OGH 15Os125/05d

OGH15Os125/05d15.12.2005

Der Oberste Gerichtshof hat am 15. Dezember 2005 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker, Dr. Zehetner, Dr. Danek und Hon. Prof. Dr. Kirchbacher als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Gomez Reyes als Schriftführer, in der Strafsache gegen Leo Gert O***** wegen des Vergehens des versuchten Diebstahls nach §§ 15, 127 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 12. Oktober 2005, GZ 053 Hv 119/05i-26, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Leo Gert O***** wurde - abweichend von der wegen des Verbrechens des versuchten, durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 15, 127, 129 Z 3 StGB erhobenen Anklage - des Vergehens des versuchten Diebstahls nach §§ 15, 127 StGB schuldig erkannt, weil er am 12. September 2004 in Wien eine fremde bewegliche Sache, nämlich das Motorrad der Marke Yamaha TT600 mit dem polizeilichen Kennzeichen W ***** dem Florian Matthias F***** mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz wegzunehmen versucht hat.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen vom Angeklagten aus Z 5, 5a und 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde verfehlt ihr Ziel. Die eine Scheinbegründung zur Annahme mangelnder Freiwilligkeit des Rücktritts vom Versuch behauptende Kritik der Mängelrüge (Z 5) wendet sich in Wahrheit unter Hervorhebung selektiver, dem Standpunkt des Angeklagten günstig scheinender Aussagedetails unzulässig gegen die Beweiswürdigung der Tatrichter nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung. Diese haben, dem Gebot der gedrängten Darstellung der Entscheidungsgründe gemäß § 270 Abs 2 Z 5 StPO Rechnung tragend, im Einklang mit den Gesetzen folgerichtigen Denkens und grundlegenden Erfahrungssätzen begründet dargelegt, von welchen Verfahrensergebnissen ausgehend sie die leugnende Verantwortung des Angeklagten als widerlegt angesehen haben (US 5 f). Dabei haben sie - den Beschwerdeeinwände zuwider - die Aussage des Zeugen G*****, dass er nicht wisse, warum der Angeklagte das (umgestürzte) Motorrad dann doch nicht aufgehoben oder in Betrieb gesetzt hatte (S 139 und 140) in ihre Erwägungen miteinbezogen (US 7), sind jedoch aufgrund der weiteren Angaben dieses Zeugen und der sonstigen Tatumstände von einem fehlgeschlagenen Versuch infolge Scheiterns des Ingangsetzens des Motorrads und dem Verlassen des Tatortes zufolge dieses Scheiterns ausgegangen (US 5 iVm US 7). Dass diese Schlussfolgerungen dem Angeklagten nicht überzeugend genug erscheinen und auch eine andere Lösung der Beweisfrage möglich gewesen wäre, vermag einen formalen Begründungsmangel in der Bedeutung des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes nicht zu verwirklichen.

Entgegen den weiteren Einwänden haben die Tatrichter den Inhalt des DNA-Gutachtens des gerichtsmedizinischen Institutes der Universität Innsbruck in der Verhandlung vorgeführt (ON 5 iVm S 169) und somit dessen Ergebnis berechtigt im Urteil verwertet (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 460). Soweit eine in Augenscheinnahme der Bierdose, von der die Speichelprobe des Angeklagten stammte, in der Hauptverhandlung vermisst wird, genügt der Hinweis, dass unterlassene Beweisaufnahmen kein Gegenstand der Mängelrüge sind (WK-StPO Rz 457). Die Tatsachenrüge (Z 5a) vermag weder mit dem Vorbringen, der in S 41 des Berichtes des Bundesministeriums für Inneres generell gehaltene Hinweis, vor Weitergabe der Daten an das Gericht wären diese neuerlich auf ihre Richtigkeit zu prüfen, das beiliegende Schreiben könne ein detailliertes Gutachten, indem Aussagen über die biostatische Häufigkeit getroffen würden, nicht ersetzen, noch mit der Behauptung, das Urteil stütze sich auf das „vorläufige Ergebnis der DNA-Analyse zu einem unbekannten Täter", sich aus den Akten ergebende erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrundegelegten entscheidenden Tatsachen zu wecken. Abgesehen davon, dass sich aus dem Bericht des Kriminalamtes Wien der Bundespolizeidirektion Wien die Übereinstimmung des MHA-Barcodes mit dem Spuren-Barcode und der Name desjenigen, von dem der Mundhöhlenabstrich stammt, eindeutig ergibt, hat das Gericht - entgegen der Beschwerdeauffassung und wie bereits in Erwiderung der unter der Z 5 erhobenen Einwände dargelegt - das Ergebnis der DNA-Analyse in seine beweiswürdigenden Erwägungen miteinbezogen (US 5 und 6).

Soweit (inhaltlich) eine Vernachlässigung der Pflicht zur amtswegigen Wahrheitsforschung darin erblickt wird, dass das Erstgericht die Bierdose in Augenschein hätte nehmen müssen und den Angeklagten zum Zweck einer objektiven DNA-Analyse auffordern hätte müssen, eine aktuelle Speichelprobe abzugeben, legt die Beschwerde nicht dar, wodurch der - anwaltlich vertretene - Angeklagte an der Ausübung seines Rechtes, die Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung sachgerecht zu beantragen, gehindert war und daher hätte belehrt werden müssen (§ 3 StPO) um so die Ermittlung der Wahrheit zu fördern (WK-StPO § 281 Rz 480).

Mit dem Vorbringen, das Erstgericht hätte den Entlastungszeugen B*****, der angegeben hatte, der Angeklagte sei im Tatzeitraum bei ihm gewesen, als glaubwürdig ansehen müssen, werden nicht aktenkundige Beweisergebnisse gegen die Feststellung einer entscheidenden Tatsache, sondern isoliert gegen den persönlichen Eindruck der Tatrichter von der Glaubwürdigkeit von Beweispersonen gerichtete Argumente ins Treffen geführt und damit ebenfalls keine erheblichen Bedenken im Sinn des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes geltend gemacht.

Die Kritik der Rechtsrüge (Z 9 lit b, tatsächlich Z 9 lit a), das Erstgericht habe Feststellungen unterlassen, „warum es der Ansicht war, dass die Vollendung der Tat gescheitert sei", bezieht sich nicht auf die Gesamtheit des im Urteil festgestellten Sachverhaltes, sondern argumentiert, selbst beweiswürdigend, auf Basis eines von den Urteilsannahmen (US 5, 7 und 8) abweichenden Vorbringens, der Angeklagte habe „entweder überhaupt nicht den Vorsatz gehabt das Fahrzeug wegzunehmen oder den Vorsatz zumindest freiwillig rechtzeitig aufgegeben, obwohl ihm die Vollendung der Tat leicht möglich gewesen wäre" und lässt damit das bei Geltendmachung eines materiellen Nichtigkeitsgrundes von der Prozessordnung geforderte strikte Festhalten an den getroffenen Urteilsannahmen außer Acht (WK-StPO § 281 Rz 581). Soweit die Beschwerde die Feststellung, „wonach die Tat gescheitert ist" (US 8), für die Beurteilung der Frage, ob der Täter von der Tatausführung freiwillig zurückgetreten ist, als unzureichend erachtet, negiert sie zum einen wiederum die Urteilskonstatierungen, wonach dem Angeklagten das Motorrad im Zug seiner daran vorgenommen Manipulationen (unter anderem an den Zündkabeln) umfiel und es ihm nicht gelang, das Fahrzeug in Gang zu setzen, sodass er den Tatort verließ (US 5) und legt zum anderen nicht substantiiert dar, welche darüber hinausgehenden Feststellungen zum misslungenen Versuch auf Aktengrundlage noch zu treffen gewesen wären (WK-StPO § 281 Rz 584).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO, zum Teil iVm § 285a Z 2 StPO), woraus die Kompetenz des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO). Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten beruht auf § 390a StPO.

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