OGH 13Os106/06x

OGH13Os106/06x8.11.2006

Der Oberste Gerichtshof hat am 8. November 2006 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Ratz, Hon. Prof. Dr. Schroll, Mag. Hetlinger und Mag. Lendl als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Roland als Schriftführerin in der Strafsache gegen Karin Z***** wegen des Vergehens des versuchten Diebstahls nach §§ 15, 127 StGB über die vom Generalprokurator erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 11. März 2003, GZ 17 U 597/02m-10, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin des Generalprokurators, Generalanwältin Mag. Fuchs und der Verurteilten, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Beschluss des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 11. März 2003, GZ 17 U 597/02m-10, mit dem die Karin Z***** mit Strafverfügung des Bezirksgerichtes Linz vom 16. Dezember 1999, GZ 18 U 776/99m-4, gewährte bedingte Strafnachsicht widerrufen wurde, verletzt das Gesetz in der Bestimmung des § 494a Abs 3 erster und zweiter Satz StPO.

Dieser Beschluss wird aufgehoben und der Widerrufsantrag der Bezirksanwältin abgewiesen.

Text

Gründe:

Mit dem rechtskräftigen Abwesenheitsurteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 11. März 2003, GZ 17 U 597/02m-10, wurde Karin Z***** des am 11. Oktober 2002 verübten Vergehens des versuchten Diebstahls nach §§ 15, 127 StGB schuldig erkannt und zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen (im Uneinbringlichkeitsfall 30 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) verurteilt. Unter einem erging - trotz unterbliebener Anhörung der Beschuldigten, der auch nicht früher Gelegenheit zur Stellungnahme zum Widerruf eingeräumt worden war (Jerabek, WK-StPO § 494a Rz 8) - der in Rechtskraft erwachsene Beschluss auf Widerruf der Karin Z***** mit Strafverfügung des Bezirksgerichtes Linz vom 16. Dezember 1999, GZ 18 U 776/99m-4, für eine dreijährige Probezeit gewährten bedingten Nachsicht einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen (im Uneinbringlichkeitsfall 20 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) gemäß § 494a Abs 1 Z 4 StPO.

Rechtliche Beurteilung

Wie der Generalprokurator in seiner zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend ausführt, steht der Widerrufsbeschluss mit dem Gesetz nicht im Einklang. Gemäß § 494a Abs 3 StPO hat das Gericht vor einer Entscheidung gemäß Abs 1 leg cit unter anderem den Angeklagten (hier: die Beschuldigte) zu hören. Von einer solchen Anhörung kann bei Fällung eines Abwesenheitsurteils nur dann abgesehen werden, wenn ein Ausspruch nach § 494a Abs 1 Z 1 oder 2 StPO erfolgt.

Ist das Gericht zur Anhörung - wie hier - nicht in der Lage und fällt es ein Urteil in Abwesenheit des Beschuldigten, so kommt die Entscheidung gemäß § 494a Abs 1 Z 4 StPO dem sonst nach § 495 Abs 1 StPO zuständigen Gericht zu (Jerabek in WK-StPO § 494a Rz 10, 494b Rz 1; RIS-Justiz RS0111829).

Die Beseitigung der demnach zu Unrecht ergangenen Widerrufsentscheidung fußt auf dem dem Obersten Gerichtshof durch § 292 letzter Satz StPO eingeräumten Ermessen.

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