OGH 3Ob85/06f

OGH3Ob85/06f26.4.2006

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Dr. Prückner, Dr. Sailer und Dr. Jensik als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach der am 29. März 2003 verstorbenen Wilhelmina S*****, geboren am *****, zuletzt wohnhaft in *****, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses des bedingt erbserklärten Erben Franz S*****, vertreten durch Dr. Thomas Lins, Rechtsanwalt in Bludenz, gegen den Beschluss des Landesgerichts Feldkirch als Rekursgericht vom 7. Dezember 2005, GZ 4 R 322/05s-52, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Dornbirn vom 21. Oktober 2005, GZ 10 A 154/03t-48, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Mit Beschluss vom 19. März 2004 hatte das Erstgericht dem (später) bedingt erbserklärten Erben den Nachlass antragsgemäß an Zahlungs Statt überlassen. Mit Beschluss vom 21. Oktober 2005 wies es die Anträge des bedingt erbserklärten Erben vom 1. April 2005 ab, ihm die Vertretung und Verwaltung des Nachlasses zu übertragen, den Verlassenschaftskurator zu entheben und ihm den Nachlass einzuantworten.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung mit Beschluss vom 7. Dezember 2005. Es sprach ferner aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige, und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs nicht zu.

Mit Beschluss vom 9. Jänner 2006 unterbrach das Erstgericht das Verlassenschaftsverfahren „bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Verfahren AZ 9 Cg 110/05v des Landesgerichtes Feldkirch gemäß § 25 AußStrG 2005". Es führte aus, es hänge die „Weiterführung der Abhandlung bzw die Entscheidung über die Anträge des erbserklärten Erben vom 1. 4. 2005 vom Ausgang des Rechtsstreites" ab. Dort begehrte der Verlassenschaftskurator vom erbserklärten Erben die Zahlung des Kaufpreises für eine Liegenschaft und den Miteigentumsanteil an einer weiteren Liegenschaft, die die Erblasserin Letzterem wenige Tage vor ihrem Tod verkauft hatte. Der erbserklärte Erbe behauptet, die Erblasserin habe ihm die Zahlung des Kaufpreises von 110.000 EUR noch vor ihrem Ableben erlassen. Die Klageführung wurde vom Erstgericht mit rechtskräftigem Beschluss vom 17. März 2005 - ein Rekurs des erbserklärten Erben blieb erfolglos, dessen außerordentlicher Revisionsrekurs verfiel der Zurückweisung - genehmigt. Der erwähnte Unterbrechungsbeschluss wurde dem erbserklärten Erben gemeinsam mit der nunmehr angefochtenen Rekursentscheidung vom 7. Dezember 2005 zugestellt. Ersterer Beschluss erwuchs unbekämpft in Rechtskraft. Im außerordentlichen Revisionsrekurs gegen letztere Entscheidung strebt der erbserklärte Erbe eine Stattgebung seiner Anträge an.

Das Rechtsmittel ist unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

1. Gemäß § 203 Abs 5 AußStrG BGBl I 2003/111 sind die Bestimmungen über die Unterbrechung und das Ruhen (§§ 25 bis 28) anzuwenden, wenn der den Stillstand auslösende Umstand - hier die Klageeinbringung gegen den erbserklärten Erben - nach dem 31. Dezember 2004 eintrat. Gemäß § 26 Abs 1 AußStrG darf das Gericht während der Unterbrechung nur dringend gebotene Verfahrenshandlungen vornehmen. Auch im Fall einer Unterbrechung nach § 25 Abs 2 Z 1 AußStrG - wie hier - sind Verfahrenshandlungen des Gerichts und der Parteien nur erlaubt, soweit sie der Entscheidung über die Vorfrage nicht vorgreifen. Gemäß § 26 Abs 2 AußStrG hört mit der Unterbrechung der Lauf jeder Frist zur Vornahme einer Verfahrenshandlung - abgesehen von der Sonderregelung für dringend gebotene Verfahrenshandlungen - auf. Während der Unterbrechung dennoch gesetzte Verfahrenshandlungen entfalten anderen Parteien gegenüber keine Wirkung. Gemäß § 26 Abs 4 AußStrG ist ein Beschluss, mit dem die Unterbrechung des Verfahrens angeordnet wurde, selbständig anfechtbar.

Gemäß § 43 Abs 5 AußStrG werden verfahrensleitende Beschlüsse - mangels einer mündlichen Verkündung - mit der Zustellung ihrer schriftlichen Ausfertigung für die Partei verbindlich. Das gilt auch dann, wenn ein solcher Beschluss - wie etwa ein Unterbrechungsbeschluss nach § 26 Abs 4 AußStrG - selbständig anfechtbar ist (Fucik/Kloiber, AußStrG - Kurzkommentar § 43 Rz 4). Wie nunmehr aus § 26 Abs 2 AußStrG folgt, sind Verfahrenshandlungen nach Eintritt der Unterbrechungswirkung, die nicht bloß dem durch die Unterbrechung geschaffenen Zustand Rechnung tragen, - abgesehen von einer hier nicht maßgebenden Ausnahme - wirkungslos. Somit entfalten Verfahrenshandlungen einer Partei während der Unterbrechung, die nicht bloß dem durch die Unterbrechung geschaffenen Zustand Rechnung tragen oder etwa der Erwirkung einer Verfahrensfortsetzung nach Wegfall des Unterbrechungsgrunds dienen, keine Wirkung. Das Gericht hat solche Verfahrenshandlungen zurückzuweisen. Deshalb sind - nach der insofern fortzuschreibenden Rechtsprechung vor In-Kraft-Treten des neuen Außerstreitgesetzes - auch Rechtsmittel, die nach Eintritt der Unterbrechung des Verfahrens und während deren Wirkung eingebracht wurden, zurückzuweisen, wenn sie nicht der Sicherung der Unterbrechungswirkung oder der Klärung der Frage dienen, ob eine Unterbrechung überhaupt eingetreten ist (5 Ob 90/05d; 9 Ob 40/03b; siehe ferner RIS-Justiz RS0037023).

2. Der außerordentliche Revisionsrekurs des erbserklärten Erben wurde am 26. Jänner 2006 zur Post gegeben. Mit Ablauf dieses Tages erwuchs überdies der Unterbrechungsbeschluss des Erstgerichts bereits in Rechtskraft. Eine Entscheidung über das Rechtsmittel des erbserklärten Erben würde - nach ihrem möglichen Ergebnis - der Entscheidung über jene Vorfrage vorgreifen, die als Gegenstand eines anhängigen Zivilprozesses den Unterbrechungsgrund bildete. Würde dem Rechtmittelwerber - seinem Rechtsmittelantrag entsprechend - die Vertretung und Verwaltung des Nachlasses übertragen, der Verlassenschaftskurator enthoben und ihm der Nachlass eingeantwortet, so bedeutete das das Ende jenes Prozesses über eine Vorfrage, derentwegen die Unterbrechung des Nachlassverfahrens ausgesprochen wurde; diesfalls käme es durch die angestrebte Einantwortung des Nachlasses und die Enthebung des Verlassenschaftskurators materiell und prozessual zu einer Vereinigung der Rechtsstellung der Prozessparteien, ohne dass noch der in der Klage behauptete Anspruch des Nachlasses in einem kontradiktorischen Verfahren als Voraussetzung der Fortsetzung des Nachlassverfahrens zu klären wäre.

3. Da die Unterbrechung des Nachlassverfahrens bereits eingetreten war, als der erbserklärte Erbe den außerordentlichen Revisionsrekurs erhob, ist dieses Rechtsmittel nach allen bisherigen Erwägungen zurückzuweisen, ohne dass der Oberste Gerichtshof die Rechtmäßigkeit des ergangenen rechtskräftigen Unterbrechungsbeschlusses nachprüfen darf.

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