OGH 3Ob307/05a

OGH3Ob307/05a30.5.2006

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Dr. Prückner, Dr. Sailer und Dr. Jensik als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Mario W*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Flucher und andere Rechtsanwälte in Villach, wider die verpflichtete Alfred W*****, vertreten durch Dr. Elmar Ther, Rechtsanwalt in Villach als Verfahrenshelfer, wegen Aufhebung eines bücherlichen Rechts (§ 350 EO), infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Rekursgericht vom 25. Oktober 2005, GZ 2 R 340/05k-18, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Klagenfurt vom 25. April 2005, GZ 13 E 4782/04f-12, abgeändert wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 78 EO iVm § 526 Abs 2 erster Satz ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Das Gericht zweiter Instanz wies in Abänderung der erstgerichtlichen Exekutionsbewilligung den Antrag auf Bewilligung der Exekution nach § 350 EO auf Grund eines Zug-um-Zug-Titels mit der wesentlichen Begründung ab, dass der nach der Rsp zu § 8 EO erforderliche Nachweis der Erbringung der Gegenleistung iSd § 7 Abs 2 EO nicht erbracht worden sei. Die zum Nachweis der Kompensationserklärung vorgelegten Urkunden seien keine öffentlichen oder öffentlich beglaubigten Urkunden.

Der außerordentliche Revisionsrekurs des Betreibenden ist nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Der betreibende Gläubiger wendet sich nicht gegen das Erfordernis des Nachweises der Erbringung der Gegenleistung mit dem Exekutionsantrag (SZ 52/24 u.a.; RIS-Justiz RS0000267; Jakusch in Angst, EO, § 8 Rz 9; Klicka ebendort § 350 Rz 6; Meinhart in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO, § 8 Rz 8; Höllwerth ebendort § 350 Rz 10); die Notwendigkeit, auch den Zugang seiner Aufrechnungserklärung iSd § 7 Abs 2 ZPO nachzuweisen, gesteht er ebenfalls zu. Seiner hinreichend deutlich gemachten Ansicht nach müsse aber - neben dem Aufrechnungsschreiben (in Kopie) samt Postaufgabeschein - der Originalbrief mit dem Vermerk „nicht angenommen" dem entsprechen.

Soweit er sich dazu auf ältere Rsp über den Nachweis des Zugangs von Mahnschreiben (s dazu aber jetzt die neuere stRsp (SZ 25/228; 3 Ob 196/97p u.a.; RIS-Justiz RS0000432, insbesondere zum Terminsverlust) beruft, übersieht er offenbar, dass sich seither wegen der Privatisierung der Österreichischen Post die Rechtslage wesentlich geändert hat. So ist die PostO aus 1957 (damit auch deren § 131 über die Übernahmsbestätigung und deren §§ 202, 203, die allerdings Vermerke des Empfängers selbst über die Verweigerung der Annahme vorsehen) als generelle Norm mit 31. Dezember 1996 außer Kraft getreten (§ 49a PostG 1997) und galt bzw. gilt nur noch bis zur Erlassung einer Verordnung nach § 7 Abs 2 PostG (§ 33 Abs 4 leg cit) bzw. (nach § 34 Abs 2 leg cit) bis zum - inzwischen erfolgten - „Inkrafttreten" von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) als vorläufige Geschäftsbedingungen. Da hier kein Fall der Zustellung im Auftrag von Gerichten oder Verwaltungsbehörden vorliegt, die im ZustellG geregelt ist, sind nunmehr die AGB der Österreichischen Post Aktiengesellschaft maßgebend, die bereits seit vielen Jahren auch für die Briefzustellung verwendet werden (vgl 7 Ob 234/05w; Stumvoll in Fasching/Konecny² Anh § 87 ZPO [vor ZustG] Rz 3).

Soweit der Betreibende meint, seine Aufrechnungserklärung sei notwendigerweise eine Privaturkunde, übersieht er vorerst die in der Folge doch wieder eingeräumte - jedoch als unökonomisch beurteilte - gesetzliche Möglichkeit der notarieller Beurkundung, aber auch der Beglaubigung durch Notar oder Gericht.

Öffentliche Urkunden sind nach § 78 EO iVm § 292 Abs 1 ZPO nur die von einer öffentlichen Behörde innerhalb der Grenzen ihrer Amtsbefugnisse oder von einer mit öffentlichen Glauben versehenen Person innerhalb des ihr zugewiesenen Geschäftskreises in der vorgesehenen Form errichteten (s dazu Bittner in Fasching/Konecny² § 292 ZPO Rz 20). Öffentlich beglaubigte (in § 162d Abs 1 und § 163c Abs 1 ABGB nunmehr auch „öffentlich-beglaubigte") Urkunden sind nach § 78 EO iVm § 294 ZPO (so zutr Heller/Berger/Stix, EO4 197 f) Privaturkunden, bei denen von Gerichten (§ 188 Abs 1 AußStrG), Notaren (§ 79 Abs 1 NotO) - oder in hier nicht in Betracht kommenden Sonderfällen sonstigen Behörden (etwa nach § 41 JWG) in besonderer Form die Echtheit der Unterschrift des Ausstellers bestätigt wird (Legalisierung).

Anders als die Zustellnachweise nach § 22 ZustellG (3 Ob 60/04a = RdW 2004, 668; Stumvoll aaO § 22 ZustG Rz 6; Bittner aaO Rz 22), der wie dieses Gesetz überhaupt nur für Zustellungen von Schriftstücken von Gerichten und Verwaltungsbehörden gilt, sind daher - wie vom Obersten Gerichtshof bereits in der zu § 31 Abs 1 und § 33 Abs 1 lit a GBG

ergangenen Entscheidung 5 Ob 91/05a = JBl 2006, 319 = NZ 2006, 121

[Hoyer 127] = RZ-EÜ 2006/47 = Zak 2005/124 vom 30. August 2005

klargestellt wurde - Übernahmsbestätigungen bei von Privaten aufgegebenen Briefen weder öffentliche noch öffentlich beglaubigte Urkunden. Nichts anderes kann aber für Vermerke wie jenen gelten, auf den sich hier der Betreibende beruft („nicht angenommen"), Die Österreichische Post AG selbst ist eben keine Behörde. Bei Zustellvorgänge zwischen Privaten fehlt somit jegliche Rechtsgrundlage für Bestätigungen oder Vermerke in Form öffentlicher Urkunden, auch ein Beglaubigungsrecht steht dieser AG nicht zu. Da dem GBG und der ZPO kein unterschiedlicher Begriff der öffentlichen Urkunde und der - in Ansehung der Unterschrift - öffentlich beglaubigten Privaturkunde (dazu § 31 GBG und §§ 292, 294 ZPO) zugrunde liegt, ist die angefochtene Entscheidung der zweiten Instanz durch die genannte, ausführlich begründete Entscheidung gedeckt. Die vom betreibenden Gläubiger zitierten Entscheidungen über die Rechtsqualität des Rückscheins beziehen sich auf die gerichtliche Zustellung; sie sind daher für die hier zu lösende Frage ohne Bedeutung (die Entscheidung EFSlg 69.895 stammt im Übrigen von einem Gericht zweiter Instanz). Die zwingende Rechtslage (3 Ob 83/74; 3 Ob 204, 205/88 = NZ 1990, 19; RIS-Justiz RS0001291) macht daher ein umständlicheres und allenfalls kostspieligeres Vorgehen (etwa in Form der notariellen Intimation nach §§ 83 ff NotO) erforderlich (so zutr Hoyer aaO). Eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO, für deren Vorliegen letztlich die Lage im Zeitpunkt der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs maßgeblich ist (RIS-Justiz RS0112921), stellt sich daher hier nicht.

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 78 EO iVm § 510 Abs 3 ZPO).

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