OGH 13Os116/06t

OGH13Os116/06t20.12.2006

Der Oberste Gerichtshof hat am 20. Dezember 2006 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Ratz, Hon. Prof. Dr. Schroll, Mag. Hetlinger und Mag. Lendl als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Kikinger als Schriftführer, in der Strafsache gegen Skender S***** und weitere Angeklagte wegen des Verbrechens des in einem Fall versuchten, gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 129 Z 1 und 2, 130 (richtig:) vierter Fall und 15 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Skender S***** und Fatos H***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 28. Juli 2006, GZ 35 Hv 58/06a-94, sowie die (gemäß § 498 Abs 3 StPO implizierte) Beschwerde des Angeklagten Skender S***** gegen den unter einem gefassten Beschluss auf Verlängerung von Probezeiten, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Skender S*****, teils aus deren Anlass werden

1. das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in der die Angeklagten Skender S***** und Fatmir T***** betreffenden Subsumtion der Taten nach § 130 (richtig:) vierter Fall StGB und im Strafausspruch hinsichtlich dieser beiden Angeklagten sowie

2. der in Ansehung des Angeklagten Skender S***** unter einem gefasste Beschluss auf Verlängerung von Probezeiten aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Salzburg verwiesen. Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Skender S*****, jene des Angeklagten Fatos H***** zur Gänze zurückgewiesen. Mit seiner Berufung und der Beschwerde wird der Angeklagte Skender S*****alji auf diese Entscheidung verwiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung des Angeklagten Fatos H***** werden die Akten vorerst dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet. Den Angeklagten Skender S***** und Fatos H***** fallen auch die auf ihre Nichtigkeitsbeschwerden entfallenden Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch in Rechtskraft erwachsene Teilfreisprüche des Fatmir T***** enthält, wurden Skender S***** und Fatmir T***** des (bei Skender S***** in einem Fall in der Entwicklungsstufe des Versuchs nach § 15 StGB verbliebenen) Verbrechens des gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 129 Z 1 und 2, 130 (richtig:) vierter Fall StGB und Fatos H***** des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 und 2 StGB schuldig erkannt.

Danach haben Skender S*****, Fatos H***** und Fatmir T***** zu nachgenannten Zeiten an folgenden Orten nachgenannten Verfügungsberechtigten mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz, Skender S***** und Fatmir T***** auch in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von Einbruchsdiebstählen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, fremde bewegliche Sachen durch Einbruch mit dem Vorsatz teils weggenommen, teils wegzunehmen versucht, und zwar

1. Skender S*****, Fatos H***** und Fatmir T***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken am 3. Jänner 2006 in Altenmarkt durch Aufbrechen eines Fensters beim Elektrogeschäft H***** dessen Verfügungsberechtigten eine Kamera Marke Canon im Zeitwert von 400 Euro;

2. Fatmir T***** in der Nacht zum 20. Februar 2005 in Lamprechtshausen durch Aufbrechen einer Tür zu den Räumlichkeiten der Druckerei K***** deren Verfügungsberechtigten einen Tresor unbekannten Wertes mit Bargeld von ca. 1.000 Euro sowie ein Notebook unbekannten Wertes;

3. Skender S***** und Fatmir T***** in der Nacht zum 16. Dezember 2005 in Eugendorf durch Aufbrechen eines Fensters und Einsteigen in das Gebäude der Firma „F*****" der Barbara J***** 5 Euro Bargeld und dem Bernhard G***** ein Handy Marke Nokia 6630 Im Wert von ca 600 Euro;

4. Skender S***** in der Nacht zum 29. Dezember 2005 in Wals durch Aufbrechen eines Fensters und Einsteigen in die Räumlichkeiten dem Norbert E***** eine Kellnerbrieftasche unbekannten Wertes mit Bargeld in Höhe von 60 Euro;

5. Skender S***** in der Nacht vom 30. Dezember 2005 in Wals durch Aufbrechen eines Fensters und Einsteigen in die Räumlichkeiten des Hotels „W*****", Aufbrechen einer weiteren Türe in diesen Räumlichkeiten, der Margarethe S***** Sachen unbekannten Wertes wegzunehmen versucht.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen von Skender S***** aus den Gründen der Z 4, 5, 10 und 11 des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde kommt teilweise Berechtigung zu, jene - auf Z 5 gestützte - des Angeklagten Fatos H***** verfehlt ihr Ziel.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Fatos H*****:

Die Mängelrüge (Z 5) dieses Angeklagten reklamiert - neben der Behauptung einer gänzlich unerheblichen Aktenwidrigkeit zur Frage, ob die Autotüre des Zeugen W***** anlässlich der versuchten Anhaltung der Angeklagten nach Betretung auf frischer Tat verriegelt gewesen sei - nominell „keine oder offenbar unzureichende Begründung" (Z 5 zweiter Fall) der Feststellungen zu seiner Beteiligung an der dem Schuldspruch 1. zugrundeliegenden Tat. Indem sie lediglich eine Passage der gesamten Beweiswertüberlegungen der Tatrichter herausgreift, nimmt sie nicht an der Gesamtheit der Entscheidungsgründe Maß.

Denn das Schöffengericht stützte seine Überzeugung keineswegs ausschließlich auf die in der Beschwerde hervorgehobene Aussage des Zeugen Alexander W*****, wonach ihm „vorgekommen" sei, dass der Angeklagte nach seiner Anhaltung unmittelbar nach der Tat etwas weggeworfen habe, sondern auf die Wahrnehmungen des Zeugen W***** in Zusammenhalt mit dem Umstand, dass der - aufgrund der in Rede stehenden Beobachtung des einschreitenden Sicherheitswachebeamten Alexander W***** hinzugezogene - Diensthund der Sicherheitsbehörde Einbruchswerkzeug und Diebsbeute tatsächlich in unmittelbarer Nähe des Anhalteortes des Fahrzeuges des Zweitangeklagten im Schnee aufspüren konnte.

Die Aussage des Angeklagten Fatmir T*****, er selbst habe diese Gegenstände weggeworfen, wurde - entgegen der Beschwerdebehauptung - dabei gar wohl erörtert und als unglaubwürdig verworfen (US 8). Die weiters vorgebrachten Einwände der Mängelrüge orientieren sich ebensowenig an den Anfechtungskategorien des in Anspruch genommenen Nichtigkeitsgrundes. An Stelle einer solcherart prozessordnungskonformen Argumentation werden vielmehr Hinweise auf mögliche Deutungen einzelner Verfahrensergebnisse vorgetragen und aus dem Umstand, dass der Angeklagte nach seiner Anhaltung nicht flüchtete, der eigenständige Schluss gezogen, er sei am Einbruchsdiebstahl nicht beteiligt gewesen.

Ein Begründungsmangel im Sinne der Z 5 wird damit nicht aufgezeigt. Inwieweit die gesonderte Erörterung der Ergebnisse der Untersuchung des Einbruchswerkzeuges und der Diebsbeute auf eventuell anhaftendes biologisches Spurenmaterial angesichts des Umstandes, dass alle drei Angeklagte als Verursacher der darauf sichergestellten Spuren ausgeschlossen werden konnten (ON 69), zu der vom Beschwerdeführer angestrebten anderen Lösung der Schuldfrage im Sinne einer gemeinsamen Tatausführung durch die beiden Mitangeklagten ohne Beteiligung des Fatos H***** hätte führen sollen, legt die Beschwerde nicht dar.

Dies führt insgesamt zur Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung (§ 285 d StPO).

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Skender S*****:

Die Verfahrensrüge (Z 4) moniert - bezogen auf die Schuldsprüche 3, 4 und 5 - die Abweisung des in der Hauptverhandlung vom 19. Mai 2006 gestellten Antrags auf Ausforschung und Einvernahme des „N.Besnik" als Zeugen zum Beweis dafür, dass „dieser der wirkliche Eigentümer der von S***** am 3. Jänner 2006 getragenen Schuhe ist und Herr S***** diese bei den Vorfällen im Dezember 2005 nicht getragen hat" (S 84/II). Durch die Abweisung dieses Begehrens wurde der Angeklagte in seinen Verteidigungsrechten nicht verletzt, weil auf Basis der Kenntnis bloß der Staatsbürgerschaft und des Vornamens des angeblich in „Wien" lebenden und arbeitenden Zeugen mangels konkreter weiterer Anhaltspunkte der begehrte Ausforschungsversuch von vorneherein aussichtslos war. Weswegen Erhebungen bei der „Wachstube Gnigl", wo der Angeklagte Fatmir T***** im Herbst 2005 eine Anzeige wegen Diebstahls eines Mobiltelefons und einer Halskette gegen den Genannten, von dem ihm - eigenen Angaben zufolge - keine weiteren Daten als die im Verfahren hervorgekommenen bekannt waren (S 82 f/II), erstattet haben will, zu einem positiven Ergebnis führen sollten, legt die Rüge nicht substantiiert dar.

Das Schöffengericht hat die Aussage des Angeklagten Fatmir T***** in Bezug auf seinen Mittäter beim Einbruchsdiebstahl vom 16. Dezember 2005 in Eugendorf (Schuldspruch 3.) sowie dessen Skender S***** entlastende Depositionen insgesamt mit ausführlicher, den Gesetzen folgerichtigen Denkens und grundlegenden Erfahrungssätzen entsprechender Begründung als unglaubwürdig eingestuft (US 8 f) und war daher - entgegen den Beschwerdeausführungen - nicht verhalten, den vollständigen Inhalt seiner Angaben im Einzelnen zu erörtern und darauf zu untersuchen, wie weit sie für oder gegen diese oder jene Geschehensvariante sprechen (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 428). Dass die Tatrichter die Behauptung dieses Angeklagten, die Schuhe, die Skender S***** beim Einbruchsdiebstahl vom 3. Jänner 2006 getragen habe, seien vom Albaner „Besnik" in seiner Wohnung gelassen worden, zusätzlich als „lebensfremd" einstuften und dabei nicht gesondert auf den Zeitpunkt dieser angeblichen Übergabe eingingen, stellt den vom Beschwerdeführer behaupteten Begründungsmangel im Sinne der Z 5 vierter Fall nicht her.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher insoweit schon bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Ebenfalls aus Z 5 (nominell vierter, inhaltlich erster Fall) und Z 10 zeigt dieser Nichtigkeitswerber dagegen zutreffend auf, dass sich in den Entscheidungsgründen zwar die Aussage findet, Skender S***** und Fatmir T***** hätten in der Absicht gehandelt, sich durch wiederkehrende Begehung von Einbruchsdiebstählen eine fortlaufende Einnahme bzw „Einnahmsquelle" zu erschließen (US 2 und 7), nicht aber der für eine (Einzelfall-)Feststellung erforderliche Bezug des Tatbestandsmerkmals „fortlaufend" zu einem historischen Sachverhalt (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 8). Da den Entscheidungsgründen damit - vom Beschwerdeführer inhaltlich zutreffend gerügt - keine deutliche Feststellung zu entnehmen ist, welche die rechtliche Beurteilung erlauben würde, dass sich die auf Erzielung von Einnahmen gerichtete Absicht auf einen Zeitraum von zumindest einigen Wochen bezog (vgl Jerabek in WK² § 70 Rz 7; Fabrizy StGB9 § 70 Rz 1), leidet der Schuldspruch hinsichtlich der Angeklagten Skender S***** und Fatmir T***** an einem Rechtsfehler im Sinn des § 281 Abs 1 Z 10 StPO. Dies zwingt in Ansehung des Angeklagten Skender S*****, aber auch des Fatmir T*****, hinsichtlich dessen von keiner Seite Nichtigkeitsbeschwerde erhoben wurde, zur Aufhebung der rechtlichen Unterstellung der Diebstähle nach § 130 vierter Fall StGB und damit des Strafausspruchs hinsichtlich dieser Angeklagten sowie des unter einem gefassten Beschlusses auf Verlängerung von Probezeiten und Rückverweisung der Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung bereits bei der nichtöffentlichen Beratung (Z 10; §§ 285e erster Satz, 288 Abs 2 Z 3 zweiter Satz; 290 Abs 1 StPO). Das diesbezügliche weitere Vorbringen des Nichtigkeitswerbers Skender S***** kann damit auf sich beruhen, seine Sanktionsrüge, seine Berufung und die Beschwerde sind sohin gegenstandslos. Zu der von der Generalprokuratur angeregten amtswegigen Maßnahme infolge rechtsirriger Annahme auch der Z 2 des § 129 StGB (neben dessen Z 1) besteht kein Anlass (siehe dazu 13 Os 38/05w). Die Entscheidung über die Berufung des Angeklagten Fatos H***** kommt dem Gerichtshof zweiter Instanz zu (§ 285i StPO), wobei hinsichtlich der verfehlten Subsumtion nach § 129 Z 2 StGB keine (dem Berufungswerber zum Nachteil gereichende) Bindung an den Ausspruch des Erstgerichtes über das anzuwendende Strafgesetz nach § 295 Abs 1 erster Satz StPO besteht (RIS-Justiz RS00118870).

Die Kostenersatzpflicht der Angeklagten gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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