OGH 13Os44/06d

OGH13Os44/06d14.6.2006

Der Oberste Gerichtshof hat am 14. Juni 2006 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Ratz, Hon. Prof. Dr. Schroll, Mag. Hetlinger und Mag. Lendl als weitere Richter in Gegenwart der Richterin im Evidenzbüro Dr. Kropiunig als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Cornel M***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 erster und dritter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Cornel M***** und Mihai T***** gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 27. Jänner 2006, GZ 406 Hv 4/05y-64, nach Anhörung der Generalprokuratur und Äußerung des Verteidigers des Zweitangeklagten (§ 35 Abs 2 StPO) in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Den Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Cornel M***** und Mihai T***** wurden des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 erster und dritter Fall StGB schuldig erkannt.

Danach haben sie in Wien mit Gewalt gegen eine Person einem anderen eine fremde bewegliche Sache mit dem Vorsatz weggenommen, sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, wobei der Raub als Mitglied einer kriminellen Vereinigung unter Mitwirkung (§ 12 StGB) eines anderen Mitglieds dieser Vereinigung begangen und durch die ausgeübte Gewalt nachfolgend genannte Personen schwer verletzt (§ 84 Abs 1 StGB) wurden, und zwar am 23. Mai 2005 zusammen mit dem abgesondert verfolgten Angelo Felipe R***** dadurch, dass sie Hermann und Johanna H***** mit einem harten Gegenstand auf den Kopf schlugen, wodurch Hermann H***** einen Kieferbruch und eine Gehirnblutung, Johanna H***** aber den Verlust mehrerer Zähne erlitt, und ihnen 13.614,11 Euro wegnahmen.

Rechtliche Beurteilung

Die aus Z 10a - von Cornel M***** auch aus Z 9 und 12 - des § 345 Abs 1 StPO ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten verfehlen ihr Ziel.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Cornel M*****:

Durch die Behauptung, aus der Antwort der Geschworenen gehe „nicht hervor, wieso der Angeklagte dieses schwere Delikt begangen haben soll" und weiter: „Lediglich Antworten, wie der Angeklagte sei aus der Straßenbahn ausgestiegen, rechtfertige keinesfalls eine Verurteilung wegen schweren Raubes." wird ein undeutlicher, unvollständiger oder in sich widersprechender Wahrspruch nicht dargetan. Da auch ein Verbesserungsauftrag an die Geschworenen (§ 332 Abs 4 StPO) nicht behauptet wird, kann aus dem Inhalt der in § 331 Abs 3 StPO bezeichneten Niederschrift eine Nichtigkeit (aus Z 10 erster Fall) nicht abgeleitet werden (Ratz, WK-StPO § 345 Rz 69, 71). Erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch der Geschworenen festgestellten entscheidenden Tatsachen werden durch das Zugeständnis anderer Straftaten, die Behauptung des Angeklagten, von Diebstählen, „wenn es nicht leicht gegangen oder dem Opfer aufgefallen ist", abgelassen zu haben, und den Umstand, dass die Tatopfer von hinten niedergeschlagen wurden, nicht geweckt. Soweit - teils nominell, teils der Sache nach aus Z 12 - Gewaltanwendung und Begehung des Raubes als Mitglied einer „Bande" (gemeint: einer kriminellen Vereinigung") bezweifelt werden, wird der Wahrspruch missachtet.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Mihai T*****:

Die Tatsache, dass Hermann H***** bei seiner Abhörung in der Hauptverhandlung den Beschwerdeführer nicht als am Raub Beteiligten wieder erkannt und darauf hingewiesen hat, den „nach den Mutmaßungen der Polizei" abgebildeten Angelo Felipe R***** auf einem Polizeifoto nicht sicher wieder zu erkennen, erweckt auch unter Einbeziehung eines vom Angeklagten eingestandenen, dem Raub vorangegangenen Versuchs, dem Ehepaar H***** durch einen Trickdiebstahl Geld wegzunehmen, keine erheblichen Bedenken an den festgestellten entscheidenden Tatsachen. Welche „im Verfahren vorgekommenen Ergebnisse" sonst gegen die Feststellungen des Wahrspruchs sprechen sollen, sagt die Tatsachenrüge nicht. Ob die Niederschrift der Geschworenen (§ 331 Abs 3 StPO) vom Verteidiger „bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist aufgefunden werden konnte", ist unter dem - allein relevierten - Aspekt einer Tatsachenrüge ohne Bedeutung. Da die Niederschrift nämlich eine Begründung für die Beweiswürdigung darstellt, kann sie nicht gleichzeitig deren Gegenstand bilden. Obwohl sie daher dem Hauptverhandlungsprotokoll anzuschließen ist und solcherart zu „den Akten" gehört, kann eine Tatsachenrüge (Z 10a) darauf nicht gegründet werden (WK-StPO § 345 Rz 16). Mit der pauschalen Behauptung, das im Akt erliegende Beweismaterial reiche zur Annahme einzelner Tatbestandsmerkmale des schweren Raubes nicht hin, werden erhebliche Bedenken an deren Feststellung ebenso wenig geweckt wie durch Berufung auf den Zweifelsgrundsatz. Die Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerden bereits bei der nichtöffentlichen Beratung (§§ 344, 285d Abs 1 StPO) hat die Zuständigkeit des Oberlandesgerichtes Wien zur Entscheidung über die Berufungen zur Folge (§§ 344, 285i StPO).

Die Kostenersatzpflicht der Angeklagten gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte