OGH 3Ob276/06v

OGH3Ob276/06v21.12.2006

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Dr. Prückner, Hon. Prof. Dr. Sailer und Dr. Jensik als weitere Richter in der außerstreitigen Rechtssache der Erlegerin Barbara E*****, wider die Erlagsgegner 1. Verlassenschaft nach Gerhard H*****, verstorben am 20. August 1993, vertreten durch den Verlassenschaftskurator Dr. Günther Sulan, Rechtsanwalt in Wien, 2. Mag. Heidemarie B*****, beide vertreten durch Dr. Ernst Gruber, Rechtsanwalt in Wien, 3. Leopold J*****, vertreten durch Heller-Pitzal-Pitzal Rechtsanwälte KEG in Wien, 4. Z*****gesellschaft mbH Nfg. KG, *****, vertreten durch Dr. Wolfgang Pitzal, Rechtsanwalt in Wien, und 5. H***** KEG, *****, wegen 13.863,78 EUR, infolge Revisionsrekurses der Erst- und Zweiterlagsgegnerinnen gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 4. Oktober 2006, GZ 42 R 312/06b-88, womit u.a. der Beschluss des Bezirksgerichts Döbling vom 30. März 2006, GZ 10 Nc 47/99b-79, abgeändert wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung

Die Erlegerin hinterlegte beim Verwahrschaftsgericht Mietzinse im Gesamtausmaß von 13.863,78 EUR.

Ein Gerichtshof erster Instanz bewilligte der Zweiterlagsgegnerin zur Sicherung einer Forderung von 348.458 EUR s.A. gegen den Dritterlagsgegner u.a. die Forderungsexekution durch Pfändung von Forderungen desselben gegen das zuständige Oberlandesgericht, „Verwahrungsabteilung".

Das Verwahrschaftsgericht wies diese Abteilung gemäß § 310 Geo an, die betreffende Exekution zur Sicherstellung vorzumerken. Das Gericht zweiter Instanz hob diesen Beschluss infolge Rekurses des Dritterlagsgegners und der Fünfterlagsgegnerin ersatzlos auf und ließ den (ordentlichen) Revisionsrekurs nicht zu.

Den dagegen gerichteten Revisionsrekurs der Erst- und Zweiterlagsgegner legte das Erstgericht dem Obersten Gerichtshof direkt zur Entscheidung vor.

Rechtliche Beurteilung

Die Entscheidung zweiter Instanz betraf eine die gesamte Hinterlegungsmasse betreffende Verfügung des Verwahrschaftsgerichts nach § 310 iVm § 309 Geo (im IV. Hauptstück Gerichtserlagswesen), also wohl eine im außerstreitigen Erlagsverfahren (vgl dazu Reischauer in Rummel³ § 1425 ABGB Rz 15 mwN) ergangene Anordnung im Zusammenhang mit der Verwahrung selbst; davon ging auch das Rekursgericht aus. Keinesfalls liegt eine und Entscheidung im Exekutionsverfahren vor, ist doch das Erstgericht nicht als solches eingeschritten. Als - zweifellos rein vermögensrechtlicher - Entscheidungsgegenstand ist hier der Gesamtbetrag der von der Exekutionsbewilligung betroffenen Masse anzusehen, der überdies in einem Geldbetrag besteht, weshalb ein Ausspruch nach § 59 Abs 2 AußStrG zu Recht unterblieb. In sinngemäßer Anwendung des § 55 JN nach § 59 Abs 3 AußStrG handelt es sich um in rechtlichem Zusammenhang stehende Mietzinszahlungen aus demselben Mietvertrag. Weiters liegt kein echter Aufhebungsbeschluss nach § 64 AußStrG vor, weil dem Erstgericht keine Verfahrensergänzung aufgetragen wurde. Somit widerspricht das Vorgehen des Erstgerichts der seit dem Inkrafttreten der erweiterten Wertgrenzen-Novelle 1997 (WGN 1997) geltenden Rechtslage, die für den Bereich der Rechtsmittelzulässigkeit durch die Bestimmungen des neuen AußStrG (BGBl I 2003/111) keine Änderung erfahren hat:

Nach dem AußStrG 1854 war ein Revisionsrekurs gemäß § 14 Abs 3 AußStrG 1854 idF der WGN 1997 - außer im Fall des § 14a Abs 3 dieses Gesetzes - jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert insgesamt 260.000 S (bzw 20.000 EUR - BGBl I 2001/98) nicht übersteigt und das Rekursgericht nach § 13 Abs 1 Z 2 AußStrG 1854 den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat. Unter diesen Voraussetzungen konnte jedoch eine Partei nach § 14a Abs 1 und 2 AußStrG 1854 einen - binnen 14 Tagen nach der Zustellung der Entscheidung beim Erstgericht einzubringenden - Antrag an das Rekursgericht stellen, den Ausspruch dahin abzuändern, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde; ein solcher Antrag, der mit dem ordentlichen Revisionsrekurs zu verbinden war, musste hinreichend erkennen lassen, warum der ordentliche Revisionsrekurs für zulässig erachtet wird. Der Rechtsmittelschriftsatz war also nicht unmittelbar dem Obersten Gerichtshof vorzulegen. Gemäß § 16 Abs 2 Z 2 AußStrG 1854 war die Vorlage an das Gericht zweiter Instanz geboten (6 Ob 5/03h mwN; 6 Ob 148/05s u.v.a.; RIS-Justiz RS0109505).

An dieser Rechtslage hat sich durch das neue AußStrG, das hier - weil das Erstgericht nach dem 31. Dezember 2004 entschieden hat - schon anzuwenden ist (§ 203 Abs 7 AußStrG), inhaltlich nichts geändert (RIS-Justiz RS0109505 [T23]). Das Rekursgericht hat bei einem 20.000 EUR nicht übersteigenden Wert des Entscheidungsgegenstands den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt. Damit ist ein Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig (§ 62 Abs 3 AußStrG), es sei denn, das Gericht zweiter Instanz ändert über Zulassungsvorstellung der Partei seinen Ausspruch ab und spricht aus, dass der Revisionsrekurs doch zulässig sei (§ 63 AußStrG). Das Erstgericht wird daher - soweit eine solche für diese bereits erkennbar vorliegt oder die Rechtsmittelwerber nach allfälligem Auftrag zur Verbesserung nach § 10 Abs 4 AußStrG nachtragen - die Zulassungsvorstellung samt Revisionsrekurs dem Rekursgericht vorzulegen haben (§ 69 Abs 3 AußStrG).

Im Übrigen ist zu bemerken, dass nach dem Österreichischen Anwaltsverzeichnis des Österreichischen Rechtsanwaltskammertags in Wien eine Rechtsanwältin namens Dr. Heidi B***** ihren Kanzleisitz hat, nicht aber eine mit dem im angefochtenen Beschluss samt dieser Berufsbezeichnung sowie im Rechtsmittel ohne eine solche angegebenen Namen, der im Übrigen Mag. B***** und nicht Dr. B***** lautet. Im Exekutionsantrag bezeichnet sich die Zweiterlagsgegnerin als Pensionistin und führt wie auch im Revisionsrekurs eine andere Adresse als das Gericht zweiter Instanz an, die Exekutionsbewilligung bezeichnet sie als Werbegraphikerin. Vor Wiedervorlage wäre daher auf Klarstellung von Namen und - zur Vermeidung von möglichen Verwechslungen, auch wenn dies nach § 10 Abs 3 AußStrG grundsätzlich nicht nötig wäre (Fucik/Kloiber, AußStrG, § 10 Rz 5) - Beruf durch die Zweiterlagsgegnerin zu dringen.

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