OGH 5Ob138/06i

OGH5Ob138/06i3.10.2006

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch, Dr. Kalivoda, Dr. Höllwerth und Dr. Grohmann als weitere Richter in der Grundbuchssache des Antragstellers Reinhard P*****, wegen Grundbuchshandlungen ob der Liegenschaft EZ *****, über den Revisionsrekurs von Iris P*****, vertreten durch Dr. Thomas J. Ruza, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichtes Korneuburg als Rekursgericht vom 28. Februar 2006, AZ 22 R 29/05b, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Hollabrunn vom 29. August 2005, TZ 4838/05, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden als nichtig aufgehoben und der Antrag, aufgrund des Schenkungsvertrages vom 6. September 2004 und der Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes vom 22. September 2004 im Grundbuch der Katastralgemeinde ***** ob der der Iris P*****, gehörenden Hälfte der Liegenschaft EZ ***** die Einverleibung des Eigentumsrechtes für Reinhard P*****, zu bewilligen, sodass dieser nunmehr zur Gänze Eigentümer dieser Liegenschaft sei, zurückgewiesen.

Text

Begründung

Der Antragsteller und Iris P***** sind je zur Hälfte Eigentümer der Liegenschaft EZ *****.

Der Antragsteller brachte einen Schriftsatz ein, der von ihm nicht unterfertigt ist und in dem wie im Spruch ersichtlich begehrt wird. Laut Amtsvermerk der Rechtspflegerin auf dem Vorlagebericht an das Rekursgericht überreichte der Antragsteller das Gesuch persönlich. Das Erstgericht bewilligte den Antrag.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs von Iris P*****, die das Fehlen der Unterschrift und dadurch die Nichtigkeit des Verfahren geltend machte, nicht Folge. Das Rekursgericht vertrat die Ansicht, dass die Unterfertigung eines vom Antragsteller persönlich überreichten Gesuches übertriebener Formalismus sei, da die Unterschrift primär dazu diene, festzustellen, dass das Gesuch tatsächlich vom vermeintlichen Antragsteller herrühre. Diesem Erfordernis sei jedoch Genüge getan, wenn der (dem Erstgericht persönlich bekannte) Antragsteller das Gesuch wie im gegenständlichen Fall persönlich dem Grundbuchsbeamten übergeben habe.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Revisionsrekurs zulässig sei, da das Rekursgericht von der bisherigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung im Bezug auf das Erfordernis einer eigenhändigen Unterschrift des Antragstellers auf dem Grundbuchsgesuch abgewichen sei.

Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs von Iris P***** mit einem „Abänderungsantrag" infolge Nichtigkeit.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, er ist auch berechtigt. Im Grundbuchsverfahren gelten, soweit nichts anderes bestimmt wird, die Vorschriften über das Verfahren in Außerstreitsachen (§ 75 Abs 2 GBG). Grundbuchsgesuche können sowohl schriftlich als auch mündlich angebracht werden (§ 83 Abs 1 GBG). Nach § 10 Abs 1 AußStrG können Anträge in der Form eines Schriftsatzes bei Gericht eingebracht werden. Die Anordnung, dass der Schriftsatz im außerstreitigen Verfahren unterfertigt werden muss, ist dem Gesetz zwar nicht ausdrücklich zu entnehmen, doch ergibt sich bereits aus der Verwendung des Begriffes „Schriftsatz" der Verweis auf die ZPO und damit auf den notwendigen Inhalt eines Schriftsatzes (vgl Fucik/Kloiber, AußStrG, § 10, Rz 5).

Nach § 75 Z 3 ZPO hat jeder Schriftsatz die Unterschrift der Partei selbst oder ihres gesetzlichen Vertreters zu enthalten. Die Unterschrift ist unbedingtes Erfordernis. Diese Bestimmung geht über den Rahmen einer Formalvorschrift hinaus. Ihr Zweck ist es klarzustellen, dass die Einbringung des Schriftsatzes und sein Inhalt dem Willen der Partei entsprechen. Es soll Missbräuchen vorgebeugt werden (RIS-Justiz RS0035753; Gitschthaler in Rechberger2, § 75 ZPO, Rz 7; Konecny in Fasching/Konecny2, § 75 ZPO, Rz 27; vgl 1 Ob 315/47 = SZ 21/37). Dem entspricht auch § 58 GO, der anordnet, dass die Unterschrift auf der Eingabe handschriftlich auf der ersten Seite des Schriftsatzes anzubringen ist.

Solange ein Schriftsatz nicht unterschrieben ist, ist er nicht wirksam eingebracht. Dies ist keinesfalls - wie das Rekursgericht darzulegen versucht - beim persönlichen Überreichen des Schriftsatzes ein unnötiger Formalismus, sondern Voraussetzung dafür, dass überhaupt von einem wirksamen Antrag gesprochen werden kann. Auch wenn der Antragsteller den Schriftsatz persönlich bei Gericht überreicht hat, so ist ohne Unterfertigung nicht sichergestellt, dass er genau den Schriftsatz überreicht hat, den er überreichen wollte. Ohne Unterschrift ist die Erklärung nicht ausreichend spezifiziert und wirksam.

Dies bedeutet für das vorliegende Verfahren, dass die Vorinstanzen über einen nicht wirksam erhobenen Antrag entschieden haben (vgl SZ 21/37). Ein Verbesserungsauftrag kann im Grundbuchsverfahren wegen des Verbotes der Zwischenerledigung zur Hintanhaltung ungerechtfertigter Rangverschiebungen in derartigen Fällen nach § 95 Abs 1 GBG nicht erteilt werden (vgl 5 Ob 202/03x; RIS-Justiz RS0111176; Hofmeister zu LGZ Wien 46 R 725/83 = NZ 1985/39 der allerdings eine anmerkungsfähige Abweisung des Antrags statt der Zurückweisung des Schriftsatzes befürwortet).

Da der Antrag nicht wirksam gestellt wurde, kann über ihn auch nicht entschieden werden, sodass die Entscheidungen der Vorinstanzen aufzuheben und der Antrag zurückzuweisen war.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte