OGH 1Ob39/07b

OGH1Ob39/07b27.2.2007

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Univ. Doz. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau, Dr. E. Solé und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Friedrich H*****, vertreten durch Dr. Reinhard Tögl Rechtsanwaltgesellschaft mbH in Graz, gegen die beklagte Partei „E*****" *****genossenschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Franz Unterasinger, Rechtsanwalt in Graz, wegen EUR 1,047.042,85 sA, infolge Rekurses und außerordentlicher Revision der beklagten Partei (Revisionsinteresse EUR 463.516,97) gegen den Aufhebungsbeschluss und das Teilurteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 5. Oktober 2006, GZ 4 R 137/06h-175, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

  1. 1. Der Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluss wird zurückgewiesen.
  2. 2. Die außerordentliche Revision wird mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Zu 1: Soweit die Beklagte in ihrem als „außerordentliche Revision" bezeichneten Rechtsmittel den Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts bekämpft, übersieht sie, dass insoweit nur ein Rekurs in Betracht kommt, der allerdings dann absolut unzulässig ist, wenn ihn das Berufungsgericht nicht für zulässig erklärt hat (RIS-Justiz RS0043854).

Zu 2: a) Die Revisionswerberin übersieht im Zusammenhang mit ihrem Vorwurf, das Berufungsgericht hätte das Verhalten des Klägers zu Unrecht nicht als Mitverschulden iSd § 1304 ABGB qualifiziert, dass auch sorgloses Verhalten des Geschädigten nur dann zu einer Schadensteilung führen kann, wenn das allenfalls gebotene sorgfältigere Verhalten im konkreten Fall geeignet gewesen wäre, den Schaden zu verhindern bzw - durch Beobachten der Schadensminderungspflicht - zu verringern.

Abgesehen davon, dass die Revisionswerberin in diesem Zusammenhang wesentliche Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen negiert, geht die Berufung auf eine Minderung der Schadenersatzpflicht wegen eines dem Kläger vorzuwerfenden Mitverschuldens schon deshalb weitgehend ins Leere, weil die Beklagte nicht einmal behauptet, sie wäre bei früherer oder intensiverer Information über die bevorstehende Zwangsversteigerung bereit und in der Lage gewesen, eine Schädigung des Klägers, etwa durch Erfüllung ihrer Zahlungsverpflichtung aus dem Kaufvertrag, zu verhindern. Vielmehr steht sie auch noch in der Revision auf dem Standpunkt, das Zwangsversteigerungsverfahren habe sich außerhalb ihrer Sphäre abgespielt und sie hätte auch keinen Einfluss bezüglich einer Schadensbegrenzung nehmen können. Entsprechendes gilt für die Erörterungen dazu, dass es der Kläger unterlassen habe, die das Zwangsversteigerungsverfahren betreibende Bank von der Existenz des Kaufvertrags mit der Beklagten und der darüber bereits ergangenen erstinstanzlichen Entscheidung Mitteilung zu machen. Die damit verbundene Behauptung, der damalige Direktor habe es „nicht ausgeschlossen", dass er „entsprechende Maßnahmen" gesetzt hätte, lässt in keiner Weise erkennen, inwieweit die angesprochenen Informationen durch den Kläger die Zwangsversteigerung verhindert hätten.

Zutreffend hat das Berufungsgericht auch darauf hingewiesen, dass der Kläger nicht gehalten war, im Zwangsversteigerungsverfahren aussichtslose oder gar mutwillige Maßnahmen zu ergreifen, auch wenn dadurch allenfalls die Zwangsversteigerung zeitlich verschoben worden wäre. Die Revisionswerberin behauptet auch gar nicht, sie hätte ohnehin wenig später den Kaufpreis bezahlt und damit die Verbindlichkeiten des Klägers bei der betreibenden Bank beglichen. Auf die Rechtsauffassung, der Kläger wäre ohne Rücksicht auf die Erfolgsaussichten gehalten gewesen, die Aufschiebung, Aussetzung oder Unterbrechung der Zwangsversteigerung zu beantragen, muss schon deshalb nicht eingegangen werden. Unverständlich ist auch die noch im Revisionsverfahren aufrecht erhaltene Meinung, der Kläger hätte Verkaufsverhandlungen mit einem früheren Interessenten ohne Rücksicht darauf, dass er bereits durch einen Kaufvertrag mit der Beklagten gebunden war, wieder aufnehmen müssen.

Angesichts der Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen stellen sich die in der Revision erörterten Fragen zum Beweismaß nicht.

b) Zur Frage des Adäquanzzusammenhangs zwischen dem vertragswidrigen Verhalten der Beklagten und dem dem Kläger durch die Zwangsversteigerung entstandenen Schaden weist die Revisionswerberin zutreffend auf die Rechtsprechung hin, dass der Schädiger grundsätzlich für alle Folgen eines schuldhaften Verhaltens, mit denen in abstracto gerechnet werden kann, haftet, wobei die Haftung nur für solche Schäden nicht besteht, die durch eine ganz außergewöhnliche Verkettung von Umständen eingetreten sind, somit ganz atypische Folgen des schuldhaften Handelns bilden. Von einem derart atypischen Schaden kann im vorliegenden Fall in keiner Weise gesprochen werden. Jeder Verzug mit der Verpflichtung zur Zahlung erheblicher Geldsummen bewirkt durchaus typischerweise eine Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit des Gläubigers, was ohne weiteres auch zu einem zwangsweisen Zugriff auf sein Vermögen führen kann. Im vorliegenden Fall kommt noch dazu, dass den Vertretern der Beklagten von vornherein klar war, dass der Grund für die Veräußerung von Liegenschaftsanteilen an sie wirtschaftliche Schwierigkeiten des Klägers waren.

c) Unverständlich sind die Revisionsausführungen zur behaupteten Widersprüchlichkeit der Entscheidung des Berufungsgerichts im Zusammenhang mit dem (seinerzeitigen) Verkehrswert der dem Kläger durch die Zwangsversteigerung entzogenen Liegenschaft. Warum es ausgeschlossen sein sollte, dass sich aus einem Sachverständigengutachten lediglich ein Mindestwert ergibt, ist nicht nachvollziehbar. Die Revisionswerberin übersieht aber offenbar vor allem, dass das Berufungsgericht den (Teil-)Betrag von S 5,668.992 als (Mindest-)Schadenersatz mit der Begründung zuerkannt hat, dass die Beklagte nicht bestritten habe, dass dem Kläger ein Schaden in zumindest dieser Höhe entstanden sei. Dass das Berufungsgericht zu Unrecht von einem solchen Zugeständnis ausgegangen wäre, behauptet die Revisionswerberin gar nicht.

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte