OGH 10Ob80/06x

OGH10Ob80/06x16.1.2007

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Hon. Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj. Harald D*****, geboren am 9. Februar 1989, vertreten durch den Magistrat der Stadt Wien, Amt für Jugend und Familie - Rechtsfürsorge, 1100 Wien, Van der Nüll-Gasse 20, infolge „außerordentlichen" Revisionsrekurses des Vaters Heinrich M*****, vertreten durch Dr. Romana Zeh-Gindl, Rechtsanwältin in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 4. Juli 2006, GZ 44 R 279/06i-U17, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 4. April 2006, GZ 84 P 16/05d-U8, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Der Vater war aufgrund einer Vereinbarung vom 9. 4. 2004 (ON 120) zuletzt zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von EUR 317 für den Minderjährigen verpflichtet.

Mit Schriftsatz vom 16. 1. 2006 beantragte der Vater, ihn rückwirkend ab dem 1. 9. 2005 gänzlich von seiner Unterhaltspflicht zu entheben und die Kompensation seiner Unterhaltsüberzahlungen von EUR 1.750 mit einem rechtskräftig zuerkannten Sonderbedarf des Minderjährigen von EUR 1.606 zu genehmigen.

Das Erstgericht setzte die Unterhaltsverpflichtung des Vaters für den Minderjährigen auf EUR 140 monatlich ab 1. 9. 2005 herab und wies das darüber hinausgehende Herabsetzungsbegehren des Vaters ebenso ab wie seinen Antrag auf Kompensation der behaupteten Unterhaltsüberzahlungen mit dem zuerkannten Sonderbedarf. Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Vaters keine Folge und änderte in teilweiser Stattgebung des Rekurses des Minderjährigen die Entscheidung des Erstgerichtes dahin ab, dass es die Unterhaltspflicht des Vaters für die Zeit vom 1. 9. 2005 bis 31. 12. 2005 auf EUR 152 monatlich und ab dem 1. 1. 2006 auf EUR 167 monatlich herabsetzte und das darüber hinausgehende Mehrbegehren des Vaters auf gänzliche Unterhaltsenthebung abwies. Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Das Erstgericht legte den vom Vater gegen diesen Beschluss des Rekursgerichtes erhobenen „außerordentlichen" Revisionsrekurs unmittelbar dem Obersten Gerichtshof vor. Diese Vorgangsweise widerspricht der auch nach dem Inkrafttreten des neuen AußStrG 2005 (BGBl I 2003/111) geltenden Rechtslage. Nach § 62 Abs 3 AußStrG 2005 ist der Revisionsrekurs außer im Fall des § 63 Abs 3 - also nach einer entsprechenden Zulassung durch das Rekursgericht - jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert insgesamt EUR 20.000 nicht übersteigt und das Rekursgericht den ordentlichen Revisionsrekurs nicht für zulässig erklärt hat (§ 59 Abs 1 Z 2 AußStrG 2005). Unter diesen Voraussetzungen kann eine Partei gemäß § 63 Abs 1 und 2 AußStrG einen - binnen 14 Tagen nach der Zustellung der Entscheidung des Rekursgerichtes - beim Erstgericht einzubringenden Antrag an das Rekursgericht stellen (Zulassungsvorstellung), den Ausspruch dahin abzuändern, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde; die Zulassungsvorstellung, die mit der Ausführung des ordentlichen Revisionsrekurses zu verbinden ist, muss hinreichend erkennen lassen, warum der ordentliche Revisionsrekurs - entgegen dem Ausspruch des Rekursgerichtes - für zulässig erachtet wird.

Im vorliegenden Fall übersteigt der Gegenstand, über den das Rekursgericht entschieden hat, nicht EUR 20.000. Unterhaltsansprüche sind gemäß § 58 Abs 1 JN mit der 3-fachen Jahresleistung zu bewerten. Wird eine Erhöhung oder eine Herabsetzung beantragt, so bildet der 3-fache Jahresbetrag der begehrten Erhöhung oder Herabsetzung den Streitgegenstand (6 Ob 142/06k mwN uva). Ausgehend von der zuletzt vereinbarten Unterhaltsleistung von EUR 317 monatlich und der vom Vater begehrten gänzlichen Enthebung von seiner Unterhaltspflicht (EUR 317 x 36 = EUR 11.412) ergibt sich, dass selbst unter Berücksichtigung der vom Vater angestrebten Kompensation seiner behaupteten Unterhaltsüberzahlungen von EUR 1.750 mit dem dem Minderjährigen zuerkannten Sonderbedarf von EUR 1.606 der Wert des Entscheidungsgegenstandes den Betrag von EUR 20.000 nicht überschreitet.

Das Rechtsmittel des Vaters war daher dem Obersten Gerichtshof nicht vorzulegen, weil im Streitwertbereich des § 63 AußStrG Rechtsmittel gegen Entscheidungen, gegen die nach dem Ausspruch des § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig ist, dem Gericht zweiter Instanz sofort vorzulegen sind (§ 69 Abs 3 AußStrG). Dies gilt auch, wenn das Rechtsmittel als „außerordentliches" bezeichnet wird und direkt an den Obersten Gerichtshof gerichtet ist (6 Ob 142/06k mwN).

Das Erstgericht wird daher den Revisionsrekurs des Vaters dem Rekursgericht vorzulegen haben. Ob der darin gestellte Antrag, der Oberste Gerichtshof möge den Revisionsrekurs als zulässig annehmen, den Erfordernissen des § 63 Abs 1 AußStrG entspricht oder ob er einer Verbesserung bedarf, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten (6 Ob 142/06k mwN).

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte