OGH 5Ob161/06x

OGH5Ob161/06x11.7.2006

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch, Dr. Veith, Dr. Höllwerth und Dr. Grohmann als weitere Richter in der außerstreitigen Mietrechtssache der Antragstellerin Maria D*****, vertreten durch Medwed Kupferschmid Medwed Nöstlthaller, Rechtsanwälte in Graz, gegen die Antragsgegnerin Dr. Marlies D*****, vertreten durch Dr. Gerald Stenitzer, Rechtsanwalt in Graz, wegen §§ 37 Abs 1 Z 8 und 12 MRG, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Sachbeschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 9. Mai 2006, GZ 3 R 53/06w-16, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragstellerin wird mangels der Voraussetzungen des § 37 Abs 3 Z 16 MRG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Text

Begründung

Die Antragstellerin als Mieterin und die Antragsgegnerin als Vermieterin hatten am 19. 2. 1986 einen Mietvertrag abgeschlossen, nach welchem das Bestandobjekt als solches der Kategorie B gelten sollte. Mit Bescheid der Schlichtungsstelle vom 5. 4. 1993 war der Antragsgegnerin in einem Verfahren nach den §§ 18, 19 MRG die Anhebung des Hauptmietzinses für die Zeit von 1. 6. 1993 bis 31. 5. 2003 bewilligt worden, wobei für die von der Antragstellerin in Bestand genommene Wohnung die Kategorie D zugrunde gelegt worden war. Ab 1. 6. 2003 begehrt die Antragsgegnerin Hauptmietzins auf Basis der Kategorie B.

Nach Einleitung des Schlichtungsstellenverfahrens im August 2003 wies nunmehr des Erstgericht den Antrag der Antragstellerin auf Feststellung, der begehrte Hauptmietzins sei unzulässig bzw übersteige das gesetzliche Ausmaß, wegen Verfristung nach § 16 Abs 8 MRG ab. Dem Rekurs der Antragstellerin gab das Gericht zweiter Instanz nicht Folge.

Die Antragstellerin macht als erhebliche Rechtsfragen geltend, ob § 16 Abs 8 MRG auf Altmietverträge auch dann anzuwenden sei, wenn zum Zeitpunkt seines Inkrafttretens (1. 3. 1994) die Wohnung im anhängigen § 18 MRG-Verfahren als solche der Kategorie D festgestellt und der Mietzins auf Basis dieser Kategorie vorgeschrieben wird und ob ein zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des § 16 Abs 8 MRG anhängiges § 18 MRG-Verfahren Einfluss auf Beginn und Ablauf der Präklusivfrist des § 16 Abs 8 MRG habe.

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragstellerin ist mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG nF unzulässig:

1. Es entspricht zunächst ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats, dass § 16 Abs 8 Satz 2 MRG idF des 3. WÄG auch auf vor dem 1. 3. 1994 abgeschlossene Mietzinsvereinbarungen dergestalt anzuwenden ist, dass die in dieser Gesetzesstelle normierte Präklusivfrist am 1.

3. 1994 zu laufen beginnt und am 1. 3. 1997 endet (5 Ob 137/98b =

wobl 1999/46, 96 mwN; 5 Ob 94/98d = immolex 1998/125, 203, Pfiel =

wobl 1998/115, 172, Hausmann = MietSlg 50.336 = ImmZ 1998,324;

RIS-Justiz RS 0109837); dass die Antragstellerin diese Frist hier nicht gewahrt hat, ist unzweifelhaft.

2. Im Bereich der Hauptmietzinsüberprüfung nach § 37 Abs 1 Z 8 MRG hat der Mieter die Möglichkeit, die Feststellung der zulässigen Höhe des Hauptmietzinses pro futuro oder aber zu bestimmten Zinsterminen zu begehren, er kann sich auch mit der bloßen Feststellung, dass der Hauptmietzins nach § 16 Abs 1 MRG (Angemessenheit) oder nach § 16 Abs 2 MRG (Kategorie) zu bilden ist, begnügen. Daneben ist noch die selbstständige Feststellung der maßgeblichen Kategorie oder der Nutzfläche möglich. Vom Mieter ist nach dem Zweck der Mietzinsüberprüfung zu fordern, die vermeintliche Unwirksamkeit der Mietzinsvereinbarung innerhalb der Präklusionsfrist des § 16 Abs 8 MRG möglichst umfassend feststellen zu lassen (5 Ob 85/01p).

3. Das in § 18 MRG geregelte Verfahren zur Erhöhung der Hauptmietzinse zur Finanzierung von Erhaltungsarbeiten hat nach den dort geregelten Grundsätzen zu erfolgen und ist auch bezüglich der Ermittlung der fiktiven „anrechenbaren monatlichen Hauptmietzinse" einer Parteiendisposition nicht zugänglich. Selbst wenn es außerhalb dieses Verfahrens zwischen einem Hauptmieter und dem Vermieter zu einer „Vereinbarung" über die Einstufung in eine bestimmte Ausstattungskategorie gekommen wäre, ist dennoch die dem Gesetz entsprechende, objektiv richtige Ausstattungskategorie dem Anhebungsverfahren zugrundezulegen (RIS-Justiz RS0070151). Andererseits entfaltet eine Entscheidung über die Erhöhung des Hauptmietzinses nach den §§ 18, 19 MRG Rechtskraftwirkung nur in Ansehung der darin ausgesprochenen Zulässigkeit der Einhebung eines bestimmten höheren Mietzinses für den festgesetzten bestimmten Zeitraum; im Spruch der Entscheidung ist in diesem Fall der (fiktive) Kategoriemietzins, der nach der Nutzfläche aufgeteilte anteilige Restbetrag und die Summe aus beiden als erhöhter Mietzins auszuweisen (5 Ob 108/90). Den in der Entscheidung über die Mietzinserhöhung nach §§ 18, 19 MRG gelösten Vorfragen (Ausstattungskategorie und Nutzfläche der Bestandgegenstände) kommt aber - wie der erkennende Senat bereits mehrfach ausgesprochen hat - keine Vermieter und Mieter über das Verfahren hinaus bindende Wirkung (RIS-Justiz RS0070143), etwa dahin zu, dass bei Beurteilung aller im Verlaufe des Bestands des Mietverhältnisses auftretenden Rechtsfragen, die für die Ausstattungskategorie und Nutzfläche maßgebend sind, von jenen Werten auszugehen wäre, die der Entscheidung nach den §§ 18, 19 MRG zugrunde gelegt worden sind, weil es sich dabei nur um die Lösung von Teilfragen handelt, die zwar für die Entscheidung über das erhobene Begehren von Bedeutung sind, selbst aber nicht Gegenstand des Rechtsschutzbegehrens sind (5 Ob 108/90).

4. Einerseits wegen des vornehmlichen Zwecks der Mietzinsüberprüfung, die die möglichst umfassende Klärung der vermeintlichen Unwirksamkeit der Mietzinsvereinbarung innerhalb der Präklusionsfrist des § 16 Abs 8 MRG nahe legt, und andererseits aus der fehlenden Bindungswirkung eines Verfahrens nach §§ 18, 19 MRG für die dort gelösten Vorfragen (hier: Ausstattungskategorie) folgt, dass die Antragstellerin wegen Anhängigkeit und Ergebnis des letztgenannten Verfahrens nicht von der Einhaltung der Präklusionsfrist des § 16 Abs 8 MRG entbunden war und daraus auch keine Fristerstreckung oder -unterbrechung ableiten kann (vgl dazu auch RIS-Justiz RS0112329).

Die Entscheidungen der Vorinstanzen entsprechen bestehenden und richtig angewandten Judikaturgrundsätzen des erkennenden Senats, weshalb keine Rechtsfragen im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG nF zu klären sind; der außerordentlicher Revisionsrekurs der Antragstellerin ist daher unzulässig und zurückzuweisen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte