OGH 1Ob158/06a

OGH1Ob158/06a28.11.2006

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Univ. Doz. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Peter Q*****, vertreten durch Dr. Hans Georg Mayer, Rechtsanwalt in Klagenfurt, gegen die beklagte Partei Landeshauptstadt Klagenfurt, ***** vertreten durch Dr. Wolfgang Gewolf, Dr. Gernot Murko und Mag. Christian Bauer, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wegen EUR 16.915,74 sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 21. März 2006, GZ 5 R 152/05w-44, mit dem das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 13. Juni 2005, GZ 22 Cg 82/04g-39, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 938,16 (darin EUR 156,36 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Bescheid vom Juli 1987 genehmigte die Kärntner Landesregierung den Beschluss des Gemeinderats der beklagten Partei vom 8. 10. 1986, mit dem der Flächenwidmungsplan unter anderem insofern geändert wurde, als der als landwirtschaftliches Grünland gewidmete Teil des Grundstücks Nr 616/1, KG L***** teils in Wohngebiet und teils in Grünland-Grünanlage am Gewässer festgelegt wurde. Im Oktober 2000 beauftragte die Abteilung Entsorgung des Magistrats der beklagten Partei ein Planungsbüro mit Planungsarbeiten über die „W*****bachregulierung-Retentionsraum M*****". Das Planungsbüro arbeitete das Projekt aus und stellte dabei die Hochwasseranschlaglinien des W*****bachs dar. Die Planungsunterlagen, insbesondere der Lageplan 2, wurden der Auftraggeberin übermittelt. Ein Mitarbeiter der Abteilung Entsorgung leitete am 3. 8. 2001 drei Ausfertigungen des Projekts an die BH Klagenfurt als zuständige Wasserrechtsbehörde weiter und ersuchte, den geplanten Maßnahmen die Bewilligungen nach den Bestimmungen des Wasserrechts und des Naturschutzes zu erteilen. Dem Magistrat der beklagten Partei, konkret der Abteilung Entsorgung, war bekannt, dass der Stadtteil W*****stellenweise nicht hochwassersicher ist. Eine Weiterleitung der Planungsunterlagen an andere Abteilungen des Magistrats der beklagten Partei unterblieb.

Der Kläger und seine Ehegattin erwarben mit Kaufvertrag vom 10. 4. 2003 je zur Hälfte die Liegenschaft EZ ***** KG L*****, bestehend aus dem Grundstück 616/16. Dazu war eine Grundstücksteilung notwendig, die auf einer Vermessungsurkunde vom 16. 10. 2002 beruhte. Entsprechend den Planungsunterlagen des Planungsbüros ist davon auszugehen, dass sich die kaufgegenständliche Liegenschaft zur Gänze im HQ 100 Bestandbereich (= Hochwasserabflussbereich eines 100-jährigen Hochwassers) und im Ausmaß von 150 m² im HQ 30 Bestandbereich (= Abflussgebiet eines 30-jährigen Hochwassers) befindet. Im April 2003 suchten der Kläger und seine Ehegattin um die Baubewilligung für die Errichtung eines Einfamilienhauses mit einem Doppelcarport auf dem gekauften Grundstück an. Die HQ 30-Bestandlinie berührte ca 7 m² des geplanten Gebäudes. Die Fundamentplatte im Bereich des Stiegenabgangs wurde von der HQ 30-Bestandfläche zur Gänze erfasst und betrug etwa 6 m². Sonst wurde das Bauprojekt - Carport ausgenommen - vom HQ 30-Projekt-Bereich nicht erfasst, wohl aber vom HQ 100-Projekt-Bereich.

Die baurechtliche Abteilung des Magistrats der beklagten Partei leitete ein Vorprüfungsverfahren ein und forderte Stellungnahmen von den einzelnen Fachabteilungen (Vermessung, Tiefbau, Entsorgung, Stadtplanung und Baupolizei) ab. Keine dieser Fachabteilungen wies auf die bestehende Hochwasserproblematik hin. Am 15. 7. 2003 wurde an Ort und Stelle die Bauverhandlung durchgeführt. Für den mit der Amtshandlung befassten Sachbearbeiter ergab sich nach Abschluss der Vorprüfung und Durchführung der mündlichen Bauverhandlung kein Hinweis darauf, dass das Grundstück 616/16 im Hochwasserbereich HQ 30 bzw HQ 100 liegen könnte. Auch dem Flächenwidmungsplan war eine Nutzungsbeschränkung in dieser Richtung nicht zu entnehmen. Der Kläger und seine Ehegattin wurden daher (zunächst) auch nicht zur Beibringung einer wasserrechtlichen Bewilligung aufgefordert; vielmehr wurde ihnen mit Bescheid zum 30. 7. 2003 die Baubewilligung antragsgemäß erteilt. Hätte der Sachbearbeiter der beklagten Partei im Zug der Bauverhandlung gewusst, dass sich das Grundstück im Bereich HQ 30 bzw HQ 100 befindet, hätte er die Wasserrechtsabteilung ersucht, über einen Sachverständigen des Amtes der Kärntner Wasserwirtschaft in Erfahrung zu bringen, ob eine wasserrechtliche Bewilligung für das Projekt erforderlich sei; bejahendenfalls hätte er als Voraussetzung für die Erteilung der Baubewilligung eine Aufforderung zur Beibringung der wasserrechtlichen Bewilligung verfügt.

Am 25. 8. 2003 wurde mit dem Aushub der Baugrube begonnen, wobei man relativ rasch auf Grundwasser stieß. In diesem Zusammenhang wurde ein Bodenaustausch von etwa 80 cm vorgenommen. Am 27. 8. 2003 wurde die Bodenplatte betoniert und am 28. 8. 2003 mit der Schalung der Kellerwände begonnen. Auf Grund der Grundwasserproblematik wandte sich der Kläger an eine Bekannte, die ihn an die beklagte Partei weiterverwies. In der Folge erfuhr der Kläger von einem Mitarbeiter des Amts der Kärntner Landesregierung, dass sich das Grundstück in einem Hochwasserbereich befinde; dieser Mitarbeiter stellte ihm eine Kopie des Lageplans 2 des Planungsbüros zur Verfügung. Bis zu diesem Zeitpunkt war dem Kläger und dessen Ehegattin nicht bekannt, dass die Liegenschaft im Hochwasserabflussbereich der W***** liegt. Hätten sie dies gewusst, „hätten sie die Liegenschaft nicht erworben bzw in jenem Bereich jedenfalls nicht gebaut".

Ende August 2003 wurde der Sachbearbeiter in der Abteilung Gewerberecht/Wasserrecht des Magistrats der beklagten Partei auf die Hochwasserproblematik aufmerksam. Vom Amtssachverständigen des Amtes der Kärntner Landesregierung erfuhr er, dass sich das Bauvorhaben des Klägers im Abflussbereich des 30-jährigen Hochwassers befinde. Der Sachbearbeiter gab diese Information an die Bauabteilung der beklagten Partei weiter und wies mit Schreiben vom 10. 9. 2003 darauf hin, dass um die Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung anzusuchen sei. Weiters ersuchte er am 1. 10. 2003 die Abteilung Baurecht um die Übermittlung des Baubewilligungsbescheids. In der Folge wandte er sich schriftlich an den Kläger und dessen Ehegattin und wies auf die Notwendigkeit eines Ansuchens um wasserrechtliche Bewilligung zur Errichtung des Wohnhauses hin. Auf Grund der zu Tage getretenen Hochwasserproblematik wurde der Kaufvertrag über die Liegenschaft aufgehoben; die Verkäuferin ist wieder alleinige Eigentümerin. Der Kläger und seine Ehegattin verzichteten am 4. 5. 2004 auf die „Baubewilligung" vom 30. 7. 2003. Dem Kläger und seiner Ehegattin - diese zedierte ihre Ansprüche an den Kläger - entstanden durch das Bauvorhaben Kosten in Höhe von EUR 16.915,74. Vor der Erteilung der Baubewilligung an den Kläger und dessen Gattin hatte eine Wasserrechtsverhandlung in Ansehung des Projekts W*****bachregulierung-Retentionsraum M***** stattgefunden, an der ein Mitarbeiter der Abteilung Entsorgung der beklagten Partei teilgenommen hatte. Beim Lageplan handelte es sich um keinen Gefahrenzonenplan. Dieser Plan gab aber jedenfalls Hinweise darauf, dass es offensichtlich ein Hochwasserregulierungsprojekt gibt, dem ein Gefahrenzonenplan folgen werde.

Der Kläger begehrte von der beklagten Partei die Zahlung von EUR 16.915,74. Nach Erteilung der Baubewilligung durch die beklagte Partei habe sich herausgestellt, dass das Grundstück im HQ 100-Bereich sowie teilweise in der Hochwasserzone HQ 30 liege. Nach § 3 des Kärntner Gemeindeplanungsgesetzes hätte eine Umwidmung des Grundstücks in Bauland nicht erfolgen dürfen. Außerdem habe die beklagte Partei bereits seit dem Jahr 2001 Kenntnis davon gehabt, dass sich das Grundstück im Hochwassergebiet befinde. Dieser Umstand sei jedoch im Baubewilligungsverfahren verschwiegen worden, obwohl die beklagte Partei zu entsprechender Aufklärung verpflichtet gewesen sei. Eine solche habe sie schuldhaft unterlassen. Der Kläger habe in Unkenntnis der Situation Aufwendungen in Höhe des Klagsbetrags auf das Grundstück getätigt.

Die beklagte Partei wendete ein, es habe bei der Bauverhandlung keine Hinweise darauf gegeben, dass das Grundstück in einem Hochwassergebiet liege. Der im Juli 2001 vom Planungsbüro erstellte Überflutungslinienplan sei an die auftraggebende Abteilung des Landes Kärnten übermittelt worden und habe dort in erster Linie zur Prüfung der Förderbarkeit des Projekts „S*****" gedient. Erst nach Fertigstellung der Regulierung „S*****" sei von der Wasserbauverwaltung angedacht gewesen, einen Gefahrenzonenplan erstellen zu lassen, aus dem hervorgehen sollte, dass sich das gegenständliche Grundstück im HQ 30-Hochwasseranschlagsbereich der W***** befindet. Erst danach hätte dies im Flächenwidmungsplan kundgemacht werden sollen. Im Übrigen seien die Bauwerber von der zuständigen Wasserrechtsbehörde eingeladen worden, um die wasserrechtliche Bewilligung ihres Bauvorhabens anzusuchen, die auch erteilt worden wäre. Die Gefahrenzonenplanverordnung liege nicht im Kompetenzbereich der beklagten Partei. Die vom Kläger geforderte Rückwidmung sei überhaupt nur zulässig und vertretbar, wenn der Landeshauptmann als Planungsorgan nach dem Wasserrechtsgesetz einen Gefahrenzonenplan erstelle. Dies sei jedoch nicht erfolgt. Das Erstgericht gab dem Klagebegehren zur Gänze statt. Sowohl die Unterlassung der beklagten Partei als zuständige Baubehörde, dem Kläger nach § 12 Abs 1 der Kärntner Bauordnung (rechtzeitig) aufzutragen, eine wasserrechtliche Bewilligung anzuschließen, als auch das Unterlassen der internen Weiterleitung der Planungsunterlagen des Planungsbüros sei der beklagten Partei als rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten anzulasten. Es wäre weiters „nach Maßgabe der Projektunterlagen" des Planungsbüros Sache der beklagten Partei gewesen, nicht nur die Nutzungsbeschränkungen im Flächenwidmungsplan ersichtlich zu machen, sondern darüber hinaus eine Rückwidmung zu veranlassen. Der Gemeinderat sei verpflichtet, gesetzwidrige Widmungen zu beseitigen und durch gesetzmäßige Widmungen zu ersetzen. Der Schaden des Klägers wäre nicht eingetreten, sofern die beklagte Partei die entsprechenden Veranlassungen getroffen hätte. Überdies habe sie schuldhaft ihre allgemeine Informationspflicht im Zusammenhang mit dem Ansuchen um Baubewilligung verletzt.

Das Berufungsgericht bestätigte das erstinstanzliche Urteil und ließ letztlich die ordentliche Revision zu. § 12 Abs 1 Z 2 des Kärntner Gemeindeplanungsgesetzes (K-GplG) bestimme, dass im Flächenwidmungsplan unter anderem Flächen, für die Nutzungsbeschränkungen bestehen (wie etwa Hochwasserabflussgebiete, Gefahrenzonen nach dem Forstgesetz 1975) ersichtlich zu machen seien. Weder aus dieser Bestimmung noch aus § 38 des Wasserrechtsgesetzes 1959 (WRG), wonach die Grenzen der Hochwasserabflussgebiete - das seien die bei 30-jährlichen Hochwässern überfluteten Gebiete - im Wasserbuch in geeigneter Weise ersichtlich zu machen seien, ergebe sich, dass für die Ersichtlichmachung von Hochwasserabflussgebieten im Flächenwidmungsplan die Erstellung eines Gefahrenzonenplans im Sinn des § 11 ForstG 1975 Voraussetzung sei. Die beklagte Partei habe auf Grund der Planungsunterlagen des Planungsbüros bereits im Jahr 2001 wissen müssen, dass sich die Liegenschaft des Klägers und seiner Ehegattin in einem Hochwasserabflussgebiet befinde. Außerdem sei ihr - im Konkreten der Abteilung Entsorgung - bekannt gewesen, dass der Stadtteil W***** stellenweise nicht hochwassersicher ist. Der Umstand, dass die Planungsarbeiten des Planungsbüros im Zusammenhang mit einem konkreten Projekt gestanden seien, vermöge die beklagte Partei nicht zu entlasten. Die Organe ihrer Magistratsabteilung Entsorgung hätten die Planungsunterlagen vor allem den Abteilungen Stadtplanung und Baurecht - schon im Hinblick auf die wesentliche Bedeutung der Planungsunterlagen für diese - übermitteln müssen. In diesem Zusammenhang sei auch von Bedeutung, dass der Flächenwidmungsplan nach § 18 K-GplG regelmäßig zu überprüfen sei. Überdies sei ein rechtswidriges Verhalten der beklagten Partei darin zu erblicken, dass sie im Zug ihrer Stellungnahme zum Bauansuchen des Klägers und dessen Ehegattin nicht auf die bestehende Hochwasserproblematik hingewiesen habe. § 5 der Kärntner Bauordnung 1996 regle eine spezielle Art der Beratungs- und Auskunftspflicht, wonach die Behörde Bauinteressenten auf ihr Verlangen Auskünfte in Bauangelegenheiten zu erteilen habe; Bauinteressenten seien insbesondere darauf hinzuweisen, welche weiteren behördlichen Verfahren für das Vorhaben voraussichtlich nötig seien. Im Hinblick auf die rechtswidrige Unterlassung der Weiterleitung der Projektunterlagen an die Baurechtsabteilung sowie die unterlassene Ersichtlichmachung des Hochwasserabflussgebiets im Flächenwidmungsplan sei die Baubewilligung erteilt worden, ohne die Bauwerber über das Hochwasserabflussgebiet zu informieren und ihnen die Vorlage einer wasserrechtlichen Bewilligung aufzutragen. Die Bauwerber hätten im Hinblick auf die erteilte Baubewilligung davon ausgehen dürfen, dass der Verwirklichung ihres Vorhabens öffentlich-rechtliche Hindernisse nicht entgegenstehen. Schließlich sei es nach § 15 Abs 4 K-GlpG an der beklagten Partei gelegen gewesen, auf Grund der Planungsunterlagen des Planungsbüros eine Rückwidmung des vom Hochwasser bedrohten Baulands zu veranlassen. Insgesamt erweise sich das Verhalten der Organe des beklagten Rechtsträgers als rechtswidrig. Da die Organe der Rechtsträger ausnahmslos verpflichtet seien, sich rechtmäßig zu verhalten, treffe die Behauptungs- und Beweislast für mangelndes Verschulden rechtswidrig agierender Organe stets den beklagten Rechtsträger. Dieser Beweis sei der beklagten Partei nicht gelungen. Die ordentliche Revision sei zuzulassen, da Rechtsprechung zur Frage fehle, wie weit die Verpflichtung der Gemeinde zur Ersichtlichmachung von Gefahrenzonen gehe, wenn von der zuständigen Behörde kein Gefahrenzonenplan erstellt worden sei.

Die Revision der beklagten Partei ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionswerberin gesteht zwar (zunächst) zu, dass dem Berufungsgericht insoweit zu folgen sei, als eine vom Vorliegen eines Gefahrenzonenplans abhängige Verpflichtung der Gemeinde zur Ersichtlichmachung von Hochwasserabflussgebieten im Flächenwidmungsplan im Kärntner Gemeindeplanungsgesetz keine Grundlage finde. Sie meint allerdings, dass weder dem Gesetz noch der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs oder der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts entnommen werden könne, „auf Grund welcher Urkunden bzw nach welchen konkreten Kriterien - insbesondere von wem -" die Festlegung einzelner Gebiete als Hochwassergebiete zu erfolgen habe, um die Pflicht der Gemeinde zu deren Ersichtlichmachung auszulösen. Dieser Argumentation ist entgegenzuhalten, dass seit Inkrafttreten der Wasserrechtsgesetz-Novelle 1990 am 1. Juli 1990 gemäß § 38 Abs 3 WRG idF BGBl 1990/252 als Hochwasserabflussgebiet im Sinn des § 38 Abs 1 WRG das bei 30-jährlichen Hochwässern überflutete Gebiet gilt. Maßgeblich ist dabei die nach den Grundsätzen der Hydrographie ermittelte Häufigkeit (Jährlichkeit, Dimension) von Hochwässern (Oberleitner, WRG [2004], § 38 Rz 11). Die Pflicht zur Ersichtlichmachung im Flächenwidmungsplan gemäß § 12 Abs 1 Z 2 K-GplG ergibt sich daher aus dem Vorliegen eines derartigen Hochwasserabflussgebiets.

Den umfangreichen Ausführungen der Revisionswerberin zur „erhöhten Bestandkraft" eines Flächenwidmungsplans ist entgegenzuhalten, dass § 15 Abs 4 K-GplG ausdrücklich normiert, dass als Bauland festgelegte unbebaute Grundflächen, die im Gefährdungsbereich von Hochwasser... gelegen sind (§ 3 Abs 1 lit b), in Grünland rückzuwidmen sind, sofern nicht zu erwarten ist, dass diese Gefahren innerhalb eines Planungszeitraums von zehn Jahren durch entsprechende Maßnahmen abgewendet werden. Im Hinblick auf die ausdrückliche gesetzliche Anordnung der „Rückwidmung" durfte die beklagte Partei von der Rückwidmung des vom Kläger und seiner Ehegattin gekauften Grundstücks nur unter der Voraussetzung Abstand nehmen, dass die Abwendung der Hochwassergefahr durch entsprechende Maßnahmen binnen zehn Jahren wahrscheinlich gewesen wäre. Gerade das hat die beklagte Partei aber nicht unter Beweis gestellt. Unabhängig davon, ob der Projektplan des Planungsbüros bereits als Grundlage für eine Änderung des Flächenwidmungsplans im Sinn einer Rückwidmung von Bauflächen geeignet gewesen wäre, bot dieser Plan jedenfalls ausreichende Anhaltspunkte für eine Hochwassergefährdung; es wäre daher an der beklagten Partei gelegen gewesen, ihrer gesetzlichen Verpflichtung durch entsprechende Überprüfung der Hochwassersituation zu entsprechen. Bereits das Berufungsgericht hat zutreffend dargelegt, dass die Verpflichtung der Gemeinde zur Ersichtlichmachung eines Hochwassergebiets im Flächenwidmungsplan nicht davon abhängen kann, ob ein Gefahrenzonenplan im Sinn des Forstgesetzes erstellt wurde. Ebensowenig kann diese Verpflichtung davon abhängen, ob seitens anderer Rechtsträger (zufällig) Grundlagen für die Beurteilung als Hochwassergebiet geliefert werden. Vielmehr trifft die Gemeinde bereits bei Bestehen von konkreten Anhaltspunkten für eine Hochwassergefährdung die Verpflichtung - gegebenenfalls unter Einbeziehung von Informationen und Auskünften anderer Rechtsträger -, sich Gewissheit über das Vorliegen oder Nichtvorliegen eines Hochwasserabflussgebiets zu verschaffen.

In diesem Zusammenhang ist auch ohne Bedeutung, ob die Beauftragung eines Büros mit der Erstellung von Projektplänen im Rahmen der Hoheits- oder der Privatwirtschaftsverwaltung erfolgte, da das Vorliegen des erstellten Plans jedenfalls einen die Nachforschungspflicht der beklagten Partei auslösenden Anhaltspunkt für eine Hochwassergefährdung darstellte.

Soweit die Rechtsmittelwerberin vermeint, dass das Unterlassen der Änderung des Flächenwidmungsplans schon deshalb nicht rechtswidrig sein könne, da es sich bei dem „Lageplan" um keinen Gefahrenzonenplan handle, verkennt sie neuerlich, dass die Handlungspflicht der beklagten Partei unabhängig von der Existenz eines Gefahrenzonenplans besteht. In § 12 Abs 1 Z 2 K-GplG sind Hochwasserabflussgebiete neben den Gefahrenzonen gesondert erwähnt. Schon daraus ergibt sich - was die Rechtsmittelwerberin übrigens eingangs ihrer Revision ausdrücklich zugesteht -, dass die Ersichtlichmachung eines Hochwasserabflussgebiets im Flächenwidmungsplan nicht davon abhängen kann, dass dieses in einen Gefahrenzonenplan aufgenommen wurde. Die von der Rechtsmittelwerberin bestrittene Rechtswidrigkeit liegt nicht nur darin, dass der gegenständliche Plan nicht zu weiteren Veranlassungen führte, sondern auch darin, dass die beklagte Partei trotz ausdrücklichen gesetzlichen Auftrags keinerlei Erhebungen zur Feststellung des Hochwasserabflussgebiets durchführte und auch ihrer sich aus § 18 K-GplG ergebenden Verpflichtung, den Flächenwidmungsplan regelmäßig zu überprüfen, insoweit nicht nachkam. Gemäß § 3 Kärntner Raumordnungsgesetz sind Gefahrenzonen auszuweisen. Der Schluss, dass die Gemeinde bei der Festlegung von Gefahrenzonen auf das Vorliegen eines Entwicklungsprogramms für ein bestehendes Grundstück angewiesen sei, ist angesichts der klaren gesetzgeberischen Anordnung, bestimmte gefährdete Flächen im Flächenwidmungsplan ersichtlich zu machen, nicht nachvollziehbar. Die Ausführungen der beklagten Partei, dass der eingetretene Schaden nicht im Rahmen des Schutzzwecks der übertretenen Norm liege, überzeugen nicht. Vom Schutzzweck der Raumordnungsgesetze sind jedenfalls die subjektiv-öffentlichen Rechte der Liegenschaftseigentümer und ihrer Rechtsnachfolger erfasst. Ein Bauwerber darf sich darauf verlassen, dass bei der Erstellung von Flächenwidmungsplänen die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse berücksichtigt werden, das Gelände also zB nicht unbenützbar durch Altlasten kontaminiert ist oder in einer Gefahrenzone (zB Hochwasser- oder Lawinengefahr) liegt (Schragel, AHG³ Rz 132 mwH). Welcher vertretbaren Rechtsansicht die beklagte Partei bei der Unterlassung jeglicher Erhebungen zur Ermittlung des Hochwasserabflussgebiets gefolgt sein soll, vermag die Revisionswerberin nicht darzustellen.

Soweit die Rechtsmittelwerberin mit einer Verletzung der Rettungspflicht argumentiert, da der Kläger nicht um eine wasserrechtliche Bewilligung angesucht hat, verkennt sie die Situation. Der Schaden des Klägers und seiner Ehegattin entstand nämlich deshalb, weil sie in Unkenntnis der wahren Sachlage das Grundstück erwarben, um eine Baubewilligung ansuchten und infolge Bewilligung des Bauvorhabens mit (Bau-)Kosten belastet wurden, die bei Kenntnis des Umstands, dass sich ihr Baugrundstück (teilweise) im Hochwasserabflussgebiet befindet, nicht entstanden wären. Der Oberste Gerichtshof hat bereits ausdrücklich dargelegt, dass Flächenwidmungspläne für die Frage nach der Bebaubarkeit einer Liegenschaft von ausschlaggebender Bedeutung sind (1 Ob 578/93) und deshalb deren Inhalt die wichtigste Grundlage für alle wirtschaftlichen Dispositionen, die mit dem Kauf und der Bebauung von Grundstücken verknüpft sind, darstellt (1 Ob 14/00s). Es geht nicht an, den Kläger und seine Ehegattin darauf zu verweisen, sie hätten ohnehin in einem hochwassergefährdeten Gebiet bauen dürfen. Dem Einwand, der Kläger habe gegen seine Schadensminderungspflicht verstoßen, ist entgegenzuhalten, dass er ohnehin nach Erhalt der Information, dass die Baustelle im Hochwasserabflussgebiet liegt, die Bautätigkeit eingestellt hat. Die Grundwasserprobleme allein gaben noch keinen ausreichenden Hinweis auf eine Hochwassergefährdung. Entgegen der Ansicht der Revisionswerberin ist die Eintragung des Hochwasserabflussgebiets im Wasserbuch gemäß § 38 Abs 3 WRG keine notwendige Voraussetzung für die Ersichtlichmachung eines solchen Gebiets im Flächenwidmungsplan. Aus dem Fehlen der Eintragung eines Hochwasserabflussgebiets im Wasserbuch darf nicht geschlossen werden, es existiere ein solches Gebiet überhaupt nicht (VwGH 93/07/0082; 2000/07/0039).

Umfassender Schutz durch die Rechtsträger - insbesondere zur Vorsorge gegen Schäden aus Naturkatastrophen wie Hochwasser, Lawinenabgänge, Erdbeben und Ähnlichem - kann gewiss nicht gewährt werden. Es liegt weitgehend im pflichtgemäßen Ermessen der Rechtsträger, wie die vorhandenen Mittel am zweckmäßigsten eingesetzt werden. Anderes muss allerdings gelten, wenn Gesetze den Ausweis von Gefahrenzonen in Flächenwidmungsplänen oder auf andere Weise fordern, weil dafür Geldmittel vorhanden sein müssen (Schragel aaO Rz 163). Schließlich ist auszuführen, dass ein Bauwerber insoweit in den Schutzbereich des öffentlichen Baurechts einbezogen wird, als er darauf vertrauen kann, dass der einer Baubewilligung entsprechenden Ausführung des Bauvorhabens keine in den Verantwortungs- und Risikobereich der Baubehörde fallende öffentlich-rechtliche, vom Bauwerber nicht überschaubare Hindernisse oder Rücksichten entgegenstehen (Schragel aaO Rz 298 mwH). Es fällt in den Verantwortungsbereich der beklagten Partei, dass sie das Hochwasserabflussgebiet im Flächenwidmungsplan nicht ersichtlich machte und die Baubewilligung erteilte, ohne diese von der Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung abhängig zu machen. Nach den Feststellungen hätte der Kläger bei gesetzeskonformer Vorgangsweise der beklagten Partei aber die Bauführung unterlassen und wäre der Schaden nicht eingetreten.

Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass die beklagte Partei gemäß § 1298 ABGB (wegen der Missachtung einer gesetzlichen Verpflichtung) zu behaupten und zu beweisen hätte, dass das schadensursächliche rechtswidrige Verhalten ihren Organen nicht auch als schuldhaft anzulasten wäre. Diesen Beweis hat die beklagte Partei nicht erbracht.

Der Revision ist daher nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

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