OGH 5Ob245/05y

OGH5Ob245/05y21.2.2006

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch, Dr. Kalivoda, Dr. Höllwerth und Dr. Grohmann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Gabriele S*****, vertreten durch Dr. Walter Poschinger und andere Rechtsanwälte in Graz, gegen die beklagte Partei Gerta S*****, vertreten durch Dr. Nikolaus Kodolitsch und andere Rechtsanwälte in Graz, wegen EUR 72.672,83 sA, Rechnungslegung und Zahlung (Streitwert EUR 7.267,28) über die außerordentliche Revision (Revisionsinteresse EUR 7.267,28) der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 17. August 2005, GZ 5 R 69/05i-57, womit das Teil- und Zwischenurteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 21. Februar 2005, GZ 22 Cg 23/02k-48, in der Fassung des „Ergänzungsurteils vom 8. März 2005", GZ 22 Cg 23/02k-50, bestätigt wurde, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Teil- und Zwischenurteile der Vorinstanzen werden dahingehend abgeändert, dass Punkt 3) der Entscheidungen (Zuspruch eines unbestimmten Zahlungsbegehren im Rahmen der Stufenklage) ersatzlos zu entfallen hat.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin begehrt 1) die Bezahlung von EUR 72.672,83 als gesetzlichen Pflichtteil, 2) die Beklagte schuldig zu erkennen, der Klägerin über das Vermögen des Erblassers vollständig Auskunft zu erteilen, die Schätzung zu gestatten und einen Eid über die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben zu leisten und 3) die Beklagte weiters schuldig zu erkennen, der Klägerin den sich aus der Vermögensangabe und der Schätzung derselben ergebenden Pflichtteilsanspruch von 1/12tel des angegebenen Vermögens unter Anrechnung des zu Punkt 1 gestellten Zahlungsbegehrens zu bezahlen, wobei die ziffernmäßige Festsetzung des Zahlungsbegehrens bis zu der gemäß Punkt 2 erfolgten Vermögensangabe und Schätzung vorbehalten bleibe.

Das Erstgericht sprach, der Gliederung der Klage folgend, in seinem Teil- und Zwischenurteil aus, dass zu Punkt 1) der Anspruch dem Grunde nach zu Recht bestehe, dass zu Punkt 2) die Beklagte zur Rechnungslegung schuldig sei und zu Punkt 3) dass die Beklagte weiters bei sonstiger Exekution schuldig sei, der Klägerin den sich aus der Vermögensangabe und der Schätzung derselben ergebenden Pflichtteilsanspruch von 1/12tel des angegebenen Vermögens unter Anrechnung des zu Punkt 1) gestellten Zahlungsbegehrens zu bezahlen, wobei die ziffernmäßige Festsetzung der Zahlungsverpflichtung bis zur erfolgten Vermögensangabe und Schätzung gemäß Punkt 2) des Urteils vorbehalten bleibe. Es führte aus, dass es in dieser Entscheidung über das Rechnungslegungsbegehren sowie über den Pflichtteilsanspruch als solchen entscheide, noch nicht Gegenstand des Urteils sei jedoch die Höhe des Pflichtteilsanspruchs der Klägerin.

Die Beklagte bekämpfte dieses Urteil mit Berufung zur Gänze, rügte aber nicht ausdrücklich, dass das Erstgericht bereits über das unbestimmte Zahlungsbegehren zu Punkt 3) im stattgebenden Sinn entschieden hatte.

Das Berufungsgericht bestätigte das angefochtene Urteil und wies darauf hin, dass das Erstgericht mit seiner Entscheidung zu Punkt 3) zwar gegen das Bestimmtheitsgebot des § 226 Abs 1 ZPO verstoßen habe und somit ein Verfahrensmangel vorliege. Dieser Verfahrensmangel sei jedoch von der Berufungswerberin nicht geltend gemacht worden, sodass es dem Berufungsgericht verwehrt sei, den Urteilsausspruch über das unbestimmte Leistungsbegehren zu beseitigen.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei, da keine Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung zu lösen seien.

Lediglich dagegen, dass das Berufungsgericht Punkt 3) der erstgerichtlichen Entscheidung nicht von Amts wegen aufgehoben hat, wendet sich die außerordentliche Revision der Beklagten mit dem Antrag, dass dieser Ausspruch ersatzlos zu entfallen habe. Die Klägerin beantragt in der ihr freigestellten Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, sie ist auch berechtigt. Die Klägerin erhob neben einer Leistungsklage auch eine Stufenklage iSd Art XLII EGZPO. Bei dieser Klage darf das Begehren auf Zahlung mit dem Rechnungslegungsbegehren verbunden werden, obwohl die Höhe des zu zahlenden Betrages erst nach erfolgter Rechnungslegung feststeht. Der Kläger darf daher hier ausnahmsweise die Bezifferung der Geldsumme vorläufig unterlassen und braucht sie erst nachzuholen, sobald die Rechnungslegung erfolgt ist bzw das zu fällende Urteil auf Rechnungslegung vollstreckt ist. Durch Art XLII EGZPO wird der Grundsatz des § 226 Abs 1 ZPO durchbrochen, wonach die Klage ein bestimmtes (und im Falle eines Leistungsbegehrens auch vollstreckbares) Begehren enthalten muss (9 ObA 186/91; 6 Ob 5/02g; 4 Ob 288/97z; RIS-Justiz RS0034987). Bei einer Manifestationsklage ist zuerst das Verfahren über das Rechnungslegungsbegehren durchzuführen und (stattgebendenfalls) darüber mit Teilurteil zu entscheiden (7 Ob 186/01f, 4 Ob 288/97z). Erst nach dessen Rechtskraft hat der Kläger aufgrund der Ergebnisse der Rechnungslegung sein Leistungsbegehren durch zahlenmäßige Angabe des Klagsbetrages zu ergänzen. Das Gericht hat sodann das Verfahren über den Leistungsanspruch durchzuführen und mit Endurteil über das Zahlungsbegehren zu entscheiden (vgl RIS-Justiz RS0035079).

Im vorliegenden Fall hat das Erstgericht zwar der Bezeichnung nach nur ein Teilurteil (richtig hinsichtlich der berichtigten Fassung: Teil- und Zwischenurteil) gefasst, trotzdem aber auch über das unbestimmte Leistungsbegehren bereits mitentschieden. Die Bestimmtheit des Klagebegehrens ist eine von Amts wegen (auch noch im Rechtsmittelverfahren) wahrzunehmende Klagevoraussetzung (9 ObA 186/91; 5 Ob 511/92; vgl RIS-Justiz RS0036355). Das Berufungsgericht hat es unterlassen, von Amts wegen die Unbestimmtheit des Klagebegehrens in diesem Sinn wahrzunehmen, wodurch ein Verfahrensmangel vorliegt, der zur Wahrung der Rechtssicherheit auch noch im Revisionsverfahren wahrzunehmen ist (vgl 5 Ob 511/92, 9 ObA 186/91). Es war daher der Ausspruch zu Punkt 3 der Vorentscheidungen ersatzlos aufzuheben.

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