OGH 15Os121/06t

OGH15Os121/06t12.12.2006

Der Oberste Gerichtshof hat am 12. Dezember 2006 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Danek, Hon. Prof. Dr. Kirchbacher, Dr. Solé und Mag. Lendl als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Brandstetter als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Stanko D***** und weitere Angeklagte wegen Verbrechen nach § 28 Abs 2 vierter Fall SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Bejhan S***** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 20. Juli 2006, GZ 062 Hv 64/06v-68, sowie über die Beschwerde des genannten Angeklagten gegen den unter einem gefassten Beschluss gemäß § 494a Abs 1 Z 4 StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten S***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch in Rechtskraft erwachsene Schuldsprüche und einen Teilfreispruch weiterer Angeklagter enthält, wurde Bejhan S***** (richtig:) der Verbrechen nach § 28 Abs 2 vierter Fall SMG schuldig erkannt.

Danach hat er am 24. April 2006 in Wien im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Stanko D*****, Amel Su***** und Marko C***** den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer großen Menge (§ 28 Abs 6 SMG) in Verkehr gesetzt, „indem sie 250,3 Gramm Kokain mit insgesamt 63 Gramm Reinsubstanz einem verdeckten Ermittler zum Ankauf übergaben".

Rechtliche Beurteilung

Gegen dieses Urteil richtet sich die auf Z 3, 4, 5, 5a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten S*****; sie verfehlt ihr Ziel.

Eine Verletzung des § 250 StPO macht die Verfahrensrüge (Z 3) geltend, weil der - während der Vernehmung der Mitangeklagten aus dem Verhandlungssaal gewiesene - Angeklagte nach seiner Wiedereinführung nicht über die in seiner Abwesenheit getätigten Aussagen in Kenntnis gesetzt worden wäre. Sie übergeht dabei aber gerade diese - noch vor Schluss des Beweisverfahrens erfolgte (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 248) - Mitteilung des Vorsitzenden in der Hauptverhandlung vom 20. Juli 2006 (S 39/Bd II). Eine nunmehr in der Nichtigkeitsbeschwerde behauptete insofern mangelhafte Aufklärung, als dem Angeklagten die Aussagen des Stanko D***** nicht vorgehalten worden wären, lässt sich dem Hauptverhandlungsprotokoll nicht entnehmen. Eine entsprechende Feststellung dieses Punktes im Protokoll zur Wahrung seiner Rechte (§ 271 Abs 1 letzer Satz StPO) hat der Verteidiger nicht verlangt. Soweit die Beschwerde meint, es wäre Verpflichtung des Gerichtes gewesen, den Angeklagten ergänzend zu den Angaben seiner Mitangeklagten zu befragen (der Sache nach Z 5a), legt sie nicht dar, wodurch der Angeklagte an der Ausübung seines Rechtes, die Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung sachgerecht zu beantragen, gehindert war (WK-StPO § 281 Rz 480).

Dem Beschwerdevorbringen zuwider konnten die Tatrichter den Antrag auf Vernehmung mehrerer Zeugen zum Beweis dafür, dass die Festnahme des Beschwerdeführers nicht außerhalb, sondern im fraglichen Lokal erfolgte (S 61/Bd II) ohne Verletzung von Verteidigungsrechten abweisen (Z 4), betrifft doch die Frage des Festnahmeortes fallbezogen keinen für die Schuld- oder Subsumtionsfrage erheblichen Umstand (Kirchbacher, WK-StPO § 246 Rz 36; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 332).

Mit dem unter Berufung auf den Zweifelsgrundsatz und unter eigenen Beweiswerterwägungen erstatteten Vorbringen, für die Feststellung, dass der Angeklagte S***** dem Amel Su***** das Suchtgift übergeben habe (US 10), gebe es keine objektiven Verfahrensergebnisse und keine belastenden Angaben eines Mitangeklagten, bekämpft die Mängelrüge (Z 5) unter Außerachtlassung der ausführlichen tatrichterlichen Erwägungen hiezu (US 12 f) lediglich die Beweiswürdigung, ohne einen formellen Begründungsmangel aufzeigen zu können. Die entlastenden Angaben der anderen Angeklagten in der Hauptverhandlung wurden der Beschwerde zuwider (Z 5 zweiter Fall) sehr wohl von den Tatrichtern berücksichtigt, daraus jedoch andere Schlüsse gezogen (US 16). Mit den vom Landeskriminalamt Niederösterreich in seiner Anzeige gezogenen Schlussfolgerungen (S 159/Bd I) musste sich das Erstgericht nicht auseinandersetzen und auch deren Übereinstimmung mit dem Observationsbericht nicht überprüfen.

Die Tatsachenrüge (Z 5a) vermag mit dem Verweis auf das zu Z 5 erstattete Vorbringen und mit der Berufung auf eine nicht näher spezifizierte „lebensnahe Beurteilung" keine erheblichen Bedenken des Obersten Gerichtshofes gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen zu wecken, zumal die Tatrichter diese Konstatierungen nachvollziehbar auf die Ergebnisse der Observation und der verdeckt geführten Ermittlungen sowie auf den beim Angeklagten sichergestellten Geldbetrag in der Höhe von mehr als 8.500 Euro stützten.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) moniert nicht ausreichende Feststellungen zur subjektiven Tatseite. Indem sie aber die diesbezüglichen Annahmen (US 11, 18) übergeht und nicht angibt, welche Konstatierungen sie über die getroffenen hinaus vermisst, verfehlt sie die gebotene Orientierung an den Verfahrensgesetzen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus sich die Kompetenz des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde ergibt (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO). Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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