Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 499,32 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin EUR 83,23 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Beklagte wurde mit Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 16. 4. 1999 ua des Vergehens des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach den §§ 15, 269 Abs 1 erster Fall StGB schuldig erkannt. Nach dem Spruch des Strafurteils hat er (ua) nach seiner vorläufigen Festnahme durch Beamte der Bundespolizeidirektion Salzburg im Wachzimmer Rathaus mit Händen und Füßen wild um sich geschlagen und versucht, die gegen ihn einschreitenden Polizeibeamten (ua den Kläger) mit Kopf- und Armstößen und mit Beintritten zu treffen, als diese bemüht waren, ihn von Selbstbeschädigungen abzuhalten.
Der Kläger hat bei dem eben dargestellten Vorfall durch die Attacken des Beklagten eine Prellung bzw Zerrung des rechten Schultergelenks sowie „wahrscheinlich" einen Bruch der 9. und 11. Rippe auf der rechten Seite erlitten. Er hat seine Beschwerden zunächst nicht gemeldet und daraus auch keinerlei Konsequenzen gezogen. Erst im Gefolge eines weiteren Dienstunfalls im 2001 wurden sie in vollem Umfang diagnostiziert.
Mit seiner am 23. 8. 2002 eingebrachten Klage begehrt der Kläger nunmehr Schmerzengeld von zunächst EUR 11.000 (zuletzt EUR 3.800) und die Feststellung der Haftung des Beklagten für alle Nachteile aus den Aggressionshandlungen vom 7. 2. 1999.
Der Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. Er habe den Kläger nicht verletzt. Zudem sei der geltend gemachte Anspruch verjährt, da Körperverletzungsdelikte auch fahrlässig begangen werden könnten und daher die kurze (dreijährige) Verjährungsfrist zur Anwendung komme.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es stellte den wiedergegebenen Sachverhalt fest und ging überdies in tatsächlicher Hinsicht - wenn auch systemwidrig im Rahmen der rechtlichen Beurteilung - davon aus, dass der Beklagte mit Misshandlungsvorsatz gehandelt habe.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Es billigte die erstgerichtlichen Feststellungen und erachtete die Klageforderung nicht als verjährt. Dass Körperverletzungsdelikte sowohl vorsätzlich als auch fahrlässig begangen werden könnten, bedeute nicht, dass die längere Verjährungsfrist für sämtliche Körperverletzungsdelikte ausscheide. Zu beurteilen sei, welcher gerichtlich strafbare Tatbestand verwirklicht sei. Dies sei hier der Tatbestand der §§ 83 Abs 2, 84 Abs 2 Z 4 StGB, sodass die längere Verjährungsfrist zum Tragen komme.
Rechtliche Beurteilung
Diese Rechtsauffassung des Berufungsgerichtes ist zutreffend, sodass es ausreicht, auf die Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung zu verweisen (§ 510 Abs 3 ZPO). Ergänzend ist den Revisionsausführungen entgegen zu halten:
Dass der Beklagte bei seinen Angriffen gegen den Kläger „zumindest in Misshandlungsabsicht" gehandelt hat, hat das Erstgericht - wenn auch systemwidrig im Rahmen seiner rechtlichen Beurteilung - festgestellt. Das Berufungsgericht hat diese (auch von ihm als solche gewertete) Feststellung übernommen. Ihre Bekämpfung ist daher in dritter Instanz nicht mehr möglich. Damit ist aber dem Berufungsgericht beizupflichten, dass der Beklagte - weil er die Tat an einem Polizisten in Vollziehung seiner Aufgaben begangen hat - den Tatbestand der §§ 83 Abs 2, 84 Abs 2 Z 4 StGB verwirklichte. Nach § 1489 ABGB kommt die dreißigjährige Verjährungsfrist ua dann zur Anwendung, wenn „der Schaden aus einer oder mehreren gerichtlich strafbaren Handlungen, die nur vorsätzlich begangen werden können und mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedroht sind", entstanden ist.
Die vom Kläger „begründete" (§ 260 Abs 1 Z 2 StPO) „strafbare Handlung" nach den §§ 83 Abs 2, 84 Abs 2 Z 4 StGB (zur Terminologie: Ratz in Fuchs/Ratz, WK zum StGB, Vorbem zu §§ 28 - 31) kann nur vorsätzlich begangen werden und ist mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedroht. Damit ist iSd § 1489 ABGB die dreißigjährige Verjährungsfrist maßgebend.
Der Einwand, dass Körperverletzungsdelikte auch fahrlässig begangen werden können, verkennt, dass bei der Beurteilung iSd § 1489 ABGB auf die konkrete vom Täter verwirklichte strafbare Handlung abzustellen ist und daher der Umstand, dass es auch andere Körperverletzungsdelikte gibt, die Fahrlässigkeitsdelikte sind, ohne Relevanz ist (vgl dazu M. Bydlinski in Rummel³ § 1489 Rz 5 unter Berufung auf RdW 1994, 244, wonach nur die qualifizierten Betrugsformen mit entsprechender Strafe bedroht und daher § 1489 ABGB zu unterstellen sind, während Ansprüche aus nicht qualifziertem Betrug der kurzen Verjährungsfrist unterliegen; auch in diesem Zusammenhang kann nicht gesagt werden, dass - weil es auch Betrugsdelikte gibt, die nicht mit entsprechender Strafe bedroht sind - Betrugsdelikte generell der kurzen Verjährungsfrist unterliegen). Dass die Anwendung der langen Verjährungsfrist nicht von der strafgerichtliche Verurteilung des Täters abhängig ist (Dehn in KBB, § 1489 Rz 5), hat bereits das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.
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