OGH 13Os4/06x

OGH13Os4/06x22.3.2006

Der Oberste Gerichtshof hat am 22. März 2006 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Ratz, Hon. Prof. Dr. Schroll, Mag. Hetlinger und Mag. Lendl als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Gödl als Schriftführerin in der Strafsache gegen Sejfula A***** und weitere Angeklagte wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren, als Mitglied einer kriminellen Vereinigung und durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 2, 129 Z 1, 130 zweiter, dritter und vierter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Sejfula A***** und Shpejtim K***** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 21. September 2005, GZ 7 Hv 142/05x-160, sowie über die Beschwerde des Angeklagten Shpejtim K***** gegen den zugleich gefassten Beschluss nach § 494a Abs 1 Z 4 StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Sejfula A***** und Shpejtim K***** sowie aus deren Anlass (§ 290 Abs 1 StPO) werden das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im die Angeklagten Sejfula A*****, Robert P*****, Afrim G***** und Shpejtim K***** betreffenden Schuldspruch II. wegen des Verbrechens der kriminellen Vereinigung nach § 278 Abs 1 StGB sowie bei diesen Angeklagten in der rechtlichen Unterstellung des vom Schuldspruch I. erfassten Sachverhalts unter § 130 zweiter Fall StGB, beim Angeklagten Afrim G***** überdies in der rechtlichen Unterstellung des vom Schuldspruch I. erfassten Sachverhalts unter § 128 Abs 2 StGB, demgemäß im alle Angeklagten betreffenden Strafausspruch einschließlich der Vorhaftanrechnungen, weiters die zugleich verkündeten Beschlüsse nach § 494a Abs 1 Z 4 StPO und nach § 55 Abs 1 StGB aufgehoben und die Sache insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen.

Im Übrigen werden die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Sejfula A***** und Shpejtim K***** zurückgewiesen.

Mit ihren Berufungen werden die Angeklagten Sejfula A***** und Shpejtim K*****, letzterer auch mit seiner Beschwerde auf diese Entscheidung verwiesen.

Den Angeklagten Sejfula A***** und Shpejtim K***** fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auch rechtskräftig gewordene Teilfreisprüche betreffend die Angeklagten Sejfula A***** und Afrim G***** enthaltenden Urteil wurden ua Sejfula A*****, Robert P*****, Afrim G***** und Shpejtim K***** des teils vollendeten, teils versuchten Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren, als Mitglied einer kriminellen Vereinigung und durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 2, 129 Z 1, 130 zweiter, dritter und vierter Fall, 15 StGB (I.), Shepejtim K***** des teils vollendeten, teils versuchten Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren, als Mitglied einer kriminellen Vereinigung und durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1, 130 zweiter, dritter und vierter Fall, 15 StGB (I.) sowie Sejfula A*****, Robert P*****, Afrim G***** und Shpejtim K***** des Vergehens der kriminellen Vereinigung nach § 278 Abs 1 StGB (II.) schuldig erkannt. Danach haben - soweit für die Rechtsmittelentscheidung von Bedeutung -

I. im bewussten und gewollten Zusammenwirken als unmittelbarer Täter fremde bewegliche Sachen, und zwar Sejfula A*****, Robert P*****, Afrim G***** in einem 50.000 Euro übersteigenden Wert, Shpejtim K***** in einem 3.000 Euro übersteigenden Wert, durch Einbruch in Trafikgeschäfte mit dem Vorsatz, sich oder Dritte durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, teils weggenommen, teils wegzunehmen versucht, wobei sie die jeweils schweren, (zu ergänzen: als Mitglied einer kriminellen Vereinigung und) durch Einbruch begangenen Diebstähle in der Absicht verübten, sich durch die wiederkehrende Begehung der Taten eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, und zwar

A. Sejfula A*****, Shpejtim K***** und Robert P***** zusammen mit dem abgesondert verfolgten Genc D***** in Graz

1. am 13. Dezember 2004 Zigaretten, Vignetten, Fahrkarten und diverse andere Gegenstände sowie Bargeld im Gesamtwert von 10.400,96 Euro Berechtigten der Trafik S*****;

2. am 29. Dezember 2004 Zigaretten, Bargeld und andere Gegenstände von nicht mehr bekannten Gesamtwert Berechtigten der Trafik H*****, wobei es beim Versuch blieb;

B. Sejfula A***** und Robert P***** zusammen mit weiteren namentlich nicht bekannten Mittätern in der Nacht zum 4. Jänner 2005 in Bruck an der Mur Zigaretten, Gebrauchsgegenstände und Bargeld im Gesamtwert von 30.502,93 Euro Berechtigten der Trafik Gerhard Sch*****;

C. Sejfula A*****, Robert P***** und Afrim G***** zusammen mit dem abgesondert verfolgten Qerkin Ga***** in Graz

1. am 30. Dezember 2004 Zigaretten, Gebrauchsgegenstände und Bargeld von nicht näher bekannten Wert Berechtigten der Trafik St*****, wobei es beim Versuch blieb;

2. am 27. Jänner 2005 Zigaretten, Briefmarken und andere Gegenstände im Gesamtwert von 22.557,88 Euro Berechtigten der Trafik Kl*****;

D. Sejfula A*****, Robert P***** und Afrim G***** zusammen mit weiteren namentlich nicht bekannten Mittätern in Leoben

1. am 3. Februar 2005 Zigaretten, Bargeld, Telefonwertkarten, Autobahnvignetten und weitere Gegenstände im Gesamtwert von 9.286,97 Euro Berechtigten der Trafik W*****;

2. am 15. Februar 2005 Zigaretten, Feuerzeuge und Kerzen im Gesamtwert von 13.196,33 Euro Berechtigten der Trafik Kö*****;

II. Sejfula A*****, Robert P*****, Afrim G***** und Shpejtim K***** zusammen mit den abgesondert verfolgten Qerkin Ga***** und Genc D***** Ende 2004/Anfang 2005 in Graz und anderen Orten Österreichs sich an einer kriminellen Vereinigung als Mitglied beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Den gegen dieses Urteil vom Angeklagten Sejfula A***** gestützt auf § 281 Abs 1 Z 5, 5a und 10 StPO und vom Angeklagten Shpejtim K***** gestützt auf § 281 Abs 1 Z 3, 5, 5a, 9 lit a und 11 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden kommt teilweise Berechtigung zu.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Sejfula A*****:

Die Rüge einer Unvollständigkeit sowie einer unzureichenden Begründung (Z 5 zweiter und vierter Fall) wendet sich gegen die beweiswürdigenden Erwägungen des erkennenden Gerichts, welches den belastenden Angaben des Mitangeklagten Robert P***** vor der Sicherheitsbehörde und dem Untersuchungsrichter Glauben schenkte und der zu I. A, B und C sowie II. leugnenden Einlassung des Beschwerdeführers keine Überzeugungskraft zuerkannte. Da die Tatrichter die belastenden Angaben des Robert P***** durch darüber hinausgehende Beweisergebnisse, wie beispielsweise die Angaben des Mentor Ku***** und des Astritt Kr*****, stützten (US 14 ff), kann von einer bloßen Scheinbegründung keine Rede sein. Mit welchen „den Angaben des Robert P***** entgegenstehenden Verfahrensergebnissen" sich die Erstrichter auseinanderzusetzen gehabt hätten, führt die Beschwerde nicht aus. Desgleichen übergeht der Rechtsmittelwerber die eingehenden Erwägungen des erkennenden Gerichts zur im Vergleich zu seinen Angaben im Vorverfahren lediglich teilweise abweichenden Verantwortung des Mitangeklagten Robert P***** in der Hauptverhandlung (US 13 f), sodass auch der insoweit erhobene Einwand einer unzureichenden Begründung ins Leere geht.

Der Einwand, das Schöffengericht hätte sich mit einem möglichen Motiv des Robert P***** auseinandersetzen müssen, weil dieser sich durch eine ungerechtfertigte Belastung des Beschwerdeführers einen Milderungsumstand verschafft hätte, beruht auf bloßen Spekulationen und bedurfte daher keiner Erwägung bei der Urteilsbegründung. Die Tatsachenrüge (Z 5a) beschränkt sich darauf, erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrundegelegten entscheidenden Tatsachen bloß zu postulieren, ohne diese zu benennen, sodass auf dieses Vorbringen keine sachbezogene Erwiderung möglich ist.

Die Behauptung fehlender Feststellungen eines Vorsatzes zum Wert der Diebesbeute (Z 10) lässt die dazu getroffenen Konstatierungen des Erstgerichtes (US 11 f) außer Acht.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Shpejtim K*****:

Gestützt auf § 281 Abs 1 Z 3 StPO bringt der Beschwerdeführer vor, dass ihm die Angaben der abgesondert vernommenen Mitangeklagten Robert P*****, Afrim G***** und Sejfula A***** in der Hauptverhandlung vom 27. Juli 2005 nicht zur Kenntnis gebracht wurden. Er übergeht insoweit die entsprechenden Belehrungen durch die Vorsitzende in der Hauptverhandlung vom 27. Juli 2005 (S 91/IV) sowie die abermalige Information in der Hauptverhandlung vom 21. September 2005 (S 137/IV).

Die Mängelrüge behauptet eine Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall), weil sich das Erstgericht mit den den Beschwerdeführer entlastenden Angaben des Sejfula A***** nicht auseinandergesetzt habe. Davon kann aber keine Rede sein, weil die Tatrichter beweiswürdigend erwogen, dass im Vergleich zu den belastenden Angaben des Robert P***** die leugnenden (und auch Beteiligte entlastenden) Verantwortungen der Mitangeklagten nicht zu überzeugen vermochten (US 13). In der Tatsachenrüge (Z 5a - inhaltlich Z 5) bringt der Nichtigkeitswerber vor, dass Widersprüche in den belastenden Angaben Robert P***** nicht berücksichtigt worden wären, übergeht aber die gerade dazu angestellten Erwägungen des erkennenden Gerichtes (US 13 f).

Insoweit waren daher die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Sejfula A***** und Shpejtim K***** bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d StPO).

Zutreffend macht aber der Angeklagte Sejfula A***** in der Subsumtionsrüge (Z 10) geltend, dass zum Schuldspruch I. Konstatierungen zur subjektiven Tatseite bei der Qualifikation der Tat nach § 130 zweiter Fall fehlen. Zu Recht (Z 9 lit a - inhaltlich Z 10) rügt der Angeklagte Shpejtim K***** einen Mangel an Feststellungen zum tatbestandsessentiellen Vorsatz beim Schuldspruch II. Diese Mängel waren gemäß § 290 Abs 1 StPO von Amts wegen überdies zugunsten aller davon betroffen Angeklagten, insbesondere auch hinsichtlich Robert P***** und Afrim G***** wahrzunehmen, welche das Urteil unangefochten ließen.

Weder zum Vorsatz der Angeklagten, sich an dieser kriminellen Vereinigung als Mitglied (iSd § 278 Abs 3 StGB, also durch Begehung einer strafbaren Handlung im Rahmen der kriminellen Ausrichtung oder durch wissentliche Förderung des Zusammenschlusses) zu beteiligen noch zum Vorsatz, die im Schuldspruch I. inkriminierten und auch weitere Qualifikationselemente aufweisenden Diebstähle jeweils als Mitglied einer kriminellen Vereinigung unter Mitwirkung (§ 12 StGB) eines anderen Mitglieds dieser Vereinigung zu verüben, trifft das erkennende Gericht - das die Qualifikation nach § 130 zweiter Fall StGB zwar im Schuldspruch nach § 260 Abs 1 Z 2 StPO anführt, im Referat gemäß § 260 Abs 1 Z 1 StPO aber nicht erwähnt - eine Feststellung. Vielmehr beschränkt sich das Urteil insoweit auf die (objektive Umstände schildernde) Konstatierung, dass sich die Angeklagten an einer kriminellen Vereinigung beteiligten, wobei dieser Zusammenschluss darauf ausgerichtet war, dass von einem oder mehreren Mitgliedern der Vereinigung nicht nur geringfügige Diebstähle ausgeführt werden (US 10 f). Darüber hinaus hielt das Schöffengericht lediglich fest, dass die Angeklagten „im Rahmen der kriminellen Vereinigung Einbruchsdiebstähle ..... durchführten" (US 11). Ob jeder einzelne Angeklagte diese spezifische kriminelle Zweckausrichtung des Zusammenschlusses und die durchgeführten diebischen Angriffe als dessen Mitglied in Zusammenarbeit mit einem anderen Organisationsbeteiligten zumindest ernstlich für möglich hielt und sich damit abfand, wird im angefochtenen Urteil nicht abgehandelt. Dieser Mangel an Feststellungen zwingt zur Aufhebung des Schuldspruches II. sowie der rechtlichen Unterstellung der vom Schuldspruch I. erfassten Straftat auch unter § 130 zweiter Fall StGB.

Hinzu kommt - wie die Generalprokuratur zutreffend aufzeigt - noch, dass § 278 Abs 1 StGB infolge Spezialität durch § 130 zweiter Fall StGB verdrängt wird, wenn die Tatbestandsmerkmale der Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung lediglich durch die Begehung einer Straftat im Rahmen der Vereinigung iSd § 278 Abs 3 erster Fall StGB erfüllt sind (und nicht auch auf weitere Diebstähle ausgerichtet war), diese aber gleichzeitig den spezielleren und einen höheren Strafsatz bedingenden Qualifikationstatbestand nach § 130 zweiter Fall StGB (Diebstahl als Mitglied einer kriminellen Vereinigung mit einem andern Mitglied) verwirklichen (vgl Kienapfel/Schmoller Studienbuch BT II § 130 Rz 53; Schmoller, Putzer-FS, 993 f; Hinterhofer BT II4 § 278 Rz 13; 13 Os 86/05d; 11 Os 87/05m; 12 Os 7/05d; zu weitgehend Bertel/Schwaighofer BT I8 § 130 Rz 2 [generelles Zurücktreten des § 278 StGB gegenüber § 130 zweiter Fall StGB]; aA Fabrizy StGB8 § 278 Rz 5; EBRV StRÄG 2002, 35 [echte Konkurrenz]). Da die Feststellungen zum Schuldspruch II. die Beteiligung der Angeklagten an der kriminellen Vereinigung in keiner Weise konkretisieren, insbesondere keine tatbildlichen Aktivitäten aufzeigen, welche über die als Mitglied der Vereinigung begangenen - insoweit aber durch den Schuldspruch I. umfassten - Diebstähle hinausgehen und etwa auf die Verübung weiterer Diebstähle oder auf eine wissentliche Förderung dieser Organisation gerichtet gewesen wären, war die neben der Verurteilung nach § 130 zweiter Fall StGB erfolgte rechtliche Unterstellung der Tat auch unter § 278 Abs 1 StGB gleichermaßen verfehlt.

Hinsichtlich des Angeklagten Afrim G*****, der kein Rechtsmittel ergriff, fehlen zum Schuldspruch I. überdies Konstatierungen zur Wertqualifikation nach § 128 Abs 2 StGB. Ihm wurde nach dem Urteilsspruch die Wegnahme von Gegenständen im Gesamtwert von 45.041,18 Euro sowie der Versuch eines weiteren Diebstahls angelastet. Zum Vorsatz hielt das Schöffengericht lediglich fest, dass die Absicht des Angeklagten auf die Begehung schwerer Diebstähle gerichtet war (US 11), ohne darzutun, dass sein Vorsatz - unter Berücksichtigung des versuchten Delikts - darauf abstellte, eine Beute von insgesamt mehr als 50.000 Euro zu erzielen. Auch dieser Mangel an Feststellungen erfordert in amtswegiger Wahrnehmung des Nichtigkeitsgrundes nach § 281 Abs 1 Z 10 StPO die Aufhebung der vom Erstgericht vorgenommenen rechtlichen Unterstellung der vom Schuldspruch I. erfassten und diesen Angeklagten betreffenden Tat unter § 128 Abs 2 StGB.

Die aufgezeigten Mängel machen es erforderlich, das im Übrigen unberührt bleibende Urteil im die Angeklagten Sejfula A*****, Robert P*****, Afrim G***** und Shpejtim K***** betreffenden Schuldspruch II. wegen des Verbrechens der kriminellen Vereinigung nach § 278 Abs 1 StGB sowie bei diesen Angeklagten in der rechtlichen Unterstellung des vom Schuldspruch I. erfassten Sachverhalts unter § 130 zweiter Fall StGB, beim Angeklagten Afrim G***** überdies in der rechtlichen Unterstellung des vom Schuldspruch I. erfassten Sachverhalts auch unter § 128 Abs 2 StGB, demgemäß im alle Angeklagten betreffenden Strafausspruch einschließlich der Vorhaftanrechnungen, sowie die zugleich verkündeten Beschlüsse nach § 494a Abs 1 Z 4 StPO und nach § 55 Abs 1 StGB aufzuheben und die Sache insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zu verweisen.

Im zweiten Rechtsgang wird überdies zu beachten sein, dass - wie vom Angeklagten Shpejtim K***** ist der (fallbezogen wegen der Aufhebung des Strafausspruchs nicht mehr zum Tragen kommenden) Sanktionsrüge (Z 11) zutreffend aufgezeigt - auf alle zwischen Tatbegehung und Aburteilung liegenden Strafurteile nur dann iSd §§ 31, 40 StGB Bedacht zu nehmen wäre, wenn sämtliche Taten vor dem ersten Urteil liegen, somit alle Vorurteile durch das in § 31 Abs 1 StGB beschriebene Verhältnis verbunden sind. Treffen die Voraussetzungen des § 31 Abs 1 StGB, isoliert betrachtet, auf mehrere - nicht ihrerseits zueinander in diesem Verhältnis stehende - Verurteilungen zu, so ist nur auf die tatnächste Bedacht zu nehmen, weil das Gesetz nur einmalige Bedachtnahme kennt (vgl Ratz in WK² § 31 Rz 5; RIS-Justiz RS0112524).

Shpejtim K***** wurde unter Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB auf das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 19. April 2005, AZ 22 Hv 39/05k, zu einer Zusatzfreiheitsstrafe verurteilt. Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 21. Jänner 2005, AZ 10 Hv 2/05f, wurde Shpejtim K***** wegen des am 2. Dezember 2004 begangenen Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs 2, 3 und 4 zweiter SatzStGB schuldig erkannt. Mit Erkenntnis des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 19. April 2005, AZ 22 Hv 39/05k, wurde der Beschwerdeführer wegen des am 25. Jänner 2005 begangenen Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs 2, 224 StGB und wegen des am 24. Februar 2005 begangenen Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB verurteilt. Die in der angefochtenen Entscheidung erfolgte Bedachtnahme auf das zuletzt genannte (tatfernere) Urteil entspricht daher nicht dem Gesetz. Die nunmehr abgeurteilte Tat - ihre frühestmögliche Aburteilung vorausgesetzt - hätte daher zwar im Verfahren des Landesgerichtes für Strafsachen Graz, AZ 10 Hv 2/05f, aber nicht abermals im Verfahren des Landesgerichtes für Strafsachen Graz, AZ 22 Hv 39/05k, abgeurteilt werden können. Damit wäre die Verhängung einer Zusatzstrafe nur unter Bedachtnahme auf das tatnächste Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 21. Jänner 2005, AZ 10 Hv 2/05f zulässig, aber auch geboten gewesen.

Infolge Aufhebung des Strafausspruchs waren auch die Widerrufsbeschlüsse zu kassieren. Beim Angeklagten Shpejtim K***** wird im zweiten Rechtsgang zu berücksichtigen sein, dass gemäß § 495 Abs 2 - nach nunmehr gefestigter Judikatur (vgl RIS-Justiz RS0112524) - die Beschlussfassung über einen Widerruf bei nachträglicher Verurteilung (§ 55 StGB) jenem Gericht obliegt, dessen Urteil eine bedingte Nachsicht enthält (vgl 14 Os 184/98, EvBl 1999/111; Jerabek in WK² § 55 Rz 5). Bei einer Bedachtnahme auf das zu AZ 10 Hv 2/05f ergangene Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz wird daher dieses Gericht über den Widerrufsantrag zu entscheiden haben. Mit ihren Berufungen waren die Angeklagten Sejfula A***** und Shpejtim K*****, letzterer auch mit seiner Beschwerde auf diese kassatorische Entscheidung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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