OGH 6Ob271/06f

OGH6Ob271/06f21.12.2006

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler und Univ. Doz. Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. Wolfgang W*****, vertreten durch Dr. Jürgen Nowotny, Rechtsanwalt in Linz, gegen die beklagte Partei Dipl. Ing. Johann D*****, vertreten durch Dr. Johann Kral, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 26.364,80 (Revisionsinteresse EUR 8.560), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 11. Juli 2006, GZ 2 R 112/06i-19, womit das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 22. März 2006, GZ 22 Cg 54/04s-14, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit EUR 665,66 (darin EUR 110,94 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Text

Begründung

Der Kläger ist Eigentümer der Wohnungen top 1 und 2 im Untergeschoß und Erdgeschoß des Hauses 2340 Mödling, J*****. Er plante, diese Wohnungen nach durchgreifenden Umbauarbeiten gewinnbringend zu verkaufen. Mit Werkvertrag vom 10. 12. 2002 vereinbarte der Kläger mit dem Beklagten als Auftragnehmer die Durchführung von Umbauarbeiten gemäß einem gesonderten Leistungsverzeichnis zu einem Pauschalentgelt von EUR 171.200. Mit der Abwicklung des Bauvorhabens beauftragte der Kläger Mag. Herbert K*****. Nach § 6 des Werkvertrages sollte ein Teil der Arbeiten nach rechtskräftiger Baugenehmigung fertiggestellt sein; diese Frist endete am 17. 6. 2003. Die restlichen Arbeiten (im Wesentlichen der Innenausbau) sollten erst nach dem Verkauf der jeweiligen Wohnungseinheit durchgeführt werden. Mit Telefax vom 22. 4. 2004 kündigte der Beklagte den Werkvertrag; der Kläger erklärte seinerseits mit Schreiben vom 29. 4. 2004 die Kündigung.

Der Kläger begehrt die Zahlung einer Pönale in Höhe von 0,5 % der Auftragssumme pro Tag des Verzuges und bringt dazu vor, der Beklagte habe sich im Zeitraum 17. 6. 2003 bis 20. 4 2004, sohin 308 Tage, im Verzug befunden. Dies ergebe im Hinblick auf die Auftragssumme den Klagsbetrag. Der Beklagte habe vor allem in den straßenseitigen Räumen den Fußboden nicht ordnungsgemäß isoliert. Angesichts der grob fahrlässigen Mängel unterliege das Pönale keiner Deckelung. Der Beklagte beantragte die Klagsabweisung. Hilfsweise wandte er kompensando als Gegenforderung ausständiges Leistungsentgelt ein. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Dabei ging es im Wesentlichen davon aus, dass der Beklagte auf den bestehenden Untergrund im Untergeschoss der Liegenschaft 5 cm Rollierung über dem Erdreich, darüber 5 cm Styropor, darüber eine Lage dünner Kunststofffolie und darüber eine Schicht von ca 7 cm Estrich verlegte. Im gartenseitigen Untergeschoß wurde auf den bestehenden Altbestand aufgebaut, jedoch keine Rollierung verlegt. Der Beklagte nahm keine Untersuchung vor, ob im Kellerboden eine Feuchtigkeitsisolierung bereits vorhanden war. Im Herbst 2003 stellte Dipl. Ing. Wolfgang B***** eine nicht ordnungsgemäße Ausführung der Feuchtigkeitsisolierung des Bodens fest. Am 13. 1. 2004 schlossen die Streitteile eine Vereinbarung über die Generalsanierung des Bauwerks durch Herstellung eines dem Stand der Technik entsprechenden Fußbodenaufbaus im Untergeschoß und durch Trockenlegung des Mauerwerks gegen Zahlung eines Pauschalbetrages von EUR 10.000 zuzüglich USt.

Rechtlich würdigte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahingehend, dass Vertragsinhalt jedenfalls unter anderem die ordnungsgemäße Herstellung eines dem aktuellen Stand der Technik entsprechenden Fußbodens im Kellergeschoss gewesen sei. Der Beklagte habe diese Leistung nicht vertragsgemäß erbracht. Allerdings hätten die Parteien mit der Vereinbarung über die „Generalsanierung" einen Vergleich abgeschlossen, der der Geltendmachung einer Pönaleforderung entgegenstehe. Von der im Werkvertrag vereinbarten Schriftform hätten die Parteien konkludent wieder abgehen können.

Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil teilweise dahingehend ab, dass die Klagsforderung mit EUR 8.560 zu Recht bestehe, und verpflichtete davon ausgehend die beklagte Partei zur Zahlung dieses Betrages; die Aufrechnungseinrede wies es ab.

Im vorliegenden Fall sei durch Auslegung zu ermitteln, welche Fälle der Vertragsverletzung von der Konventionalstrafenvereinbarung erfasst seien. Im vorliegenden Fall erfasse die Vertragsstrafe den Verspätungsschaden. Dies ergebe sich nicht nur aus der Berechnung der Vertragsstrafe anhand der die vereinbarte Frist übersteigenden Werktage, sondern auch aus dem Bezug auf die Vereinbarung im Werkvertrag, worin auf den geplanten Verkauf der Wohnungen hingewiesen und die Bauzeiten festgelegt wurden.

Nach den Feststellungen sei der erste Teil der Leistung innerhalb der vereinbarten Frist (17. 6. 2003) erbracht worden, ohne die verdeckten Mängel - das Fehlen der Feuchtigkeitsisolierung im Kellergeschoss - zu rügen. Erst im Herbst 2003 sei vom Vater des Käufers einer Wohnung die nicht ordnungsgemäße Ausführung der Feuchtigkeitsisolierung des Bodens festgestellt worden.

Die Vertragsstrafe bezwecke, den Schaden im Vorhinein zu pauschalieren, wobei der Eintritt eines konkreten Schadens nicht erforderlich sei. Mit dem Pönale solle auf den Werkunternehmer Druck ausgeübt werden, die vereinbarte Leistung zeitgerecht und ordnungsgemäß zu erbringen. Solle eine Vertragsstrafe auch dann gelten, wenn trotz eines verdeckten Mangels, nachträglich gesehen, zunächst keine Verzögerung eintrat, dann bedeute dies im Ergebnis einen verschärften Druck auf den Werkunternehmer zur ordnungsgemäßen Erfüllung. Dies sei aus einer ex ante-Betrachtung durchaus sachgerecht. Im vorliegenden Fall sollte eine zeitgerechte und ordnungsgemäße Erfüllung dem Werkbesteller ermöglichen, die Wohnungen wie geplant zu verkaufen.

Im vorliegenden Fall sei die Obergrenze gemäß Punkt 2.35.1 Ö-Norm B 2110 in Höhe von 5 % der Auftragssumme vereinbart worden. Diese Obergrenze betrage im vorliegenden Fall EUR 8.560.

Nach § 15 des Werkvertrages sei die Schriftform nicht nur für Änderungen und Ergänzungen des Vertrages, sondern auch für das Abgehen vom Formerfordernis vereinbart worden. Dies bedeute, dass nicht nur ein Verzicht auf die Vertragsstrafe, sondern auch das Abgehen von der Schriftform schriftlich hätte vereinbart werden müssen. Da die Schriftform nicht eingehalten worden sei, liege kein wirksamer Verzicht des Klägers auf die Vertragsstrafe vor. Die geltend gemachte Gegenforderung könne im Hinblick auf das im Werkvertrag enthaltene Aufrechnungsverbot nicht kompensando eingewendet werden; die Aufrechnungseinrede sei daher abzuweisen (RIS-Justiz RS0040726).

Die ordentliche Revision sei zulässig, weil oberstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage, wann bei einer Vertragsstrafe die vereinbarte Pönalefrist zu laufen beginne, wenn die teilweise Nichterfüllung/Schlechterfüllung zunächst nicht erkennbar war, fehle. Die Revision der beklagten Partei ist entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden - Ausspruch des Berufungsgerichtes nicht zulässig:

Rechtliche Beurteilung

Die vom Berufungsgericht für wesentlich erachtete Frage, wann bei zunächst nicht erkennbaren Mängeln die vereinbarte Pönalefrist zu laufen beginne, stellt sich im vorliegenden Fall in Wahrheit nicht:

Im Hinblick auf die vereinbarte Obergrenze von 5 % der Auftragssumme gemäß Punkt 2.35.1 Ö-Norm B 2110 ist nämlich lediglich ein Zeitraum von 100 Tagen zu berücksichtigen. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen war der Mangel spätestens Mitte November 2003 bekannt und waren die Mängel zum Zeitpunkt der Aufhebung des Vertrages am 20. 4. 2004 noch nicht beseitigt. Damit wird die vertraglich festgelegte Obergrenze für die Vertragsstrafe aber schon dann erreicht, wenn man einen Verzugsfall erst ab Mitte November 2003 annimmt. Die Frage, ob ein für die Berechnung der Vertragsstrafe heranzuziehender Verzug nicht bereits vorher anzusetzen sei, stellt sich im vorliegenden Fall daher in Wahrheit nicht. Der Beklagte kommt auf diese Frage im Rahmen der Ausführung seiner Revision auch nicht zurück.

Macht der Rechtsmittelwerber aber bei Zulassung der Revision durch das Gericht zweiter Instanz in seinem Rechtsmittel nur solche Gründe geltend, deren Erledigung nicht von der Lösung erheblicher Rechtsfragen abhängt, ist das an den Obersten Gerichtshof gerichtete Rechtsmittel trotz des Ausspruchs der Zulässigkeit durch das Gericht zweiter Instanz zurückzuweisen (RIS-Justiz RS0048272 [T1]). Im Übrigen ist die Revision großteils auch nicht gesetzmäßig ausgeführt, weil sie nicht von dem von den Vorinstanzen festgestellten Sachverhalt ausgeht (RIS-Justiz RS0043312).

Auf die Richtigkeit der Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, im vorliegenden Fall liege kein Abgehen von der vertraglich vereinbarten Schriftform vor, sodass im Generalvergleich vom 13. 1. 2004 schon deshalb kein wirksamer Verzicht des Klägers auf die Vertragsstrafe vorliege, ist im vorliegenden Fall nicht einzugehen, weil der Beklagte einen derartigen Verzicht des Klägers auf die Pönaleforderung gar nicht behauptet hat.

Da im vorliegenden Fall die Entscheidung sohin nicht von der Lösung von Rechtsfragen der im § 502 Abs 1 ZPO geforderten Qualität abhängt, war die Revision spruchgemäß zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Die klagende Partei hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

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