OGH 9ObA182/05p

OGH9ObA182/05p20.12.2006

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Walter Holzer und Mag. Gabriele Jarosch als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Ignac Z*****, Pensionist, *****, vertreten durch Dr. Gerda Mahler-Hutter, Rechtsanwältin in Berndorf, gegen die beklagte Partei G***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Kosch & Partner Rechtsanwälte, Wiener Neustadt, wegen EUR 13.824,30 brutto und EUR 168,66 netto, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 28. September 2005, GZ 9 Ra 64/05f-19, womit das Urteil des Landesgerichtes Wiener Neustadt als Arbeits- und Sozialgericht vom 14. Februar 2005, GZ 5 Cga 125/04k-14, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 686,88 (darin EUR 114,48 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen vierzehn Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war bei der Beklagten vom 16. 6. 1986 bis 31. 1. 2004 als Schweißer beschäftigt, das Arbeitsverhältnis endete durch einvernehmliche Lösung. Seit 1. 2. 2004 bezieht der Kläger Invaliditätspension.

Im Hinblick auf das seinerzeit anzunehmende Pensionsantrittsalter des Klägers von sechzig Jahren per 31. 7. 2004 schlossen die Streitteile unter Anwendung des § 27 AlVG eine Altersteilzeitvereinbarung für die Zeit vom 1. 6. 2000 - 31. 7. 2004. Vereinbart wurde eine Verringerung der Normalarbeitszeit auf die Hälfte (= 19,25 Wochenstunden) mit einer geblockten Arbeitszeit in der Form, dass der Kläger mit 1. 6. 2002 sein Arbeitspensum erfüllt haben und dann in die „Freizeitphase" eintreten sollte. Tatsächlich hatte der Kläger mit 1. 6. 2002 auch das vereinbarte Arbeitspensum zur Gänze absolviert.

Ab 1. 9. 2002 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses befand sich der Kläger dauernd im Krankenstand.

Mit der vorliegenden Klage begehrt er den Zuspruch von EUR 13.824,30 brutto an offenem Entgelt für geleistete, jedoch nicht bezahlte Arbeitsstunden sowie die Zahlung eines unberechtigten Lohneinbehalts in Höhe von EUR 168,66 netto.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Der Kläger habe sein Arbeitspensum per 1. 6. 2002 erfüllt, danach habe die Freizeitphase eingesetzt. Ab 11. 9. 2002 sei er erkrankt. Dem Kläger stehe kein Entgeltanspruch mehr zu, „weil die durch die Blockung maßgebliche Freizeitphase durch Krankenstand nicht verkürzt werde". Compensando bis zur Höhe der Klagsforderung wendete die Beklagte EUR 2.116,27 an zu viel ausbezahltem Urlaubsentgelt ein.

Das Erstgericht sprach aus, dass die Klageforderung mit EUR 13.824,30 brutto sA und die Gegenforderung mit EUR 3.332,45 brutto zu Recht bestehe und erkannte die Beklagte für schuldig, dem Kläger EUR 10.491,84 brutto zu zahlen. Ein Mehrbegehren von EUR 168,66 netto wies es (unangefochten) ab. Es vertrat die Rechtsauffassung, dass der Kläger zunächst Anspruch auf Abgeltung der über den 1. 6. 2002 hinaus erbrachten Arbeitsleistungen habe. Der ab 11. 9. 2002 einsetzende Krankenstand, welcher zur Gänze in die Freizeitphase gefallen sei, habe keinen Einfluss auf den Entgeltanspruch des Klägers gegenüber der Beklagten.

Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichts. Es vertrat die Rechtsauffassung, dass bei „geblockter" Arbeitszeit im Rahmen vereinbarter Altersteilzeit der Entgeltanspruch des Arbeitnehmers für die Freizeitphase auf der in der Vollzeitphase geleisteten Arbeit beruhe. Es sei daher nicht gerechtfertigt, den Kläger hinsichtlich des Krankenstands in der Freizeitphase auf das EFZG, insbesondere den Bezug von Krankengeld zu verweisen.

Das Berufungsgericht hat dabei die Frage, ob bei „geblockter" Arbeitsteilzeit ein nur in die Freizeitphase fallender Krankenstand Einfluss auf das vom Arbeitgeber zu zahlende Entgelt hat, zutreffend verneint. Es kann daher insoweit auf die Richtigkeit der eingehenden Begründung des angefochtenen Urteils verwiesen werden (§ 510 Abs 3 ZPO).

Rechtliche Beurteilung

Lediglich ergänzend ist den Ausführungen der Revisionswerberin entgegenzuhalten:

Zum behaupteten Verfahrensmangel betr. einen Verstoß gegen § 405 ZPO: Dieser Mangel wurde geprüft, er liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Abgesehen davon, dass der Kläger seine Ansprüche nicht nur auf Minderzahlungen während der Vollarbeitsphase gestützt hat, hat bereits das Berufungsgericht einen darauf gestützten Mangel des Verfahrens erster Instanz verneint. Dieser Umstand kann daher nicht neuerlich als Revisionsgrund geltend gemacht werden (Kodek in Rechberger ZPO² § 503 Rz 3).

Wie schon im Berufungsverfahren vermeint die Beklagte, der Kläger müsse sich auch während der Freizeitphase der geblockten Altersteilzeit auf das EFZG, insbesondere den Bezug von Krankengeld verweisen lassen, weil sonst eine Krankheit des Arbeitnehmers einseitig zu Lasten des Arbeitgebers gehe. Dieser Argumentation kann nicht beigepflichtet werden. Soweit sich die Lehre bisher mit dem Problem der Erkrankung während der „Freizeitphase" bei geblockter Altersteilzeit beschäftigt hat (Schrank in Jungwirth/Risak/Schrank „Pensionsreform 2003 - Altersteilzeit aktuell" Rz 243; Schindler in Resch „Arbeitszeitrecht - Rechtsgrundlagen und Gestaltungsformen, Sanktionen, Altersteilzeit" 85 f; Rauch, Kommentar zum EFZG § 2 Rz 6.6), geht diese einhellig davon aus, dass Erkrankungen in der Zeitausgleichsphase ohne rechtliche Relevanz sind. Arbeitnehmer können nämlich in diesem Zeitraum zwar natürlich faktisch krank sein, nicht aber arbeitsunfähig im Rechtssinne, weil keine Arbeitspflicht mehr besteht. Der Begriff der Arbeitsverhinderung infolge Krankheit enthält vielmehr schon nach seinem Wortlaut den Sinn, dass Arbeitnehmer durch die eingetretene Erkrankung an der Arbeitsleistung gehindert sind. Dieser Fall kann aber in der Zeitausgleichsphase nicht mehr eintreten. Allfällige Erkrankungen während des Verbrauchs von Zeitausgleich haben daher keinerlei Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis und begründen demnach auch keine Ansprüche auf Krankengeld aus der gesetzlichen Sozialversicherung.

Der erkennende Senat schließt sich dieser überzeugenden, aus dem Gesetz unmittelbar ableitbaren Auffassung an.

Eine einseitige Belastung des Arbeitgebers ist nicht erkennbar, zumal dieser die ihm zustehende Arbeitsleistung während der Vollarbeitszeitphase zur Gänze konsumiert hat.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §3 41, 50 Abs 1 ZPO.

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