche Urteile unstatthaften Schuldberufung kritisiert. Ein allfälliges Tatmotiv bedurfte als nicht entscheidungswesentlich keiner Erörterung. Der Einwand fehlender Beweisgrundlagen zu den Schuldsprüchen A.II. und III. ist aktenfremd, weil er die Angaben des Zeugen Andreas Sch***** bei Anzeigeerstattung zur Entfremdung seiner Bankomatkarte und E-Card (S 23) vernachlässigt.

Die Tatsachenrüge (Z 5a) vermag, indem sie das zuletzt genannte Vorbringen der Mängelrüge wiederholt, weiters - grundsätzlich unbeachtlich - die Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Zeugen Andreas Sch*****, Martin R***** und Sabrina S***** sowie der Angeklagten durch die Tatrichter kritisiert und mit der Behauptung einer erst nach Vorlage von Lichtbildern der Angeklagten vor der Polizei erfolgten Täteragnoszierung die Verfahrensergebnisse zu deren Ausforschung aufgrund der Angaben des Zeugen Andreas Sch***** zu den Vornamen der ihm schon als ehemalige Mitschüler bekannten Beschwerdeführer (schon) bei der Anzeigeerstattung (S 5, 23; 27) negiert, auf der Aktengrundlage keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der den Schuldsprüchen zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachen zu wecken.

Die zum Schuldspruch wegen des Vergehens der versuchten Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB (B.) absolute Versuchsuntauglichkeit (§ 15 Abs 3 StGB) reklamierende - nominell verfehlt („vorsichtshalber") auch auf Z 9 lit b gestützte - Rechtsrüge (Z 9 lit a) des Angeklagten Hasaldin Bu***** legt nicht dar, weshalb der bloße Umstand fallbezogen (zwar) bereits erfolgter, jedoch jederzeit - zumal durch die Adressatin, welche dies noch nicht getan hatte - wiederholbarer Anzeigeerstattung eine Deliktsvollendung auch bei generalisierender Betrachtung als geradezu denkunmöglich ausschließen soll (Leukauf/Steininger Komm³ § 15 RN 30, Hager/Massauer in WK² § 15 Rz 70). Sie verfehlt damit ebenso die Ausrichtung am Verfahrensrecht (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 588) wie die von beiden Angeklagten gegen die Schuldsprüche wegen des Vergehens der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs 3 StGB und der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (A.II. und III.) gerichtete (weitere) Rechtsrüge (Z 9 lit a), die nämlich mit der Behauptung unzureichender Feststellungen zur (jeweiligen) objektiven und subjektiven Tatseite die dazu getroffenen Urteilskonstatierungen (US 11 ff) ignoriert. Der Vollständigkeit halber sei festgehalten, dass dem Vorbringen in der Berufung zuwider (der Sache nach Z 11 zweiter Fall) die erschwerende Wertung des Zusammentreffens mehrerer strafbarer Handlungen im Hinblick auf die - dem § 28 Abs 1 StGB zugrunde liegenden Absorptionsprinzip Rechnung tragende - Strafzumessungsbestimmung des § 33 Z 1 StGB nicht gegen das Doppelverwertungsverbot (§ 32 Abs 2 erster Satz StGB) verstößt. Die Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerden bereits bei der nichtöffentlichen Beratung (§ 285d Abs 1 Z 1 StPO) hat die Zuständigkeit des Oberlandesgerichtes Wien zur Entscheidung über die Berufungen zur Folge (§ 285i StPO).

Die Kostenersatzpflicht der Angeklagten gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO).

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