OGH 7Ob36/06d

OGH7Ob36/06d21.6.2006

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber als Vorsitzende und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Thomas H*****, vertreten durch Mag. Lothar Korn, Rechtsanwalt in Linz, gegen die beklagte Partei G***** Versicherung AG, *****, vertreten durch Dr. Herbert Salficky, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung (Streitwert: EUR 5.000), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 24. November 2005, GZ 15 R 161/05k-14, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Linz vom 4. März 2005, GZ 13 Cg 2190/04s-9, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben und die Rechtssache wird zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Der Kläger erlitt am 11. 7. 2003 gegen 23.00 Uhr in ***** R*****, G***** Landesstraße bei Straßenkilometer 29,84 als Beifahrer auf dem von ihm gehaltenen Motorrad mit dem Kennzeichen U***** einen Verkehrsunfall. Das Motorfahrrad war hiebei mit Zustimmung des Klägers von Hubert K***** gelenkt worden. Bei diesem wurde nach dem Verkehrsunfall eine Alkomatuntersuchung durchgeführt, die einen Alkoholgehalt der Atemluft von 0,39 mg/l ergab. Deswegen wurde Hubert K***** von der Bezirkshauptmannschaft U***** gemäß §§ 37a iVm 14 Abs 8 FSG rechtskräftig bestraft.

Der Stiefvater des Klägers hatte im Unfallszeitpunkt bei der Beklagten zu Polizzen-Nummer ***** eine Fahrzeugrechtschutzversicherung abgeschlossen. Diesem Versicherungsvertrag lagen die Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung der Beklagten 1999 (ARB/GEN 99) zugrunde. Im Rahmen dieser Rechtsschutzversicherung sind der Kläger und das von ihm gehaltene, beim Verkehrsunfall beschädigte Motorfahrrad mitversichert.

Der Kläger beabsichtigt, gegen die KFZ-Haftpflichtversicherung seines Motorfahrrades (I***** Versicherungs-AG) Schadenersatzansprüche (insbesondere Schmerzengeld und Fahrtkosten) zu erheben. Mit Schreiben vom 6. 5. 2004 lehnte die Beklagte jedoch die [Rechtsschutz-]Deckung für diesen Versicherungsfall ab. Leistungsfreiheit sei gegeben, weil sich der Lenker des Motorfahrrades im Zeitpunkt des Versicherungsfalles in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe, worüber auch eine rechtskräftige Entscheidung der Bezirkshauptmannschaft U***** vorliege, in welcher diese Tatsache rechtskräftig festgestellt worden sei.

Art 18 Punkt 4 der dem Versicherungsvertrag (zwischen der beklagten Versicherung und dem Vater des mitversicherten Klägers) zugrundeliegenden Allgemeinen Bedingungen für die Rechtschutzversicherung der Beklagten (ARB/GEN 99) lautet:

„Wann entfällt der Versicherungsschutz?

4.1. Als Obliegenheiten, deren Verletzung die Leistungsfreiheit des Versicherers bewirkt, gelten

...

4.1.2. Dass der Lenker sich im Zeitpunkt des Versicherungsfalles nicht in einem durch Alkohol, Suchtgift oder Medikamentenmissbrauch beeinträchtigten Zustand befindet.

...

4.2. Leistungsfreiheit wegen Verletzungen der Obliegenheiten nach den Punkten 4.1.2. und 4.1.3. besteht nur dann, wenn der angeführte Umstand im Spruch oder in der Begründung einer im Zusammenhang mit dem Versicherungsfall ergangenen rechtskräftigen Entscheidung eines Gerichtes oder einer Verwaltungsbehörde festgestellt worden ist."

Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger die Feststellung der Deckungspflicht der Beklagten als Rechtschutzversicherer für sein Motorfahrrad zur Geltendmachung seiner Schadenersatzansprüche aus seinem [als Beifahrer erlittenen] Verkehrsunfall vom 11. 7. 2003 gegen den Haftpflichtversicherer dieses Fahrzeuges. Eine Alkoholisierung des Lenkers von unter 0,8 Promille stelle unter Berücksichtigung des § 5 Abs 1a StVO keine zur Leistungsfreiheit führende Obliegenheitsverletzung dar. Außerdem habe der Kläger die geringfügige Alkoholisierung des Lenkers nicht gekannt und auch nicht erkennen können.

Die Beklagte wendet Leistungsfreiheit gemäß Art 18.4. ARB/GEN 99 ein. Der Fahrzeuglenker habe sich zum Zeitpunkt des Versicherungsfalles in einem „durch Alkohol beeinträchtigten Zustand" befunden. Hierzu zähle auch ein Alkoholgenuss unter der 0,8 Promillegrenze. Durch ein den Lenker verurteilendes Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft (kurz: BH) Urfahr-Umgebung sei dessen Alkoholisierung in einer die Leistungspflicht der Beklagten „zufolge Verletzung der einschlägigen Obliegenheit ausschließenden Weise" ausreichend festgestellt. Da dem Kläger die Alkoholbeeinträchtigung nicht habe verborgen bleiben können, habe er sich die zitierte Obliegenheitsverletzung „als eigene" anrechnen zu lassen.

Unbekämpft festgestellt ist, dass über den Fahrer mit rechtskräftigem Straferkenntnis der BH Urfahr-Umgebung vom 24. 9. 2003 wegen Verletzung der Vorschriften des § 37a iVm § 14 Abs 8 FSG eine Geldstrafe von EUR 500 verhängt wurde, weil er am 11. 7. 2003 um 23 Uhr das Motorfahrrad mit einem Atemluftalkoholgehalt 0,39 mg/l lenkte.

Feststellungen zu einer die Fahrtüchtigkeit beeinträchtigenden Alkoholisierung des Lenkers im Sinne einer Übertretung nach § 5 Abs 1 iVm § 5 Abs 1a StVO bzw § 99 Abs 1b StVO (und damit auch zu einer allfälligen Kenntnis des Klägers von einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand des Lenkers) haben die Tatsacheninstanzen hingegen nicht getroffen.

Das Erstgericht verneinte die Leistungsfreiheit der Beklagten und gab dem Klagebegehren statt. Im zitierten Straferkenntnis sei nur festgestellt, dass Hubert K***** das Motorfahrrad mit einem Atemluftgehalt von 0,39 mg/l gelenkt habe, nicht jedoch, dass er sich hiebei in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe. Schon deshalb könne sich die Beklagte nicht auf Leistungsfreiheit berufen. Wenn beim Lenker der Alkoholgehalt des Blutes 0,5 Promille oder darüber, oder der Alkoholgehalt der Atemluft 0,25 mg/l oder mehr betrage, werde durch § 14 Abs 8 FSG zwar das Lenken und die Inbetriebnahme eines Kfz verboten und gemäß § 37a FSG mit einer Verwaltungsstrafe sanktioniert; durch § 14 Abs 8 FSG werde jedoch - anders als durch § 5 Abs 1 StVO - nicht unwiderlegbar bestimmt, dass bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,5 Promille oder darüber, oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,25 mg/l oder mehr, der Zustand einer Person jedenfalls vom Alkohol beeinträchtigt gelte und daher alle verwaltungsstrafrechtlichen, führerscheinrechtlichen, straf- und zivilrechtlichen Sanktionen ausgelöst werden. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,5 Promille könne zwar nach der körperlichen und geistigen Verfassung des Lenkers relative Fahruntüchtigkeit vorliegen; in diesem Fall würden auch die in anderen Gesetzen an die Beeinträchtigung durch Alkohol geknüpften zivil- oder strafrechtlichen Rechtswirkungen eintreten. Der Eintritt dieser Rechtswirkungen erfolge im Bereich des Blutalkoholgehalts zwischen 0,5 und 0,79 Promille bzw bei einem Alkoholgehalt der Atemluft im Bereich von 0,25 mg/l bis 0,39 mg/l ohne Vorliegen der relativen Fahruntüchtigkeit aber nur beim dritten oder häufigeren Verstoß gegen § 14 Abs 8 FSG innerhalb eines Zeitraumes von 12 Monaten ab dem ersten Verstoß (§ 5 Abs 1a StVO [zu allem:

Pürstl/Somereder, StVO11 §§ 5-5b Anm 6 f]. Diese relative Fahruntüchtigkeit sei im vorliegenden Straferkenntnis aber gerade nicht festgestellt, sodass sich die Beklagte nicht erfolgreich auf eine Leistungsfreiheit im Sinne des zitierten Artikels der ARB/GEN 99 berufen könne. Weiterer Feststellungen zu einer allfälligen Alkoholbeeinträchtigung des Lenkers und zu deren Erkennbarkeit für den Kläger bedürfe es daher nicht.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Leistungsfreiheit des Versicherers nach dem genannten Artikel der ARB/GEN 99 bestehe nur dann, wenn sich der Lenker in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe und diese Beeinträchtigung durch das Erkenntnis eines Gerichts oder einer Verwaltungsbehöre festgestellt worden sei. Dass der Lenker „nur" nach § 37a iVm § 14 Abs 8 FSG bestraft worden sei, bedeute, dass die Verwaltungsbehörde eben davon ausgegangen sei, dass keine Beeinträchtigung durch Alkohol vorgelegen sei; andernfalls wäre der Fahrer nach § 99 [Abs 1b] StVO und nicht nach § 37a FSG zu bestrafen gewesen. Lediglich wenn ein Lenker innerhalb eines Zeitraumes von 12 Monaten dreimal oder häufiger gegen § 14 Abs 8 FSG verstoße, wäre kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung durch § 5 Abs 1a StVO im Bereich des Zivilrechts von einer Beeinträchtigung durch Alkohol auszugehen. Das Erstgericht habe daher mangels Leistungsfreiheit des Rechtsschutzversicherers zu Recht festgestellt, dass die Beklagte Deckung zu gewähren habe.

Die Revision sei zulässig, weil zu den „hier zu beantwortenden" Rechtsfragen, denen eine weit über den Anlassfall hinausgehende Bedeutung zukomme, bisher noch keine oberstgerichtliche Judikatur vorliege.

Dagegen richtet sich die Revision der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im klageabweisenden Sinne abzuändern; hilfsweise wird die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung unter Zurückverweisung der Rechtssache an das Berufungsgericht, in eventu an das Erstgericht begehrt. Der Kläger beantragt, die Revision als unzulässig zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der zulässigen Revision kommt in ihrem Aufhebungsantrag Berechtigung zu.

Im Revisionsverfahren ist nur noch die gemäß § 502 Abs 1 ZPO erhebliche Frage strittig, ob - wie die Beklagte meint - auch eine Verurteilung nach § 14 Abs 8 FSG eine Obliegenheitsverletzung des Lenkens eines Kfz „in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand" (Art 18.4. ARB/GEN 99) verwirklicht. Die Vorinstanzen haben dies - wie bereits ausgeführt - übereinstimmend verneint.

Auch die Revisionswerberin beruft sich zur Zulässigkeit ihres Rechtsmittels darauf, dass eine Rechtsprechung des Höchstgerichtes nur zur vergleichbaren Obliegenheit in der Kfz-Haftpflichtversicherung („sich zum Zeitpunkt des Versicherungsfalles in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand zu befinden"), nicht aber zur einschlägigen Obliegenheit in der Rechtsschutzversicherung (Art 18 Punkt 4. ARB/GEN 99) vorliege. Außerdem stehe die Berufungsentscheidung in Widerspruch mit der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 9. 11. 2005, 7 Ob 231/05d, die das Berufungsgericht im Hinblick auf das Entscheidungsdatum zweiter Instanz (24. 11. 2005) nicht mehr habe berücksichtigen können. Das vom Gericht zweiter Instanz gefundene Ergebnis würde im Übrigen zu einer - sachlich nicht gerechtfertigten - Differenzierung zwischen Verurteilungen nach dem FSG und nach der StVO führen und somit dem verfassungsrechtlichen Gleichheitsgebot widersprechen.

Richtig ist, dass sich der Oberste Gerichtshof mit der nahezu wortgleichen Alkoholklausel nach Art 9. 2. 2. ABKH/BV 95 bereits beschäftigt und dazu Folgendes ausgesprochen hat:

„Nach Art 9 ABKH/BV 95 trifft den versicherten Lenker die Obliegenheit, sich beim Lenken des Fahrzeuges nicht in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand im Sinne der Verkehrsvorschriften zu befinden. Der Versicherer wird aber nur dann regressberechtigt, wenn im Spruch oder in der Begründung einer rechtskräftigen verwaltungsbehördlichen oder gerichtlichen Entscheidung festgestellt wird, dass dies der Fall war. Das Berufungsgericht hat schon zutreffend erkannt, dass also für die Leistungsfreiheit des Versicherers zwei Voraussetzungen erfüllt sein müssen. Es muss einerseits der Nachweis der Alkoholisierung im Regressprozess erbracht werden, andererseits muss eine rechtskräftige Entscheidung einer Verwaltungsbehörde oder eines Gerichtes vorliegen, in deren Spruch oder Begründung festgestellt wird, dass das Fahrzeug in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand gelenkt wurde. Die Obliegenheitsverletzung darf demnach nicht angenommen werden, wenn die Beeinträchtigung durch Alkoholisierung zwar im Regressverfahren festgestellt werden konnte, aber eine rechtskräftige Entscheidung der angeführten Art nicht vorliegt" (7 Ob 70/02y mwN; RIS-Justiz RS0108216; zuletzt: 7 Ob 116/04s). Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senates trifft es auch zu, dass die Verletzung der Alkoholklausel dem Versicherungsnehmer nicht nur dann zur Last fällt, wenn er selbst sein Fahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt hat, sondern auch dann, wenn er sein Fahrzeug einer derart beeinträchtigten Person zur Lenkung überlassen hat (RIS-Justiz RS0081408). In der dazu ergangenen Entscheidung (7 Ob 10/88) ist festgehalten, dass

„schon die dem Beklagten anzulastende Verletzung der Obliegenheit nach Art 6 Abs 2 lit b AKHB die Leistungsfreiheit der Klägerin zur Folge hat. Diese Obliegenheit wird nämlich, wie sich schon aus dem Wortlaut des Art. 6 Abs 2 lit b AKHB ergibt (als Obliegenheiten ... werden bestimmt ..., dass sich der Lenker nicht in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand im Sinne des § 5 Abs 1 oder 8 StVO 1960 befindet...), nicht nur dann verletzt, wenn der Versicherungsnehmer selbst sein Fahrzeug in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand gelenkt hat, sondern auch dann, wenn er einer derart beeinträchtigten Person das Lenken seines Fahrzeuges überlassen hat. Die Leistungsfreiheit des Versicherers ist von der doppelten Voraussetzung abhängig, dass das Zivilgericht eine Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit des Kraftfahrzeuglenkers feststellen kann und dass überdies in einem Erkenntnis des Strafgerichts oder der Verwaltungsbehörde eine gleichartige Feststellung erfolgt (Petrasch aaO [= ZVR 1985] 74; ZVR 1983/18). Dem Versicherungsnehmer aber obliegt der mögliche Beweis des Fehlens jeden Verschuldens (Petrasch aaO 69, 73; Grubmann, VersVG² Anm. 2 zu Art. 6 AKHB). Bei der Verletzung der Alkoholklausel sieht Art. 6 Abs 2 lit b AKHB nicht wie Art. 6 Abs 2 lit a für eine solche Verletzung der Führerscheinklausel vor, dass der Versicherungsschutz des Versicherten bestehen bleibt, wenn der Lenker das Fahrzeug ohne Willen des Halters gelenkt hat. Der Versicherte kann sich von den Folgen dieser Obliegenheitsverletzung nur durch den Beweis des fehlenden Verschuldens oder den Kausalitätsgegenbeweis befreien."

Nichts anderes kann für die hier zu beurteilende Klausel gelten:

In ganz einhelliger, auch von der Lehre gebilligter Rechtsprechung wird vom Obersten Gerichtshof judiziert, dass nur die Beweislast für das Vorliegen des objektiven Tatbestandes einer Obliegenheitsverletzung den Versicherer trifft (RIS-Justiz RS0081313). Hier geht es um die Verletzung der Obliegenheit nach Art 18 Punkt 4.1.2. iVm 4.2. ARB/GEN 99, also darum, ob die Verwaltungsbehörde rechtskräftig festgestellt hat, dass der Lenker sich zum Zeitpunkt des Versicherungsfalles in einem „durch Alkohol beeinträchtigten Zustand" befand. Sinn dieser zweiten Voraussetzung für die Leistungsfreiheit des Versicherers (nach Art 18 Punkt 4.2. ARB/GEN 99) ist nicht die Bestrafung, sondern nur eine entsprechende (sohin gesicherte) behördliche Feststellung, die Zweifel am inkriminierten Verhalten des Versicherungsnehmers beseitigt (vgl 7 Ob 305/98y, VersE 1818 = VersR 1999, 1567 = VR 2002/566 = ecolex 2000, 418 [Ertl] = ZVR 2000/3).

Hinsichtlich des dabei angesprochenen Zustandes des Fahrzeuglenkers wird jedoch in den Rechtsschutzversicherungsbedingungen nicht zwischen den vom Berufungsgericht dargestellten Fallgruppen der Alkoholbeeinträchtigung bzw Alkoholisierung nach der StVO und dem FSG (vgl dazu: § 5 Abs 1, Abs 1a und § 99 Abs 1b StVO bzw § 14 Abs 8 und § 37a FSG; Pürstl/Somereder, StVO11 §§ 5-5b Anm 7 letzter Abs und § 99 Anm 2 letzter Abs; Grundtner/Pürstl, FSG³ [2006] § 37a Anm 2 und Art 9.2.2 ABKH/BV95 bzw AKHB 1997, der ausdrücklich auf einen durch Alkohol beeinträchtigten Zustand „nach den Straßenverkehrsvorschriften" abstellt) unterschieden. Demgemäß kann sich die Beklagte, was den objektiven Tatbestand der Obliegenheitsverletzung betrifft, mit Erfolg auf die rechtskräftige Verurteilung des Lenkers nach § 37a FSG iVm §14 Abs 8 FSG berufen, die dessen Alkoholisierung zum Unfallszeitpunkt, also einen „durch Alkohol beeinträchtigten Zustand" im Sinne der zitierten Versicherungsbedingungen, feststellt; während dem Umstand, dass bei einer „Alkoholbeeinträchtigung zwischen 0,5 und 0,79 Promille" (auch) nach § 99 Abs 1b StVO zu bestrafen gewesen wäre (Grundtner/Pürstl aaO; Pürstl/Somereder aaO), eine solche Bestrafung hier aber nicht vorliegt, keine entscheidende Bedeutung zukommt.

Anders als im Fall eines Blutalkoholgehalts von 0,8 Promille oder darüber, in dem der Gegenbeweis dennoch bestehender Fahrtüchtigkeit nicht möglich ist (§ 5 Abs 1 Satz 2 StVO; RIS-Justiz RS0080834 [T3]), kann der Versicherungsnehmer hier jedoch - wie erst jüngst (E v 9. 11. 2005, 7 Ob 231/05d) in einem ganz vergleichbaren Fall (die [gerichtlich] festgestellte Blutalkoholkonzentration zum Unfallszeitpunkt betrug dort ebenfalls „nur" 0,78 Promille [also 0,39 mg/l Atemluftalkoholgehalt]) zum nahezu inhaltsgleichen Art 9.2.2. AKHB 1997 („durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigter Zustand nach den Straßenverkehrsvorschriften") ausgesprochen wurde - den Gegenbeweis erbringen, dass der Lenker trotz der (rechtskräftig) festgestellten Alkoholisierung noch fahrtüchtig war. Außerdem steht dem Kläger, der nicht selbst Lenker war, auch noch der Nachweis offen, dass ihn kein Verschulden an der Obliegenheitsverletzung trifft, weil er den Umstand, dass das Fahrzeug „in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand" (Art 18 Punkt 4.1.2. ARB/GEN 99) gelenkt wurde, weder kannte noch kennen musste (vgl 7 Ob 10/88). Entgegen dem in der angefochtenen Entscheidung und der Revisionsbeantwortung vertretenen Standpunkt ist also nicht von einer Beweislast des beklagten Versicherers, sondern davon auszugehen, dass zu den in diesem Zusammenhang vorgetragenen entscheidungswesentlichen Behauptungen des insoweit beweisbelasteten Klägers (eine Obliegenheitsverletzung [„Alkoholbeeinträchtigung" nach Art 18 Punkt

4.1.2. ARB/GEN 99] liege angesichts der Unterschreitung der 0,8 Promillegrenze nicht vor, und der Kläger habe die „geringfügige" Alkoholisierung nicht gekannt oder erkennen können) bisher keine Feststellungen getroffen wurden; die Tatsacheninstanzen haben sich nämlich darauf beschränkt, den Inhalt des Straferkenntnisses festzustellen, und sind im Rahmen ihrer rechtlichen Beurteilung davon ausgegangen, dass es weiterer Feststellungen zu einer allfälligen Alkoholbeeinträchtigung des Lenkers und zu deren Erkennbarkeit für den Kläger nicht bedürfe.

Im fortgesetzten Verfahren wird dies zu prüfen und die Tatsachengrundlage entsprechend zu verbreitern sein. Erst danach kann die Frage beantwortet werden, ob die festgestellte Alkoholisierung zur Obliegenheitsverletzung nach Art 18 Punkt 4.1.2. ARB/GEN 99 (nämlich zu einer durch Alkohol beeinträchtigten Fahrtüchtigkeit des Lenkers) geführt hat, die infolge eigenen Verschuldens auch den Kläger trifft und Leistungsfreiheit der Beklagten bewirkt. Das Verfahren der Vorinstanzen erweist sich daher als ergänzungsbedürftig, weshalb ihre Entscheidungen - unter Zurückverweisung der Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht - aufzuheben waren. Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.

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