OGH 14Os70/06k

OGH14Os70/06k29.8.2006

Der Oberste Gerichtshof hat am 29. August 2006 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Holzweber als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Philipp, Hon. Prof. Dr. Schroll, Hon. Prof. Dr. Kirchbacher und Mag. Hetlinger als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Denk als Schriftführer in der Strafsache gegen Prince Bright E***** und einen weiteren Angeklagten wegen des Verbrechens der versuchten schweren Nötigung nach den §§ 15, 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Prince Bright E***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 22. Februar 2006, GZ 34 Hv 8/06i-95, sowie über die implizierte Beschwerde gegen den zugleich gefassten Beschluss gemäß § 494a Abs 1 Z 2 und Abs 6 StPO nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Mag. Bauer, des Angeklagten Prince Bright E***** und seines Verteidigers Dr. Hofer-Zeni zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Strafausspruch sowie der Beschluss nach § 494a Abs 1 Z 2 und Abs 6 StPO aufgehoben und insoweit nach § 288 Abs 2 Z 3 StPO in der Sache selbst zu Recht erkannt:

Prince Bright E***** wird für die ihm zur Last liegenden strafbaren Handlungen nach §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB sowie nach § 83 Abs 2 StGB unter Anwendung des § 28 StGB und gemäß §§ 31, 40 StGB unter Bedachtnahme auf die Urteile des Landesgerichtes Linz vom 25. Oktober 2005, GZ 34 Hv 56/05x-12, sowie des Bezirksgerichtes Linz vom 6. September 2005, GZ 18 U 252/05i-34, nach § 106 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten als Zusatzstrafe

verurteilt.

Gemäß § 43 Abs 1 StGB wird der Vollzug der Zusatzfreiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen. Gemäß § 38 Abs 1 Z 1 StGB wird die Vorhaft vom 28. November 2005, 17 Uhr 15, bis zum 13. Februar 2006, 8 Uhr 00, und vom 15. Februar 2006, 9 Uhr 00, bis zum 22. Februar 2006, 21 Uhr 30, auf die verhängte Freiheitsstrafe angerechnet.

Gemäß § 494a Abs 1 Z 2 StPO wird vom Widerruf der im Verfahren AZ 44 EHv 47/04h des Landesgerichtes für Strafsachen Wien ausgesprochenen teilweise bedingten Strafnachsicht abgesehen.

Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen. Mit seiner Berufung und der damit implizierten Beschwerde wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Dem Angeklagten Prince Bright E***** fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auch rechtskräftige Freisprüche - unter anderem des Mitangeklagten Benjamin A***** - enthaltenden Urteil wurde Prince Bright E***** des Verbrechens der versuchten schweren Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB (1.) sowie des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 2 StGB (2.) schuldig erkannt.

Danach hat er in der Nacht vom 15. auf 16. August 2005 (zu ergänzen: in Linz) seine Ehefrau Anneliese W*****

1. durch gefährliche Drohung mit dem Tode zu einer Unterlassung zu nötigen versucht, indem er mehrfach äußerte, er werde sie umbringen, sollte sie nochmals mit einem anderen Mann (gemeint Harald S*****) ausgehen;

2. am Körper misshandelt und dadurch fahrlässig verletzt, indem er sie derart heftig an den Oberarmen erfasste, dass sie Hämatome erlitt.

Rechtliche Beurteilung

Gegen den Schuldspruch richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 9 lit a, 9 lit b und 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde, der teilweise Berechtigung zukommt.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) bemängelt fehlende Feststellungen zum Schuldspruch nach § 83 Abs 2 StGB, ohne darzutun, welche über die vom Erstgericht getroffenen Urteilsannahmen hinausgehenden Konstatierungen notwendig gewesen wären.

Die subjektive Tatseite zum Verbrechen der versuchten schweren Nötigung wurde vom erkennenden Gericht durch die - entgegen der Rüge im Urteil klar und unmissverständlich zum Ausdruck gebrachte - Absicht des Beschwerdeführers, seine Ehefrau in Todesangst zu versetzen, hinreichend verdeutlicht. Dass dieses Delikt auch mit bedingtem Vorsatz begangen werden könnte (vgl Leukauf/Steininger Komm3 § 105 Rz 20; Fabrizy StGB9 § 105 Rz 6; 10 Os 150/83, EvBl 1984/127, 496; aA aber Kienapfel/Schroll BT I5 § 105 Rz 75; Schmoller SbgK § 102 Rz 70; Hochmayr/Schmoller SbgK § 269 Rz 63), steht dem nicht entgegen.

Soweit der Rechtsmittelwerber einen Mangel an Konstatierungen zur Besorgniseignung vorbringt, übergeht er die diesbezüglichen Feststellungen (US 11). Die weiteren (lediglich spekulativen) Erwägungen zur fehlenden Ernsthaftigkeit der geäußerten Todesdrohung bekämpfen die Beweiserwägungen der Tatrichter, ohne einen Begründungsmangel iSd § 281 Abs 1 Z 5 StPO darzutun; einen Rechtsfehler iSd § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO vermögen derartige Ausführungen nicht aufzuzeigen.

In der weiteren Rechtsrüge (Z 9 lit b) behauptet der Nichtigkeitswerber mangelnde Strafwürdigkeit (§ 42 StGB) betreffend die ihm angelastete Körperverletzung nach § 83 Abs 2 StGB. Er ignoriert dabei allerdings jene Umstände, die eine Bestrafung spezialpräventiv geboten erscheinen lassen, so etwa die in Bezug auf die vorgeworfene Körperverletzung einschlägige Vorverurteilung wegen des Vergehens nach § 27 Abs 1 und Abs 2 Z 2 SMG zu AZ 44 E Hv 47/04h des Landesgerichtes für Strafsachen Wien aus dem Jahr 2004. Überdies lässt er außer Betracht, dass die nunmehr inkriminierten Aggressionshandlungen bei schon laufendem Verfahren sowohl zu AZ 34 Hv 56/05x des Landesgerichtes Linz (wegen des ebenfalls als einschlägig zu bewertenden und am 26. April 2005 begangenen Vergehens des Widerstands gegen die Staatsgewalt nach § 269 Abs 1 StGB) als auch zu AZ 18 U 252/05i des Bezirksgerichtes Linz gesetzt wurden. Im Hinblick darauf und unter Berücksichtigung der ihm weiters zur Last zu legenden Aggressionstat nach §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB (vgl Schroll in WK2 § 42 Rz 58; SSt 56/27) kommt die Anwendung des § 42 StGB aus spezialpräventiven Gründen nicht in Betracht. Im Recht ist allerdings die Sanktionsrüge (Z 11), welche eine fehlende Berücksichtigung der im Verhältnis der §§ 31, 40 StGB stehenden - auch aus den Entscheidungsgründen ersichtlichen (US 4) - Verurteilungen des Landesgerichtes Linz vom 25. Oktober 2005, GZ 34 Hv 56/05x-12, und des Bezirksgerichtes Linz vom 6. September 2005, GZ 18 U 252/05i-34, vorbringt. Die dem Beschwerdeführer nunmehr angelasteten Straftaten liegen alle vor dem 6. September 2005 und hätten daher schon im Verfahren des Bezirksgerichtes Linz zu AZ 18 U 252/05i mitabgeurteilt werden können.

Der fehlerhafte Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung und des Beschlusses nach § 494a Abs 1 Z 2 und Abs 6 StPO) war daher aufzuheben und mit Strafneubemessung vorzugehen.

Dabei wurde als erschwerend das Zusammentreffen eines Verbrechens mit mehreren Vergehen sowie die einschlägige Vorstrafe und die Tatbegehung sowohl während des zu AZ 34 Hv 56/05x des Landesgerichtes Linz als auch während des zu AZ 18 U 252/05i des Bezirksgerichtes Linz anhängigen Strafverfahrens gewertet. Als mildernd fiel hingegen ins Gewicht das im Verfahren AZ 18 U 252/05i des Bezirksgerichtes Linz abgelegte Geständnis zum dort angelasteten Vergehen, dass es im Fall der schweren Nötigung beim Versuch geblieben ist und dass die nunmehr inkriminierten Taten Ausfluss einer durch ausgedehnte nächtliche Kontakte seiner Ehefrau zu einem anderen Mann - die der Rechtsmittelwerber irrtümlich (gleichwohl beachtlich; vgl Moos in WK2 § 76 Rz 54; Kienapfel/Schroll BT I5 § 76 Rz 35) als ehewidrig bewertete - hervorgerufenen allgemein begreiflichen heftigen Gemütsbewegung waren.

Unter Berücksichtigung der vom Bezirksgericht Linz zu AZ 18 U 252/05i wegen des Vergehens nach § 27 Abs 1 erster und zweiter Fall SMG ausgemessenen Geldstrafe von 60 Tagessätzen und der vom Landesgericht Linz zu AZ 34 Hv 56/05x wegen des Vergehens des Widerstands gegen die Staatsgewalt nach § 269 Abs 1 StGB verhängten, unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von fünf Monaten erweist sich eine Zusatzfreiheitsstrafe von drei Monaten (somit eine fiktive Gesamtstrafe von neun Monaten) als ausreichend, um sowohl dem Unrechtsgehalt der Taten als auch der affektbetonten Schuld des Angeklagten gerecht zu werden. Im vorliegenden Fall eines Bedachtnahmeurteils wurde das unter Berücksichtigung der bereits verhängten Sanktionen zu beachtende Mindestmaß der Strafe nach § 106 Abs 1 StGB überschritten. Insoweit bedurfte es daher keiner Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung nach § 41 StGB (vgl Ratz in WK2 § 40 Rz 3; 13 Os 86/81).

Die nunmehr erfolgte Trennung des Prince Bright E***** von seiner Ehefrau und die damit reduzierte Gefahr neuerlicher partnerschaftsbedingter Auseiandersetzungen sowie die spezialpräventive Signalwirkung einer ca dreimonatigen Untersuchungshaft erlaubten es auch, die verhängte Zusatzfreiheitsstrafe gemäß § 43 Abs 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachzusehen.

Im Hinblick darauf, dass das Absehen des erkennenden Gerichts vom Widerruf des bedingt nachgesehenen Strafenteils aus der wegen des Vergehens nach § 27 Abs 1 und Abs 2 Z 2 SMG erfolgten Verurteilung durch das Landesgericht für Strafsachen Wien vom 14. Mai 2004, AZ 44 E Hv 47/04h, unangefochten blieb, war die Entscheidung nach § 494a Abs 1 Z 2 StPO aus dem Ersturteil zu übernehmen (vgl Jerabek, WK-StPO § 498 Rz 10; s auch Ratz, WK-StPO § 290 Rz 59). Eine Verlängerung der Probezeit zu dieser Verurteilung erfolgte bereits in den getrennt (in Unkenntnis des jeweils anderen Prozesses) geführten Verfahren AZ 34 Hv 56/05x des Landesgerichtes Linz und AZ 18 U 252/05i des Bezirksgerichtes Linz.

Die Vorhaft (ON 24 und 92) war gemäß § 38 Abs 1 Z 1 StGB auf die verhängte Freiheitsstrafe anzurechnen.

Mit seiner Berufung und der implizierten Beschwerde war der Angeklagte auf die Strafneubemessung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390a Abs 1 StPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte