OGH 9ObA22/06k

OGH9ObA22/06k12.7.2006

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Manfred Engelmann und Dr. Klaus Mayr als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Eva Maria H*****, Pensionistin, *****, vertreten durch Freimüller/Noll/Obereder/Pilz & Partner Rechtsanwälte GmbH, Wien, gegen die beklagte Partei A***** AG, *****, vertreten durch CMS Reich-Rohrwig Hainz, Rechtsanwälte in Wien, wegen EUR 2.849,57 brutto sA und Feststellung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 21. Dezember 2005, GZ 7 Ra 162/05b-33, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Der Klägerin bestreitet gar nicht, dass mit den hier maßgebenden Vereinbarungen ein beitragsorientiertes Pensionssystem vereinbart wurde. Andernfalls wäre die von ihr erklärte Anfechtung der Vereinbarung wegen Irrtums nicht verständlich. Dass die Vereinbarung im von der Beklagten behaupteten Sinn auszulegen ist, sagt aber nichts darüber aus, ob sie von der Klägerin auch in diesem Sinn verstanden wurde oder ob sie über ihre Bedeutung geirrt hat. Dies ist letztlich eine Tatfrage, die nach den Feststellungen der Vorinstanzen im Sinne des Prozessstandpunktes der Klägerin - also im Sinne der Bejahung eines Geschäftsirrtums - zu beantworten ist. Der Oberste Gerichtshof hat bereits wiederholt ausgesprochen, dass der Arbeitgeber gegenüber seinen ehemaligen Arbeitnehmern im Zusammenhang mit Vorschlägen, die auf eine Befreiung des Arbeitgebers von weiteren direkten Leistungsverpflichtungen aus einer Pensionsvereinbarung hinauslaufen, zur umfassenden Aufklärung verpflichtet ist (9 ObA 243/02d; 8 ObA 100/04w; zuletzt etwa 9 ObA 46/06i). Wie weit diese Aufklärungspflicht im konkreten Fall reicht, ist eine Frage des Einzelfalls, die - von Fällen krasser Fehlbeurteilung durch die zweite Instanz abgesehen - die Zulässigkeit der Revision nicht rechtfertigen kann. Eine krasse Fehlbeurteilung der zweiten Instanz vermag die Revisionswerberin aber nicht aufzuzeigen. Ihr Einwand, die Klägerin habe ohnehin durch den - bloßen - Hinweis in der von ihr abgeschlossenen Pensionsvereinbarung auf die Pensionskassen-Betriebsvereinbarung mögliche Minderzahlungen gegenüber dem leistungsorientierten Pensionssystem erkennen müssen, läuft im Ergebnis auf eine völlige Verneinung der Aufklärungspflicht des Arbeitgebers hinaus und wird daher der wiedergegebenen Rechtsprechung nicht gerecht.

Es entspricht der Rechtsprechung, dass die Verletzung von Aufklärungspflichten sowohl Schadenersatzpflichten begründen als auch als Veranlassen eines dadurch relevanten Geschäftsirrtums beurteilt werden kann (8 Ob 29/94 in RIS-Justiz RS0014885 [T13]; SZ 58/69). Da letzteres mit jedenfalls vertretbarer Auffassung von den Vorinstanzen bejaht wurde, kommt es auf ein „offenbares Auffallenmüssen" (als weiteren, in § 871 ABGB genannten Anfechtungsgrund) nicht mehr an.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte