OGH 5Ob150/06d

OGH5Ob150/06d11.7.2006

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch, Dr. Veith, Dr. Höllwerth und Dr. Grohmann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Hilde R***** , vertreten durch DDr. Jörg Christian Horwath, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Eigentümergemeinschaft der Liegenschaft *****, vertreten durch die Hausverwaltung Dr. M***** OHG, *****, diese vertreten durch Dr. Harald Burmann, Dr. Peter Wallnöfer, Dr. Roman Bacher, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen EUR 47.143,95 s.A., über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 27. April 2006, GZ 2 R 61/06x-42, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Am Nachmittag des 21. 7. 2003 überquerte im Zusammenhang mit Gewittern eine massive Böenlinie den Raum I*****, wobei es zu Böenspitzen von 145 km/h kam. Durch diese Windböen entstanden im Traufenbereich des Daches des Hauses ***** in *****, das in der Verwaltung der Beklagten steht, hohe Sogkräfte, die die Befestigungseisen des Daches herausrissen. Dadurch wurde die südliche Dachhälfte mitsamt der abgeschälten Blecheindeckung der nördlichen Dachhälfte herausgerissen, 25 m weit getragen und gegen das Haus der Klägerin geschleudert. Die Schadensursache war, dass zumindest ein Befestigungseisen (Verankerung von Sparren) nur vertikal in die Betondecke eingebracht worden war, ohne dass dieses irgendeinen Dübel oder Haken aufgewiesen hätte. Eine Erkennbarkeit des Mangels war nur im Zeitpunkt der Anbringung der Verankerungen im Beton gegeben. Nach Aushärtung des Betones war die Ausbildung der Befestigungseisen infolge des Umstandes, dass deren Enden zur Gänze einbetoniert waren, nicht mehr erkennbar.

Rechtliche Beurteilung

§ 1319 ABGB stellt auf einen objektiven Sorgfaltsbegriff des Gebäudebesitzers ab. Maßgeblich ist, welche Schutzvorkehrungen und Kontrollen ein sorgfältiger Eigentümer getroffen hätte. Die Verletzung der objektiv gebotenen Sorgfaltspflicht setzt aber jedenfalls die Erkennbarkeit oder doch Voraussehbarkeit der Gefahr voraus (RIS-Justiz RS0030049; RS0023525 [T14]); RS0030035; RS0029874; RS0029874 u.a.).

Wenn das Berufungsgericht beim festgestellten Sachverhalt davon ausging, der Beklagten sei mangels Erkennbarkeit oder Voraussehbarkeit der Gefahr eine Verletzung der objektiven Sorgfaltspflicht nicht anzulasten, so stellt dies angesichts der dargestellten höchstgerichtlichen Rechtsprechung keine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung dar.

Ob für den Hauseigentümer andere Mängel des Daches erkennbar gewesen wären, ist angesichts des Umstandes, dass diese nach den Feststellungen nicht schadenskausal waren, für die Entscheidung bedeutungslos.

Soweit die außerordentliche Revision wegen der Größe und Schwere der drohenden Gefahr unterstellt, den Hauseigentümer hätte doch eine Untersuchungspflicht getroffen, es müsse doch zumindest alle 20 Jahre ein Dach auf die Beständigkeit seiner Befestigung untersucht werden, dies schon in Hinblick auf die Überprüfung der Einhaltung von Bauordnungsvorschriften ist folgendes anzumerken:

Die maßgeblichen Feststellungen machen deutlich, daß eine Erkennbarkeit des Mangels nur durch Aufstemmen des Betons, in den die Halterungen eingebracht wurden, damit nur durch eine Freilegung der Betonverankerungen bewirkt hätte werden können.Damit würden die Verankerungen wirkungslos und müßten neu hergestellt werden. In Wahrheit fordert die Revisionswerberin also eine in regelmäßigen Abständen vorzunehmende Erneuerung der gesamten Dachbefestigung. Das wäre nur dann nachvollziehbar, wenn feststünde, daß Verankerungen im Beton an sich nur eine beschränkte Lebenszeit hätten und regelmäßig zu erneuern wären. Das steht aber nicht fest.

Die die angemessene Diligenzpflicht des Gebäudebesitzers überspannende Forderung der Revisionswerberin läuft auf eine aus § 1319 ABGB aber gerade nicht abzuleitende Erfolgshaftung hinaus (vgl RIS-Justiz RS0023525).

In ihrer Gesamtheit vermögen die Ausführungen der außerordentlichen Revision, die sich weitgehend von maßgeblichen erstgerichtlichen Feststellungen entfernen und nicht vergleichbare Sachverhalte zur Begründung eines Sorgfaltsverstoßes der Beklagten heranziehen, nicht, eine Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO darzutun. Das hatte zur Zurückweisung des insoweit unzulässigen Rechtsmittels der Klägerin zu führen.

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