OGH 6Ob296/05f

OGH6Ob296/05f16.2.2006

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm und Dr. Gitschthaler sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Grohmann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Engelhart & Partner Rechtsanwälte OEG in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. Hermine Rosa L*****, 2. Judith L*****, 3. Michael L*****, alle *****, alle vertreten durch Dr. Wolfgang Gewolf und Dr. Gernot Murko, Rechtsanwälte in Klagenfurt, sowie des Nebenintervenienten auf Seiten der beklagten Parteien Mag. Dr. Walter G*****, vertreten durch BKQ Quendler, Klaus & Partner Rechtsanwälte GmbH in Klagenfurt, wegen EUR 26.622,04 sA, über den Rekurs der beklagten Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 25. August 2005, GZ 4 R 49/05s-49, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 22. Dezember 2004, GZ 29 Cg 234/02h-44, aufgehoben wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit EUR 1.584,59 (darin enthalten EUR 264,10 USt) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Beklagten sind die je zu einem Drittel rechtskräftig eingeantworteten Erben eines am 8. 11. 1999 verstorbenen Arztes, der bei der Klägerin einen Leasingvertrag über eine EDV-Anlage für die betriebliche Verwendung in seiner Ordination abgeschlossen hatte. Zum Zeitpunkt des Todes des Leasingnehmers waren 42 Leasingentgelte offen. Die Klägerin meldete ihre aus der Vertragsauflösung zum 8. 11. 1999 berechnete Forderung am 25. 11. 1999 im Verlassenschaftsverfahren an. Der verstorbene Arzt hatte bei zwei Versicherungsgesellschaften Betriebsunterbrechungsversicherungen abgeschlossen, welche bei Tod des Versicherten nur die „notwendigen" Liquidierungskosten des Betriebes, speziell die fortlaufende Miete im Fall einer längeren Kündigungsfrist, allenfalls auch Abfertigungen deckten.

Der Nebenintervenient (Steuerberater des Verstorbenen) vertrat die Ansicht, dass die Forderung der Klägerin aus der vorzeitigen Auflösung des Leasingvertrages im Wege von Versicherungsleistungen abzudecken sei, und meldete den beiden Versicherungen diese Forderung mit Schreiben vom 12. 9. 2001. In seinem Schreiben vom 12. 9. 2001 trat er die Forderung gegen die Versicherer zahlungshalber an die Klägerin ab. Die Klägerin nahm die Zession mit Schreiben vom 27. 9. 2001 an und erklärte, ihre Forderung gegen die Versicherer geltend zu machen; ein allfälliges Prozesskostenrisiko gehe zu Lasten der Verlassenschaft.

Die Klägerin machte diese zahlungshalber abgetretene Forderung ab November 2001 gegenüber einer Versicherungsgesellschaft geltend; diese lehnte eine Zahlung mit der Begründung ab, Kreditzinsen aus Darlehen für Betriebsanschaffungen im Rahmen einer Betriebsunterbrechungsversicherung seien versicherte fixe Kosten, nicht aber Teilzahlungen von Kapital. Im Fall einer erweiterten Deckung in Form einer „Nachhaftung" würden nur die „weiterlaufenden Kosten für maximale sechs Monate oder allfällige Kosten der Liquidierung ersetzt". Hätte sich die Klägerin an die zweite Versicherungsgesellschaft gewandt, wäre sie an den anderen Versicherer verwiesen worden.

Die Klägerin begehrt auf Basis einer aus der Auflösung des Leasingvertrages resultierenden Gesamtforderung von EUR 26.622,04 die anteilige Zahlung von je EUR 8.874,01 sA. Nachdem einer der Versicherer unter Hinweis auf das nicht gedeckte Risiko einer Betriebsbeendigung jegliche Leistung verweigert habe, habe die Klägerin wegen Aussichtslosigkeit von einer Klagsführung Abstand genommen und mit Telefax vom 6. 11. 2002 die Rückzession erklärt.

Einer Gegenforderung stehe das im Leasingvertrag vereinbarte Kompensationsverbot entgegen.

Die Beklagten wenden ein, die Klägerin habe die Betreibung der ihr abgetretenen Forderung grob fahrlässig unterlassen, weshalb die dreijährige Verjährungsfrist des § 12 VersVG abgelaufen sei. Ein aus der mangelnden Betreibung erwachsener Schaden der Beklagten werde bis zur Höhe der Klagsforderung als Gegenforderung geltend gemacht.

Der Nebenintervenient verweist ebenfalls auf die nachteiligen Folgen eines übermäßig langen Zuwartens der Klägerin mit der Geltendmachung der abgetretenen Forderung.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es handle sich um eine zahlungshalber erfolgte Zession. Eine Klagsführung gegen die Versicherer wäre nicht von Vornherein aussichtslos gewesen und hätte innerhalb der dreijährigen Verjährungsfrist erfolgen müssen.

Das Berufungsgericht hob dieses Urteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht; es sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Das Berufungsgericht billigte die Qualifikation der Forderungsabtretung als Zession zahlungshalber, bei der ein Rückgriff auf das ursprüngliche Schuldverhältnis nur bei einem ernstlich vorgenommenen Eintreibungsversuch zulässig sei, erachtete aber die Feststellungen über Inhalt und Umfang des Versicherungsschutzes als nicht ausreichend, um die Aussichtslosigkeit der Weiterverfolgung des genannten Anspruches zu beurteilen. Den Zulassungsausspruch begründete das Berufungsgericht mit divergierenden Rechtsansichten zum Erfordernis einer Klagsführung vor Rückgriff auf das ursprüngliche Schuldverhältnis.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs der Beklagten ist entgegen dem nicht bindenden (RIS-Justiz RS0042392) Ausspruch des Berufungsgerichtes nicht zulässig.

Im Verfahren vor dem Obersten Gerichtshof ist nicht mehr strittig, dass die Zession zahlungshalber erfolgte. Die klagende Zessionarin stützt sich auch nicht auf Gewährleistungsansprüche iSd §§ 922, 1397 ABGB, weshalb hier nicht zu beurteilen ist, ob 1) bei einer Zession zahlungshalber überhaupt Gewährleistungsansprüche bestehen (siehe Reischauer in Rummel ABGB³ § 1414 Rz 17; abl RIS-Justiz RS0024166 [T 1]) oder 2) die nach überwiegender Meinung (Nachweise bei Ertl aaO §§ 1397 bis 1399 ABGB Rz 6) auf die Forderungsabtretung anzuwendende kurze Präklusivfrist des § 933 ABGB, welche bei vor Inkrafttreten des Gewährleistungsrechts-Änderungsgesetzes (BGBl I 48/2001) geschlossenen Verträge sechs Monate betrug, zum Zeitpunkt der Klagseinbringung abgelaufen war.

Die Klägerin greift vielmehr auf die ursprüngliche Forderung zurück, was voraussetzt, dass sie sich mit der nötigen Sorgfalt, also ernstlich bemühte, die Forderung einzutreiben (RIS-Justiz RS0032766; RS0032742; Reischauer aaO § 1414 Rz 15; SZ 24/71; SZ 26/142; SZ 43/73).

Ob der Zessionar im Rahmen seiner ernstlichen Bemühungen zur Einziehung der abgetretenen Forderung auch zur Klagsführung verpflichtet ist, kann nur nach der Lage des einzelnen Falles beurteilt werden. Eine voraussichtlich aussichtslose Klagsführung kann jedoch nicht verlangt werden (RIS-Justiz RS0032760). Bei Beurteilung, ob die Klägerin sich im konkreten Fall ernstlich um die Eintreibung der ihr abgetretenen Forderung bemüht hat, stellt der Versicherungsschutz ein entscheidendes Kriterium dar. Hält das Berufungsgericht die Feststellungen zu diesem Thema für nicht ausreichend, kann der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, dieser Einschätzung nicht entgegentreten (RIS-Justiz RS0042179).

Der Rekurs war daher mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage als unzulässig zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO. Die Klägerin hat in der Rekursbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen.

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