OGH 14Os13/06b

OGH14Os13/06b14.3.2006

Der Oberste Gerichtshof hat am 14. März 2006 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Holzweber als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Philipp, Hon. Prof. Dr. Schroll, Hon. Prof. Dr. Kirchbacher und Mag. Hetlinger als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Westermayer als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Markus M***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1, 15 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Markus M***** sowie über die Berufung des Angeklagten Josef H***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Jugendschöffengericht vom 12. Dezember 2005, GZ 36 Hv 194/05i-24, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Mag. Knibbe, des Angeklagten Markus M***** und der Verteidiger Mag. Boldre und Dr. Brandstätter zu Recht erkannt und den Beschluss gefasst:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben und das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Strafausspruch (ebenso wie der gemäß § 494a Abs 1 Z 4 StPO gefasste Beschluss) betreffend den Angeklagten Markus M***** aufgehoben und in diesem Umfang gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

 

Spruch:

Markus M***** wird für die ihm zur Last liegenden strafbaren Handlungen nach §§ 28 Abs 1, 129 StGB unter Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB auf das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 10. Oktober 2005, AZ 35 Hv 158/05p, zu einer Freiheitsstrafe von 21 (einundzwanzig) Monaten als Zusatzstrafe verurteilt. Die bedingte Nachsicht, die Markus M***** mit Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 29. August 2003, AZ 26 Hv 118/03m, hinsichtlich eines Strafteils von 12 Monaten gewährt wurde, wird widerrufen.

Mit seiner Berufung und Beschwerde wird der Angeklagte Markus M***** auf diese Entscheidung verwiesen.

Der Berufung des Angeklagten Josef H***** wird dahin Folge gegeben, dass die Freiheitsstrafe auf 18 (achtzehn) Monate herabgesetzt wird. Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden, soweit im Rechtsmittelverfahren von Bedeutung, Markus M***** und Josef H***** des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 (H***** auch Z 2) und 15 StGB (I.) und des Vergehens des teils vollendeten, teils versuchten unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen nach §§ 136 Abs 1, Abs 2 und 15 StGB (II.) schuldig erkannt.

Demnach haben sie in Kufstein in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken als Mittäter, zu I. 3. auch mit Christian G*****, I. nachangeführten Geschädigten fremde bewegliche Sachen in einem 3.000 Euro nicht übersteigenden Wert mit dem Vorsatz weggenommen, sich oder Dritte durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern und zwar:

1. am 18. Juli 2005 Verfügungsberechtigten der Verlassenschaft nach Waltraud P***** mehrere Bücher und Fotoalben, ein Luftdruckgewehr, mehrere Taschenmesser unerhobenen Werts sowie Münzgeld im Betrag von 290,69 Euro und Schmuck im Wert von zumindest 714 Euro nach Eindringen in die Villa P***** und Aufbrechen einer Wohnungstür;

2. Josef H***** (allein) nachts zum 14. Juli 2005 dem Klaus K***** Bargeld in unerhobener Höhe und einen Elektroroller der Marke Charly Bob unerhobenen Werts nach Aufbrechen der Eingangstür zur Werkstätte des Autohauses K***** und Aufbrechen einer Registrierkasse.

3. am 24. August 2005 Verfügungsberechtigten des Geschäftes I***** Waren im Wert von 1.676,11 Euro, indem Josef H***** durch ein Fenster in die Geschäftsräumlichkeiten einstieg und seinen Mittätern über einen Lift den Zugang zu den Geschäftsräumlichkeiten ermöglichte, wobei die Tat beim Versuch geblieben ist;

4. am 24. August 2005 Verfügungsberechtigten der S***** eine gelbe Ledercouch und zwei Mobiltelefone unerhobenen Werts nach Aufbrechen von Vorhängeschlössern und einer Eingangstür und Eindringen in insgesamt fünf Baucontainer;

5. am 24. August 2005 Verfügungsberechtigten der S***** eine Digitalkamera und Kekse unerhobenen Werts nach Aushebeln der Eingangstür mit einem Brecheisen und Eindringen in einen Bürocontainer;

II. nachangeführte Fahrzeuge, die zum Antrieb mit Maschinenkraft eingerichtet sind, ohne Einwilligung des Berechtigten in Betrieb genommen bzw zu nehmen versucht, und zwar

1. zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt zwischen Mitte und Ende August 2005

a) einen nicht zum Verkehr zugelassenen PKW der Marke BMW 525 td des Denis H***** (Versuch),

b) einen nicht zum Verkehr zugelassenen PKW der Marke BMW 320 d des Denis H*****,

wobei sie sich die Gewalt über die Fahrzeuge durch eine der in § 129 StGB geschilderten Handlungen, nämlich dadurch verschafften, dass sie die Schlüsselboxen aufbrachen und die Fahrzeuge mit den derart widerrechtlich erlangten Fahrzeugschlüsseln starteten bzw zu starten versuchten.

2. Josef H***** (allein) am 3. September 2005 einen nicht zum Verkehr zugelassenen PKW VW Polo des Denis H*****.

Markus M***** wurde unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB nach § 129 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Josef H***** erhielt nach den zitierten Gesetzesstellen unter Bedachtnahme auf § 36 StGB 20 Monate Freiheitsstrafe.

Rechtliche Beurteilung

Der aus § 281 Abs 1 Z 11 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagte Markus M***** kommt Berechtigung zu.

Zutreffend zeigt der Beschwerdeführer auf, dass das Erstgericht gemäß §§ 31, 40 StGB auf das (seit 14. Oktober 2005 rechtskräftige) Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 10. Oktober 2005, AZ 35 Hv 158/05b-18 (mit dem der Angeklagte wegen der Vergehen nach § 27 Abs 1 (erster, zweiter und sechster Fall) SMG sowie der Unterlassung der Hilfeleistung nach § 95 Abs 1 zweiter Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt worden war (Tatzeiten Mai 2004 bis 15. Mai 2005), hätte Bedacht nehmen müssen, weil die der gegenständlichen Verurteilung zugrundeliegenden Taten nach der Zeit ihrer Begehung schon im früheren Verfahren hätten abgeurteilt werden können. Der somit zu Unrecht unterbliebenen Anwendung der §§ 31, 40 StGB steht der Umstand, dass bereits im Urteil des Bezirksgerichts Kufstein vom 16. November 2005, AZ 3 U 362/04s (ON 21) nicht nur auf das Urteil dieses Gerichts vom 14. März 2005, AZ 3 U 225/04v (Tatzeit 1. Mai 2004), sondern auch auf das mit diesem nicht im Verhältnis des § 31 Abs 1 StGB stehende zitierte Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 10. Oktober 2005 - somit insoweit verfehlt (vgl Fabrizy StGB9 § 31 Rz 10a) - Bedacht genommen worden war, nicht entgegen. Die Nichtanwendung des § 40 StGB bewirkt, weil die Vorverurteilung den Entscheidungsgründen zu entnehmen ist (US 7), als rechtsfehlerhafte Bewertung nach Z 11 zweiter Fall die Nichtigkeit des Strafausspruchs (Ratz in WK2 § 31 Rz 15).

Der Vollständigkeit halber bleibt anzumerken, dass der Rechtsmittelantrag, nach § 288a StPO die Hauptverhandlung zu vernichten, einer aktenmäßigen Grundlage entbehrt, weil kein Gerichtshof zweiter Instanz die Versetzung in den Anklagestand ausgesprochen und daher auch kein unzuständiges Oberlandesgericht entschieden hat.

Bei der durch die Kassation des Strafausspruchs hinsichtlich Markus M***** erforderlichen Strafneubemessung wertete der Oberste Gerichtshof als erschwerend das Zusammentreffen mehrerer teils wiederholter strafbarer Handlungen, die zahlreichen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden, formal rückfallsbegründenden Vorstrafen und den raschen Rückfall, als mildernd hingegen, dass die Taten teils beim Versuch blieben, die teilweise Schadensgutmachung und das reumütige Geständnis.

Die bloße Absichtserklärung in Bezug auf - nicht zu bewerkstelligende - Schadensgutmachung fällt bei der Strafbemessung nicht ins Gewicht (Ebner in WK2 § 34 Rz 36).

Eine nicht auf Arbeitsscheu zurückzuführende drückende Notlage (§ 34 Z 10 StGB) ist durch nichts indiziert.

Mit Blick auf die „Bedachtnahmefakten", von denen eines kausal für den Tod eines Menschen war, und die - abgesehen davon - zwölf überwiegend gegen fremdes Vermögen gerichteten und somit spezifisch einschlägigen, an sich rückfallsbegründenden Vorstrafen, von denen es sich jedoch bei drei um Zusatzstrafen handelt, erachtet der Oberste Gerichtshof eine (Zusatz-)Freiheitsstrafe in der Dauer von 21 Monaten als dem Unrechtsgehalt der Taten und der Schuld des Täters angemessen.

Dass sich der Angeklagte M***** weder durch Verspüren des Haftübels noch durch mehrfache Gewährung bedingter Nachsicht bzw Entlassung abhalten ließ, bereits wenige Tage nach der letzten Haftentlassung neuerlich unter den Voraussetzungen des § 39 StGB rückfällig zu werden, erfordert auch den Widerruf des zwölfmonatigen Strafrests aus einer achtzehnmonatigen Freiheitsstrafe, die wegen teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls verhängt worden war.

Mit seiner Berufung und Beschwerde war der Angeklagte M***** auf die ihn treffende Strafneubemessung zu verweisen.

Das Schöffengericht wertete beim Angeklagten Josef H***** als erschwerend die fünffache Wiederholung des Einbruchsdiebstahls, die dreifache Wiederholung des Vergehens des unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen, den Einbruchsdiebstahl in zwei Erscheinungsformen (Z 1 und Z 2), die Tatbegehung mit Komplizen, die massive einschlägige Vorstrafenbelastung und den raschen Rückfall, als mildernd hingegen das Alter unter 21 Jahren, dass ein Teil der Taten beim Versuch geblieben ist, die Gutmachung eines Teils des Schadens durch Sicherstellung der Beute und das Geständnis.

Mit Blick auf die im Wesentlichen zutreffend festgestellten Strafzumessungsgründe sah sich der Oberste Gerichtshof - auch in Relation zur Sanktionierung des Mitangeklagten M***** - zu einer maßvollen Minderung der ausgesprochenen Freiheitsstrafe bestimmt. Handelt es sich bei den neun Vorstrafen des Angeklagten doch bei vier um Zusatzstrafen und war zudem deren teils relativ geringes Gewicht und der Umstand, dass es sich um einen jungen Erwachsenen handelt, in Rechnung zu stellen.

Die durch die zahlreichen Angriffe und das getrübte Vorleben erkennbare kriminelle Energie des Angeklagten H***** steht aus spezialpräventiver Sicht der teilweisen bedingten Strafnachsicht entgegen.

Eine Bedachtnahme gemäß §§ 31 Abs 1, 40 StGB auf das Urteil des Bezirksgerichts Kufstein vom 16. November 2005, AZ 3 U 362/04s, hatte zu unterblieben, weil dieses seinerseits auf zwei Vorverurteilungen Bedacht nahm, nach denen jedoch die in Rede stehenden Taten gesetzt wurden (Ratz in WK2 § 31 Rz 5).

Die Kostenentscheidung gründet auf § 390a Abs 1 StPO.

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