OGH 1Ob86/06p

OGH1Ob86/06p16.5.2006

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Univ. Doz. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Adoptionssache der Antragsteller 1) Adrian-Valeriu T*****, geboren am *****, 2) Claudiu Daniel R*****, 3) Adriana Luiza R*****, alle vertreten durch Dr. Karl-Heinz Götz und Dr. Rudolf Tobler jun., Rechtsanwälte in Neusiedl am See, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der Antragsteller gegen den Beschluss des Landesgerichts Eisenstadt als Rekursgericht vom 3. März 2006, GZ 20 R 5/06v-5, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Die Rechtsmittelwerber ziehen nicht in Zweifel, dass jedenfalls die schon vom Erstgericht erörterten Voraussetzungen für eine Bewilligung des Adoptionsvertrags nach Art 4 und 5 des - hier anzuwendenden - Haager Übereinkommens über den Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der internationalen Adoption (BGBl III 1999/145) nicht erfüllt sind.

Erstmals im Revisionsrekurs wird nunmehr behauptet, das Erstgericht hätte „trotz des Fehlens der erforderlichen Feststellungen der Behörden des Heimatstaates nicht sofort mit Antragszurückweisung vorgehen dürfen, sondern auch diese ... Mängel durch Erteilung eines Verbesserungsauftrags gemäß § 10 Abs 4 Außerstreitgesetz beheben lassen müssen".

2. Der Oberste Gerichtshof sprach bereits in der Entscheidung 4 Ob 135/05i aus, dass § 66 AußStrG 2003 über die Revisionsrekursgründe im Wesentlichen § 15 AußStrG 1854 entspreche. Deshalb könne ein vom Rekursgericht verneinter Mangel des Verfahrens erster Instanz im Revisionsrekurs (weiterhin) grundsätzlich nicht mehr geltend gemacht werden. Die diese Leitlinie einschränkende, von der Rechtsprechung entwickelte Negativvoraussetzung, „sofern eine Durchbrechung dieses Grundsatzes nicht aus Gründen des Kindeswohls erforderlich ist", sei im Regelfall nur in Obsorge- und Besuchsrechtsverfahren von Bedeutung. Der erkennende Senat tritt dieser Auffassung bei. Insofern trat daher durch das neue Außerstreitverfahrensrecht keine Änderung der Rechtslage ein (siehe RIS-Justiz RS0050037).

3. Unter dem Regime des eingangs bezeichneten Haager Übereinkommens kommt die Bewilligung einer Adoption nach dessen Art 4 lit b) nur in Betracht, wenn die zuständigen Behörden des Heimatstaats des Kindes „entschieden haben, dass eine internationale Adoption dem Wohl des Kindes dient". Es ist daher primär Aufgabe dieses Staats, die Frage nach der Förderung des Kindeswohls durch eine internationale Adoption zu beantworten. Insofern ist festzuhalten, dass das Gericht zweiter Instanz nicht verpflichtet war, den im Rekurs nicht geltend gemachten, erst im außerordentlichen Revisionsrekurs behaupteten allfälligen Mangel des Verfahrens erster Instanz - Unterbleiben der Einleitung eines auf den Nachweis der Bewilligungsvoraussetzungen nach dem erörterten Haager Übereinkommen abzielenden Verbesserungsverfahrens gemäß § 10 Abs 4 AußStrG - von Amts wegen aufzugreifen. Die Parteien des Adoptionsvertrags haben im Verfahren auf Bewilligung einer internationalen Adoption, jedenfalls solange noch nicht auf Grund einer Entscheidung des Heimatstaats des Kindes feststeht, dass eine Adoption dessen Wohl fördert, ihre Interessen selbst wahrzunehmen. Deshalb greift hier die Ausnahme nach der unter

2. erläuterten Rechtslage nicht ein. Infolgedessen kann eine im Rekurs versäumte Rüge des Verfahrens erster Instanz in einem außerordentlichen Revisionsrekurs mit Aussicht auf Erfolg nicht nachgeholt werden (10 Ob 223/00t; vgl zur neuerlichen Rüge eines vom Rekursgericht verneinten Mangels des Verfahrens erster Instanz in einer noch nach altem Verfahrensrecht erledigten Adoptionssache 4 Ob 274/04d).

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