OGH 5Ob24/06z

OGH5Ob24/06z30.5.2006

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch, Dr. Kalivoda, Dr. Höllwerth und Dr. Grohmann als weitere Richter in der Pflegschaftssache der Berid L*****, geboren am 27. Jänner 1986, und des Mj Stefan L*****, geboren am 27. Jänner 1991, dieser vertreten durch den Jugendwohlfahrtsträger Land Niederösterreich als besonderer Vertreter in Unterhaltssachen (§ 9 UVG), dieser vertreten durch die Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung, Jugendabteilung, über den Revisionsrekurs des Dr. Reinhard L*****, dieser vertreten durch Dr. Günter Tews, Rechtsanwalt in Wien und Linz, gegen den Beschluss des Landesgerichtes St. Pölten als Rekursgericht vom 23. November 2005, GZ 23 R 341/04a-141, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Purkersdorf vom 19. Oktober 2004, GZ 1 P 58/01t-130, bestätigt wurde, nachstehenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Das Rekursgericht hat seinen Ausspruch über die Zulässigkeit des Revisionsrekurses damit begründet, dass durch höchstgerichtliche Rechtsprechung zu klären sei, wann der Umstand des Bezugs der Familienbeihilfe aktenkundig sei und es daher keines diesbezüglichen Vorbringens des Unterhaltsschuldners bedürfe, wann eine entsprechende Anleitungspflicht des Erstgerichtes bestehe und wie weit die Neuerungserlaubnis im Zusammenhang mit der steuerlichen Entlastung des Unterhaltsschuldners im Rekursverfahren gehe. Darüber hinaus sei klärungsbedürftig, wie eine Anrechnung der Transferleistungen zum Zweck der steuerlichen Entlastung vorzunehmen sei, wenn ein beträchtlicher Teil der Unterhaltsbemessungsgrundlage aus anderen, nicht nach den üblichen Kriterien der Rechtsprechung zu beurteilenden Einkommensteilen zu ermitteln sei.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen diesem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden - Ausspruch des Rekursgerichts ist der Revisionsrekurs mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG unzulässig. Die Zurückweisung eines ordentlichen Revisionsrekurses kann sich in diesem Fall auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 71 Abs 3 AußStrG):

1. Soweit für die Entscheidung des gegenständlichen Streits über die Höhe der Unterhaltspflicht des Vaters erforderlich, ist die Rechtslage durch höchstgerichtliche Rechtsprechung ausreichend geklärt. Tritt ein Unterhaltspflichtiger einem Festsetzungsantrag entgegen, sind Transferleistungen von Amts wegen zu berücksichtigen (2 Ob 153/04w). Wenn der Unterhaltspflichtige aber selbst einen Unterhaltsherabsetzungsantrag stellt und diesen auf andere Umstände als § 12a FLAG stützt, hängt die Entlastung des Unterhaltspflichtigen von seiner Disposition ab. Der Untersuchungsgrundsatz im außerstreitigen Verfahren geht nicht so weit, dass von Amts wegen eine vom Unterhaltsschuldner gar nicht begehrte Steuerentlastung vorgenommen werden müsste, der Partei also ein verzichtbarer Rechtsanspruch (Rechtsgrund) geradezu aufgedrängt werden müsste (3 Ob 181/04w). Ein zwingender Charakter der steuerlichen Entlastung des Unterhaltsschuldners ist nämlich nicht ersichtlich. Hat also ein Geldunterhaltspflichtiger im Verfahren erster Instanz kein entsprechendes Vorbringen erstattet, ist eine Anrechnung von dem Obersorgeberechtigten zufließenden Transferleistungen auf die Unterhaltsleistung ausgeschlossen (4 Ob 185/03i). Es bedarf nur dann keines gesonderten Vorbringens des Geldunterhaltspflichtigen, wenn der Bezug der Familienbeihilfe durch den anderen Elternteil unstrittig oder aktenkundig ist (4 Ob 254/03m; zuletzt 1 Ob 71/05f). Ein solcher Fall liegt nicht vor.

2. Ein Eingehen auf das erstmals im Rekursverfahren erstattete Vorbringen erübrigte sich wegen des Neuerungsverbots. Die Art der konkreten Berücksichtigung einer steuerlichen Entlastung des Rechtsmittelwerbers war unter diesen Umständen gar nicht zu klären. Die zum Inhalt des Neuerungsverbots und zur richterlichen Anleitungspflicht aufgeworfenen Fragen werden durch die zu Pkt 1 zitierte Judikatur beantwortet.

3. Es entspricht ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung, dass einmalige Einkünfte des Unterhaltspflichtigen je nach den Umständen und Lebensverhältnissen auf einen angemessenen Zeitraum aufzuteilen und grundsätzlich in die Unterhaltsbemessung einzubeziehen sind. Es kommt dabei stets auf die Umstände des konkreten Einzelfalles an, wie und auf welchen Zeitraum etwa eine Abfertigung bei Ermittlung der Unterhaltsbemessungsgrundlage zu berücksichtigen ist (RIS-Justiz RS0009667 ua). Es wurde auch schon ausgesprochen, dass in Fällen einer relativ hohen Abfertigung und eines nicht ganz geringen Eigeneinkommens des Unterhaltspflichtigen die Abfindung als ertragsbringendes Vermögen des Unterhaltsverpflichteten zu behandeln und bei der Unterhaltsfestsetzung derart zu berücksichtigen ist, dass dem Unterhaltspflichtigen im Interesse des Unterhaltsberechtigten eine gewinnbringende Anlegung (Vorsorge) auf einige Jahre abverlangt wird (1 Ob 171/00d; 6 Ob 229/01x). Nachdem der Unterhaltspflichtige mit einem Teil der Abfertigung Verbindlichkeiten abgedeckt hat, konnte in vertretbarer Beurteilung davon ausgegangen werden, dass er in den nächsten Jahren den restlichen Teil der Abfertigung nicht zur eigenen Existenzsicherung benötigt, was wiederum rechtfertigte, diesen Betrag gewinnbringend anzulegen (vgl 1 Ob 171/00d mwN). Das bedeutet keine „Verfügungssperre über die Abfertigung", sondern nur eine angemessene Berücksichtigung des väterlichen Vermögens bei der Ermittlung der Unterhaltsbemessungsgrundlage (1 Ob 171/00d). Die Frage der bei der Anlegung zu erzielenden Zinsen ist wegen der stets wechselnden Bankkonditionen eine Frage des Einzelfalls und kann vom Obersten Gerichtshof nicht mit Wirkung über den Einzelfall hinaus festgelegt werden. Dem Einwand, das Erstgericht habe den Zinssatz zu hoch angesetzt, ist das Rekursgericht ohnedies gefolgt.

4. Dass das Rekursgericht ohne entsprechendes Vorbringen des Vaters eine weitere Unterhaltspflicht seiner Berechnung zugrunde gelegt hat, schlägt jedenfalls nicht zum Nachteil des Revisionsrekurswerbers aus.

5. Zur vermeintlich unrichtigen Zuordnung von Einkünften ist anzumerken, dass es grundsätzlich richtig ist, dass bei einer rückwirkenden Unterhaltsbemessung das Einkommen im betreffenden Bemessungszeitraum zugrunde zu legen ist (2 Ob 318/99z = EF 91.832). Hier darf jedoch nicht übersehen werden, dass zunächst niedrigere Einkünfte des Unterhaltspflichtigen durch spätere Nachzahlungen (etwa Pensionsnachzahlungen) ausgeglichen wurden, weshalb nach den allgemeinen Anrechnungsgrundsätzen von Einmalzahlungen nichts dagegen spricht, diese jenen Zeiträumen zuzuordnen, die sie ausgleichen sollten, um eklatante Unterhaltsschwankungen zu vermeiden. Die Aufteilung einmaliger Zahlungen ist ja stets nach den Umständen und Lebensverhältnissen angemessen vorzunehmen; die Beurteilung des angemessenen Aufteilungszeitraums hängt wie bei einer Abfertigung auch hier von den Umständen des Einzelfalls ab (RIS-Justiz RS0009667 ua).

Insgesamt liegen daher die Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG nicht vor, was zur Zurückweisung des Revisionsrekurses des Vaters zu führen hatte.

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