OGH 12Os127/05a

OGH12Os127/05a15.12.2005

Der Oberste Gerichtshof hat am 15. Dezember 2005 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Holzweber als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Philipp, Dr. Danek, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Popelka als Schriftführer, in der Strafsache gegen Manfred S***** wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahles nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1, Z 3, 130 vierter Fall und 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 9. August 2005, GZ 024 Hv 14/05k-34, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Manfred S***** des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahles nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1, Z 3, 130 vierter Fall und 15 StGB schuldig erkannt. Danach hat er in Wien Nachgenannten fremde bewegliche Sachen in einem insgesamt 3.000 Euro übersteigenden Wert mit dem Vorsatz, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von Einbruchsdiebstählen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, durch Einbruch in ein Gebäude „und in einen Lagerplatz" weggenommen bzw wegzunehmen versucht, und zwar

I. nachts zum 16. April 2004 Verfügungsberechtigten der K***** und der W***** verwertbare Gegenstände, indem er die Fensterscheiben zu den Büroräumlichkeiten einschlug, im Inneren aber keine Wertsachen vorfand;

II. nachts zum 6. November 2004 Verfügungsberechtigten der A***** GesmbH einen LKW Toyota Liteace im Wert von 4.000 Euro sowie PKW-Zubehör im Wert von rund 2.200 Euro, indem er das Einfahrtstor zum Firmengelände nach außen zog und den Schließriegel gewaltsam verbog sowie weiters durch Aufschneiden der Fensterscheiben des Bürogebäudes mittels eines Glasschneiders in das Gebäude einzudringen versuchte.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 5, 5a und 10 StPO vom Angeklagten erhobene Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht berechtigt. Die Verantwortung des Rechtsmittelwerbers (S 201), er habe zum Zeitpunkt des Faktums I „am linken Auge fast nichts gesehen", betrifft - dem Beschwerdestandpunkt einer Unvollständigkeit (Z 5) entgegen - keine schuld- oder subsumtionsrelevante, sohin entscheidende Tatsache.

Der Erledigung der weiteren Mängel- (Z 5) und auch der Tatsachenrüge (Z 5a) - zu Faktum II - sei vorangestellt, dass unter Wegnehmen im Sinne von § 127 StGB der Bruch (bisherigen) fremden und die Begründung (neuen) eigenen Gewahrsams an einer beweglichen Sache verstanden wird. Bei größeren oder schwereren Sachen, die nicht sogleich verborgen werden können, also etwa bei einem Kraftfahrzeug, ist dies erst bei deren Entfernung aus dem Machtbereich des bisherigen Gewahrsamsträgers der Fall (Leukauf/Steininger Komm³ RN 59, 63; Bertel in WK² Rz 44, Bertel/Schwaighofer BT I Rz 19; Kienapfel BT II³ Rz 124 f, 127 - alle zu § 127). Bis dahin gesetzte, unter § 129 Z 1 bis Z 3 StGB subsumierbare Tathandlungen begründen die Einbruchsqualifikation (Leukauf/Steininger aaO RN 33, Fabrizy, StGB8 Rz 2; Mayerhofer StGB5 Anm zu E 43; Bertel/Schwaighofer aaO Rz 14; Kienapfel aaO Rz 26; vom Ausgangssachverhalt anders Bertel aaO Rz 11 - alle zu § 129).

Dem angefochtenen Urteil ist jedenfalls zu entnehmen, dass vom Angeklagten der Riegel zum Einfahrtstor des Firmengeländes, auf dem der tatgegenständliche LKW abgestellt war, also eine Sperrvorrichtung im Sinne von § 129 Z 3 StGB aufgebrochen wurde, um das Fahrzeug von seinem bisherigen Platz - somit aus dem bisherigen Gewahrsam - fortzubringen, mit anderen Worten, um jedenfalls dadurch (zeitlich also danach) widerrechtlich eigenen Gewahrsam zu begründen (US 3, 6, 8, 9).

Sämtliche Überlegungen der Mängel- und Tatsachenrüge, ob der Nichtigkeitswerber die Sperrvorrichtung überwand, um in das Gelände zu gelangen oder um das Diebstahlsobjekt daraus zu entfernen, können daher als nicht entscheidend auf sich beruhen.

Dass mit „Sperrvorrichtung" vom Erstgericht der Schließriegel am Einfahrtstor des Firmengeländes gemeint war, ergibt sich dem Vorwurf der Undeutlichkeit zuwider eindeutig aus US 3, 6 - das Zündschloss des LKW als Anknüpfungspunkt für die Annahme der Einbruchsqualifikation wird nur durch eine substratlose Spekulation der Rechtsmittelschrift eingebracht.

Der unter Z 5 aufgezeigte Widerspruch hinsichtlich des Qualifikationsmerkmales „Lagerplatz" (bejahend im Ausspruch nach § 260 Abs 1 Z 1 StPO US 3, verneinend in den Entscheidungsgründen US 9) kann fallbezogen schon deshalb dahinstehen, da er die gemäß § 29 StGB zu bildende Subsumtionseinheit - die schon durch Faktum I nach § 129 Z 1 StGB qualifiziert ist - nicht berührt (Mayerhofer aaO § 29 E 9; Mayerhofer StPO5 § 282 E 3; 15 Os 73/02, EvBl 2002/217, 851). Im Übrigen wäre diese Qualifikationsvariante des § 129 Z 1 StGB nach den Beweisergebnissen durchaus indiziert gewesen (S 57 „Gebrauchtwagenparkplatz", S 211 zum Unternehmensgegenstand des Bestohlenen - vgl Leukauf/Steininger aaO § 129 RN 9). Die Begründung für die festgestellte Absicht gewerbsmäßiger Begehung von Einbruchsdiebstählen (US 5, 6), „das Gericht ist zu der Ansicht gekommen, dass der Angeklagte offensichtlich jede Gelegenheit, sei es auch einen Hafturlaub, wahrnimmt, um sich an fremdem Eigentum zu vergreifen" (US 8), ist dem Beschwerdestandpunkt entgegen nicht willkürlich (Z 5 vierter Fall): Abgesehen davon, dass sich der dem Schöffensenat vermittelte persönliche Eindruck nicht zur Gänze in Worte fassen lässt, stützten die Tatrichter diese Konstatierung darüber hinaus ersichtlich auf das durch zahlreiche (die Voraussetzungen der Strafschärfung bei Rückfall gemäß § 39 StGB mehrfach erfüllende) Vorstrafen getrübte Vorleben und die Delinquenz während Unterbrechungen einer Freiheitsstrafe bei „trostloser" finanzieller Situation (US 5).

Die Subsumtionsrüge (Z 10) übergeht die bereits oben dargestellten erstgerichtlichen Urteilspassagen US 3, 6, 8, 9, aus denen das Aufbrechen der Sperrvorrichtung vor dem diebischen Gewahrsamsübergang ersichtlich ist. Die Forderung nach Entfall der Qualifikation gemäß § 129 Z 3 StGB entzieht sich sohin einer Behandlung im Sinne von §§ 285c Abs 2, 286 ff StPO. Zu einer Maßnahme nach § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO besteht unter Hinweis auf die eingangs der Erledigung des Vorbringens aus Z 5, Z 5a referierte Judikatur und Lehre kein Anlass. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits nach nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Die Entscheidung über die Berufungen kommt sohin dem Gerichtshof zweiter Instanz zu (§§ 280, 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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