OGH 8Ob46/06g

OGH8Ob46/06g11.5.2006

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Kuras und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Lovrek und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S*****gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Schramm Öhler Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei M***** GmbH, ***** vertreten durch Dr. Werner Mecenovic, Rechtsanwalt in Graz, und den Nebenintervenienten auf Seiten der Beklagten 1. K***** OEG, ***** 2. Mag. Andreas B*****, vertreten durch Poschinger Taucher Berchtold Rechtsanwaltsgemeinschaft in Graz, wegen 230.947,30 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 12. Jänner 2006, GZ 3 R 188/05z-47, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Nach ständiger Rechtsprechung bildet die Inanspruchnahme verfahrensrechtlicher Möglichkeiten nicht schlechthin einen Rechtfertigungsgrund. Auch bei Prüfung der Rechtswidrigkeit von Verfahrenshandlungen ist der geltende materiellrechtliche Maßstab anzulegen (RIS-Justiz RS0027146; 1 Ob 198/99w).

Daher ist das Verhalten desjenigen, der sich in ein gerichtliches oder behördliches Verfahren einlässt, obwohl er bei gehöriger Aufmerksamkeit seinen aussichtslosen Standpunkt hätte erkennen müssen, schuldhaft und rechtswidrig und verpflichtet zum Schadenersatz. Maßgeblich ist, ob selbst aus der nicht objektiven Sicht eines Betroffenen sein Standpunkt als aussichtslos zu betrachten ist (SZ 67/10; wobl 2000/154 [Mohr]; 1 Ob 198/99w; 5 Ob 261/02x uva).

Die Erkennbarkeit der Aussichtslosigkeit einer Verfahrenshandlung hängt immer von den Umständen des Einzelfalls ab (RIS-Justiz RS0116109). Die Klägerin bezweifelt gar nicht, dass auch für ein vergaberechtliches Nachprüfungsverfahren die dargelegten, von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze gelten. Dass eine höchstgerichtliche Entscheidung zu einem vergleichbaren Sachverhalt fehlt, begründet noch nicht die Zulässigkeit der Revision, wenn - wie hier - der Streitfall mit Hilfe vorhandener Leitlinien höchstrichterlicher Rechtsprechung gelöst werden kann (vgl dazu Zechner in Fasching/Konecny² IV/1 § 502 ZPO Rz 70 mwN). Aber auch von einer groben, vom Obersten Gerichtshof aufzugreifenden Fehlbeurteilung des Berufungsgerichtes kann keine Rede sein: Die Auffassung des Berufungsgerichtes, die Beklagte habe nicht davon ausgehen müssen, dass ihr Nachprüfungsantrag aussichtslos sei, ist schon im Hinblick auf die Aufklärungssgespräche, die die Klägerin über das Anbot der Beklagten mit dieser führte, vertretbar. Entgegen der in der Revision vertretenen Auffassung teilten die Repräsentanten der Klägerin der Beklagten gerade nicht bei sämtlichen „Aufklärungsgesprächen" mit, dass das Anbot der Beklagten ohnedies zwingend auszuscheiden sei. Auch der von der Beklagten angerufene Vergabekontrollsenat - der über Antrag der Beklagten eine Einstweilige Verfügung erließ - ging im Übrigen erkennbar nicht von der Aussichtslosigkeit des von der Beklagten eingeleiteten Verfahrens aus.

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