OGH 11Os110/06w

OGH11Os110/06w21.11.2006

Der Oberste Gerichtshof hat am 21. November 2006 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Danek, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Bussek als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Borislav V***** wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 130 erster Fall und 15 StGB sowie weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 7. Juni 2006, GZ 22 Hv 61/06d-34, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 130 erster Fall und 15 StGB (I) sowie zweier Vergehen der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB (II) schuldig erkannt.

Danach hat er

(I) gewerbsmäßig fremde bewegliche Sachen anderen mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen (1, 2 und 4) und dies versucht (3), nämlich

1) am 28. April 2005 Verfügungsberechtigten des Betriebs E***** eine Stereoanlage im Wert von 2.000 Euro,

2) am 15. Juni 2005 Verfügungsberechtigten des Betriebs E***** einen DVD-Recorder im Wert von 900 Euro,

3) am 20. Juli 2005 Verfügungsberechtigten des Betriebs E***** drei Lautsprecher und einen DVD-Receiver im Gesamtwert von 3.500 Euro, wobei es beim Versuch geblieben ist, sowie

4) am 20. Juli 2005 Verfügungsberechtigten des Betriebs S***** Bekleidung im Wert von 859 Euro und

(II) am 20. Juli 2005 andere mit Gewalt zur Abstandnahme von seiner Verfolgung genötigt, nämlich

  1. 1) Frank K***** durch Versetzen eines Stoßes sowie
  2. 2) Rene T***** durch Versetzen eines Faustschlages.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 4, 5, 5a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.

Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider wies das Erstgericht den auf den Schuldspruch I 1 bezogenen Antrag auf Durchführung eines Lokalaugenscheins am präsumtiven Tatort zum Beweis dafür, „dass die in der Anklageschrift geschilderte Vorgangsweise der Entwendung der Anlage aufgrund des Gewichtes der Anlage nicht möglich ist" (S 285), ohne Verletzung von Verteidigungsrechten ab (S 285), weil der Antrag nicht erkennen ließ, warum die begehrte Beweisaufnahme das behauptete Ergebnis erwarten lasse, und solcherart auf eine unzulässige Erkundungsbeweisführung abzielte (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 330). Das ergänzende Beschwerdevorbringen hat auf sich zu beruhen, weil allein der Beweisantrag den Gegenstand der Entscheidung des Gerichtshofes bildet und demnach auch der Oberste Gerichtshof dessen Berechtigung stets auf den Zeitpunkt dieser Entscheidung bezogen prüft (SSt 41/71, zuletzt 11 Os 93/06w).

Soweit die Mängelrüge (Z 5) darin einen Widerspruch zum Schuldspruch I 1 erblickt, dass die Tatrichter nicht festgestellt haben, auf welche Art und Weise der Beschwerdeführer die Befestigung des Diebsguts gelöst habe, bezieht sie sich nicht auf schuld- oder subsumtionsrelevante Tatsachen.

Einen Widerspruch zwischen diesem Umstand und der beweiswürdigenden Bezugnahme auf die Parallelitäten im modus operandi behauptend ignoriert die Beschwerde, dass sich die diesbezügliche Urteilspassage nicht auf die Demontage des Diebsguts, sondern auf die vom Zeugen Frank K***** beschriebene (S 269; US 9 f) und durch die aktenkundigen Lichtbilder (S 117, 121 f) objektivierte Art der Verbringung bezieht (US 12 f).

Indem die Rüge einzelne Elemente der tatrichterlichen Argumentationskette (US 9 bis 13) isoliert herausgreift und diese unter Vernachlässigung der Gesamtheit der Entscheidungsgründe als nicht dem Begründungsgebot des § 270 Abs 2 Z 5 StPO genügend darzustellen trachtet, verfehlt sie die prozessordnungskonforme Darstellung des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 394; zuletzt 11 Os 53/06p).

Die Tatsachenrüge (Z 5a), die sich darin erschöpft, auf das Vorbringen zur Mängelrüge zu verweisen und dieses mit der Behauptung, dass die im Akt befindlichen Lichtbilder den Beschwerdeführer nicht mit absoluter Sicherheit erkennen ließen, sowie dem Hinweis zu verbinden, dass das Ansichnehmen des Diebsguts auf diesen Lichtbildern nicht ersichtlich sei, vermag keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen zu wecken.

Soweit die Rechtsrüge (Z 9 lit a) zu den Schuldsprüchen II 1 und II 2 fehlende Feststellungen zur Hintanhaltung des Verfolgungswillens der Tatopfer sowie zum diesbezüglichen Vorsatz des Beschwerdeführers einwendet, ignoriert auch sie die Gesamtheit der - wenngleich zum Teil disloziert im Rahmen der Beweiswürdigung vorgenommenen - Urteilskonstatierungen, wonach der Zeuge K***** den Beschwerdeführer zum Stehenbleiben aufgefordert und versucht hat, die Polizei zu verständigen, worauf sich dieser der weiteren Anhaltung durch einen Stoß entzogen hat (US 14), und in der Folge der Zeuge Rene T***** danach getrachtet hat, den Beschwerdeführer zu stellen, hieran aber durch einen Faustschlag gehindert worden ist (US 14 f), wobei der Beschwerdeführer in beiden Fällen mit dem Vorsatz gehandelt hat, die Betroffenen durch die Gewaltanwendung zur Abstandnahme von seiner Verfolgung zu nötigen (US 8).

Das Vorbringen, hilfsweise würden die Rechtsausführungen des Erstgerichts zum Tatbestand der Nötigung (US 16 f) aus dem Blickwinkel der Z 5 und 5a des § 281 Abs 1 StPO gerügt, entzieht sich einer inhaltlichen Erwiderung, weil die rechtlichen Darlegungen der Tatrichter nicht Gegenstand der Mängel- oder der Tatsachenrüge sind. Die erstgerichtliche Schlussfolgerung aus dem objektiven Tatgeschehen (US 7 f) und dem Zugeständnis des Beschwerdeführers, vom Tatort geflüchtet zu sein (S 217 f), auf die subjektive Tatseite zu den Schuldsprüchen II 1 und II 2 (US 15) entspricht den Grundsätzen folgerichtigen Denkens ebenso wie grundlegenden Erfahrungssätzen und ist solcherart - entgegen der Beschwerde (der Sache nach Z 5) - unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 444).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen. Die Entscheidung über die Berufung kommt somit dem Gerichtshof zweiter Instanz zu (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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