OGH 12Os108/05g

OGH12Os108/05g22.12.2005

Der Oberste Gerichtshof hat am 22. Dezember 2005 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Holzweber, Dr. Philipp, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters MMag. Popelka als Schriftführer, in der Strafsache gegen Sead H***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB aF über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 12. Juli 2005, GZ 22 Hv 91/05g-35, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Sead H***** des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB in der Fassung BGBl 1989/242 schuldig erkannt.

Darnach hat er im Sommer 2001 in Hart Cornelia D***** dadurch, dass er sie mit der rechten Hand am Hals erfasste und gegen die Mauer drückte, zur Duldung des Beischlafes und einer dem Beischlaf gleichzusetzenden Handlung, nämlich des Einführens mehrerer Finger in die Scheide, genötigt.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen vom Angeklagten aus den Gründen der Z 3, 4 und 5 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde geht fehl. Entgegen dem Vorbringen in der Verfahrensrüge (Z 3) widerspricht die durch Anführung des Ortes und Zeiteingrenzung erfolgte Individualisierung des vom Angeklagten im Sommer 2001 in Hart verübten Verbrechens nicht § 260 Abs 1 Z 1 StPO, weil diese Bestimmung eine erschöpfende Beschreibung des Tatgeschehens im Urteilssatz nicht verlangt. Es genügt, die Tat durch konkrete Umstände soweit zu umschreiben, dass eine abermalige Verurteilung wegen desselben Sachverhalts ausgeschlossen ist. Den Erfordernissen der in Rede stehenden Verfahrensbestimmung ist im Fall mangelnder weiterer Aufklärungsmöglichkeit in Ansehung des Tatzeitpunkts immer schon dann entsprochen, wenn im Schuldspruch die Tat des Angeklagten - wie hier - örtlich und zeitlich (auch innerhalb eines gewissen Zeithorizonts) umgrenzt wird (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 266 ff), sodass der Angeklagte solcherart vor neuerlicher Verfolgung geschützt wird.

Durch die Abweisung des Antrags auf Einvernahme der Zeugen Sovic R***** und Meho V*****, „die zum relevanten Zeitpunkt auf der Baustelle gewesen sind" und „sollte die Vergewaltigung stattgefunden haben, die Zeugen das mitbekommen hätten müssen" (S 360), wurden - entgegen der Verfahrensrüge (Z 4) - keine Verteidigungsrechte beeinträchtigt. Denn es mangelt dem Beweisantrag, der inhaltlich auf die Schaffung eines der Aussage der Zeugin Cornelia D***** zum Teil widersprechenden Beweisergebnisses (dahin, dass sich noch andere Personen auf der Baustelle befunden haben) abzielt, an der erforderlichen Substantiierung, wird doch nicht dargelegt, dass diese Personen ständig anwesend waren.

Der Behauptung unzureichender Begründung (Z 5) des im Blick auf eine mögliche Verjährung relevanten Tatjahres 2001 zuwider konnten die Tatrichter die bekämpfte zeitliche Festlegung mängelfrei auf die als glaubwürdig beurteilten Opferdepositionen gründen (US 4, 7 f iVm S 203).

Mit dem weiteren Vorbringen der Mängelrüge trachtet der Beschwerdeführer unter Hinweis auf marginal schwankende Angaben der Zeugin Cornelia D***** in Ansehung nicht entscheidungswesentlicher Details - ob die Tat vormittags oder am Morgen verübt wurde, ob die Genannte dabei zurückwich oder zurückgedrängt, zur Mauer gestoßen oder gedrängt, am Hals oder auch am Brustkorb festgehalten wurde (S 55 f und ON 8) - die Glaubwürdigkeit des Opfers nach Art einer im schöffengerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung in Frage zu stellen, wobei die Tatrichter diese Modalitäten - die in der kontradiktorischen Vernehmung (ON 8) eben unter diesen Aspekten vom Verteidiger hinterfragt und von der Zeugin auch erklärt wurden (vgl S 212 f) - ohnedies im Rahmen ihrer logisch und empirisch einwandfreien Würdigung der in Rede stehenden Aussage mitberücksichtigt haben (US 7 f).

Auch mit den weiteren Ausführungen zu einzelnen Details im Vorbringen der Zeugen betreffend nicht tatbezogene Fakten (wonach die Zeugin D***** deponierte, Cornelia D***** habe sie mit Mitteilung von der Vergewaltigung „überfallen" bzw dass Letztere ihrem Stiefvater von einer zuvor erfolgten sexuellen Belästigung berichtete, indem sie erzählte, sie sei „angegrapscht" worden) wird kein Begründungsmangel in der Bedeutung des relevierten Nichtigkeitsgrundes aufgezeigt. Vielmehr bekämpft der Angeklagte mit diesem Vorbringen bloß abermals die mängelfreie Beweiswürdigung des Schöffengerichtes nach Art einer unzulässigen Schuldberufung.

Entgegen der Beschwerde lassen die Urteilsgründe keine Zweifel offen, dass die Tatrichter die Depositionen der Zeugen Fatima und Anela H*****, Zumra M***** und Sandra A*****, soweit sie den Opferangaben widersprachen, für widerlegt erachteten (US 7 ff).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits in nichtöffentlicher Sitzung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Kompetenz des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufung des Angeklagten (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung ist in § 390a Abs 1 StPO begründet.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte