OGH 13Os138/06b

OGH13Os138/06b7.3.2007

Der Oberste Gerichtshof hat am 7. März 2007 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Philipp und Dr. T. Solé, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Mag. Hetlinger und den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Mag. Lendl in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Hinterleitner als Schriftführer in der Strafsache gegen Jürgen B***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengericht vom 23. Juni 2006, GZ 15 Hv 18/06t-38, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Jürgen B***** des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB (I.), des Vergehens der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB (II.), des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB (III.1.) sowie des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (III.2.) schuldig erkannt. Danach hat er Bernadette S*****

I.) am 18. Jänner 2005 in K***** (Slowenien) dadurch, dass er sie in seinem PKW einsperrte, sich auf sie legte, ihre Unterwäsche gewaltsam herunterriss, sie mehrere Male in das Gesicht schlug, seine Finger in ihre Vagina einführte, sie danach an den Haaren riss sowie ihr weitere Ohrfeigen versetzte und sie zwang, ihn oral zu befriedigen, mit Gewalt sowie durch Entziehung der persönlichen Freiheit zur Duldung dem Beischlaf gleichzusetzender geschlechtlicher Handlungen genötigt;

II.) am 18. Jänner 2005 in K***** (Slowenien) durch die Äußerung:

„Wenn du davon (gemeint von der Vergewaltigung) jemand erzählst, komme ich wieder und werde dies öfters machen!" sohin durch gefährliche Drohung, zur Unterlassung der Anzeige genötigt; III.) am 28. Mai 2005 (in V*****)

1.) durch die ihr und ihren Kindern Johannes und Martina S***** gegenüber getätigte Äußerung: „Jetzt werdet ihr sehen, wie eine richtige Vergewaltigung aussieht!" gefährlich bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen;

2.) durch Herausreißen ihres Nasenpiercings, wodurch sie einen minimalen Hauteinriss in der Nase mit kurzer geringer Blutung erlitt, am Körper verletzt.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 5, 5a, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten verfehlt ihr Ziel. Widersprüche zwischen den Feststellungen in den Urteilsgründen (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) und dem Spruch (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) sieht die Beschwerde darin, dass in jenen vom Aufreißen des Bodys und nicht - wie in diesem - vom Herunterreißen der Unterwäsche die Rede sei (Z 5 dritter Fall). Andererseits werde im Urteilsspruch festgestellt, der Angeklagte hätte sich auf Bernadette S***** gelegt, was aber aus der Urteilsbegründung nicht zu entnehmen sei. Damit spricht die Rüge aber keine entscheidenden, also schuld- oder subsumtionsrelevante Tatsachen an (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 443). Soweit das Rechtsmittel weiters meint, die in den Gründen angeführten heftigen, zu Nasenbluten führenden Schläge blieben im Urteilsspruch unerwähnt, übergeht sie den Ausspruch, wonach Jürgen B***** der Bernadette S***** mehrere Male in das Gesicht schlug und ihr auch weitere Ohrfeigen versetzte (US 2). Der Ausspruch nach § 260 Abs 1 Z 1 ist im Übrigen auch unter dem Aspekt der Z 3 unbedenklich, weil er in dem für die Subsumtion entscheidenden Umfang den als erwiesen angenommenen Tatsachen der Entscheidungsgründe entspricht (WK-StPO § 281 Rz 272).

Auch zwischen dem Ausspruch, Bernadette S***** habe durch Herausreißen ihres Nasenpiercings einen minimalen Hauteinriss in der Nase mit kurzer geringer Blutung erlitten, und der Konstatierung, die beschriebene Handlung habe zu einer Hautverletzung an der Innenseite der Nase verbunden mit einer Blutung und einer Schwellung, geführt, besteht kein innerer Widerspruch.

Worin schließlich der Widerspruch in der Aussage, der Angeklagte habe Bernadette S***** im Schlafzimmer auf das Bett geworfen und ihren in der Küche befindlichen Kindern etwas zugerufen, liegen soll, vermag die Beschwerde nicht darzutun.

Entgegen der Rüge überging das Erstgericht die „zahlreichen der Aussage der Zeugin S***** anhaftenden Widersprüche" nicht mit Stillschweigen. Vielmehr setzten sich die Tatrichter mit den Divergenzen ausdrücklich auseinander (US 15), sprachen diesen, bloß Details des Geschehens betreffenden Widersprüchlichkeiten aber sogar glaubwürdigkeitserhöhende Wirkung zu. Die als übergangen reklamierte Aussage des Zeugen Johannes S*****, der Angeklagte habe bloß versucht, das Nasenpiercing herauszuziehen, was ihm nicht gelungen sei, betrifft keine für die Schuld- oder Subsumtionsfrage relevante Tatsache und findet sich in dieser, den Erfolg der Handlung bestreitenden Eindeutigkeit nicht im Akt (S 171, 332). Eine Unvollständigkeit des Urteils liegt daher nicht vor. Aktenwidrigkeit ist nur gegeben, wenn das Urteil den eine entscheidende Tatsache betreffenden Inhalt einer Aussage oder Urkunde in seinen wesentlichen Teilen unrichtig oder unvollständig wiedergibt (WK-StPO § 281 Rz 467). Mit der Behauptung, für die Feststellungen zur subjektiven Tatseite lägen keinerlei Beweisergebnisse vor, wird eine Aktenwidrigkeit somit nicht aufgezeigt, sondern lediglich die Beweiswürdigung der Tatrichter einer Kritik unterzogen. Die Tatsachenrüge (Z 5a) wiederholt das zu Z 5 erstattete Vorbringen und verweist darauf, dass Bernadette S***** sich nach ihren eigenen Schilderungen nicht gegen Übergriffe gewehrt habe, und dass sie es nach dem Vorfall vom 18. Jänner 2005 unterlassen habe, einen Arzt aufzusuchen bzw Anzeige zu erstatten, vielmehr die Beziehung zum Angeklagten fortgesetzt habe. Sie behauptet weiters pauschal, dass ungeklärt gebliebene Umstände zu Lasten des Angeklagten gewertet worden wären. Damit gelingt es der Beschwerde nicht, erhebliche Bedenken des Obersten Gerichtshofes gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachen zu erwecken, zumal die Tatrichter das Verhalten der Zeugin S***** nach den Geschehnissen vom 18. Jänner 2005 einer ausführlichen Würdigung unterzogen haben (US 13 ff). Soweit die Rüge schließlich meint, dass Erstgericht hätte den Sachverständigen mit einzelnen Aussagen des Zeugen Johannes S***** konfrontieren müssen, macht sie nicht deutlich, wodurch der anwaltlich vertretene Angeklagte an der Ausübung seines Rechtes, die Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung sachgerecht zu beantragen, gehindert war (WK-StPO § 281 Rz 480). Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) vermisst Feststellungen zu schwerer Gewalt und Drohung mit gegenwärtiger schwerer Gefahr für Leib oder Leben, geht dabei aber nicht von der (auch zum Tatzeitpunkt) geltenden Gesetzeslage aus, wonach als Nötigungsmittel iSd § 201 Abs 1 StGB Gewalt, Entziehung der persönlichen Freiheit oder Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben ausreichen. Auf diese Rechtslage ist auch die Subsumtionsrüge (Z 10) zu verweisen. Zum Schuldspruch nach § 105 Abs 1 StGB (II.) reklamiert der Nichtigkeitswerber Feststellungen, wann und in welchem Zusammenhang die inkriminierte Äußerung gefallen sei, und ob Brigitte S***** den Vorfall auch ohne diese Äußerung angezeigt hätte. Dabei zeigt er nicht auf, warum diese Feststellungen zur rechtlichen Beurteilung der Tat erforderlich gewesen wären. Die Ernstlichkeit der Drohung haben die Tatrichter eindeutig konstatiert (US 8 erster Abs). Das Vorbringen zum Schuldspruch nach § 107 Abs 1 StGB (III.1.), es fehle an Feststellungen um die Absicht des Angeklagten zu beurteilen, übergeht genau diese Urteilsannahmen, wonach der Angeklagte beabsichtigte, die Adressatin seiner Äußerung in Furcht und Unruhe zu versetzen (US 13).

Der Einwand zum Schuldspruch nach § 83 Abs 1 StGB (III.2.), ein minimaler Hauteinriss in Verbindung mit kurzfristigem Nasenbluten stelle keine Körperverletzung dar, geht nicht vom festgestellten Sachverhalt aus, wonach Brigitte S***** eine Hautverletzung an der Innenseite der Nase an der Nasenschleimhaut mit einer geringen Schwellung erlitt, die zu einem einige Minuten dauernden Nasenbluten und zwei bis drei Tagen Schmerzen im Bereich der linken Nasenseite führten (US 9). Weshalb dies keine Körperverletzung sein sollte, legt die Beschwerde nicht dar.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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