OGH 6Ob197/06y

OGH6Ob197/06y12.10.2006

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler und Univ. Doz. Dr. Kodek als weitere Richter in der Pflegschaftssache der Minderjährigen 1. Shilan K*****, und 2. Sara K*****, vertreten durch das Jugendamt der Stadt V*****, über den Revisionsrekurs der Kinder gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Rekursgericht vom 21. April 2006, GZ 2 R 75/06s, 2 R 79/06d-25, womit die Beschlüsse des Bezirksgerichts Villach vom 9. Dezember 2005, GZ 3 P 25/05s-U-16 und -17, teilweise abgeändert wurden, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Der Revisionsrekurs der Kinder ist - entgegen dem den Obersten Gerichtshofs nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichts - nicht zulässig.

Das Rekursgericht hatte begründete Bedenken gegen das Ausmaß der bei Erlassung des Unterhaltstitels vorgenommenen Anspannung. Dementsprechend sprach es die aus dem Grund des § 4 Z 1 UVG begehrten (Titel)Vorschüsse folgenden zunächst nur in Höhe des Regelbedarfs zu. Es ging davon aus, dass der unterhaltspflichtige Vater Arbeitslosenunterstützung oder Notstandshilfe in Österreich beziehen könnte und ihm dadurch eine Unterhaltsleistung in Höhe des Regelbedarfs möglich wäre. Unterhaltsvorschüsse könnten daher in diesem Umfang gewährt werden. Hinsichtlich des darüber hinausgehenden Vorschussbegehrens beurteilte es das Verfahren als ergänzungsbedürftig. Es sei nämlich nicht geklärt, ob der Vater das zuletzt 2003 in Österreich bezogene Einkommen nach wie vor erzielen könnte. Dem Vater sei zwar vorzuwerfen, dass er die Unterhaltsberechtigten verlassen und in sein Heimatland Irak zurückgekehrt sei, in dem die wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse bekanntermaßen weit unter dem österreichischen Standard lägen. Es bestünden aber begründete Bedenken gegen die Unterhaltsfestsetzung durch Anspannung auf das bereits länger zurückliegende (und damit aktuell nur mehr fiktive) Einkommen in Österreich, zumal keine Verfahrensergebnisse dafür vorlägen, dass der Vater dieses Einkommen nach wie vor beziehen könnte.

Rechtliche Beurteilung

Die - nur von den Kindern bekämpfte - Entscheidung des Rekursgerichts steht mit der Rechtsprechung zu § 7 Abs 1 Z 1 UVG im Einklang. Danach hat das Gericht Vorschüsse ganz oder teilweise zu versagen, soweit in Fällen der §§ 3, 4 Z 1 und 4 UVG begründete Bedenken bestehen, dass die im Exekutionstitel festgesetzte Unterhaltspflicht (noch) besteht oder der gesetzlichen Unterhaltspflicht nicht entsprechend zu hoch festgesetzt ist. Der aufgrund eines Exekutionstitels gewährte Vorschuss soll damit der jeweiligen materiellen gesetzlichen Unterhaltspflicht entsprechen (SZ 65/114; 3 Ob 257/05y; RIS-Justiz RS0076391; Neumayr in Schwimann, ABGB³ § 7 UVG Rz 1). Das Rekursgericht hat die begehrten Unterhaltsvorschüsse bisher nicht versagt. Seine Bedenken gegen das Ausmaß der bei Erlassung des Unterhaltstitels vorgenommenen Anspannung stehen mit der ständigen Rechtsprechung in Einklang, wonach die Anspannung nicht zu einer bloßen Fiktion führen darf, und auch im Fall eines verschuldeten Arbeitsplatz- oder Berufswechsels ins Ausland bei Anwendung des Anspannungsgrundsatzes nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden darf, dass das verlorene Einkommen dem Unterhaltspflichtigen weiterhin zur Verfügung stünde (2 Ob 2376/96t; 8 Ob 133/00t; RIS-Justiz RS0047579). Der Grundsatz, dass begründete Bedenken bei Vorliegen der Voraussetzungen für die Anspannung nicht bestehen, kann nur insoweit gelten, als diese Voraussetzungen ( bei Schaffung des Unterhaltstitels) tatsächlich bestanden haben und im Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag auf Unterhaltsvorschuss nach wie vor bestehen.

Soweit das Rekursgericht bei Beurteilung der materiellen Richtigkeit des Unterhaltstitels eine Verbreiterung der Tatsachengrundlage für erforderlich gehaltenen hat, kann der Oberste Gerichtshof dem nicht entgegentreten.

Mangels Vorliegens erheblicher Rechtsfragen war das Rechtsmittel der Kinder zurückzuweisen.

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