OGH 1Ob18/06p

OGH1Ob18/06p4.4.2006

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Univ. Doz. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei Univ. Prof. Dr. Bruno B*****, wider die beklagten Parteien und Gegner der gefährdeten Partei 1. Univ. Prof. Dr. Rudolf A*****, 2. ***** Universität L*****, beide vertreten durch Dr. Alfred Hawel, Dr. Ernst Eypeltauer und Mag. Christian Obermühlner, Rechtsanwälte in Linz, wegen Unterlassung, Widerruf und Veröffentlichung (Gesamtstreitwert EUR 145.000), infolge Rekurses der klagenden und gefährdeten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Berufungs- und Rekursgericht vom 16. November 2005, GZ 1 R 191/05x-24, womit das Urteil und die einstweilige Verfügung des Landesgerichts Linz vom 4. August 2005, GZ 15 Cg 23/04g-16, als nichtig aufgehoben und die Klage sowie der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen wurden, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende und gefährdete Partei ist schuldig, den beklagten Parteien und Gegnern der gefährdeten Partei die mit EUR 2.253,05 bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung (darin enthalten EUR 375,51 USt) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung

Die klagende und gefährdete Partei (im Folgenden „Kläger") ist ordentlicher Universitätsprofessor. Die Beklagten und Gegner der gefährdeten Partei (im Folgenden „Erst- bzw Zweitbeklagte[r]") sind der Rektor der Universität und die Universität, an der der Kläger tätig ist. 1998 wurde über Antrag des damaligen Rektors ein Institut für Fernunterricht gegründet, welchem der Kläger als Institutsvorstand zugewiesen wurde. Das Institut mietete ein Haus an und nahm zur Finanzierung der Adaptierungsarbeiten Kredit in Anspruch. Mit Vertrag vom 5. 12. 2002 wurden die Entwicklung und Herstellung der Studienmaterialien für das Fernstudium aus dem Institut ausgegliedert und einer im Gründungsstadium befindlichen gemeinnützigen Gesellschaft übertragen, deren alleiniger Gesellschafter der Kläger war. Mit Inkrafttreten des Universitätsgesetzes 2002 wurde mit 31. 12. 2003 das bis dahin auf Grund des Universitätsorganisationsgesetzes 1993 teilrechtsfähige Institut von Gesetzes wegen aufgelöst. Es fiel mit allen Rechten der Universität zu; damit war der Kläger nicht mehr Institutsvorstand; an seiner Stelle wurde ein provisorischer Institutsleiter eingesetzt. Am 17. 3. 2004 kündigte die gemeinnützige Gesellschaft den Vertrag vom 5. 12. 2002 aus wichtigem Grund mit sofortiger Wirkung auf. Mit Bescheid vom 22. 3. 2004 wurde der Kläger vom Erstbeklagten wegen des Verdachts weiterer Dienstpflichtverletzungen iSd § 109 BDG mit sofortiger Wirkung gemäß § 112 Abs 1 BDG vorläufig suspendiert. Einen Tag später, am 23. 3. 2004, veranlasste der Erstbeklagte eine Presseaussendung der Zweitbeklagten mit folgendem Text:

„Rechtliche Schritte gegen Universitätsprofessor O. Univ. Prof. Dr.

B... hat in seiner früheren Funktion als Vorstand des Instituts für

Fernunterricht ... durch die Adaptierung und Einrichtung eines

mehrgeschoßigen Gebäudes ... eigenmächtig Verbindlichkeiten in

Millionenhöhe begründet, deren Deckung nicht gesichert ist und die

von der Universität möglicherweise zu begleichen sind.

Weiters hat Prof. B... während seiner Zeit als Institutsvorstand mit

einer in seinem alleinigen Privateigentum stehenden Gesellschaft Verträge zum Nachteil der Universität abgeschlossen: Der Gesellschaft wurden Förderungsgelder des Bundes ebenso wie Exklusivrechte im Bereich der Herstellung und Verwertung der Unterrichtsmaterialien übertragen. Weiters wurde die Universität zur Deckung von finanziellen Abgängen dieser Gesellschaft verpflichtet. Um diese untragbare und auch rechtswidrige Situation zu beenden, wurden von der Universitätsleitung gemeinsam mit dem Universitätsrat mehrfach Lösungsvorschläge in Form der Übertragung der Gesellschaftsanteile an die Universität angeboten, die aber von Prof. B..., abgelehnt wurden.

Aus diesem Grund sah sich das Rektorat gezwungen, die ihm rechtlich zustehenden Mittel auszuschöpfen, um die durch Prof. B... verursachten Beeinträchtigungen zu bereinigen:

Seitens des BMBWK wurde eine Prüfung der Gebarung von Prof. B... während seiner Zeit als Institutsvorstand veranlasst, die notwendigen dienstrechtlichen Maßnahmen wurden eingeleitet und Prof. B... wurde vorläufig vom Dienst suspendiert.

Eine Sachverhaltsdarstellung zur Wahrnehmung der strafrechtlichen Verantwortung wurde an die Staatsanwaltschaft übermittelt, parallel dazu wurde der Zivilrechtsweg beschritten.

Das Multimedia-Diplomstudium ... ist eines der erfolgreichsten ...

Projekte ... Wie bereits in der Vergangenheit bekennt sich das

Rektorat zu diesem innovativen Vorhaben und wird auch in Zukunft die Fortführung dieses Studiums absichern."

Mit seiner auf § 1330 Abs 2 ABGB gestützten Klage begehrte der Kläger die Verurteilung der Beklagten, die Behauptungen, er habe als Institutsvorstand eigenmächtig Verbindlichkeiten in Millionenhöhe begründet, deren Deckung nicht gesichert sei und die von der Universität möglicherweise zu begleichen seien, und er habe als Institutsvorstand mit einer in seinem alleinigen Privateigentum stehenden Gesellschaft Verträge zum Nachteil der Universität abgeschlossen und die Universität zur Deckung von finanziellen Abgängen dieser Gesellschaft verpflichtet, zu unterlassen, unter ausdrücklichem Hinweis auf die Presseaussendung diese Behauptungen als unwahr zu widerrufen und die Veröffentlichung dieses Widerrufs auf seine Kosten in bestimmten Medien zu veranlassen. Zur Sicherung seines Unterlassungsbegehrens beantragte der Kläger ferner die Erlassung einer inhaltsgleichen einstweiligen Verfügung. Die in der Presseaussendung enthaltenen Vorwürfe würden seine Ehre verletzen und ihn diffamieren; sie seien unwahr. Einerseits habe er Verbindlichkeiten nicht „eigenmächtig", also außerhalb des ihm vorgegebenen rechtlichen Rahmens begründet, sondern habe er als Institutsvorstand auf der Grundlage des UOG 1993 die Geschäfte nach kaufmännischen Grundsätzen geführt. Die Rückführung aller Verbindlichkeiten sei ohne Beanspruchung des Universitätsbudgets allein durch die Einnahmen des Projekts in drei Haushaltsjahren gesichert gewesen. Der Vertrag vom 5. 12. 2002 sei zum Vorteil des Instituts und der Universität abgeschlossen worden. Durch diesen Vertrag sei die Universität von jedem wirtschaftlichen Risiko und von jeder Haftung für die Entwicklung und Produktion des Studienmaterials entbunden worden. Mit der Presseaussendung habe man ihm bewusst Schaden zufügen wollen: Diese Aussendung sei von der Öffentlichkeit dahin verstanden worden, dass er Unregelmäßigkeiten bei der Geschäftsführung des Instituts begangen sowie nicht bedeckte Schulden in Millionenhöhe hinterlassen und sich an Geldern des Bundes bereichert hätte.

Die Beklagten wendeten ein, der Inhalt der Presseaussendung entspreche der Wahrheit; die Veröffentlichung sei zur Wahrung der Interessen der Universität unumgänglich gewesen. Mit der Vereinbarung vom 5. 12. 2002 habe der Kläger ohne jegliches Ausschreibungsverfahren Aufgaben des Instituts auf seine private Gesellschaft übertragen. Er habe dabei in rechtlich bedenklicher Weise in ein- und derselben Vertragsbeziehung auf beiden Seiten agiert und die Universität bei der Durchführung des dem Hoheitsbereich zuzuordnenden Studiums von der privaten Gesellschaft abhängig gemacht. Der Mietvertrag sei wegen des Fehlens eines 10 Jahre übersteigenden Kündigungsverzichts sowie einer Ablöseverpflichtung für das Institut nachteilig. Da die Teilrechtsfähigkeit des Instituts nicht uneingeschränkt, sondern mit dem vorhandenen Vermögen begrenzt gewesen sei, seien die trotz fehlenden Barvermögens getätigten Investitionen und begründeten Verbindlichkeiten außerhalb des rechtlichen Rahmens und damit eigenmächtig gewesen. Eine persönliche Bereicherungsabsicht sei dem Kläger in der Presseaussendung nicht unterstellt worden. Indirekt sei die Universität aber zur Abdeckung der Finanzierungslücke der Gesellschaft verpflichtet worden, während die Erlöse nur der privaten Gesellschaft zufließen sollten.

Das Erstgericht gab der Klage statt und erließ die begehrte einstweilige Verfügung. Die Frage, ob der Kläger eigenmächtig gehandelt habe, sei unter dem Gesichtspunkt der „Ultra Vires"-Lehre zu sehen. Die vom Kläger eingegangenen Verbindlichkeiten seien von seiner Kompetenz als Institutsvorstand gedeckt gewesen, da ihnen eine realistische Kalkulation über deren Bedeckung zu Grunde gelegen sei. Die Überlegungen des Klägers „zur späteren Finanzierung teilweise aus dem regulären Universitätsbudget und den Studiengebühren" seien realistisch und damit im Rahmen der Teilrechtsfähigkeit des Instituts nicht eigenmächtig gewesen. Der Kläger sei als Institutsvorstand vor dem Problem gestanden, eine neue Studienform auf- und auszubauen; die Beklagten hätten nicht aufgezeigt, wie der Kläger diese Studienform „richtiger" finanzieren hätte sollen. Gleiches gelte für die notwendige und sinnvolle Anmietung der Institutsräumlichkeiten. Die Behauptung, der Kläger habe während seiner Zeit als Institutsvorstand mit einer in seinem alleinigen Privateigentum stehenden Gesellschaft zum Nachteil der Universität Verträge abgeschlossen, sei unrichtig, weil damit suggeriert werde, der Nachteil der Universität sei gleichzeitig der Vorteil des Klägers. In Wahrheit sei die Gesellschaft gemeinnützig gewesen und habe der Kläger daraus keine persönlichen finanziellen Vorteile gezogen. Ebenfalls unrichtig sei die Behauptung, der Kläger habe als Institutsvorstand die Universität zur Deckung von finanziellen Abgängen der in seinem alleinigen Privateigentum stehenden Gesellschaft verpflichtet. Nach dem Vertrag habe das Institut für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft nicht gehaftet, sodass die von den Beklagten in der Presseaussendung erhobenen Tatsachenbehauptungen nicht der Wahrheit entsprächen. Die in der Presseaussendung enthaltenen Anschuldigungen stellten eine Ehrenbeleidigung dar.

Das Berufungs- bzw Rekursgericht hob aus Anlass der Berufung und des Rekurses der Beklagten die einstweilige Verfügung und das Urteil des Erstgerichts sowie das gesamte Verfahren als nichtig auf und wies die Klage sowie den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs zurück. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands im Provisorialverfahren insgesamt 20.000 EUR übersteige und dass der ordentliche Revisionsrekurs im Provisorialverfahren nicht zulässig sei. Werde eine „Rufschädigung durch hoheitlich handelnde Organe" behauptet, unterfalle der Unterlassungsanspruch und der Widerrufsanspruch wegen Verbreitung kreditschädigender Tatsachen nach § 1330 ABGB den Bestimmungen des § 1 Abs 1 bzw § 9 Abs 5 AHG. In diesem Fall sei die Unterlassungs-, Widerrufs- und Beseitigungsklage unzulässig. Der Bescheid des erstbeklagten Rektors über die Suspendierung des Klägers sei in dessen amtlicher Eigenschaft als oberster Vorgesetzter und Leiter des Amtes der zweitbeklagten Universität in Vollziehung der Gesetze erfolgt und stelle eine hoheitliche Tätigkeit dar. Die am darauf folgenden Tag vom Erstbeklagten veranlasste Presseaussendung der zweitbeklagten Universität sei sowohl im zeitlichen, als auch im inhaltlichen Zusammenhang mit den gegen den Kläger gesetzten rechtlichen Schritten gestanden. Sie sei daher ebenfalls als hoheitliche Tätigkeit des Erstbeklagten in seiner Organstellung für die zweitbeklagte Universität anzusehen. Sowohl das gegen das Organ als auch das gegen die Universität als Rechtsträger auf § 1330 Abs 2 ABGB gestützte Unterlassungs-, Widerrufs- und Veröffentlichungsbegehren sei daher unzulässig. Eine einstweilige Verfügung zur Sicherung eines unzulässigen Begehrens könne ebenfalls nicht erlassen werden.

Rechtliche Beurteilung

Das dagegen gerichtete Rechtsmittel des Klägers ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Das Berufungs- bzw Rekursgericht hat erstmals den Nichtigkeitsgrund der Unzulässigkeit des Rechtswegs aufgegriffen, ohne dass dieses Prozesshindernis bereits Gegenstand des Verfahrens erster Instanz und der erstgerichtlichen Entscheidung gewesen wäre. In diesen Fällen ist § 519 Abs 1 ZPO analog anzuwenden und der Rekurs nach § 519 Abs 1 Z 1 ZPO zulässig (RIS-Justiz RS0116348). Entgegen der Ansicht des Rekursgerichts ist aber auch im Provisorialverfahren der Vollrekurs - ohne die für die Anrufung des Obersten Gerichtshofs bestehenden Beschränkungen gemäß § 528 ZPO - zulässig, hat doch das Rekursgericht durch die Nichtigerklärung des Verfahrens und die Abweisung des Provisorialantrags den Rechtsschutz nach einem Sachantrag abschließend verweigert (Zechner in Fasching/Konecny2 IV/1, Rz 21 f zu § 519 ZPO mwN).

Gem. § 49 Abs 2 erster Satz UG 2002 haftet der Bund nach den Bestimmungen des Amtshaftunsgesetzes für die von Organen oder Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmern der Universität oder von anderen Personen im Auftrag der Universität auf Grund dieses Bundesgesetzes in Wahrnehmung der hoheitlichen Aufgaben wem immer schuldhaft zugefügten Schaden. Es haften dem Geschädigten weder die Universität noch diejenige oder derjenige, die oder der den Schaden zugefügt hat (§ 49 Abs 2 letzter Satz UG). Diese Bestimmung stellt somit ausdrücklich klar, dass im Fall der Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben weder die Universität selbst noch ihre Organwalter dem Geschädigten haften (Krejci, Haftungsfragen zu Universitätsgesetz 2002, 37). Entscheidungswesentlich ist demnach, ob die Beklagten in Wahrnehmung hoheitlicher oder privatwirtschaftlicher Aufgaben tätig wurden: Zu beurteilen ist eine vom Erstbeklagten veranlasste Presseaussendung, also ein „neutrales", nicht schon durch die Rechtsordnung in einer bestimmten Rechtsform geregeltes, nach außen in Erscheinung tretendes tatsächliches Verhalten, das in gleicher Weise sowohl in der Hoheitsals auch in der Privatwirtschaftsverwaltung vorkommen kann. Die Zuordnung solcher Realakte zur Hoheits- oder Privatwirtschaftsverwaltung wird nach der Rechtsprechung durch deren Zugehörigkeit zum Kernbereich der jeweils in Betracht kommenden Verwaltungsmaterie vorgenommen, wobei der hinreichend enge innere und äußere Zusammenhang des Realakts zu einer bestimmten Materie entscheidend ist. Das Vorliegen von Hoheitsverwaltung wird dann bejaht, wenn der Realakt einen solchen Zusammenhang mit der Aufgabe staatlicher Vollziehung hat, die ihrem Wesen nach hoheitlicher Natur ist, sind doch dann alle mit deren Besorgung verbundenen - auch rein tatsächlichen Verhaltensweisen - solche in Vollziehung der Gesetze (Mader in Schwimann, ABGB3, § 1 AHG Rz 27; 1 Ob 306/98a; SZ 64/85; SZ 60/156). Demgemäß wird ein nach Sachgesichtspunkten verknüpfter und der Vollziehung einer bestimmten Verwaltungsmaterie dienender Tätigkeitsbereich, der in seinem Kern der Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben dient, einheitlich als hoheitlich angesehen (1 Ob 306/98a). Dies gilt selbst dann, wenn ein Organ Handlungen setzt, zu deren Vollziehung es nicht berufen wäre, also bei Befugnis- oder Zuständigkeitsüberschreitung (SZ 54/171 ua), ja sogar bei strafgesetzwidrigen oder sonst deliktischen Handlungen (SZ 54/109; Mader aaO). Davon abzugrenzen sind Handlungen und Unterlassungen mit Schadensfolgen, die vom Organ anlässlich bzw bei Gelegenheit außerhalb seines Tätigkeitsbereichs begangen werden, etwa wenn das Organ als Privatperson tätig wird (SZ 55/82). Diese Grundsätze gelten auch bei „Rufschädigung durch hoheitlich handelnde Organe". Entscheidend ist hier, ob die in der Presseaussendung enthaltene (behauptetermaßen falsche) Tatsachenmitteilung einen hinreichend engen inneren und äußeren Zusammenhang mit der hoheitlichen Aufgabe des Organs aufweist. Nicht maßgeblich ist, ob die Tatsachenmitteilung ein Teil eines hoheitlichen Aktes im engeren Sinn ist (1 Ob 303/97h; 1 Ob 140/98i; 1 Ob 306/98a).

Dass die Presseaussendung sowohl vom Inhalt her als auch ihrem äußeren Erscheinungsbild nach vom Erstbeklagten nicht als Privatperson, sondern in seiner Funktion als Rektor und Sprecher des Rektorats der zweitbeklagten Universität veranlasst wurde, wird vom Rekurswerber nicht in Zweifel gezogen. Der ausreichend enge innere und äußere Zusammenhang zwischen der vom Erstbeklagten in seiner dienstlichen Funktion auszuübenden Hoheitsgewalt und der Presseaussendung ist an folgenden gesetzlichen Regelungen zu messen:

Universitäten sind Bildungseinrichtungen des öffentlichen Rechts (§ 1 UG), ihre Rechtsform ist die einer juristischen Person des öffentlichen Rechts (§ 4 UG). Sie haben die im § 3 UG genannten Aufgaben, insbesondere Lehr- und Forschungsaufgaben - also im Wesentlichen im Allgemeininteresse liegende öffentliche Aufgaben - wahrzunehmen (Mayer in Mayer, Kommentar zum UG 2002, § 2 IV) und dabei die in § 2 UG genannten „leitenden Grundsätze" - unter anderem jenen der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Zweckmäßigkeit der Gebarung - zu beachten. Zu den Aufgaben der Universität gehört auch die Information der Öffentlichkeit über die Erfüllung der Aufgaben der Universitäten (§ 3 Z 11 UG). Eines der obersten Organe der Universität ist gemäß § 20 Abs 1 UG das Rektorat (als Kollegialorgan). Es leitet die Universität und vertritt sie nach außen; es hat alle Aufgaben wahrzunehmen, die durch das UG nicht einem anderen Organ zugewiesen sind. Seine Kompetenzen sind im § 22 Abs 1 UG demonstrativ aufgezählt; weitere ergeben sich aus § 15 Abs 1 UG: Nach dieser Bestimmung hat das Rektorat die Gebarung der Universität nach den Grundsätzen der Rechtmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit, Zweckmäßigkeit, Sparsamkeit und Transparenz zu gestalten und den Haushalt der Universität mit entsprechender Sorgfalt zu führen. Dem Rektorat als zentralem Leitungsorgan unterstehen alle Einrichtungen der Universität; es kann Entscheidungen anderer Organe mit Ausnahme der Beschlüsse des Universitätsrats zurückverweisen, wenn diese Entscheidungen seiner Auffassung nach im Widerpruch zu Gesetzen und Verordnungen einschließlich der Satzung stehen, sodass ihm auch die Rechtsaufsicht zukommt (Mayer, aaO § 22 II 2). Daraus ergibt sich, dass alle Organisationseinheiten - mit Ausnahme der anderen obersten Leitungsorgane - dem Rektorat unterstehen. Dies bedeutet, dass das Rektorat weisungsbefugt ist und die Letztverantwortung für die Tätigkeit aller nachgeordneten Einrichtungen trägt (Mayer, aaO § 22 II1). Von den Kompetenzen des Rektorats sind jene Kompetenzen zu unterscheiden, die dem Rektor bzw der Rektorin als monokratischem

Organ zukommen: Gemäß § 23 Abs 1 UG ist der Rektor bzw die Rektorin nicht nur Vorsitzender (Vorsitzende) des Rektorats, sondern übt die in § 23 Abs 1 UG genannten weiteren Aufgaben aus. Von besonderer

Bedeutung ist die Diensthoheit: Nach § 23 Abs 1 Z 5 UG hat der Rektor bzw die Rektorin die Funktion des oder der obersten Vorgesetzten des gesamten Universitätspersonals inne. Weiters kommt ihm bzw ihr die Leitung des „Amts der Universität" zu (§ 23 Abs 1 Z 3 UG). Der Rektor bzw die Rektorin ist als Leiter(in) dieses Amts Dienstbehörde erster Instanz für die der Universität zugewiesenen öffentlich-rechtlichen Bediensteten (Mayer, aaO § 23 I) - damit auch für die der Universität zur dauernden Dienstleistung zugewiesenen Universitätsprofessoren (§ 125 Abs 2 UG), die als Bundesbeamte organisatorisch dem „Amt der Universität" angehören.

Von diesen Rechtsgrundlagen ausgehend steht im vorliegenden Fall die inkriminierte Verhaltensweise des Erstbeklagten in ausreichend engem Zusammenhang mit der hoheitlichen Aufgabe des Rektors bzw Rektorats:

Voranzustellen ist, dass Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Ausübung der Diensthoheit, wie etwa die Ausübung der Disziplinargewalt, immer hoheitlicher Natur sind (6 Ob 33/95 mwN). Auch die Regelungen der § 15 ff UG über die Gebarung und das Rechnungswesen unterfallen der Hoheitsverwaltung (Krejci, aaO 27). Dies schließt zwar nicht aus, dass auch privatrechtliche Rechtsbeziehungen der Universität der Gebarung und Rechnungslegung unterliegen; insgesamt sind die Regelungen der §§ 15 ff UG aber Teil der Universitätsorganisation. Diese ist öffentlich-rechtlicher Natur, daher auch die Rechnungslegung und Gebarung (Krejci, aaO). Mit der Ausübung der Diensthoheit, nämlich der Suspendierung des Klägers, stand die Presseaussendung in unmittelbarem inhaltlichen sowie zeitlichen Zusammenhang. Nachdem der Rektor tags zuvor als Dienstbehörde erster Instanz diese - der Hoheitsverwaltung zuzuordnende - dienstbehördliche Maßnahme gegen den Kläger ergriffen hatte, setzte das Rektorat in seiner Eigenschaft als zentrales Leitungsorgan die Öffentlichkeit darüber in Kenntnis. Zugleich informierte das Rektorat die Öffentlichkeit darüber, dass es seinen sich aus §§ 15 ff UG ergebenden Aufgaben, die Gebarung der Universität rechtmäßig, wirtschaftlich, zweckmäßig, sparsam und mit entsprechender Sorgfalt zu führen, nachgekommen sei, indem es - zusätzlich zu den dienstbehördlichen Maßnahmen - die in der gegebenen Situation zur Verfügung stehenden Mittel (Veranlassung der Gebarungsprüfung, Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft) ergriffen hat, um Klarheit über die finanzielle Situation des vormals vom Kläger geleiteten Instituts, insbesondere über das Ausmaß der Verbindlichkeiten zu erhalten und weiteren Schaden zu verhindern. Die Presseaussendung ist im Zusammenhang damit zu sehen, dass das Rektorat von Gesetzes wegen die Letztverantwortung für die Tätigkeiten aller ihm nachgeordneten universitären Einrichtungen trägt, und eine der Aufgaben der Universität darin liegt, die Öffentlichkeit über die (ordnungsgemäße) Wahrnehmung ihrer Aufgaben zu informieren. Die mit der Information über die gegen den Kläger ergriffenen dienstrechtlichen Maßnahmen - was unbestritten der Hoheitsverwaltung zugehörig ist - verbundenen Mitteilungen bzw Verhaltensweisen sind einheitlich als Akte in Vollziehung der Gesetze anzusehen. Es kann kein Zweifel daran bestehen, dass die in der Presseaussendung enthaltenen Äußerungen in einem engen inneren und äußeren Zusammenhang mit dem hoheitlichen Aufgabenkreis des Erstbeklagten als monokratische Behörde („der Rektor") bzw als Leiter des Rektorats standen. Auch unter der Annahme, der Erstbeklagte habe - wie vom Kläger behauptet - die beanstandeten Äußerungen pflichtwidrig und aus rein persönlichen Beweggründen veranlasst, läge ein Handeln in Vollziehung der Gesetze vor (RIS-Justiz RS0050113). Im Extremfall würde selbst der Missbrauch eines Amtes zu schikanösen oder eigennützigen Zwecken ein Organhandeln nicht ausschließen (1 Ob 117/97f ua; RIS-Justiz RS0103735). Da der Erstbeklagte bei Formulierung der in der Presseaussendung enthaltenen Äußerungen in Vollziehung der Gesetze und somit als Organ im Sinn des § 1 AHG tätig war, kann er gem. § 49 Abs 2 letzter Satz UG nach § 1330 ABGB nicht in Anspruch genommen werden; nach den Wertungen des § 9 Abs 5 AHG soll ein Organ nicht in ein Prozessrechtsverhältnis hineingezogen werden können. Der damit vorliegende Nichtigkeitsgrund der Unzulässigkeit des Rechtswegs ist vom Rekursgericht daher - was den Erstbeklagten betrifft - zu Recht aufgegriffen worden. Dass sich die Beklagten auf die Unzulässigkeit des Rechtswegs nicht berufen haben, ist nicht maßgeblich, ist doch die Unzulässigkeit des Rechtswegs als Mangel einer absoluten Prozessvoraussetzung gemäß § 230 Abs 3 ZPO in jeder Lage des Verfahrens bis zur Rechtskraft einer Sachentscheidung von Amts wegen wahrzunehmen.

Wie sich aus § 49 Abs 2 UG 2002 ergibt, ist die Universität im Bereich der ihr übertragenen Hoheitsverwaltung für Fehlleistungen ihrer Organwalter nicht selbst amtshaftungspflichtig, sondern an ihrer Stelle der Bund (Krejci aaO, 37). Zufolge des in § 49 Abs 2 UG normierten Haftungsausschlusses ist die zweitbeklagte Universität kein Rechtsträger im Sinn des § 1 Abs 1 AHG (Krejci aaO). Für dennoch wegen hoheitlichen Handelns von Organen gegen die Universität erhobene Ansprüche ist nicht Unzulässigkeit des Rechtswegs gegeben, sondern (lediglich) mangelnde Passivlegitimation. Eine solche Klage ist abzuweisen, weil die Universität mangels Haftung nicht schadenersatzpflichtig ist. Demnach wäre im vorliegenden Fall die gegen die zweitbeklagte Universität gerichtete Klage richtigerweise ab- und nicht zurückzuweisen gewesen. Da der Kläger durch eine Klagsabweisung aber keine vorteilhafte Veränderung seiner Rechtsstellung erfahren könnte, ist sein gegen die zweitbeklagte Universität gerichteter Rekurs ebenfalls materiell nicht berechtigt, kann es doch jedenfalls nicht zu der von ihm gewünschten Klagsstattgebung kommen.

Soweit sich das als „Rekurs" bezeichnete Rechtsmittel des Klägers gegen die Zurückweisung des Antrags auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung richtet, ist es als Revisionsrekurs zu behandeln. Ein mangels Rechtswegzulässigkeit oder mangels Passivlegitimation nicht bestehender Anspruch ist aber der Sicherung durch eine Provisorialentscheidung entzogen (1 Ob 303/97h). Damit erweist sich das Rechtsmittel des Klägers zur Gänze als nicht berechtigt. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 50, 41 Abs 1 ZPO.

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