OGH 7Ob3/06a

OGH7Ob3/06a25.1.2006

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B*****, vertreten durch Dr. Heinz Stöger, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Brigitte K*****, vertreten durch Dr. Ernst Brunner, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 10.752,36 sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 22. August 2005, GZ 16 R 156/05m-11, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 30. Mai 2005, GZ 6 Cg 197/04s-7, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei zuhanden ihres Vertreters binnen 14 Tagen die mit EUR 954,30 (hierin enthalten EUR 159,05 USt) bestimmten Kosten des Berufungs- sowie die mit EUR 610,75 (hierin enthalten EUR 101,79 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 30. 8. 2003 verursachte Marcus K***** - der jedenfalls zum Unfallszeitpunkt noch mit der Beklagten verheiratet war, aber nicht mehr mit ihr im gemeinsamen Haushalt lebte - als Lenker eines bei der beklagten Partei haftpflichtversicherten Pkw der Marke BMW im Gemeindegebiet von B***** bei W***** auf der dortigen Laaberstraße einen Verkehrsunfall, bei dem es zu Personen- und Sachschäden kam, wofür die Klägerin als Haftpflichtversicherer in der Folge Schadenersatzzahlungen in Höhe des nunmehrigen Klagebetrages von EUR 10.752,36 leistete. Die Beklagte war zum Unfallszeitpunkt Versicherungsnehmerin. Zum Unfallszeitpunkt war Marcus K***** nicht im Besitz eines gültigen Führerscheins.

Marcus K***** hatte das Unfallsfahrzeug (Erstzulassung 9. 4. 1985) seinerzeit von seiner Mutter um S 15.000 (EUR 1.090,09) gekauft, wobei er einen Teilbetrag von S 10.000 (EUR 726,73) sofort zahlte. Anlässlich seiner Hochzeit mit der Beklagten im Jahre 1997 erließ ihm die Mutter den Restbetrag von S 5.000 (EUR 363,36). Die Fahrzeugpapiere und zwei Autoschlüssel erhielt Marcus K***** von seiner Mutter; nur einen Autoschlüssel übergab er in weiterer Folge der Beklagten. Benzin wurde entweder von Marcus K***** oder der Beklagten, Reparaturschäden wurden auch von Marcus K***** bezahlt, der auch selbst Schäden reparierte. Er kaufte auch Winter- und Sommerreifen. Der BMW war (nicht durchgehend) von 2000 - 2003 angemeldet. In diesem Zeitraum stand das Fahrzeug der Beklagten einige Zeit nicht zur Verfügung; deshalb kaufte sie sich selbst ein eigenes Auto (Ford Fiesta) von ihrer Freundin. Zum Unfallszeitpunkt war nur der BMW angemeldet. Die Beklagte zahlte die Prämien und fuhr überwiegend mit diesem Pkw.

Bereits Mitte 1999 „reichte die Beklagte die Scheidung ein". Ausschlaggebend waren Gewalttätigkeiten des Marcus K*****, weil die Beklagte den BMW benutzt hatte und er dem Marcus K***** nicht unmittelbar zur Verfügung gestanden war. Marcus K***** wurde in der Folge rechtskräftig zu einer mehrmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt. Im Scheidungsverfahren trat (zunächst) Ruhen ein, weil die Beklagte schwanger war. 2001 beabsichtigte sie, das Scheidungsverfahren fortzusetzen, weil ihr Mann eine Freundin hatte und aus der gemeinsamen Wohnung in W***** ausgezogen war. Seit diesem Zeitpunkt hielt sich Marcus K***** überwiegend auswärts auf und benützte die gemeinsame Wohnung lediglich zum Duschen und um Kleidung zu holen. Wenn er dort erschien, beschimpfte er mitunter die Beklagte und übte auch körperliche Gewalt aus, weshalb sich diese mehrmals an die Polizei wandte. Da ihr Mann nicht mehr an ihrer Wohnadresse gemeldet war, setzte sie im Hinblick auf allenfalls zu erwartende Zustellprobleme das Scheidungsverfahren erst 2004 fort.

Nach dem Jahr 2000 lenkte die Beklagte den Pkw jeweils selbst, wenn sie mit ihrem Mann gemeinsam Auto fuhr. Marcus K***** fuhr jeweils nur als Beifahrer mit. Die Beklagte wusste davon, dass Marcus K***** keinen gültigen Führerschein besaß. Er beharrte jedoch gegenüber der Beklagten darauf, „dass er in Wahrheit eine Lenkerberechtigung habe". Die Beklagte vermutete, dass Marcus K***** mit dem Pkw auch selbst fuhr. Insoweit wandte sie sich mehrmals an die Polizei und gab dort bekannt, dass ihr Mann offensichtlich wieder ohne Führerschein unterwegs sei. Sie erhielt die stets gleichlautenden Auskünfte, dass eine Abnahme des Autoschlüssels durch die Beklagte eigentlich nicht möglich sei, weil er der Eigentümer des Pkws sei und immerhin die Möglichkeit bestehe, dass er jemanden bitte, ihn mit seinem Auto irgendwohin zu bringen oder er jemandem überhaupt die Schlüssel gebe. Es bestünde lediglich die Möglichkeit, dass sie ihren Mann auf frischer Tat ertappe, ihn anhalte und die Polizei rufe. Als die Beklagte die Vermutung hatte, dass ihr Mann wieder ohne Lenkberechtigung unterwegs sei, rief sie tatsächlich die Polizei an, die ihn allerdings nicht „erwischen" konnte. Der Abnahme des Autoschlüssels durch die Beklagte allein wurde von ihr „aus faktischen Gründen nicht näher getreten", weil sie aufgrund der aggressiven Persönlichkeit ihres Mannes davon ausging, dass er sich von ihr nichts verbieten lassen werde. Er vertrat ihr gegenüber beharrlich den Standpunkt, dass er einen gültigen Führerschein habe und er mit seinem Auto jedenfalls fahren dürfe; „da habe ihm niemand etwas reinzureden". Die Beklagte befürchtete auch weitere Gewalttätigkeiten des Mannes. Tatsächlich hatte sie einmal 1999 - als ihr Mann telefonisch umgehend die Herausgabe des Fahrzeuges verlangt hatte - sogar die Kennzeichentafeln (um einer Benützung durch ihn vorzubeugen) abmontiert und samt den Fahrzeugpapieren in die Wohnung ihrer Freundin gebracht. Marcus K***** stieß daraufhin massive Drohungen gegen die Beklagte und ihre Freundin aus. Um die Situation nicht eskalieren zu lassen und in der Hoffnung, dass die Polizei bald eintreffen werde, händigte die Beklagte ihrem Mann die Kennzeichentafeln und Papiere wieder aus; die Polizei kam allerdings in weiterer Folge zu spät.

Der Beklagten war „die versicherungsrechtliche Problematik im Hinblick auf allfällige Schwarzfahrten ihres Mannes bewusst", sodass sie sich auch mit dem Gedanken trug, das Fahrzeug überhaupt abzumelden. Allerdings wären die Kennzeichentafeln zurückzugeben gewesen. Das Fahrzeug wäre dann auf der Straße gestanden, weshalb die Beklagte polizeiliche Anzeige befürchtete. Auch der Austausch der Schlösser kam für die Beklagte wegen der Gewaltbereitschaft ihres Mannes nicht in Frage. Sie befürchtete, dass er den Schlüssel für das neue Schloss mit Gewalt von ihr heraus verlangen werde. Innerhalb des letzten Jahres vor dem Unfall hatte die Beklagte keinen konkreten Hinweis darauf, dass ihr Mann selbst als Lenker mit dem Pkw fuhr; dies auch deshalb, weil er sich bei seinem Vater in P***** aufhielt und dort arbeitete. Trotzdem merkte die Beklagte, dass das Auto nicht nur von ihr benützt wurde. Konkrete Anhaltspunkte, dass Marcus K***** als Fahrer damit unterwegs war, hatte sie aber nicht.

Mit der am 19. 11. 2004 eingebrachten Klage begehrt die Klägerin die Regresszahlung der von ihr wegen des Verkehrsunfalls am 30. 8. 2003 geleisteten Ersatzansprüche. Die Beklagte habe die Schwarzfahrt des Marcus K***** ermöglicht, weil ihr bekannt gewesen sei, dass dieser schon mehrfach den Pkw unter Verwendung eines Zweitschlüssels unbefugt in Betrieb genommen habe. Es wäre ihr zumutbar gewesen, dies durch geeignete Maßnahmen (Änderung des Schlosses) zu verhindern.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Sie habe die Schwarzfahrten des Marcus K***** nicht schuldhaft ermöglicht. Seit 2002 habe dieser nicht mehr im gemeinsamen Haushalt gewohnt, sondern bei seinem Vater in P*****. Ab diesem Zeitpunkt habe sie keine Anhaltspunkte gehabt, dass er das Fahrzeug verwenden werde.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es verneinte ein Verschulden der Beklagten am Eintritt des Versicherungsfalles. Die Führerscheinklausel sei dahin auszulegen, dass einen Versicherungsnehmer die Obliegenheit treffe, im Falle der Kenntnis vom Führerscheinentzug des Lenkers, dem das versicherte Auto überlassen worden sei, alle Maßnahmen zu treffen, dass diesem Lenker das Fahrzeug nicht mehr zur Verfügung stehe. Diesen Anforderungen sei die Beklagte als Versicherungsnehmerin gerecht geworden. Sie habe sich mehrmals an die Polizei gewandt und diese auch auf ein Fahren des Marcus K***** ohne Lenkberechtigung hingewiesen. Das Abmontieren der Kennzeichentafeln und die Weigerung, die geforderten Fahrzeugpapiere auszufolgen, habe zu entsprechender Gewaltanwendung geführt. Der bloße Austausch des Schlosses wäre einerseits im Hinblick auf die Eigentümerrechte des Marcus K***** und andererseits durch die konkret zu erwartenden Drohungen und Misshandlungen nicht zumutbar gewesen. Es sei zu beachten, dass die Beklagte seit etwa einem Jahr vor dem Unfall keinen konkreten Hinweis darauf gehabt habe, dass ihr Ehemann tatsächlich mit dem BMW gefahren sei. Deshalb sei ihr die Abmeldung des einzigen Fahrzeuges unzumutbar gewesen. Schließlich habe die Beklagte ihrem Ehemann auch nicht konkludent die Erlaubnis erteilt, als Fahrzeuglenker den Pkw zu benützen.

Das Berufungsgericht gab der von der klagenden Partei lediglich aus dem Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobenen Berufung Folge und änderte das bekämpfte Ersturteil im klagestattgebenden Sinne ab. Es sprach zunächst aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

In rechtlicher Hinsicht führte das Berufungsgericht (zusammengefasst) aus, dass § 6 Abs 1 VersVG für den Fall der schuldhaften Verletzung einer so genannten schlichten Obliegenheit die Vereinbarung der gänzlichen Leistungsfreiheit des Versicherers erlaube; als solche Obliegenheit werde in § 5 Abs 1 Z 4 KHVG (bzw Art 9. 2. 1. AKHB 1995) festgestellt, dass der Lenker zum Lenken des Kraftfahrzeuges kraftfahrrechtlich berechtigt sei (sog Führerscheinklausel). Danach dürfe ein Versicherungsnehmer sein Fahrzeug nur einem Lenker mit der erforderlichen Lenkberechtigung anvertrauen; jeder Versicherungsnehmer müsse nach Kräften daran mitwirken, dass ein anderer das versicherte Fahrzeug nicht ohne Lenkberechtigung benütze. § 6 Abs 2 VersVG fordere als weitere Voraussetzung für die Leistungsfreiheit die Kausalität der Obliegenheitsverletzung. Allerdings sei bei Verletzung der Führerscheinklausel der Gegenbeweis fehlender Kausalität der objektiv erwiesenen Obliegenheitsverletzung durch den nachträglichen Nachweis des entsprechenden Fahrkönnens nicht zulässig, weil bereits vor Antritt der Fahrt die Fahrkunst und die Zuverlässigkeit des Fahrers in zweifelsfreier, jederzeit leicht nachprüfbarer Weise urkundlich oder wenigstens aktenmäßig dargetan sein müsse. Der Versicherungsnehmer, der die Leistungsfreiheit des Versicherers wegen objektiver Verletzung der Führerscheinklausel für sich vermeiden wolle, müsse alles ihm Mögliche unternehmen, um einen anderen, sei es auch den Eigentümer, Halter oder einen zweiten Versicherungsnehmer, vom Benützen des versicherten Fahrzeuges ohne Lenkberechtigung abzuhalten. Hiebei sei von jener Sorgfalt auszugehen, die unter den gegebenen Umständen nach der Lebenserfahrung von vernünftigen Personen üblicherweise aufgewendet werde. Daraus ergebe sich für den zu beurteilenden Fall, dass der Beklagten zwar nicht vorzuwerfen sei, dass sie das Schloss am BMW nicht gewechselt habe, weil das Fahrzeug nicht in ihrem Eigentum gestanden sei, habe doch Marcus K***** das Fahrzeug aufgrund eines Kaufvertrages von seiner Mutter erworben und sei es ihm auch übergeben worden. Nach den Verfahrensergebnissen sei der Beklagten Besitz eingeräumt, aber kein (Mit-)Eigentumsrecht übertragen worden. Allerdings habe die Beklagte, indem sie den BMW angemeldet habe, ermöglicht, dass ihr Ehemann Marcus K***** ohne Lenkberechtigung damit gefahren sei. Bereits mit der dem Abschluss des Kfz-Haftpflichtversicherungsvertrages folgenden Anmeldung des BMWs sei die Obliegenheit, zu verhindern, dass ein anderer (nämlich Marcus K*****) das versicherte Fahrzeug ohne Lenkberechtigung benützt, verletzt worden. Dies sei ihr auch vorwerfbar: Die Beklagte habe von der fehlenden Lenkberechtigung ihres Mannes und davon gewusst, dass er selbst nach Aufhebung des gemeinsamen Haushalts mit dem BMW gefahren sei. Da er einen Schlüssel zum BMW besessen habe, habe er das Fahrzeug immer wieder in Betrieb nehmen können. Aufgrund der Uneinsichtigkeit von Marcus K***** habe die Beklagte wissen müssen, dass es aussichtslos sei, ihn zu überzeugen, nicht mit dem BMW zu fahren. Ihr Vorhaben, den Schlüssel von der Polizei abnehmen zu lassen, habe sich nicht umsetzen lassen. Abgesehen davon, dass das Auswechseln des Schlosses am Auto ein Eingriff in das Eigentumsrecht des Marcus K***** gewesen wäre und auch seinen Besitz verletzt hätte, habe die Beklagte gewusst, dass dieser aufgrund seiner Gewalttätigkeit von ihr erreicht hätte, den Schlüssel zu einem geänderten Schloss von ihr zu erhalten. Unter diesen Umständen hätte daher die Beklagte den im Eigentum ihres Mannes stehenden BMW, der zwischen 2000 und 2003 nicht einmal durchgehend angemeldet gewesen sei, auch nicht mehr anmelden dürfen. Bereits bei Abschluss des Versicherungsvertrages hätte die Beklagte wissen können, sie werde die mit dem Versicherungsvertrag eingegangene Obliegenheit - dass mit dem versicherten Fahrzeug kein Lenker ohne Lenkberechtigung fährt - nicht einhalten können. Die Obliegenheitsverletzung sei ihr daher vorwerfbar. Die Klägerin berufe sich damit zu Recht auf ihre Leistungsfreiheit, sodass das Regressbegehren berechtigt sei.

Die ordentliche Revision wurde zunächst für nicht zulässig erklärt, weil die Frage, ob dem Versicherungsnehmer ein Verschulden an der Obliegenheitsverletzung (Führerscheinklausel) treffe, von den Umständen des Einzelfalles abhängig und das Berufungsgericht hiebei von grundsätzlicher oberstgerichtlicher Rechtsprechung nicht abgewichen sei.

Über gemäß § 508 ZPO gestellten Antrag änderte das Berufungsgericht in der Folge diesen Ausspruch dahin ab, dass die ordentliche Revision doch zulässig sei. Das Berufungsgericht habe der Beklagten eine Handlung (Anmeldung des Fahrzeuges) nach (und nicht bloß bei) Abschluss des Versicherungsvertrages zum Vorwurf gemacht; da jedoch der Versicherungsvertrag abgeschlossen worden sei, um das Fahrzeug anmelden zu können, laufe das Fehlverhalten auf eine Obliegenheitsverletzung bei Abschluss des Versicherungsvertrages hinaus.

In ihrer auf die Revisionsgründe der Mangelhaftigkeit, Aktenwidrigkeit und unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützten Revision beantragt die Beklagte die Abänderung der bekämpften Entscheidung im Sinne einer Wiederherstellung des klageabweislichen Ersturteils; hilfsweise wird auch ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die klagende Partei hat nach Freistellung eine Revisionsbeantwortung erstattet, in welcher primär die Zurückweisung des gegnerischen Rechtsmittels als unzulässig, in eventu die Bestätigung des Berufungsurteils beantragt wird.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zufolge Abweichens von der oberstgerichtlichen Rechtsprechung zulässig und auch berechtigt.

Die Revisionsgründe der Mangelhaftigkeit und der Aktenwidrigkeit liegen nach Prüfung nicht vor (§ 510 Abs 3 dritter Satz ZPO). Das Berufungsgericht hat in seinem Berufungsurteil an keiner Stelle („mit den Prozessakten im Widerspruch stehend") festgestellt, die Beklagte habe das Auto „nur" deshalb angemeldet, dass ihr Ehemann ohne Lenkberechtigung damit fahre, sodass hiezu auch von keinem Erörterungsmangel auszugehen ist. Schließlich hat die Beklagte bereits in ihrem Einspruch gegen den Zahlungsbefehl zugestanden, gewusst zu haben, dass ihr Mann keinen Führerschein habe, und dass dieser den Pkw trotzdem und entgegen einem von ihr ausgesprochenen Verbot (mehrfach) selbst verwendet habe.

Im Rahmen der Rechtsrüge wird moniert, dass der Umstand allein, dass das Fahrzeug angemeldet worden sei, „niemals eine Obliegenheitsverletzung sein kann, da erst mit rechtsgültigem Zustandekommen des Versicherungsvertrages die Verpflichtung zur Einhaltung von Obliegenheiten für den Versicherungsnehmer beginnt". Weiters sei das Prozessgericht „an die Rechtsansicht der klagenden Partei gebunden, wonach lediglich geeignete Maßnahmen wie die Änderung des Schlosses eine Obliegenheitsverletzung darstellen"; die Klägerin habe sich ausschließlich auf diesen Rechtsgrund der Obliegenheitsverletzung berufen, sodass das Berufungsgericht auch verpflichtet gewesen wäre, ausschließlich unter diesem Gesichtspunkt den Sachverhalt rechtlich zu überprüfen. Ein Schlossaustausch wäre jedoch ein (unzulässiger) Eingriff in das Eigentumsrecht ihres Mannes gewesen und hätte auch seinen Besitz verletzt; aufgrund der bekannten Gewalttätigkeit des Genannten hätte die Beklagte gewusst, dass Marcus K***** erreicht hätte, den Schlüssel zu einem geänderten Schloss von ihr zu erhalten.

Hiezu hat der Oberste Gerichtshof erwogen:

Das Berufungsgericht hat zunächst richtig erkannt, dass es hier nicht um die Beurteilung eines Haftungsfalles des Fahrzeughalters gegenüber einem geschädigten Dritten zufolge (schuldhaft ermöglichter) Schwarzfahrt nach § 6 EKHG geht, sondern vielmehr (ausschließlich) um einen daraus abgeleiteten Regressanspruch des leistungspflichtigen Versicherers gegenüber dem die Schwarzfahrt (behauptetermaßen) schuldhaft ermöglichenden Versicherungsnehmer. Hiezu steht (von der Beklagten - wie ausgeführt - von Anfang an selbst zugestanden und in ihrer Berufung auch unbekämpft geblieben) nicht nur fest, dass der spätere Unfalllenker zum Lenken dieses Fahrzeuges „kraftfahrrechtlich nicht berechtigt" war (§ 5 Abs 1 Z 4 KHVG iVm § 1 Abs 3, § 2 FSG), sondern dass die Beklagte diesen Umstand - ungeachtet dessen Beteuerungen „in Wahrheit eine Lenkerberechtigung" zu haben, sodass er „mit seinem Auto jedenfalls fahren darf" - auch kannte und ihr „die versicherungsrechtliche Problematik im Hinblick auch auf allfällige Schwarzfahrten ihres Mannes bewusst war". Dass die (bloße) Behauptung eines Fahrers, über einen Führerschein zu verfügen und auch die Beobachtung früherer Autofahrten eines solchen Lenkers für die Exculpierung eines Versicherungsnehmers nicht genügen, hat der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen (ZVR 1998/142; Schalich, Obliegenheitsverletzungen und ihre Folgen, ZVR 2005, 348 [356]; Grubmann, KHVG² E 60 zu § 5).

Dennoch ist hier ein Verschulden der Beklagten an der Ermöglichung der Schwarzfahrt zu verneinen. Der hier zu beurteilende Sachverhalt weicht von jenem der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes 7 Ob 61/79 (ZVR 1980/350, 381), auf die sich das Berufungsgericht gestützt hat, doch in wesentlichen Punkten ab: Während dort die im Regressweg beklagte Versicherungsnehmerin die Benützung ihres Fahrzeuges durch den Mann, der ständig „ein paar Autoschlüssel" besaß, trotz Kenntnis des Fehlens einer gültigen Lenkberechtigung „laufend duldete" und ihre Behauptung nicht zu beweisen vermochte, ihr Ehemann habe sie durch Drohungen und Misshandlungen zur Herausgabe der Fahrzeugschlüssel gezwungen, wurde im vorliegenden Fall ein solcher konkreter Bedrohungsakt mehrfach festgestellt. Die Verhaltensweise der Beklagten (auch im Zusammenhang mit dem nunmehr streitgegenständlichen Vorfall) ist hier ganz besonders vom Umstand geprägt, dass es sich bei Marcus K***** um einen generell zur Aggression neigenden Mann handelte, der seine Frau nicht nur verbal, sondern auch körperlich regelmäßig zu attackieren pflegte, weshalb sie (realistisch und lebensnah) bei einem Schlosswechsel „befürchtete, dass er den Schlüssel für das neue Schloss mit Gewalt von ihr heraus verlangen werde". Berücksichtigt man weiters, dass sie sich (auch präventiv) zur Hintanhaltung von Schwarzfahrten „mehrmals an die Polizei wendete", freilich ohne Erfolg, dann kann ihr nicht als Obliegenheitsverletzung zum Vorwurf gemacht werden, überhaupt einen Kfz-Haftpflichtversicherungsvertrag durch Anmeldung des BMW abgeschlossen und damit schon nicht verhindert zu haben, dass ein anderer das versicherte Fahrzeug ohne Lenkberechtigung benützt. Wenn schon, dann könnte der Beklagten bloß zum Vorwurf gemacht werden, das Fahrzeug nicht abgemeldet zu haben, wenn alle sonstigen Versuche, eine eigenmächtige Inbetriebnahme und ein eigenmächtiges Lenken durch den hiezu unberechtigten (Ex-)Mann hintanzuhalten, scheiterten - eine Überlegung, welche die Beklagte ohnedies bereits selbst erwogen hatte. Berücksichtigt man allerdings weiters, dass es für die Beklagte innerhalb der letzten zwölf Monate vor dem Unfall „keinen konkreten Hinweis" (mehr) gab, dass ihr Mann mit dem Pkw gefahren sei, ist selbst unter Zugrundelegung des von der Rechtsprechung geforderten strengen Maßstabes für ein Regressrecht der Beklagten nach Auffassung des Obersten Gerichtshofes keine Grundlage gegeben - ist doch (nur) von jener Sorgfalt auszugehen, die unter den konkret gegebenen Umständen nach der Lebenserfahrung von vernünftigen Personen üblicherweise aufgewendet wird (Reisinger, aaO Rz 71).

Aus allen diesen Erwägungen war daher in Stattgebung der Revision das klageabweisliche Ersturteil wiederherzustellen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO.

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