OGH 4Ob199/05a

OGH4Ob199/05a24.1.2006

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß als Vorsitzende und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Gitschthaler als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei J***** AG, *****, vertreten durch Wolf Theiss Rechtsanwälte OEG in Wien, gegen die beklagte Partei Franz H***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Harald Schmidt, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung, Beseitigung, Rechnungslegung, Leistung und Veröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren 108.000 EUR), über den Revisionsrekurs der Klägerin gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom 14. Juli 2005, GZ 3 R 92/05d-17, mit dem der Beschluss des Landesgerichts Eisenstadt vom 29. März 2005, GZ 2 Cg 31/05a-5, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die Klägerin ist schuldig, der Beklagten die mit 1.949,22 EUR (darin 324,87 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 526 Abs 2 ZPO, §§ 402, 78 EO) - Ausspruch des Rekursgerichts ist der ordentliche Revisionsrekurs mangels erheblicher Rechtsfrage im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO nicht zulässig:

1. Das Rekursgericht hat den Zulässigkeitsausspruch damit begründet, dass es - wenn auch bedingt durch die Umstände des Einzelfalls - vom Ergebnis der Vorentscheidung 4 Ob 117/97b (= ÖBl 1998, 17 - Schokobananen) abgewichen sei. Die Klägerin macht geltend, das Rekursgericht hätte irrigerweise im Wesentlichen bloß auf die unterschiedlichen Markenbezeichnungen abgestellt und außer Acht gelassen, dass bereits eine mittelbare Verwechslungsgefahr genüge, um einen Verstoß gegen § 9 Abs 1 iVm § 9 Abs 3 bzw § 1 UWG zu begründen. Nach der - ebenfalls die Schokobananen-Verpackung der Klägerin betreffenden - Entscheidung 4 Ob 117/97b wird die Sittenwidrigkeit der Nachahmung dadurch begründet, dass die (nachgeahmte) Verpackung charakteristische Merkmale und Gestaltungsformen aufweist, durch die (bewusste) Nachahmung die Gefahr von Verwechslungen herbeigeführt wird und dem Mitbewerber eine andersartige Gestaltung zumutbar gewesen wäre. Maßgeblich ist, ob die beanstandete Verpackung in den wesentlichen, den Gesamteindruck bestimmenden Merkmalen mit der (älteren) Verpackung des Mitbewerbers übereinstimmt; eine zergliedernde Betrachtungsweise ist unzulässig.

Die angefochtene Entscheidung steht mit dieser Rechtsprechung im Einklang. Ob Verwechslungsgefahr besteht, hängt von den Umständen des konkreten Falles ab und hat regelmäßig keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung. Dass die angefochtene Entscheidung, anders als die Vorentscheidung, eine Verwechslungsgefahr verneint, begründet daher noch keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO. Maßgebend ist immer, ob die angefochtene Entscheidung den Leitlinien der Rechtsprechung widerspricht; nur ein solcher Widerspruch und nicht ein - durch die Umstände des konkreten Falles bedingtes - Abweichen vom Ergebnis der Vorentscheidung vermag eine erhebliche Rechtsfrage zu begründen.

Keine erhebliche Rechtsfrage wird auch dadurch begründet, dass das Rekursgericht nicht (ausdrücklich) geprüft hat, ob mittelbare Verwechslungsgefahr besteht. Es hat aber dargelegt, dass sich die der (angeblich) nachgeahmten und die der beanstandeten Verpackungen gemeinsamen Elemente auch auf den vorgelegten „einwandfreien" Konkurrenz-Verpackungen finden und dass sie den Gesamteindruck nicht so stark prägen, als dass daraus eine Verkehrsbekanntheit abgeleitet werden könnte. Das schließt (auch) eine mittelbare Verwechslungsgefahr aus, ohne dass es noch darauf ankäme, ob die Verkehrskreise annehmen, dass der Hersteller eines Markenprodukts seine Ware auch unter einer „Billigmarke" vertreibt.

2. Die Klägerin wirft der Beklagten weiters einen Verstoß gegen § 2 UWG vor; die Angabe „Wien-Kittsee" auf den Verpackungen sei irreführend, weil die Beklagte in Wien keinerlei Tätigkeiten (mehr) entfalte. Das Rekursgericht hat die Auffassung vertreten, die beanstandete Herkunftsbezeichnung sei nicht geeignet, den Kaufentschluss der Konsumenten zu Gunsten der Beklagten zu beeinflussen.

Die Bezugnahme auf die geografische Herkunft einer Ware verstößt nach ständiger Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0078393) gegen § 2 UWG, wenn sie bei einem nicht ganz unerheblichen Teil der umworbenen Abnehmer einen nicht den Tatsachen entsprechenden Eindruck erweckt und dieser Eindruck geeignet ist, den angesprochenen Interessenten bei seiner Auswahlüberlegung irgendwie zugunsten des Angebots zu beeinflussen. Ob diese Voraussetzungen im Einzelfall vorliegen, bildet keine erhebliche Rechtsfrage.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §§ 78, 402 EO iVm §§ 40, 50 ZPO. Die Beklagte hat auf die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses hingewiesen; ihre Revisionsrekursbeantwortung war daher zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig.

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