Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Text
Begründung
Die drei Kläger waren im Betrieb der Beklagten als Schlosser beschäftigt und zwar der Erstkläger seit 15. 1. 1996, der Zweitkläger seit 26. 4. 1993 und der Drittkläger seit 4. 4. 1988. Erst- und Zweitkläger gehörten seit 11. 4. 2004 dem im Betrieb der Beklagten eingerichteten Arbeiterbetriebsrat an, und zwar der Erstkläger als Vorsitzender und der Zweitkläger als dessen Stellvertreter. Mit Schreiben vom 9. 6. 2004 wurden der Erstkläger und der Zweitkläger ohne Einholung einer gerichtlichen Zustimmung nach § 120 Abs 1 ArbVG zum 6. 8. 2004 gekündigt. Der Drittkläger wurde mit Schreiben vom 9. 6. 2004 ohne Verständigung des Betriebsrats von der beabsichtigten Kündigung zum 10. 9. 2004 gekündigt. Im Rechtsmittelverfahren (- die Kläger gingen in ihrer Berufung, welche nur eine Rechtsrüge umfasst, selbst davon aus -) ist nicht mehr strittig, dass - zumindest bei Ausspruch der Kündigungen - die Anzahl der dauernd im Betrieb beschäftigten Mitarbeiter unter fünf gefallen war.
Die Kläger begehrten die Feststellung, dass ihre Arbeitsverhältnisse über den 6. 8. bzw den 10. 9. 2004 hinaus aufrecht bestehen. Erst- und Zweitkläger stützten ihren Feststellungsanspruch darauf, dass vor einer Kündigung die Zustimmung des Gerichts nach § 120 Abs 1 ArbVG einzuholen gewesen wäre, was jedoch unterblieben sei. Der Drittkläger stützte die Unwirksamkeit seiner Kündigkeit darauf, dass das betriebliche Vorverfahren durch Einschaltung des Arbeiterbetriebsrats nicht eingehalten worden sei. Die Kläger vertreten den Standpunkt, dass auch das Absinken der Anzahl der dauernd beschäftigten Arbeitnehmer unter fünf nicht bewirkt habe, dass die vierjährige Tätigkeitsdauer des Betriebsrats vorzeitig geendet habe. § 62 ArbVG zähle nämlich taxativ die Gründe für eine vorzeitige Beendigung der Funktionsperiode des Betriebsrats auf.
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Sie wendete im Wesentlichen ein, dass nach der herrschenden Lehre der nur demonstrative Katalog des § 62 ArbVG um den Endigungsgrund des Absinkens der dauernd Beschäftigten unter fünf zu erweitern und dieser Fall mehr als drei Monate vor Ausspruch der Kündigungen eingetreten sei. Erst- und Zweitkläger haben daher bei Ausspruch der Kündigung keinen Kündigungsschutz mehr genossen, die Kündigung des Drittklägers sei zu einem Zeitpunkt ausgesprochen worden, als ein Betriebsrat nicht mehr bestanden habe. Die Beklagte wendete aber auch ein, dass schon vor Ausspruch der Kündigungen keine Geschäftstätigkeit mehr entfalten und der Betrieb schon vor Ausspruch der Kündigungen eingestellt worden sei (AS 13 unten, AS 14 Mitte). Das Erstgericht wies die Klagebegehren ab. Es vertrat die Rechtsauffassung, dass bei einem dauernden Herabsinken der Arbeitnehmerzahl unter fünf stimmberechtigte Arbeitnehmer die Funktionsperiode des Betriebsrates erlösche. Das Erstgericht führte hiezu die Lehrmeinungen von Floretta/Strasser (Kommentar zum ArbVG 255), Jabornegg/Strasser (MGA ArbVG³ § 40 Anm 3a), Tomandl (Arbeitrecht4 I, 82) und Marhold (Betriebsrat ohne Betrieb ZAS 1980, 211 f) ins Treffen.
Das Berufungsgericht änderte das Urteil des Erstgerichts ab und gab dem Klagebegehren statt. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Der Rechtsprechung (VwGH 86/01/0282 = DRdA 1987, 339) und den Lehrmeinungen von Preiss (in Cerny Arbeitsverfassungsrecht II² § 62 Erl 3) und Grießer („Untergang des Betriebsrats im Kleinstbetrieb?" in RdW 2000/259) folgend gelangte es zur Rechtsauffassung, dass § 62 ArbVG eine taxative Aufzählung der vorzeitigen Beendigung der Funktion des Betriebsrats enthalte und mangels Regelungslücke eine Analogie nicht zulässig sei. Der Gesetzgeber stelle mit der Regelung des § 40 ArbVG nur auf den Zeitraum bis zur Abhaltung der Betriebsratswahlen ab, um ein repräsentatives Mindestquorum sicherzustellen. Es könne ihm aber nicht der Wille unterstellt werden, ein späteres Absinken unter diese Zahl zum Anlass des vorzeitigen Endes der Funktionsdauer des einmal gewählten Betriebsrates zu nehmen.
Dagegen richtet sich die Revision der Beklagten mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, dass das Urteil des Erstgerichtes wieder hergestellt werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig und im Umfang des Aufhebungsbegehrens auch berechtigt.
Das Berufungsgericht hat zunächst zutreffend verneint, dass das Absinken der Anzahl der dauernd im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer unter fünf zu einer vorzeitigen Beendigung der Tätigkeitsdauer des Betriebsrats nach § 62 ArbVG führt. Insoweit kann daher auf die zutreffende Begründung verwiesen werden (§ 510 Abs 3).
Ergänzend ist dazu auszuführen:
Als erster lehrte Floretta (Floretta/Strasser, ArbVG), dass dann, wenn die Mindestbelegschaftsstärke nach der Konstituierung des Betriebsrats dauernd unterschritten werde, die Tätigkeitsperiode des Betriebsrats automatisch ende (S 255). Auch sei die Aufzählung des § 62 ArbVG keine erschöpfende (S 348). Es gebe nämlich noch einen in § 62 ArbVG nicht genannten Tatbestand, bei dessen Vorliegen die Tätigkeitsperiode des Betriebsrats vorzeitig ende: Eine Veränderung der Zahl der Arbeitnehmer während der Tätigkeitsperiode des Betriebsrats habe im Allgemeinen zwar weder auf die Zusammensetzung noch auf den Bestand des Betriebsrats Einfluss (§ 50 Abs 2 ArbVG); sinke allerdings die Zahl der beschäftigten stimmberechtigten Arbeitnehmer im Betrieb dauernd unter die Mindestzahl fünf, so gerate der Betrieb aus dem Geltungsbereich der Betriebsverfassung des Arbeitsverfassungsgesetzes. Die bis dahin bestehende Belegschaftsvertretung sei keine im Sinne des Gesetzes mehr, ihr Bestand habe durch dieses Ereignis automatisch vorzeitig geendet (S 352). Dieser Ansicht schloss sich - zumindest im Ergebnis - eine Reihe von Autoren an: Strasser/Jabornegg in Arbeitsrecht II4, 312; dieselben in MGA ArbVG³ Anm 1a zu § 62 ArbVG; Tomandl in Arbeitsrecht I5, 82; Marhold/Mayer-Maly in Arbeitsrecht II², 165; Schrammel („Einige Fragen zur Betriebsratswahl im 'Nichtbetrieb'" in ZAS 1977, 206, 211); Meches in Adametz ua, ArbVG-Kommentar Rz 8 zu § 62 ArbVG;
Schrank („Wichtige Anwendungsfragen zur vorläufigen Wirksamkeit erstinstanzlicher Urteil nach § 31 ASGG" in RdW 1987, 86, 90);
zuletzt Windisch-Graetz (in Tomandl, ArbVG § 40 Rz 6). Spielbüchler („Verlust der Betriebseigenschaft und Bestanddauer des Betriebsrats in DRdA 1979, 203, 206; ihm folgend Dusak, „Anfechtbarkeit und Nichtigkeit von Betriebsratswahlen" in Tomandl „Offene Fragen des Betriebsverfassungsrechts", 16, 59) meint zwar übereinstimmend mit Floretta (aaO), dass im Fall des dauernden Absinkens der Zahl der stimmberechtigten Beschäftigten unter fünf die Tätigkeit der Belegschaftsvertretung ende, allerdings nicht deshalb, weil dann die betriebsverfassungsrechtlichen Vorschriften des ArbVG nicht Anwendung fänden - an sich gelte der II. Teil des Gesetzes ja für alle Betriebe -, sondern weil nach § 40 ArbVG in diesem Falle ein Betriebsrat überhaupt nicht zu wählen sei; wäre daher schon die Wahl nichtig, wenn die Mindestbelegschaft im Zeitpunkt ihrer Durchführung gefehlt habe, müsse wohl folgerichtig angenommen werden, dass auch ein späterer Eintritt dieses Mangels den Betriebsrat auflöse. Sei nämlich der Bestand eines Betriebsrats in Kleinbetrieben schlechthin ausgeschlossen - und nur das rechtfertige ja die Annahme der Nichtigkeit - dann dürfe es auch beim späteren Absinken der Belegschaftsstärke keine Vertretungsorgane mehr geben. Ohne auf das Problem vertiefend eingehen zu müssen, führte der Oberste Gerichtshof zu 4 Ob 48/79 (= SZ 52/113 = RIS-Justiz RS0050990) im Rahmen eines „obiter dictum" aus, dass die Endigungsgründe des § 62 ArbVG demonstrativ seien.
In seinem Erkenntnis vom 24. 4. 1987 vertrat der Verwaltungsgerichtshof zu GZ 86/01/0282 die Rechtsauffassung, dass aus § 62 ArbVG nicht ableitbar sei, dass durch das Absinken der Arbeitnehmer unter die Zahl fünf automatisch die Tätigkeitsdauer eines Betriebsrats vorzeitig ende. So wie nämlich eine spätere Änderung der Zahl der Arbeitnehmer auf die Zahl der Mitglieder des Betriebsrats nicht von Einfluss sei oder die Tätigkeitsdauer eines Betriebsrats, der nicht zu wählen gewesen wäre, nur mit Wirkung ex nunc aufgrund einer erfolgreichen Wahlanfechtung beendet werde oder ein festgestellter Wegfall der Betriebseigenschaft einer Arbeitsstätte auf die vorzeitige Beendigung des bestehenden Betriebsrats ohne Einfluss sei, sondern nur Wirkungen für die Zukunft erzeuge, habe auch das Absinken der Zahl der Arbeitnehmer in einem Betrieb unter fünf auf die Funktion des bestehenden gewählten Betriebsrats keinen Einfluss.
In letzter Zeit erhoben sich Gegenstimmen zur den oben erwähnten Lehrmeinung. Neben den schon vom Berufungsgericht zitierten Autoren (Grießer „Untergang des Betriebsrates in Kleinstbetrieb" in RdW 2000, 291 ff; Preiss in Cerny/Gahleitner/Kundtner/Preiss/Schneller ArbVG II³ Erl 3 zu § 62) vertreten auch Schneller (in Cerny/Gahleitner/Kundtner/Preiss/Schneller ArbVG II³ Erl 4 zu § 40) und Kallab (im „ZellerKommentar" § 62 Rz 1, 2) die Auffassung, dass die Gründe, die zur vorzeitigen Beendigung der Tätigkeitsdauer des Betriebsrats führen, abschließend aufgezählt sind, das heißt neben die im § 62 ArbVG genannten vorzeitigen Endigungsgründe nur noch die Konstituierung eines neu gewählten Betriebsrats gemäß § 61 Abs 2a letzter Satz, § 62b Abs 1 und § 62c Abs 1 ArbVG tritt. Diese Autoren verneinen überdies eine ungewollte Regelungslücke (betreffend das nachträgliche dauernde Absinken der Mindestbelegschaft) und demzufolge die Zulässigkeit von Analogie.
Wie schon Spielbüchler (aaO), der allerdings aus anderen Gründen die vorzeitige Beendigung des Betriebsrats annimmt, vertritt auch Grießer (aaO 293) die Auffassung, dass nicht gesagt werden könne, dass bei einem Unterschreiten der Grenze von fünf Arbeitnehmern kein Betrieb mehr iSd ArbVG vorliege und ein solcher Betrieb aus dem Geltungsbereich der Betriebsverfassung herausfalle (unter Berufung auf Tomandl „Betriebsverfassungsrechtliche Frage des Kleinstbetriebes" in ZAS 1981/123, 125). Insbesondere nehme § 40 ArbVG auf den Betriebsbegriff des § 34 ArbVG Bezug, stelle jedoch die zusätzliche Voraussetzung auf, dass der Betrieb, in welchem Organe der Arbeitnehmerschaft zu bilden sind, zumindest fünf stimmberechtigte Arbeitnehmer aufweisen müsse. Nicht erwähnt sei diese Voraussetzung in § 33 Abs 1 ArbVG, worin allgemein festgehalten werde, dass die Bestimmungen des II. Teiles für Betriebe aller Art gelten.
Preiss (aaO) zeigt auf, dass die Betriebsverfassung als Teil des Arbeitsverfassungsgesetzes am Betriebsbegriff anknüpft, es für das Vorliegen eines Betriebs iSd § 34 ArbVG aber unstrittig kein Mindesterfordernis von fünf Arbeitnehmern gibt. Als zusätzliches Argument führt Preiss an, dass es dem Gesetzgeber nicht zuzusinnen ist, die Aufzählung des § 62 ArbVG einerseits so umfassend zu gestalten und andererseits gerade einen so wichtigen Grund - wie das Absinken auf unter fünf Arbeitnehmer - nicht in die Aufzählung mit aufzunehmen. Im Hinblick auf die Ausführlichkeit der Aufzählung und die unterschiedliche Bedeutung der aufgezählten Endigungstatbestände sei weder davon auszugehen, dass die Aufzählung in § 62 ArbVG bloß beispielhaft sei, noch, dass eine durch Analogie zu füllende Lücke vorliege. Zusätzlich würde ein Endigungstatbestand „Absinken unter fünf Arbeitnehmer" zu Wertungswidersprüchen innerhalb des ArbVG führen. Ändere sich im Laufe der Funktionsperiode des Betriebsrats die Arbeitnehmeranzahl des Betriebes, so sei das für die Anzahl der Betriebsratsmitglieder unerheblich (Anm: offensichtliche Bezugnahme auf § 50 Abs 2 ArbVG). Solche Schwankungen in der Belegschaft seien erst bei der nächsten Wahl zu berücksichtigen. Warum sollte dieser Grundgedanke zwar für die Zusammensetzung des Betriebsrats gelten, für den Bestand des Betriebsrats aber - ohne ausdrückliche gesetzliche Anordnung - nicht? Der Gesetzgeber habe das Absinken der Arbeitnehmeranzahl auf unter fünf Arbeitnehmer mit gutem Grund nicht als Endigungstatbestand für die Funktionsperiode des Betriebsrats statuiert. Ein solcher Endigungstatbestand brächte nämlich erhebliche Rechtsunsicherheit mit sich. Vom Bestand des Betriebsrats als Organ sei die Rechtsstellung seiner Mitglieder abhängig. Das Ende der Mitgliedschaft zum Betriebsrat ziehe vor allem ein Ende des Vertretungsmandats des Betriebsrats für die Belegschaft und des Kündigungsschutzes gemäß §§ 120 ff ArbVG nach sich. Es sei aber schwer feststellbar, ab wann die Arbeitnehmeranzahl dauerhaft unter fünf gesunken sei. Damit wäre unklar, ab welchem Zeitpunkt der Betriebsrat noch zu Kündigungsanfechtungen, für den Abschluss von Betriebsvereinbarungen etc zuständig wäre. Auch die Frage des Kündigungsschutzes der Betriebsratsmitglieder selbst würde sich stellen.
Schneller (aaO S 302, S 367 ff) schließt sich den schon zitierten Argumenten des Verwaltungsgerichtshofs an.
Kallab (aaO) argumentiert zunächst ähnlich wie Preiss, wonach nicht gesagt werden könne, dass bei Unterschreiten der Zahl von fünf Arbeitnehmern kein Betrieb iSd ArbVG mehr vorliege und ein solcher Betrieb aus dem Geltungsbereich der Betriebsverfassung schlechthin herausfalle. Darüber hinaus sei weder aus § 63 Abs 1 ArbVG (Fortsetzung der Tätigkeitsdauer des Betriebsrats nach Wiederaufnahme des eingeschränkten oder stillgelegten Betriebs) noch aus § 121 Z 1 ArbVG (Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung von Betriebsratsmitgliedern bei dauernder Einstellung des Betriebs) oder § 50 Abs 2 ArbVG (die Zahl der Betriebsratsmitglieder bestimmt sich nach dem Tag der Betriebsversammlung zur Wahl des Wahlvorstandes) ein Hinweis auf eine unbeabsichtigte Lücke im ArbVG zu entnehmen. Der erkennende Senat schließt sich im Wesentlichen den Argumenten des Verwaltungsgerichtshofs und der zuletzt genannten Autoren an. Die umfassende und detaillierte Regelung durch den Gesetzgeber zwingt zum Schluss, dass das ArbVG die vorzeitige Beendigung der Funktion des Betriebsrats taxativ regeln wollte. Gerade die Regelung des § 50 Abs 2 ArbVG zeigt, dass dem Gesetzgeber ein mögliches Herabsinken der Anzahl der Betriebsangehörigen bewusst war. Es kann ihm daher nicht unterstellt werden, dass er gerade den Fall des dauernden Herabsinkens der Belegschaft unter die Zahl fünf übersehen und andernfalls als einen weiteren Grund für die vorzeitige Beendigung der Funktion des Betriebsrats bestimmt hätte. Die von der Lehre ins Treffen geführten Argumente, dass ein Betrieb ohne die Mindestbelegschaft dem II. Teil des ArbVG nicht unterliege bzw eine trotz Nichterreichens der Mindestbelegschaft durchgeführte Betriebsratswahl nichtig wäre, zwingen nicht zu dem Schluss, dass das nachträgliche Herabsinken der Anzahl der dauernd Beschäftigten unter die Mindestbelegschaft des § 40 Abs 1 ArbVG die selben Folgen bzw Sanktionen nach sich ziehen sollte, wie das ursprüngliche Fehlen dieser Voraussetzungen. Es ist Preiss (aaO) dahin zu folgen, dass der Weiterbestand des Betriebsrats (trotz Herabsinkens unter die Mindestbelegschaftsgrenze des § 40 Abs 1 ArbVG) dazu führt, dass sowohl den Betriebsratsmitgliedern der spezielle Kündigungs- und Entlassungsschutz als auch dem Betriebsrat die Mitwirkung bei der Kündigung anderer Belegschaftsmitglieder (§ 105 ff ArbVG) erhalten bleiben. Das bloße Herabsinken der Belegschaft hätte daher im vorliegenden Fall weder die Anrufung des Gerichts nach § 120 Abs 1 ArbVG (hinsichtlich der beiden Betriebsratsmitglieder) noch die Einhaltung des betrieblichen Vorverfahrens bei Kündigung des weiteren, nicht dem Betriebsrat angehörenden Klägers entbehrlich gemacht.
Zutreffend zeigt die Beklagte aber einen rechtlichen Feststellungsmangel auf, der darin liegt, dass die Vorinstanzen den von der Beklagten erhobenen Einwand einer dauernden Betriebseinstellung vor Ausspruch der Kündigungen nicht geprüft haben. Davon, dass sich die Beklagte, wie von den Klägern in ihrer Revisionsbeantwortung vorgebracht, deren Einwand unterworfen habe, dass der Betrieb noch im Kündigungszeitpunkt fortgeführt worden wäre, kann nach der Aktenlage keine Rede sein.
Nach Rechtsprechung (VfGH GZ B11/81 = DRdA 1983, 193; 9 ObA 40 bis 45/93; 8 ObA 202 bis 204/96) und einhelliger Lehre (stellvertretend für viele: Strasser/Jabornegg MGA ArbVG³ § 120 Anm 17, § 121 Anm 3; Schneller in Cerny/Gahleitner/Preiss/Schneller ArbVG III³ Erl 13 zu § 120, Erl 4 zu § 121; Trost in Strasser/Jabornegg/Resch ArbVG § 120 Rz 46, 49, § 121 Rz 9; Floretta/Strasser ArbVG 813, 840; Wisleitner „Betriebseinstellung als Kündigungsgrund" in ecolex 1992, 107 ff) führt die dauernde Einstellung des Betriebs nicht nur zur vorzeitigen Beendigung der Tätigkeitsdauer des Betriebsrats (§ 62 Z 1 ArbVG) sondern auch zum sofortigen Verlust der sich aus §§ 120 bis 122 ArbVG ergebenden Schutzes der Betriebsratsmitglieder (§ 120 Abs 3 ArbVG). Während also im Fall des § 62 Z 1 ArbVG iVm § 120 Abs 3 ArbVG dem Gericht keine Zustimmungskompetenz zukommt (9 ObA 141/01b), regelt demgegenüber § 121 Z 1 ArbVG das Vorgehen bei erst beabsichtigter dauernder Stilllegung, also jenen vor der Einstellung des Betriebes liegenden Zeitraum, in welchem echte irreversible Stilllegungshandlungen bereits eingesetzt haben (Trost aaO § 121 Rz 10 mwN). Da das betriebliche Vorverfahren hinsichtlich des Drittklägers nicht eingehalten und eine Zustimmung des Gerichts zur Kündigung des Erst- und Zweitklägers als Betriebsratsmitglieder unstrittig nicht erteilt wurde, haben sich die weitere Verhandlung und weitere Feststellungen darauf zu beschränken, ob der Betrieb der Beklagten bei Ausspruch der Kündigungen dauernd eingestellt war oder nicht (s hiezu: 8 ObA 207/00t in RIS-Justiz RS0106047 ua). Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.
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