OGH 8Ob149/06d

OGH8Ob149/06d31.1.2007

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Kuras und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Lovrek und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. Dr. Jacqueline H*, vertreten durch Göbel & Groh, Rechtsanwälte GmbH in Wien, wider die beklagte Partei Dr. Dirk H*, als Insolvenzverwalter im Konkurs der G* GmbH *, vertreten durch Wiedenbauer Mutz Winkler Pramberger Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 22.010,60 EUR sA (Revisions- und Rekursinteresse 20.010,60 EUR sA) über die Revision der Klägerin und die als Rekurs aufzufassende „Revision" der Klägerin gegen das Teilurteil und den Aufhebungsbeschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 14. Juli 2006, GZ 3 R 13/06p‑53, womit über Berufung des Beklagten das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 27. September 2005, GZ 26 Cg 27/03y‑42, teilweise bestätigt, teilweise abgeändert und teilweise aufgehoben wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2007:E83404

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Die Revision und der Rekurs werden zurückgewiesen.

Die Klägerin ist schuldig, dem Beklagten die mit 1.126,62 EUR bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin enthalten 187,77 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

 

Begründung:

 

Über die G* GmbH * (in der Folge immer: Gemeinschuldnerin) wurde mit Beschluss des Amtsgerichtes Chemnitz vom 12. 2. 2002 das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Beklagte wurde zum Insolvenzverwalter bestellt.

Die Klägerin als 50 %ige Gesellschafterin der Gemeinschuldnerin meldete im Konkursverfahren aus einem der Gemeinschuldnerin am 15. 4. 1997 gewährten Darlehen eine Konkursforderung von 22.010,60 EUR an und begehrte die abgesonderte Befriedigung aus ihr sicherungsweise übereigneten Sachen sowie aus sicherungsweise zedierten Frachtforderungen. Der Beklagte bestritt beim Forderungsprüfungstermin die Forderung einschließlich der geltend gemachten Absonderungsrechte.

Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass ihre Forderung gegen die Gemeinschuldnerin auf Zahlung des Betrages von 22.010,60 EUR sA zu Recht bestehe und dass der Beklagte schuldig zu erkennen sei, die festgestellte Forderung abgesondert und bevorzugt aus den Realisaten der Verwertung der Containerchassis (Sattelaufleger zur Aufnahme von Containern) mit den Kennzeichen C‑JE 248, 359 und C‑JM 723 und C‑JL 260 und aus den Realisaten der Verwertung des Inventars der Betriebsliegenschaft der Gemeinschuldnerin sowie sämtlicher, jeweils aus dem Titel Frachtlohn bestehender und per 19. 4. 1997 künftiger Forderungen der Gemeinschuldnerin gegen bestimmte Kunden zu befriedigen.

Der Beklagte wendet ein, bei dem gewährten Darlehen handle es sich um ein eigenkapitalersetzendes Gesellschafterdarlehen. Im Übrigen sei die Sicherungsübereignung der Containerchassis nicht wirksam, weil die vorgesehene Übergabe durch Ausfolgung der Fahrzeugpapiere zur Eigentumsübertragung nicht ausreichend sei. Auch hinsichtlich der Sicherungszessionen sei kein wirksamer Modus gesetzt worden.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren zur Gänze statt.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten teilweise Folge. Es bestätigte die Feststellung, dass die Forderung der Klägerin auf Zahlung von 20.010,60 EUR (die Nichtentscheidung des Erstgerichtes über den Differenzbetrag zum ursprünglich geltend gemachten Betrag von 22.010,60 EUR blieb von der Klägerin ungerügt) als Konkursforderung zu Recht bestehe ebenso wie die vom Erstgericht ausgesprochene Verpflichtung des Beklagten, diese Forderung der Klägerin aus den Realisaten des Inventars der Betriebsliegenschaft abgesondert und bevorzugt zu befriedigen. Hinsichtlich der Geltendmachung von Absonderungsrechten an sicherungsweise zedierten Forderungen gab das Berufungsgericht der Berufung des Beklagten Folge und änderte das Klagebegehren in diesem Umfang im Sinne einer Klageabweisung ab. Im Übrigen (hinsichtlich der Geltendmachung von Absonderungsrechten an den vier Containerchassis) hob das Berufungsgericht das angefochtene Urteil auf und verwies die Rechtssache in diesem Umfang zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht. Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes 20.000 EUR übersteige und dass die ordentliche Revision gegen das Teilurteil zulässig sei. Einen Ausspruch, dass der Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluss zulässig sei, setzte das Berufungsgericht nicht. Die ordentliche Revision gegen das Teilurteil erachtete das Berufungsgericht deshalb als zulässig, weil gesicherte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage, ob eine getroffene Rechtswahl bei der Sicherungsübereignung auch für das Publizitätserfordernis maßgeblich sei, nicht vorliege.

Rechtlich ging das Berufungsgericht davon aus, dass der Beklagte seiner Behauptungslast hinsichtlich des angeblich eigenkapitalersetzenden Charakters des von der Klägerin gewährten Darlehens nicht nachgekommen sei. Die von der Klägerin im Insolvenzverfahren angemeldete Darlehensforderung bestehe daher als Konkursforderung zu Recht. Hinsichtlich des Liegenschaftsinventars bestehe ein Absonderungsrecht der Klägerin, weil insofern trotz der Rechtswahl der Parteien im Darlehensvertrag (die die Anwendung österreichischen Rechts vereinbarten) für die Frage der sachenrechtlichen Wirksamkeit der Sicherungsübereignung deutsches Recht anzuwenden sei und nach deutschem Recht ein publizitätswirksamer Modus für das Liegenschaftsinventar nicht erforderlich sei. Es reiche vielmehr die Übergabe durch Besitzkonstitut aus.

Hinsichtlich des von der Klägerin behaupteten Absonderungsrechtes an den Containerchassis sei das Verfahren ergänzungsbedürftig, weil noch zu klären sei, ob sich die Containerchassis überhaupt in der Konkursmasse und im Besitz des Beklagten befänden.

Ein Absonderungsrecht an den zedierten Frachtforderungen bestehe hingegen nicht zu Recht: Um beurteilen zu können, ob Absonderungsrechte der Klägerin an Frachtforderungen bestünden, bedürfte es eines ergänzenden Vorbringens der Klägerin, welche Forderungen überhaupt entstanden seien. Erst danach könnte geprüft werden, ob diese Forderungen durch schuldbefreiende Zahlungen der Drittschuldner vor der Verständigung von der Zession (wie vom Beklagten behauptet) getilgt worden seien. In der mündlichen Berufungsverhandlung sei diese Frage erörtert worden. Zu einer entsprechenden Konkretisierung ihres Vorbringens habe sich die Klägerin nicht in der Lage gesehen. Da somit das Vorbringen der Klägerin hinsichtlich der Geltendmachung von Absonderungsrechten an Frachtforderungen mangels hinreichender Konkretisierung unschlüssig geblieben sei, sei das Ersturteil in diesem Umfang im Sinne einer Klageabweisung abzuändern.

Gegen das klageabweisende Teilurteil des Berufungsgericht und erkennbar gegen den vom Berufungsgericht gefassten Aufhebungsbeschluss wendet sich die „Revision" der Klägerin.

Die Revision und der in der Revision enthaltene Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichtes sind unzulässig.

 

Rechtliche Beurteilung

Zum Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluss:

Nach § 519 Abs 1 Z 2 ZPO ist gegen einen Beschluss der zweiten Instanz, mit dem ein erstinstanzliches Urteil aufgehoben und dem Erstgericht eine neuerliche, nach Ergänzung des Verfahrens zu fällende Entscheidung aufgetragen wurde, der Rekurs nur zulässig, wenn das Berufungsgericht das ausgesprochen hat (RIS‑Justiz RS0043898). Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn das Berufungsgericht mit seiner Entscheidung einen Teil des erstgerichtlichen Urteil bestätigt, einen anderen Teil dieser Entscheidung aber aufhebt und die Rechtssache im letzteren Umfang an das Erstgericht zurückverweist (RIS‑Justiz RS0043854).

Ein Ausspruch, dass der Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluss zulässig ist, ist hier nicht erfolgt. Der in der Revision der Klägerin enthaltene Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluss ist daher als jedenfalls unzulässig zurückzuweisen.

Zur Revision:

Die Anfechtung der berufungsgerichtlichen Entscheidung ist nur möglich, wenn das Rechtsmittel die unrichtige Lösung einer im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO erheblichen Rechtsfrage geltend macht. Selbst wenn das Gericht zweiter Instanz zu Recht ausgesprochen hat, dass die Revision zulässig sei, der Rechtsmittelwerber dann aber nur solche Gründe geltend macht, deren Erledigung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage abhängt, ist die Revision trotz des Ausspruchs der Zulässigkeit durch das Gericht zweiter Instanz zurückzuweisen (RIS‑Justiz RS0048272; zuletzt 8 Ob 145/06s).

Das ist hier der Fall: Die vom Berufungsgericht als erheblich bezeichnete Rechtsfrage wird von der Klägerin nicht releviert. Vielmehr nennt die Klägerin in ihrer Revision überhaupt keine erhebliche Rechtsfrage: Sie meint lediglich, dass die Auffassung des Berufungsgerichtes, sie habe nicht ausreichend konkretisiert, an welchen Frachtforderungen Absonderungsrechte bestünden, unzutreffend sei und dass jedenfalls das Erstgericht die Klägerin zu einem präzisierenden Vorbringen hätte anleiten müssen. Dabei übersieht allerdings die Klägerin, dass das Berufungsgericht anlässlich der Berufungsverhandlung diese Frage ausdrücklich mit der Klägerin erörtert hat und die Klägerin trotz eines entsprechenden Auftrages des Berufungsgerichtes nicht in der Lage war, die behaupteten Absonderungsrechte an Frachtforderungen zu konkretisieren (vgl Protokoll der mündlichen Berufungsverhandlung vom 13. 7. 2006 S 1 in ON 52).

Die Revision der Klägerin gegen das klageabweisende Teilurteil des Berufungsgerichtes war daher mangels Geltendmachung einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen.

Der Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen. Die Kosten der Revisionsbeantwortung sind ihm daher zuzusprechen, allerdings nur auf Basis der Bemessungsgrundlage von 20.010,60 EUR.

 

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