OGH 15Os140/06m

OGH15Os140/06m22.1.2007

Der Oberste Gerichtshof hat am 22. Jänner 2007 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker als Vorsitzende sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Danek, Hon. Prof. Dr. Kirchbacher, Dr. T. Solé und Mag. Lendl als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Brandstetter als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Mileta B***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3, 148 zweiter Fall StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Zoran M***** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 15. Mai 2006, GZ 021 Hv 41/06k-119, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Zoran M***** wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auch in Rechtskraft erwachsene Schuld- und Freisprüche weiterer Angeklagter enthaltenden Urteil wurde der am 21. November 1970 geborene Zoran M***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3, 148 zweiter Fall StGB (A) und des Vergehens der Bandenbildung nach § 278 Abs 1 StGB idF BGBl I 2000/34 (B) schuldig erkannt. Danach hat er

A./ im bewussten und gewollten Zusammenwirken und in wechselnder Verbindung mit anderen Mitangeklagten von Sommer 2001 bis September 2002 in Wien mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Getäuschten sich oder einen anderen unrechtmäßig zu bereichern, und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung schwerer Betrugshandlungen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, durch Täuschung über Tatsachen, teilweise unter Verwendung falscher Urkunden, und zwar der Vorspiegelung, umfassend belehrte dauerhaft prämienzahlungswillige und -fähige Kunden für Lebens- und Unfallversicherungen vermittelt zu haben, in 58 Fällen Verantwortliche der im Spruch genannten Versicherungsgesellschaften und Versicherungsvermittlungsgesellschaften zu Handlungen, nämlich zur Auszahlung von Abschlussprovisionen verleitet, die diese aufgrund Kündigung oder Stornierung der Verträge noch im ersten Kalenderjahr und nicht erfolgter Provisionsrückzahlungen mit einem Betrag von insgesamt 75.763,34 Euro am Vermögen schädigten;

B./ sich ab dem Sommer 2001 in Wien mit Mileta B*****, Zivorad M***** und Goran V***** mit dem Vorsatz verbunden, dass von einem oder mehreren Mitgliedern dieser Verbindung fortgesetzt nicht nur geringfügige, nämlich die unter A./ genannten Betrügereien ausgeführt werden.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen dieses Urteil aus Z 5, 5a, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde verfehlt ihr Ziel. Entgegen dem Beschwerdevorbringen (Z 5) wurden die Annahmen zur Bandenbildung mit dem Verweis auf eine lebensnahe Betrachtung nicht offenbar unzureichend begründet, sondern überdies auch auf die Vielzahl der Tathandlungen und die arbeitsteilige Zusammenarbeit über einen längeren Zeitraum gegründet (US 18). Gleiches gilt für die Feststellungen zum modus operandi, die von den Tatrichtern - dem Gebot zur gedrängten Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) folgend - auf die sichergestellten Versicherungsvertragsformulare im Zusammenhalt mit den Angaben der jeweiligen Versicherungsnehmer, die Aussage des Mitangeklagten Goran V***** sowie auf die Depositionen der Vertreter der geschädigten Unternehmen gestützt wurden.

Die Feststellungen zur subjektiven Tatseite des - sich im Übrigen teilweise schuldig bekennenden (S 355/VII) - Angeklagten durfte das Erstgericht ohne Vorwurf der Scheinbegründung aus dem objektiven Tatgeschehen ableiten, weil der Schluss von einem gezeigten Verhalten auf ein zugrundeliegendes Wollen oder Wissen zulässig und ohne weiteres rechtsstaatlich vertretbar ist (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 452). Die Gewerbsmäßigkeit wurde zudem auch noch mit der wirtschaftlichen Situation der Angeklagten und der vielfachen Tatwiederholung begründet (US 18 vorletzter Abs).

Als undeutlich kritisiert die Beschwerde die Feststellung, wonach die Angeklagten die bei der N***** AG lukrierten Prämien zum Teil unter sich aufteilten (US 16), weil daraus nicht klar werde, welche Prämien zu welchen Teilen aufgeteilt wurden und welche Anteile der Nichtigkeitswerber erhalten hätte. Im Hinblick auf die festgestellte Mittäterschaft (§ 12 erster Fall StGB) von Mileta B*****, Zoran M*****, Zivorad M***** und Goran V***** (US 3 und 15 vierter Abs) betrifft das Aufteilungsverhältnis aber keine entscheidende Tatsache. Mit dem Hinweis darauf, dass die N***** AG in einem gegen den Beschwerdeführer angestrengten Zivilprozess ewiges Ruhen vereinbart und auf die Geltendmachung von Forderungen verzichtet habe, vermag die Tatsachenrüge (Z 5a) keine erheblichen Bedenken des Obersten Gerichtshofs gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen zu erwecken, zumal sich aus dem Prozessverhalten in einem zivilgerichtlichen Verfahren keine zwingenden Rückschlüsse auf den Eintritt einer strafrechtlich relevanten Vermögensschädigung ziehen lassen.

Das Vorbringen der Rechtsrüge (Z 9 lit a), das Urteil enthalte keine Feststellungen darüber, worin die Täuschungshandlung gelegen sei, übergeht die erstgerichtliche Annahme, wonach sämtliche Angeklagte, somit auch der Beschwerdeführer, den Verantwortlichen der Versicherungsgesellschaften vorspiegelten, die Prämienzahlungen würden in Hinkunft von zahlungsfähigen und -willigen Versicherungsnehmern ordnungsgemäß über einen längeren Zeitraum geleistet werden (US 17).

Das Argument, es läge kein Bereicherungsvorsatz vor, weil ein Anspruch auf die Provisionszahlungen bestand, geht nicht von der Gesamtheit der Feststellungen aus. Danach wusste der Angeklagte, dass die Verträge storniert werden würden, und wollte sich daher durch das Einbehalten der Provisionen unrechtmäßig bereichern (US 17). Soweit der Nichtigkeitswerber Feststellungen zur Frage vermisst, ob er wusste, dass er die bezogenen Provisionen im Falle der Stornierungen nicht zurückzahlen können werde, legt er nicht dar, aufgrund welcher Verfahrensergebnisse solche Konstatierungen indiziert gewesen wären. Zum Schuldspruchfaktum B reklamiert der Angeklagte Feststellungen zu dem auf Bandenbildung gerichteten Vorsatz, übergeht dabei aber die - auch hinsichtlich des Beginns - unmissverständlichen Konstatierungen der Tatrichter (US 15).

Der Einwand der Subsumtionsrüge (Z 10), für die Annahme eines gewerbsmäßigen schweren Betruges müsse jede einzelne Handlung für sich alleine einen schweren Betrug nach § 147 Abs 3 StGB darstellen, übersieht, dass dem Angeklagten die gewerbsmäßige Begehung von durch Benützung einer falschen Urkunde qualifizierten Betrugshandlungen (§ 147 Abs 1 Z 1 erster Fall StGB) zur Last gelegt wird, und ist im Übrigen unzutreffend (Kirchbacher/Presslauer in WK2 § 148 Rz 6). Der erforderliche, auf wiederkehrende Begehung qualifizierter Betrugshandlungen gerichtete Vorsatz wurde der Beschwerde zuwider auch konstatiert (US 17).

Die Feststellung der subjektiven Tatseite - hier der Gewerbsmäßigkeit - durch Verwendung der verba legalia beeinträchtigt deren Wirksamkeit grundsätzlich nicht, sofern - wie vorliegend durch Verweis auf den Tatzeitraum von rund einem Jahr, die Vielzahl der Tathandlungen und die wirtschaftlichen Gegebenheiten des Angeklagten - ein Sachverhaltsbezug hergestellt wird (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 8). Soweit die Beschwerde schließlich vorbringt, der Vorsatz müsse von Anfang an auf die Gewerbsmäßigkeit der Handlungen abzielen, geht sie nicht von der Gesamtheit der in den Entscheidungsgründen getroffenen Feststellungen aus, die einen auf Gewerbsmäßigkeit gerichteten Vorsatz spätestens im September 2001 (US 15) bzw von Anfang an (US 17) konstatieren.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Gerichtshofes zweiter Instanz für die Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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