OGH 7Ob196/06h

OGH7Ob196/06h23.10.2006

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Maximilian W*****, vertreten durch Dr. Martin Prokopp, Rechtsanwalt in Baden, und der Nebenintervenientin auf Seiten der klagenden Partei J***** GmbH, *****, vertreten durch Ebert & Huber, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei D***** Versicherungs AG, *****, vertreten durch Dr. Christoph Lassmannn-Wichtl, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 29.110,57 sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 2. Juni 2006, GZ 5 R 50/06v-33, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Nach den bindenden Feststellungen der Tatsacheninstanzen ist davon auszugehen, dass die hier zu beurteilende Erkrankung des Klägers (Arbeitsunfähigkeit vom 27. 6. 2004 bis 8. 8. 2004) auf einen Bandscheibenvorfall vom 29. 12. 2003 zurückzuführen ist. Der Unterbrechungsschaden ist daher innerhalb der dafür gemäß Art 5 Abs 1 ABUB 1994 vorgesehenen 12 monatigen Frist seit Eintritt des Personenschadens entstanden. Außerdem steht fest, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Verhandlungen über die Vertragsauflösung seine Bandscheibenerkrankung noch nicht völlig auskuriert hatte, sodass es ungewiss war, ob etwa noch eine weitere Operation erforderlich sein würde. Dem Kläger war es daher wichtig, seinen Versicherungsschutz für allfällige weitere auf den ursprünglichen Bandscheibenvorfall zurückzuführende Erkrankungen und Betriebsunterbrechungen nicht zu verlieren, da ihm klar war, dass er eine Betriebsunterbrechungs-Deckung für diese Erkrankungen nicht mehr erlangen könne. Demgemäß war der Kläger erst aufgrund der Zusage/Auskunft eines Mitarbeiters der Beklagten, das eine einvernehmliche Vertragsauflösung keinen Verlust einer derartigen Deckung (Nachhaftung) bewirke, mit der einvernehmlichen Vertragsauflösung einverstanden.

Wenn die Vorinstanzen diesen Sachverhalt als sogenannten „gedehnten Versicherungsfall" (vgl dazu RIS-Justiz RS0080433) beurteilt haben, ist dies nicht zu beanstanden. Da ein „Dauerleiden" des Klägers somit nicht vorliegt, stellt sich die Frage einer Trennungs- oder Einheitslösung gar nicht.

Damit dass gedehnte Versicherungsfälle - entgegen der in der außerordentlichen Revision vertretenen Ansicht - auch in der Betriebsunterbrechungsversicherung vorkommen können, hat sich der erkennende Senat aber bereits wiederholt befasst und dazu Folgendes aufgezeigt:

Auch insoweit beschränkt sich der Versicherungsfall nicht auf ein zeitlich punktuelles Ereignis, sondern erstreckt sich regelmäßig über eine - kürzere oder längere - Zeitspanne, die im Einzelfall, entsprechend der im Versicherungsvertrag getroffenen Vereinbarung, den Umfang der Versicherungsleistung bestimmt (7 Ob 143/01p mwN; 7 Ob 65/02p). Endet der Versicherungsvertrag während des gedehnten Versicherungsfalles, so hat der Versicherer regelmäßig auch die Schäden zu decken, die das nach dem Versicherungszeitraum ablaufende Geschehen mit sich bringt. Liegt der Beginn des gedehnten Versicherungsfalles - wie hier feststeht - innerhalb des Haftungszeitraumes, ist der Versicherer daher ungeachtet der Beendigung des (Betriebsunterbrechungs-)Versicherungsvertrages in vollem Umfang zur Leistung verpflichtet (7 Ob 143/01g). Das Berufungsgericht hat dies bereits richtig wiedergegeben. Seine Entscheidung hält sich daher im Rahmen der Rechtsprechungsgrundsätze. Für die andere Auslegung der hier zu beurteilenden Versicherungsbedingungen (ABUB 1994, insbesondere Art 5 Abs 1) gegenüber jenen, die Gegenstand der zitierten Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes waren (7 Ob 143/01g: ABUFT 1995, insbesondere Art 6 Z 1; 7 Ob 65/02p: ABUF 1984, insbesondere Art 5 Z 1 und 2) besteht auf Grund der ähnlichen Formulierungen und unter Beachtung des § 915 ABGB kein Anlass.

Es wird somit insgesamt keine erhebliche Rechtsfrage geltend gemacht. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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